Abonnement mit vier:
teliähr. Vorausbezahlung
in Mannheim 1 fl. 15 kr, ,
durch die Poft bezogen im &a
ttt. Ep §
Ausland erhöht fich das
Abonnement um den Poft-
aufſchlag.
Ins er ate die gespaltene
Zeile in Petitſchrift over
deren Raum 3 kr. JInſse-
rate, worüber die Redak-
tion Auskunft zu ertheilen
“ bat, die Zeile oder deren
Raum 4 kr. —+ Briefe
und Geld erbittet may
franco.
Montag
18415
Landtagsverhandlungen.
*? Hearlsruhe, 14. Januar. 135. öffentl. Sitzung.
Preffreiheit.
Staatsminifter v. Duſ <. Es wird im Jahr 1845 Preſſen genug geben,
um die unſterblichen Werke zu drucken, womit wir werden beglückt werden. Das
hei wünſche ich übrigens, nicht misverftanden zu werden. Ich verkenne nicht,
welchen unſchäßbaren Werth für die geiſtige Natur des Menschen schon der
Grundsatz der Prefßfreiheit an und für sich hat. Verhüte der Himmel, daß ich
wünſchen könnte, irgend einen großen Genius, der vielleicht seinem Jahrhundert
voraneilt, in seinem Wirken gehemmt, oder wenn er seine unfterblichcn Gedan-
keu der Welt mittheilen wollte, von irgend einem Censor auf der Erde abbän-
gig gemadgt zu sehen. Wäre dieß in unserem Lande der,Fall, ſo würde ich in Jhre
Klage über Preßzwang einſtinmen. So iſt es aber nicht. Jedem, der glaubt,
Herſtellung der
(Forts.)
der Wilt etwas Nothwendiges und Nütliches eröffnen zu können, ift selvſt nah
den Bundesbeſtimmungen die Gelegenheit dazu gegeben, denn es iſt nur eine, in
unserer Zeit leicht zu erfüllende, Bedingung daran geknüpft. Ich weiß wohl,
das inan auch eine solche Bedingung lächerlich machen und sagen kann; Ich
wollte den Geiſt rach der Clle meſſen. Das Geiſtige ſteht aber doch mit dem
Matericllen in der innigſten Verbindung, und vie fragliche Beſtimmung erweift
ſich praktiſcth als ganz angemeſſen. Leider haben wir aber dergleichen Säcular-
geiſter mehr fur die Preſſe zu suchen, als eine freie Preſſe für große Geikfter.
Auch vermehrt fich, mitten unter dem Preßzwang, worüber Sie klagen, die Zahl
der Sthriftſteller in's Ungeheure (was der Herr Redner aus dem Leipziger Meß-
katalog von 1843 und 1844, verglichen mit dem von 1819, also vor den Bun-
desbeſtimmungen über die Preſſe nachweiſth, ~ ob die Literatur dadurch besser
geworden, iſt eine andere Frage. Uebrigens find die Zeitungsredaktoren ſelvft,
die im Namen des Volks die Preßfreiheit verlangen, die ärgſten und unerbitt-
lichſten Cenſoren. Die tausend und aber tauſend Bürger, für vie sie dieselbe
fordern, schreiben in der Regel nicht für die Zeitungen. Wenn aber jene PYreß-
freiheit hätten, und es ſiele einmal einem davon ein, von seinem Rechte Ge-
brauch zu machen, und eiuen Artikel in. eine Zeitung zu ſchreiben, , der vielleicht
nicht im Sinne des Redakteurs wäre, ſo würde dieser Bürger erſt erfahren,
wie ſchwer es hält, selbſt wenn er schweres Geld dafür bezahlen wollte, seine
Worte an den Mann zu bringen. z: Wizz zz t.:
Knuilttek gibt zu, daß unter ver Zensur die Literatur in Quantität und
Umfang seyr zugenommen habe, if aber überzeugi, daß bei Preßfreiheit dieß
auch in Hinsicht auf Qualität der Fall gewesen sein würde. Jn Schriften über
20 Bogen könne mar freilich Alles sagen, allein diese werden häufig bald nach
ihrem Erscheinen confiscirt, seien auch nicht das Studium für Jedermann. Der
Rednrr beſchränkt fich auf die Beleuchtung einiger Bedenken, den gegen die Preß-
freiheit selbſt gerichteten Bedenkcn, daß es unmöglich sei, den wahren Thäter zu
erhalten, ur.d daß die Strafen unverhältnißmäßig gering seien, licße sich durch
bedeutendere Kautionen und höhere Geldſtrafen sehr leicht abhelfſen. Jn dem
Bedenken, daß durch unbedingte Preffreiheit die Angriffe gegen einzelne und
unbeſcholtene Personen vollends ganz maßlos würden, findct er auch kein so
Zroses Urbel, daß man darum
ciner ganzen Staatsgesellſchaft ein so wichtiges
Recht vorenthalten dürfe; auch
or ſei rie Cenſur nicht einmal das Universalmittel
gegen dieses Uebel, denn unter den Augen und der Herrſchaft der Censur kom-
men faſt täglich solche Fälle vor, und die Censur zeige hier eigentlich so recht
ihre Unmacht, verſchlimmere sogar noch das Uedel, renn man sage , die Sache
ißt cenſirt, und wenn das Gesagte nicht wayr wäre, so hätte es die Censur ge-
firichen. Die Klatſchereicn werven mit oder ohne Cenſur sich immer gleich
bleiben, so lange es böswillige Menschen gebe, die ibre Freunde an Verdächtigun-
gen und Verläumdungen haben, und mit oder ohne Censur könne der ehrliche
Mann in den Fall kommen, „zu seinem Schutz das Geseß anrufen zu müßen,
wenn er es nicht, geſtüßt auf ſein gutes Gewiſſen und im Vertrauen auf den
rechtlichen Sinn seiner Mitbürger, vorziehe, ein ſjolches Getreibe mit ſtiller Ver--
achtung zu strafen. ~ Der Redner stimmt den einzelnen Anträgen bei und mo-
tivirt sein Votum für jeden einzelncn.
Minikfterialdirektor Rettig: Ich beschränke mich lediglich darauf, die Art
und Weise, auf welche die Cenſur in Baden ießt geÿandhabt wird, gegen die
Angriffe in Schuß zu nehmen, die ſie erfahren hat.
(v. J ß ftein: Ein ſchweres Unternehmen! )
Man wirft der Censur in Baden vor, ſio verzerre und verfälsſche die ihr
gur Prüfung übergebenen Aufsäße, und bringe es dahin, daß aus dicsen Auf-
sätzen ein ganz anderer Sinn hervorgehe als die Ansicht des Schreibers war.
Wenn wirklich etwas dieser Art vorkommt, so iſt es nicht die Schuld des Cen-
Tors, ſondern des Einsenders oder des Redakteurs, denn ich kenne keine Vor-
ſchrift, wonach der Einsender genöthigt ift, einen Aufsatz drucken zu lassen, von
dem er glaubt, daß er durch die Cenſur verftümmelt sei.
(Hecker: Man ſoll also den Aufsatz ftatt todt, maustodt ſchlagen.)
i Vir baben ferner gehört, ſie befaſſe fich mit Lug und Trug und sei ein
Bundesgenoſſe der Schurken und Spitzbuben. Ich bitte Sie, meine Herren, ſich
selbſt die Frage vorzulegen, ob Sie auf diesem Wege die Absicht erreichen kön-
! fe I eeueÑ. ſo lange sie befteht, leidenſchaftlos geübt werde ? Fragen
das ihm nichts einbringt als Verdruß, Zeitverfäumniß und öffentlichen Tadel.
Wohin wird es aber dann kommen? Die Regierung wird in dem Falle sein,
Iwiſchen Menschen zu wählen, die nicht empfänglich für das Ehrgefübl ſind,
vder ſolchen, die ſich hohnlachend über dergleichen Dinge wegseßen, unter Män-
f nern, die auf die Aeußerungen in dieser Kammer und selbs auf die Beſchlüſse
Versſelben keinen Werth legen. Und wenn solche Männer im badiſchen Lande ſind
nynd da auftretcu, so haben ste das Recht zu sagen: was die badischen Abgeord-
Vrdueten der Bundesverſammlung gegenüber thun, das thun wir dieser Abgeord-
netenverſammlung gegenüber. Wenn sie mit Hohn von der Bundesversſammlung
spricht, so sprechen wir mit Hohn von der badischen Kammer. Solche Censoren
nicht im Lande haben. ' j
Man wirft ferner der Cenſsur vor, fle censire ungleich, indem 'der eine
Cenſor das paſſiren laſſe, was der andere ſtceiche. Das mag allerdings in ein-
zelnen Fällen wahr sein. Wo gibt es aber nur zwei Menschen, die in allen
Beziehungen gleiche Ansichten haben, und die, ohne eine feſte Beftimmung für
die einzelnen Fälle, im Stande ſind, durchweg gleichförmig zu entscheiden? JI
ia hier schon davon gesprochen, wie traurig es sei, wenn die Gerichtshöfe, fo-
, deren einzelne Senate, über eine und dieselbe Rechtsfrage verschiedener An-
icht seien.
t Man sagt ferner, unsereCenſur übe eine maßlose Gewalt aus. Ich geftehe offen-
herziz, daß ich in der kurzen Zeit, während welcher ich mich mit dieſcr Ange-
legenheit befaſe, ſchr viele Klagen über das Gegentheil gehört habe; (eine
Stimme: Ho ho! — nicht übel!) eine große Maſſe von Eingaben liegt vor,
worin geklagt wird, daß die Cenîur viel zu wenig ftreiche. Man hat ferner
darüber geklagt, unsere Censur entmutbige die Schriftfleler. Man hat biebei
wohl an eigentliche wiſsenſchaftliche Forſchungen nicht gedacht, sondern zunächſt
nur die Tagblätter im Auge gehabt. Gerade bei diesen aber iſt das Bedürf-
niß der freien und unverbolenen Aeußerun; nicht so groß. als in dem Gebiete
der eigentlichen wissenſchaftlichen Forschungen. – Wenn man vorwerfe, daß dic
Regierung selbft durch die Cenſur außer Stand gesetzt sci, die roabre Stim-
mung im Volk, die Klagen und Wünsche desselben zu vernehmen, so seien die
Mittel und Wege, der Regierung Klagen und Wünsche vorzubringen, bei uns
immer noch in reichlichem Maße vorhanden; ja es gebe vielleicht wenige Re-
gierungen in Deutſchland, die so geneigt seien, die Wünſche zu hören und den
Klagen so viel als möglich abzuhelfen. Ja der Kammer sei die Gelegenheit,
Wünſche und Klagen des Volkes zur Sprache zu bringen und das Petitions-
recht ſelbſt öfne ja jedem Bürger den Weg hieher (Eine Stimme: Über nicht
das verkümmerte). Rücksichtlich der Beſchwerde, daß auf der Schweizergrenze
durch die Zollwäqzter Schriften mit Beschlag belegt worden seien, liege ein klei-
ner Irrthum zum Grund. Nicht die Zollwächter haben Schriften in Beſchlag
genommen, sondern die zuſtändige Behörte und jene haben nur vie Hände zum
Offnen der Collis im Intereſſe des Zolls geboten. (Hecker: Die Donaniers
haben aber geheime Infiruktionen, um gleich das Amt zur Hilfe herbeizurufen.)
~ Gegen die Beſchwerde, daß ſremde Schriften der fraglichen Art nicht dem
Gerichte übergeben, sondern von der Polizeibehörde eingeschritten werde, wen-
det er ein, daß es keinen Unterſchicd mache, ob eine Sache im Jnland oder
Ausland gedruckt, im Juntereſſe des inländischen oder ausländischen Verlegers
VLerſenvct worden, wenn sie gefährlich oder nachiheilig sei, so müſſe even die
Slaatsbehörde für die Abwendung der Gefahren oder Nachtheile daraus sor-
gen. Die wicderholte Drohung, daß die Härte der Censur allmäriig eine solche
Unzufriedenheit erregen werde, daß die grösten Natttheile für die Regierung
und die Feſtigkeit des Staats selbſt daraus hervorgehen würden, fuürchtct er
nicht, denn er erinnert ſich aus dem Jahr 1831 noc recht gut, daß dies das
mals ſchon die Idee eines der vcregrlichen Herren gewesen, dessen Feuer aber
seit 1831 voch unter seinen züßen brenne, ohne seit 13 Jahren zugenommen zu
haben. Wenn man glaube, in Zeiten der Noth werde die deutsche Nation sich
nicht mebr mit Exrthuſiaemus erheben und gegen den äußern Feind aufftehen,
wenn nicht die Censur vorerft aufzeboben werde, so hat er selbſt dagegen von
der deutschen Nation und ihrem Patriotismus einen andern Begriff und ift
überzeugt, daß wenn es gelte, ihren Herd und ihre Ehre zu vertherdigen, die
Deutſchen nicht hinſtehen und markten, nicht sagen werden, die Cenſsur gefällt
uns nicht und cher zieben wir nicht ins Feld, bis diese Censur aufgehoben ift.
Die Deutschen werden Deuiſche bleiben. & Am Schluſſe macht der Redner dar-
auf aufmerkſam, daß er die fowohl in der Motionsbegründung und dem Bes
richt, als auch in dcr heutigen Diskuſlion gewählten Ausdrucke werter für par-
lamentarisſch, noch klug, noch dem beabfichtigten Zweck entsprechend halten kann.
Mit Swnähreden, denn eine Vergleichung des Censors mit dem Meifter Häm-
merling sei nicht viel deſſer, könne man auch einen Wunſch oder eii Verlangen
nicht unterftüßen, even so wenig bei der Regierung als bei dem Bundestage,
T deßhalb fürchte er, es hade die heutige Diskuſßion dazu bcigetragen , eie
Censur in Baden und Deutschland nur noch mehr zu befeſtigen. (Lautes Bravo
von der Rechten!) (Fortseßung folgt.)
Deutſchland.
Z3 & Aus Rheinheſſen, 16. Jan. (Schluß der Adresse an den
Abgeordn. Brunck. ) Unter solchen Umständen iſt zwar erklärlich und
entschuldbar, daß der verfasſungstreue Mann, ein Mann Ihrer Art,
hochgeehrter Herr, mit Trauer und Ekel von landſtändischer Wirksamkeit
ſich abwende. Um ſso größer aber iſt das Vrrdienſt des Ausharrens
im Vertrauen auf bessere Zeiten, die, wie wir zuversichtlich hoffen
nicht ausbleiben werden.
Jür die jetzt laufende Wahlperiode einmal gewählt und in die
vorige Ständeverſammlung eingetreten, ſiud Sie zwar der Abgeord-
nete Ihres Wabhlbezirks, aber Vertreter des Landes und seiner Ge-
sammt-Intereſſen. Das Land hat einen rechilichen Anspruch auf das
Resultat der Wahl Ihres Wallbezirks; dem Lande, das ſtolz auf Sie
iſt, gehört Ihre ſtändiſche Stellung und Ihre ſtändiſche Wirksamkeit
an, Diesen Anspruch machen wir, als Ihre Verehrer und Freunde,
teliähr. Vorausbezahlung
in Mannheim 1 fl. 15 kr, ,
durch die Poft bezogen im &a
ttt. Ep §
Ausland erhöht fich das
Abonnement um den Poft-
aufſchlag.
Ins er ate die gespaltene
Zeile in Petitſchrift over
deren Raum 3 kr. JInſse-
rate, worüber die Redak-
tion Auskunft zu ertheilen
“ bat, die Zeile oder deren
Raum 4 kr. —+ Briefe
und Geld erbittet may
franco.
Montag
18415
Landtagsverhandlungen.
*? Hearlsruhe, 14. Januar. 135. öffentl. Sitzung.
Preffreiheit.
Staatsminifter v. Duſ <. Es wird im Jahr 1845 Preſſen genug geben,
um die unſterblichen Werke zu drucken, womit wir werden beglückt werden. Das
hei wünſche ich übrigens, nicht misverftanden zu werden. Ich verkenne nicht,
welchen unſchäßbaren Werth für die geiſtige Natur des Menschen schon der
Grundsatz der Prefßfreiheit an und für sich hat. Verhüte der Himmel, daß ich
wünſchen könnte, irgend einen großen Genius, der vielleicht seinem Jahrhundert
voraneilt, in seinem Wirken gehemmt, oder wenn er seine unfterblichcn Gedan-
keu der Welt mittheilen wollte, von irgend einem Censor auf der Erde abbän-
gig gemadgt zu sehen. Wäre dieß in unserem Lande der,Fall, ſo würde ich in Jhre
Klage über Preßzwang einſtinmen. So iſt es aber nicht. Jedem, der glaubt,
Herſtellung der
(Forts.)
der Wilt etwas Nothwendiges und Nütliches eröffnen zu können, ift selvſt nah
den Bundesbeſtimmungen die Gelegenheit dazu gegeben, denn es iſt nur eine, in
unserer Zeit leicht zu erfüllende, Bedingung daran geknüpft. Ich weiß wohl,
das inan auch eine solche Bedingung lächerlich machen und sagen kann; Ich
wollte den Geiſt rach der Clle meſſen. Das Geiſtige ſteht aber doch mit dem
Matericllen in der innigſten Verbindung, und vie fragliche Beſtimmung erweift
ſich praktiſcth als ganz angemeſſen. Leider haben wir aber dergleichen Säcular-
geiſter mehr fur die Preſſe zu suchen, als eine freie Preſſe für große Geikfter.
Auch vermehrt fich, mitten unter dem Preßzwang, worüber Sie klagen, die Zahl
der Sthriftſteller in's Ungeheure (was der Herr Redner aus dem Leipziger Meß-
katalog von 1843 und 1844, verglichen mit dem von 1819, also vor den Bun-
desbeſtimmungen über die Preſſe nachweiſth, ~ ob die Literatur dadurch besser
geworden, iſt eine andere Frage. Uebrigens find die Zeitungsredaktoren ſelvft,
die im Namen des Volks die Preßfreiheit verlangen, die ärgſten und unerbitt-
lichſten Cenſoren. Die tausend und aber tauſend Bürger, für vie sie dieselbe
fordern, schreiben in der Regel nicht für die Zeitungen. Wenn aber jene PYreß-
freiheit hätten, und es ſiele einmal einem davon ein, von seinem Rechte Ge-
brauch zu machen, und eiuen Artikel in. eine Zeitung zu ſchreiben, , der vielleicht
nicht im Sinne des Redakteurs wäre, ſo würde dieser Bürger erſt erfahren,
wie ſchwer es hält, selbſt wenn er schweres Geld dafür bezahlen wollte, seine
Worte an den Mann zu bringen. z: Wizz zz t.:
Knuilttek gibt zu, daß unter ver Zensur die Literatur in Quantität und
Umfang seyr zugenommen habe, if aber überzeugi, daß bei Preßfreiheit dieß
auch in Hinsicht auf Qualität der Fall gewesen sein würde. Jn Schriften über
20 Bogen könne mar freilich Alles sagen, allein diese werden häufig bald nach
ihrem Erscheinen confiscirt, seien auch nicht das Studium für Jedermann. Der
Rednrr beſchränkt fich auf die Beleuchtung einiger Bedenken, den gegen die Preß-
freiheit selbſt gerichteten Bedenkcn, daß es unmöglich sei, den wahren Thäter zu
erhalten, ur.d daß die Strafen unverhältnißmäßig gering seien, licße sich durch
bedeutendere Kautionen und höhere Geldſtrafen sehr leicht abhelfſen. Jn dem
Bedenken, daß durch unbedingte Preffreiheit die Angriffe gegen einzelne und
unbeſcholtene Personen vollends ganz maßlos würden, findct er auch kein so
Zroses Urbel, daß man darum
ciner ganzen Staatsgesellſchaft ein so wichtiges
Recht vorenthalten dürfe; auch
or ſei rie Cenſur nicht einmal das Universalmittel
gegen dieses Uebel, denn unter den Augen und der Herrſchaft der Censur kom-
men faſt täglich solche Fälle vor, und die Censur zeige hier eigentlich so recht
ihre Unmacht, verſchlimmere sogar noch das Uedel, renn man sage , die Sache
ißt cenſirt, und wenn das Gesagte nicht wayr wäre, so hätte es die Censur ge-
firichen. Die Klatſchereicn werven mit oder ohne Cenſur sich immer gleich
bleiben, so lange es böswillige Menschen gebe, die ibre Freunde an Verdächtigun-
gen und Verläumdungen haben, und mit oder ohne Censur könne der ehrliche
Mann in den Fall kommen, „zu seinem Schutz das Geseß anrufen zu müßen,
wenn er es nicht, geſtüßt auf ſein gutes Gewiſſen und im Vertrauen auf den
rechtlichen Sinn seiner Mitbürger, vorziehe, ein ſjolches Getreibe mit ſtiller Ver--
achtung zu strafen. ~ Der Redner stimmt den einzelnen Anträgen bei und mo-
tivirt sein Votum für jeden einzelncn.
Minikfterialdirektor Rettig: Ich beschränke mich lediglich darauf, die Art
und Weise, auf welche die Cenſur in Baden ießt geÿandhabt wird, gegen die
Angriffe in Schuß zu nehmen, die ſie erfahren hat.
(v. J ß ftein: Ein ſchweres Unternehmen! )
Man wirft der Censur in Baden vor, ſio verzerre und verfälsſche die ihr
gur Prüfung übergebenen Aufsäße, und bringe es dahin, daß aus dicsen Auf-
sätzen ein ganz anderer Sinn hervorgehe als die Ansicht des Schreibers war.
Wenn wirklich etwas dieser Art vorkommt, so iſt es nicht die Schuld des Cen-
Tors, ſondern des Einsenders oder des Redakteurs, denn ich kenne keine Vor-
ſchrift, wonach der Einsender genöthigt ift, einen Aufsatz drucken zu lassen, von
dem er glaubt, daß er durch die Cenſur verftümmelt sei.
(Hecker: Man ſoll also den Aufsatz ftatt todt, maustodt ſchlagen.)
i Vir baben ferner gehört, ſie befaſſe fich mit Lug und Trug und sei ein
Bundesgenoſſe der Schurken und Spitzbuben. Ich bitte Sie, meine Herren, ſich
selbſt die Frage vorzulegen, ob Sie auf diesem Wege die Absicht erreichen kön-
! fe I eeueÑ. ſo lange sie befteht, leidenſchaftlos geübt werde ? Fragen
das ihm nichts einbringt als Verdruß, Zeitverfäumniß und öffentlichen Tadel.
Wohin wird es aber dann kommen? Die Regierung wird in dem Falle sein,
Iwiſchen Menschen zu wählen, die nicht empfänglich für das Ehrgefübl ſind,
vder ſolchen, die ſich hohnlachend über dergleichen Dinge wegseßen, unter Män-
f nern, die auf die Aeußerungen in dieser Kammer und selbs auf die Beſchlüſse
Versſelben keinen Werth legen. Und wenn solche Männer im badiſchen Lande ſind
nynd da auftretcu, so haben ste das Recht zu sagen: was die badischen Abgeord-
Vrdueten der Bundesverſammlung gegenüber thun, das thun wir dieser Abgeord-
netenverſammlung gegenüber. Wenn sie mit Hohn von der Bundesversſammlung
spricht, so sprechen wir mit Hohn von der badischen Kammer. Solche Censoren
nicht im Lande haben. ' j
Man wirft ferner der Cenſsur vor, fle censire ungleich, indem 'der eine
Cenſor das paſſiren laſſe, was der andere ſtceiche. Das mag allerdings in ein-
zelnen Fällen wahr sein. Wo gibt es aber nur zwei Menschen, die in allen
Beziehungen gleiche Ansichten haben, und die, ohne eine feſte Beftimmung für
die einzelnen Fälle, im Stande ſind, durchweg gleichförmig zu entscheiden? JI
ia hier schon davon gesprochen, wie traurig es sei, wenn die Gerichtshöfe, fo-
, deren einzelne Senate, über eine und dieselbe Rechtsfrage verschiedener An-
icht seien.
t Man sagt ferner, unsereCenſur übe eine maßlose Gewalt aus. Ich geftehe offen-
herziz, daß ich in der kurzen Zeit, während welcher ich mich mit dieſcr Ange-
legenheit befaſe, ſchr viele Klagen über das Gegentheil gehört habe; (eine
Stimme: Ho ho! — nicht übel!) eine große Maſſe von Eingaben liegt vor,
worin geklagt wird, daß die Cenîur viel zu wenig ftreiche. Man hat ferner
darüber geklagt, unsere Censur entmutbige die Schriftfleler. Man hat biebei
wohl an eigentliche wiſsenſchaftliche Forſchungen nicht gedacht, sondern zunächſt
nur die Tagblätter im Auge gehabt. Gerade bei diesen aber iſt das Bedürf-
niß der freien und unverbolenen Aeußerun; nicht so groß. als in dem Gebiete
der eigentlichen wissenſchaftlichen Forschungen. – Wenn man vorwerfe, daß dic
Regierung selbft durch die Cenſur außer Stand gesetzt sci, die roabre Stim-
mung im Volk, die Klagen und Wünsche desselben zu vernehmen, so seien die
Mittel und Wege, der Regierung Klagen und Wünsche vorzubringen, bei uns
immer noch in reichlichem Maße vorhanden; ja es gebe vielleicht wenige Re-
gierungen in Deutſchland, die so geneigt seien, die Wünſche zu hören und den
Klagen so viel als möglich abzuhelfen. Ja der Kammer sei die Gelegenheit,
Wünſche und Klagen des Volkes zur Sprache zu bringen und das Petitions-
recht ſelbſt öfne ja jedem Bürger den Weg hieher (Eine Stimme: Über nicht
das verkümmerte). Rücksichtlich der Beſchwerde, daß auf der Schweizergrenze
durch die Zollwäqzter Schriften mit Beschlag belegt worden seien, liege ein klei-
ner Irrthum zum Grund. Nicht die Zollwächter haben Schriften in Beſchlag
genommen, sondern die zuſtändige Behörte und jene haben nur vie Hände zum
Offnen der Collis im Intereſſe des Zolls geboten. (Hecker: Die Donaniers
haben aber geheime Infiruktionen, um gleich das Amt zur Hilfe herbeizurufen.)
~ Gegen die Beſchwerde, daß ſremde Schriften der fraglichen Art nicht dem
Gerichte übergeben, sondern von der Polizeibehörde eingeschritten werde, wen-
det er ein, daß es keinen Unterſchicd mache, ob eine Sache im Jnland oder
Ausland gedruckt, im Juntereſſe des inländischen oder ausländischen Verlegers
VLerſenvct worden, wenn sie gefährlich oder nachiheilig sei, so müſſe even die
Slaatsbehörde für die Abwendung der Gefahren oder Nachtheile daraus sor-
gen. Die wicderholte Drohung, daß die Härte der Censur allmäriig eine solche
Unzufriedenheit erregen werde, daß die grösten Natttheile für die Regierung
und die Feſtigkeit des Staats selbſt daraus hervorgehen würden, fuürchtct er
nicht, denn er erinnert ſich aus dem Jahr 1831 noc recht gut, daß dies das
mals ſchon die Idee eines der vcregrlichen Herren gewesen, dessen Feuer aber
seit 1831 voch unter seinen züßen brenne, ohne seit 13 Jahren zugenommen zu
haben. Wenn man glaube, in Zeiten der Noth werde die deutsche Nation sich
nicht mebr mit Exrthuſiaemus erheben und gegen den äußern Feind aufftehen,
wenn nicht die Censur vorerft aufzeboben werde, so hat er selbſt dagegen von
der deutschen Nation und ihrem Patriotismus einen andern Begriff und ift
überzeugt, daß wenn es gelte, ihren Herd und ihre Ehre zu vertherdigen, die
Deutſchen nicht hinſtehen und markten, nicht sagen werden, die Cenſsur gefällt
uns nicht und cher zieben wir nicht ins Feld, bis diese Censur aufgehoben ift.
Die Deutschen werden Deuiſche bleiben. & Am Schluſſe macht der Redner dar-
auf aufmerkſam, daß er die fowohl in der Motionsbegründung und dem Bes
richt, als auch in dcr heutigen Diskuſlion gewählten Ausdrucke werter für par-
lamentarisſch, noch klug, noch dem beabfichtigten Zweck entsprechend halten kann.
Mit Swnähreden, denn eine Vergleichung des Censors mit dem Meifter Häm-
merling sei nicht viel deſſer, könne man auch einen Wunſch oder eii Verlangen
nicht unterftüßen, even so wenig bei der Regierung als bei dem Bundestage,
T deßhalb fürchte er, es hade die heutige Diskuſßion dazu bcigetragen , eie
Censur in Baden und Deutschland nur noch mehr zu befeſtigen. (Lautes Bravo
von der Rechten!) (Fortseßung folgt.)
Deutſchland.
Z3 & Aus Rheinheſſen, 16. Jan. (Schluß der Adresse an den
Abgeordn. Brunck. ) Unter solchen Umständen iſt zwar erklärlich und
entschuldbar, daß der verfasſungstreue Mann, ein Mann Ihrer Art,
hochgeehrter Herr, mit Trauer und Ekel von landſtändischer Wirksamkeit
ſich abwende. Um ſso größer aber iſt das Vrrdienſt des Ausharrens
im Vertrauen auf bessere Zeiten, die, wie wir zuversichtlich hoffen
nicht ausbleiben werden.
Jür die jetzt laufende Wahlperiode einmal gewählt und in die
vorige Ständeverſammlung eingetreten, ſiud Sie zwar der Abgeord-
nete Ihres Wabhlbezirks, aber Vertreter des Landes und seiner Ge-
sammt-Intereſſen. Das Land hat einen rechilichen Anspruch auf das
Resultat der Wahl Ihres Wallbezirks; dem Lande, das ſtolz auf Sie
iſt, gehört Ihre ſtändiſche Stellung und Ihre ſtändiſche Wirksamkeit
an, Diesen Anspruch machen wir, als Ihre Verehrer und Freunde,