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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 117 - No. 145 (1. Mai - 31. Mai)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44007#0533

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aufſchlag.

Sonntag

Deutſchland. | ¡ui q
4- Mannheim, 9. Mai. Des Deputirten Sander unerwar-

teter Tod iſt, wie allgemein anerkannt wird, für Baden und dessen

II. Kammer ein großer Verluſt, welcher vielleicht in langer Zeit

nicht wieder ersetzt werden kann.

Daher war auch die Trauer über seinen Tod so allgemein und

ſelbſt. seine politiſchen Gegner mußten dieselbe ehren. Aber auch die

Theilnahme für Sanders vier, nun elternloſe, noch unmündige Kin-

der trat eben so lebendig und auf wahrhaft wohlthuende Weise her-

vor. denn kaum hatte sich die Kunde von Sanders Tod im badischen

Lande verbreitet, als auch schon von mehreren Seiten her bedeutende
Anerbieten zur Unterſtüzung der Kinder einfamen. + Gleiches ge-

ſchah von einigen deutschen Nachbarstaaten: Rheinhessen, Rheinbayern,

Frankfurt a. M. #c. und ein Bewohner Darmfſtadts, bekannt dafür, daß
er für das allgemeine Beſte und für Unverſchuldet- Unglückliche zu
Oyhfern ftets bereit war, – Hr. E. E. H., übersendete sogleich zur
einſtweiligen Deckung allenfallſigen dringenden Bedarfes einen ansehn-
lichen Wechsel, als Gruntlage zur Bildung eines Sanders-Fonds, be-

ſtimmt zur anſtändigen Erziehung der Kinder des Verſtorbenen. Es

verdienen dieſe schönen Beiſpiele dankbare Anerk-nnung. ~ Doch eben
so edel und uneigennützig benahmen ſich Sanders Mutter und Brüder!

Sie erklärten offen, daß der Verſtorbene nicht vermögenslos sei,
und daß die Mutter wie die Brüder die Mittel zu besiten glaubten,
um den Kindern eine angemeſſene Erziehung geben zu laſſen.

Deßhalb lehnten sie eine öffentliche Aufforderung zur Unter-

stützung der Kinder, wie auch jene für einen Grabſtein ab, und zeig-
ten dadurch, daß sie wirklich Bedürftigen und Unglücklichen die Bei-
träge und Unterſtützungen nicht entziehen wollten, welche den San-
der'ſchen Kindern zugefloſſen wären. (4t #
. Dem Verfasser des gegenwärtigen Artikels schien es Pflicht diese
edlen und lautsprechenden Züge deutschen Characters und die darin

licgende Lehre zur Kenntniß seiner Mitbürger zu. bringen, zugleich

aber auch den eingekommenen Wechſel dem Geber mit Dank wieder
zurückgehen zu lassen.

. 0 Darmwſísſtadt, 8. Mai. Unsere Staats - Ausgaben wachsen

unsern Staats Cinnahmen über den Kopſ. Vergebens, daß sich letz-

iere, namentlich durch die Zollgefälle, von Jahr zu Jahr steigend

vermehrt haben, und taß auch die mindeſte Steuerverminderung von
hem Finanzminiſterium stets mit Aengſtlichkeit abzupariren, hat man

ſich doch in die unangenehme Nothwendigkeit versezt gesehen, von

Seiten der Slaatsregierung die Nothwendigkeit einer Erhöhung. der
Steuern einzugeſtehen. Nämlich ganz abgesehen von den beschloſsenen
Eiſenbahnbauten machen allein ſchon die Provinzialſtraßenbaukoſten
in den Provinzen Starkenburg und Oberhessen einen außerordentlichen
Steueraussſchlag nöthig, Oberhessen, das dabei am Stärksten ange-
zogen wird, iſt unsere ärmſte Provinz, jede Steuververmehrung wird
alſo dort am Schmerzlichſten empfunden. Um nun dieser Fatalität
einer Steuervermehrung und dem Odiösen, was namentlich die dem-
nächſt nach Hauſe kehrenden oberheſſiſchen Abgeordneten dadurch trifft,
auszuweichen, oder auch aus andern Gründen, jedoch mit jenem Um-
ſtand als Folge, sotl ein sehr sinnxeiches Mitglied unserer zweiten
Kammer auf den Einfall gekommen sein, die Staaskaſse in ähnlicher
MWeſſe bei den Provinzialſtraßenbaukoſten wie bei den Staatsſtraßen-
baukoſten intervenixen zu laſſen, nur freilich, daß die einzelnen Pro-
pinzen doch nach und. nach die auf ſie fallende Portion Provinzial-
ſlraßenbaukoſten rückzuvergüten verpflichtet ſind. Geht, wie verſichert
wird, die Staatsregierung, und gehen wieder die Kammern. auf diesen

Borſchlag ein, so. hätten wir vorerſt. in unserem Friedenszuftande seit..

30. Jahren keine Steuererhöhung; aber angeklopft. hat sie,. und

wenn sie: nochmals, auf andern Umſtand hin, anklopft, wird man

ſchwerlich das Herein! ihr verweigern können. Es is interessant,
wie den ansehnlichen Geldbewilligungen der zweiten Kammer gegenüber,

in der erſten Kammer zeitweise ein Dringen auf eine gewiſſe Sparsamkeit

auftaucht. So in einem Bericht des Erbprinzen von Yſenburg:Bü-
dingen über einen Antrag des Freiherrn von Breidenſiein, die Er-
Ieichterung der Gemeinden rückſichtlich ihres Bauwesens betreffend.
(ss heißt in dieſem Berichte: „Es wird wohl Niemand. läugnen,.



daß fie Straßen in dem Großyerzogthume in einem solchen Zuſtande

i dex Bortrefflichkeit ſich befinden, wie wohl sonst in feinem andern



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. tion Auskunft zu ertheltlen

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. und Gely erbittet man.
ranco. "

B

deutschen Lande, ja daß die Vicinalwege die Hauptsſtraßen in andern
deutſchen Ländern oft an Güte übertreffen. Aber eben so wenig iſt
auch in Abrede zu ſtellen, daß im Großherzogthume bei derartigen
Bauten ein bedeutender Luxus getrieben wird und daß dieser, wird
er, wie häufig geſchieht, auch auf die Bicinalwege und ihre Zube-
hören, als Brücken u. s. w. übertragen, nur im höchſten Grade
nachtheilig auf die finanziellen Verhältniſſe der Gemeinden, denen
ja bekanntlich die Bau- und Unterhaltungspflicht derselben obliegt, wir-
ken muß. Der größte Theil der Communalumlagen wird zum Zweck
theils neu vorzunehmender Bauten, theils zur Unterhaltung ſchon be-
ſtehender, ausgeschlagen und es ist wohl anzunehmen, daß in dem
größten Theile des Landes diese. Koſten für die nächſten Jahre eher
zu- als abnehmen werden, wenn der jetzige modus agtendi in dieser
Beziehung noch ferner beibehalten wird." Indessen ſind das freilich -
nur Communal- oder wie unsere Bauern zu sagen pflegen, Cri-
minallaſten. Aehnliches hörten wir aber, im Referate des Freiherrn
von Breidenſtein, über das neue Ausgabebudget, insbesondere über die
von der Staatsregierung angeſonnene (von der 2. Kammer damals
bereits abgelehnte) Aenderung in den vor einigen Jahren zwiſchn
Staatsregierung und Ständen feſtgeſetzten, sogenannten „Besoldungs-
etats.s „Es iſt-, heißt es in jenem Bericht, „in der Berathung
der zweiten Kammer für die Gehaltserhöhung der 4 Revisoren in
einer Weise geſprochen worden, als ob definitive Etats nicht beſtün-
den, oder wenigstens keine Achtung verdienten; man hat den Werth
und die Mühe der Revisſionsarbeit und den Umſtand, daß ein Revi-
sor keine weiteren Aussichten habe, erwogen, ebenso wie einſtens, vor
dem Bestande des fixen Etats, wenn von einer Oehaltszulage die
Rede war, allemal die Diener, über welche verhandelt wurde, tiner
Kritik über ihre Würdigkeit und Bedürftigkeit unterlagen. Da aber
dieser, in so vieler Beziehung bedauerliche Zuſtand aufgehört hat, sd
sollte, er nicht factiſch wieder hervorgerufen werden. Die Verhand-

lung der zweiten Kammer zeigt, wohin das führe; . in derſelben iſt
ſchon wieder gar mancher andern gedacht, die ähnliche Ansprüche zu

machen haben, und an diese knüpfen ſich wieder andere und ſo fort,
denn das Trachten nach höheren Gehalten, welches durch feſte Etats
beſchwichtigt werden sollte, iſt noch nicht erloſchen und würde sehr
bald wieder in voller Regsamkeit erscheinen.! ~ Das gibt nun frei-
lich Alles keinen Ausschlag, aber es ſind doch Signale.. j

Elberfeld, 6. Mai. Das Unwesen, Fabrikarbeiter durch
Waaren, statt mit baarem Gelde zu bezahlen (das rTruck--Sy-
stem), hat, wie wir vernehmen, nicht klos im Fabrikbezirke von So-
lingen, sondern auch im Fabrikbezirke von Remſcheid beſtanden. Wir
sagen, es hat beſtanden. Denn ſicherm Vernehmen nach haben ſich
die dortigen achtungswerthen Fabrikleute, nachdem ſie durch die Preſſe
auf das Unrecht uud die nachtheiligen Folgen des Waarenzahlens
auſmerkſam gemacht worden, unter Zuziehung der hierher betheiligten
Schleifer vereinigt, künftig nur mit baarem Gelde zu lohnen. Möge
ihr Beispiel recht bald allgemein Nachahmung ſinden. .

~ Gegen den von Hrn. Meyer in Hildburghausen herrühren-
den Plan zur Bildung einer deutschen Eiſenbahnschicnen - Compagnie
hat Dr. Eiſenmann in Crlangen eine Schrift herausgegeben, die ſich
eniſchieden gegen das Unternehmen ausspricht. Der Plan, sagt er

ei von juriſtiſcher Seite ein nichtiger und in seiner Aussicht ein ver-

fehlter, „ver nicht in Ausführung kommen könne." Er sagt: Faſ-
sen wir die Rechnung kurz zusammen, so haben wir einen Plan vor
uns , bei dem Herr Meyer bei allen Umständen gewinnen muß, die
sogenannten Actionäre aber bei dem günstigen Erfolge höchſtens die
Aussicht haben, auf einige wenige Jahre ihr Capital zu 10 bis 12
pCt. verzinſet zu bekommen, bei günſtigem Erfolge aber nicht blos
die Zinsen, sondern etwas mehr verlieren. - Uebrigens könne der
Plan in anderer Fassung ein ganz annehmbarer werden.

=> Aus der baieriſchen Pfalz. Auch in unserm Ländchen
gibt sich eine rege Theilnahme für die „Reformenbewegungen!’ im
Judenth ume kund, vielleicht angeregt durch das: offene und entschie-
dene Auftreten eines unserer vier Bezirks-Rabbiner, des Hrn. Grüne-
baum in Landau, noch mehr vielleicht durch die Nähe der Städte
Worms und Mannheim, in welcher eine große Majorität der Israe-
liten sich für die Sache des Fortſchritts erklärt hat. Namentlich


 
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