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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 329 - No. 358 (1. Dezember - 31. Dezember)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44007#1449

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A bonnemecen t'mit vier- we ' u !

ieljähr. Vorausbezahlluannu. 4 12E ). . n; &..

n Mannheim 1fl. 15 kr, In.i .. §)

durch vie Pofi bezogenim .

ganzen Oroßherzogthum .

Baden 2 fl. 8 kr., im

Ansland erhöht fieh das

Ubonnementumden Poft-
aufschlag. -

Montag



15. Dezember

Inserate diegespaltens

Zeile in Petitſchrift oder

deren Naum 3 kr. Inſse-

rate, worüber die Redak-

(1.1 itionAuskunft zu erthelilen

FS hat, die Zeile oder deren

Raum 4 kr. –~ Brlefe

und Gels erbittet man
z ranco.

1845.









* Die deutſfchen Ftände-Verſammlungen.
(Aus der Weser - Zeitung.)

Das conftitutionelle S y ste m entfaltet dermalen in unserm
deutschen Vaterlande eine vereinte Thätigkeit. In Sachſen , Baiern,
Baden, Kurheſſen und Braunschweig sehen wir die Volksvertreter ver-
sammelt, mit beſchließ end er Stimme an allen Akten der Geſctzze-
bung Theil nehmen und die seitherige Politik der Minister, im Gan-
zen wie im Einzelnen, der öffentlichen Prüfung unterwerfen und Verant-
wortung dafür verlangen. Das Volk beweiſt, wo es kann, ein re-
ges Interesse für seine verfaſſunge mäßigen Rechte; die Wahlen geſchehen
mit Ernst und Einsicht ihrer Bedeutung und die Deputirten zeigen
ſich erfüllt von der großen Aufgabe, die ihnen anvertraut wird. Zu-
mal gewährt die sächſi sche Kammer den vollen Beweis ihrer Reife,
Intelligenz und Bildung durch ein nicht minder entschiedenes , ſclbſt-
bewußtes, als gewiſsenhaftes und verfaſſungstreues Auftreten. Wenn
die Ausgleichung feindlicher Gegensätze nicht nach Wunſch erfolgen sollte,
so trifft wenigſtens die Volksvertretung keine Schuld welche nur ihre
beſchworne Pflicht erfüllt, indem sie darauf dringt, daß die Verfas-
ſung kein todter Buchfiabe bleibe, sondern zu Leben und Wahrpeit
gti den oben angeführten legislativen Verſammlungen gebührt
neben der sächsischen auch der ba d is < en, die vor wenig Tagen ihre
Sitzungen eröffnete , eine besondere Auszeichnung. Das lleine, von
der Natur nicht nur mit Produkten unendlich reich gesegnete, ſondern
auch mit einem tüchtigen, charaktervollen Sinn seiner Bewohntr be-
gabte Land ſpirlt in den conftitutionellen Annalen Deutſchlands die

lonangebendr Rofle. Auf seinen Lanttagen find in ver Tyat ſtaunens-

werthe Anſlrengungen gemacht worden, um alle Conſcq renzen der Ver-
faſſung in praktische Wirksamkeit zu setzen, die in den deutſchen Bun-
desverhältnisſen begründeten Hinderniſſe zu über windcn und jenen nor-
malen Zuſtand herzuſtellen, wilchen das Prinz p ebenso wie der Wort-
laut der Charte fordern. Nirgend anders in Deutsc. land hat die par-
lamentariſche Tribüne so glänzende T iumphe gefciirt als im Karls-

î ruher Ständehaus, und die Reden der H rren v. Licbenſtein, W.ſſen-

berg, Winter, Rotteck, Welckex und Ihſtein laſſen fich heutzutaze noch,
ohne zu verlieren, neben englischen und französichen Muftern leſen.
Die badiſche Kammer hat aus solchen Gründen kon jeher eine mehr
als locale Bedeutung gehabt und ihre moralische Wirkung über ganz
Deutschland verbreitet.

Man erkannte in ihr ein Organ, das fich zum Ausdruck patrio-
tiſcher Ideen und Wünſche hergab, das die große gemcinschafliche Sache
des Fortſchritts in ihrem Kreile lebhaft aufrecht hielt, und, während
anderwärts das öffentliche Leben in Folge mangelnder Inftitutionen
brach lag und vegetirte, bei sich zu Haus das heilige F ver der Frei-
heit hütete und nährte. Ihre Siege waren unser Aller Siege, und
wie nutzlos auch für die Gegenwart der Troft ift, wir wollen darum
nicht vergeſſen, daß die badische Kammer die einzige war, welche im
J. 1831 die freie Preſſe, das Aſociationsrecht und tie vollftändige
Befreiung des Grundbesſites von allen feudalen Laſten, zum Theil
vhne Entschädigung, durchſctzte, welche im J. 1842 ein Kabinet, das
in anhalter.der Minorität verblieb, zum conflitutionellen Rückiritt be-
wog, und welche noch in der lctzten Sitzung zuerſt unter allen übri-
gen Kammern die unbeſchränktc(?) Oeff.ntlichkeit und Mündlichkeit des
Gerichtsverfahrens zum Gesetz erhob. Die Impulse, die von ſolchen
Ereigniſſen ausgingen, ließen sich durch ganz Deutschland verspüren,
denn es waren dabei Intereſſen und Güter bcetheiligt, welche die
Zeit 1:7. zr wofür an allen Orten die Wüuſche lauter und lau-
ter fich erheben......



Landtagsverhandlungen.

Baſſsſermann’s Rede in der Sitzung vom 9. Dezember.

i „S< aa f f :*) Man hat der Persönlichkeiten in der Rede des Herrn An-
Rragſtellers genug gehört, z. B. der ehemalige Miniſter von Blittersvorf



Ur M hsren betete in Rr. 339 einen Abriß der Rede des Hrn. Ab;
Uhren Salus mach ver oköndingczeliung

Verbindung halber “zt :

tauge nicht auf seinen Platz in Frankfurt, und der Censor Uria in Mannheim
müſſe von seinem Dienſte entfernt werden u. s. w. Ich meine aber, es fei
gar nicht parlamentarische Sitte, daß ein Redner in der Kammer fich auf
solche Weise gegen Personen ausspricht. Die Kammer hat es nur mit den
Miniftern und nicht mit ihren einzelnen Organen zu thun. Wenn man ein
Inftitut hat, muß man es mit Energie handhaben, so lange dieses Jnſtitut
gesetzlich befteht. (Murren auf der Gallerie). Ich spreche der Cenſur nicht
das Wort, denn ich babe mit ihr mehr Mühe, als vielleicht Sie alle. (Ba s-
sermann: Das iſt Recht!) Invessen iſt bereits bekannt, daß eine Motion
auf Preffreiheit angezeigt iſt, bei deren Erörterung wir unsere Anficht auss
sprechen werden, so lange aber das Inftitut beſteht, muß es ordnungsmäßig
gehandhabt werden, und der Regierungsrath Uria handhabt es nach dem
Geift und den Worten der Censurinfltruktion. (Stimmen: So, so ? gewiß ?)
so daß ihn kein Vorwurf in Beziehung aui die Verwaltung seines Amtes
trifft — und es war Unrecht, diesen Mann, der ſich hier gar nicht vertheidi-
gen kann, auf solche Weise anzugreifen. Auf das Materielle der Sache will
ich nicht eingehen. Ich habe nie daran gezweifelt, daß die Affaire in Mann-
heim vom 19. Nov. in diese Kammer werde gebracht werden: allein daran

„habe ich nicht gedacht, daß es jetzt durch den Abg. Welcker geschehen werde

bei Anlaß seiner Motionsbegründung auf eine Adreſſe. Es ſind Männer aus
Mannheim genug hier, welche hinreichende, ja überreiche Befähigung brsitzen,
diese Angelegenheit auf das Glänzenkſste in die Kammer zu bringen, und er
hätte ihnen diese Freude nicht vorweg nehwen sollen. (Heiterkeit.)

Bass erman: Jch beneide den Abg. Schaaff nicht um das Talent, eine
ernſte Sache zur Lächerlichkeit zu machen und Lachen zu erregen über einen
Gegenſtand, der uns Alle tief ergriffen hat und nicht geeignet iſt, zu einem
Posſsenspiel herabgewürdigt zu werden.

Meine Herren! Ich kann nicht anders als ernſt bei dem Gegenſtand
bleiben, aber ich kann nicht begreifen, wie ein Mitglied dieser Kammer, ein
Staatsmann, fich dagegen verwahren mag, daß die Ansicht einer deutiſchen
Kammer einem deutſchen Jürſten mitgetheilt werde. Gerade von jener Seite,
von der man heute dieſe Adresſſe beſtreitcet, habe ich in dieſem Saale das
Bild eines patriarchalischen Zuſtandes preisen, den FJürften mit einem Vater
vergleichen hören, der den Kindern seine Gaben am Weihnachtstag beſcheert.
Wem will dem Fürften vas. Nerht geben, seine Kinder zu zicchtigen, wie es

1iu Vater kann, alleiu hier ſell es den Kinvern nicht erlaübt sein, zu ihrem
Vater zu sprechen. Wohin kömmt man in dieser Weise mit dem patriarcha-
lischen Prinzip, wenn man es nicht auch da gelten laſſen will, wo den Kin-
dern das Recht der Bitte bleiben sol ? Die sächfisſche Kammer hat, so lange
Die sächſische Verfaſſung befteht, keine Adreſſe an den Thron gelangen lassen,
denn dort war es nicht Ui bung. Bei ihrer gegenwärtigen Verrsamnilung hat
sie aber diese Uebung geändert, fie hat von dem Recht Gebrauch gemacht,
und der Jürſt nimmt tie Adresſe an. (Plaßt :: Allerdings, aber in Gemein-
schaft der erſten Kammer.) Ich weiß es wohl, Herr Abg. Plat! Allein die zweite
Kammer hat sich vorbehalten, dieses auch einseittg auszuuben, und so wie
sie diesmal den erften Schritt geihan, wird fie das nächſte Mal einen
Schritt weiter gehen. Die badiſche zweite Kammer hat aber seit dem Ve-
ſteyen der Berfaſſung ihr Recht geubt, nämlich bei jedem Landtage eine Ad-
reſſe an den Großherzog erlaſſen, und un ſollte dieselbe, ſtatc weiter zu
schreiten, einen Schritt zurückgehen und ihr Recht fallen 1laſſen? – Dem Abg,
Schaaff werde ich bei einer andern Gelegenheit das Erforderliche auf vie
Fkerthztgths scines Benehmens in der Mannheimer Angelegenheit antwor-
ten können. ;
_ HWenn man nicht blos seine vier Wände anfieht, sondern über die Gren-
zen seines Hauses oder des kleinen Landes hinausſchaut, liegt der Grund der
Aufregung, den Unzufriedenheit und des jetßigen Unglücks darin, daß bet ven
Regierungen noch veraltete Ansichten herrschen, während im großen ganzen
Volke bereits ein neues Leben entſtanden iſt. Seit langer Zeit bedeckt ſich
wieder die deutsche Erde mit Grün, während in den Regierungslokalen nur
die alten Refte abgeſtorbener Theorien zu finden sind. Es wird nicht eher
Friede werden, und zu einem gedvcihlichen Ziele kommen, als bis die Pfor-
tien dieser Regierung lokale sich öff en, der neue Frühling eingelassen wird,
bis die Regierungsmänner aus ihren Zimmern hervorgehen, sich umſehen und
das Forum des Volkes betreten, wo sie in der neuen Frühlingsluft sich wohl
befinden werden. Damit aber diese große Kluft zwischen dem Volk und den
Regierungsnännern ausgefüllt oder wenigftens übersſchritien werden könne,
muß man Brücken bauen, man muß dafür sorgen, daß der Hauch jenes freien
neuen Lebens eintreten könne in die so lange verschloſſenen und von der Ari-
fstokratie umlagerten Gebäude. Solche Brücken find die Adreſſen der Kam-
mer, find die Worte der Vertreter des Volkes, die an den Regenten gehen.
Das iſt der Weg, der es allein möglich macht, daß die Kluft sich schlichte,
der Widerspruch aufhöre und eine Einigung entftehe und erhalten werde,
wie fie allein zum Gedeihen führen kann. Ohne eine solche Einigung könn-
ten leicht die bedaueilichen Ereignisse eintreten, vor welchen der Abg. Wel-
>er mit Recht gewarnt hat. Wenn Sie die Pforten noch feſter verschließen,
„und ncht ein Mal mehr die Worte der Kammer an den Regenten kommen
' lofer. wollen, so weiß ich nicht, ob Sie dem Regenten damit einen Dieuſt
erweisen. :

' St.-R. Nebenius: Es scheint hier ein Mißverftändniß obzuwalten.
: Vir können eine Adresse nicht hindern, die in der geordneten Form genmrin-
schaftlich mit der erften Kammer zu Stande kömmt. Es soll aber dari» nicht
€ine Menge. von vagen Beſchuldigungen zuſammen gefaßt werden, deren
gleichzeitig gründliche Behandlung wenigstens eine Unmöglichkeit iſt.




 
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