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Mannheimer Abendzeitung — 1845

DOI Kapitel:
No. 58 - No. 86 (1. März - 31. März)
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26.



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Zeile in Petitschrift oder
deren Raum 3 kr. Irſe-
rate, worüber die Redak-
tion Auskunft zu ertheilen
H hat, die Zeile oder deren
Raum 4 kr. + Briefe
und hett erbittet man
aneo.

1845.

Abendzeitung

März





YMittwoch



Deutschland.
4- Mannheim , 24. März. Ueber die Denunciation, welche
der Gymnaſial-Lehrer Bla kert zu Marburg im October v. I. ge-
gen den Profeſſor Jo rd an der Behörde vorgetragen hat, und über
den Erfolg der deshalb angeordneten Untersuchung, ſind nun bestimmte
Nachrichten eingekommen: Blafkert, ehemals Pfarrer, seit faſt
12 Jahren Gymnasiallehrer zu Marburg wit 800 Rthlr. Gehalt,
und Schwager des nunmehrigen provisorischen Vorſtandes des kur-
hessischen Miniſteriums des Innern, soll schon früher dem Polizei-
Direktor W... in Marburg neue Aufklärungen in Prof. Jordans
Prozeß, nämlich über Mitwisſensſchaft desselben von dem Frankfurter At-
tentate, gegen Belohnung angeboten haben, welches aber, wie man
sagt, unbeachtet gelassen worden sei. Später soll er, so wird ver-
ſichert, das Geheimniß seinem Schwager selbſt angeboten haben, je-
doch ebenfalls ohne Erfolg, weßhalb er es dem Dix. B. mittheilte.
Cs erfolgte nun eine sörmliche Vernehmung Blakerts, welcher nun
ſagen soll, B ..... habe ihn zur Denunciation beredet, wogegen letz-
terer offen erkläre, daß dieß nicht wahr und Blakert ein Lügner sei.
—- Unbeſtrittene Thatsache iſt aber, taß die Vernehmung Blakerts
und die weitere Untersuchung durch dasſelbe Miviſterial-Rescript,
welches die Untersuchung gegen Jordan und seine Frau, wegen ihres
Gespräches auf dem Spaziergange, angeordnet hat, dem Landgerichte
aufgetragen worden iſt. Die Denunciation, so weit fie den Prof.
Jordan betraf, besteht darin, daß dieser in Gegenwart von 7 Per-
sonen, wovon ſich der Denunciant nur noch des Pfarrers, S..... t
erinnerm will, geäußert habe: Er
Frankfurter Attentate Kenntniß gehabt. Nach der Vernehmung
HBlakerts,... ..MW........4 .„D'û...UUd. S . ...4.44 s wurden die beiden
Letzten mit Blakert confrontirt, wo denn beide demselben in's Gesicht
sagten: „daß er ein infamer Lügner und Calumniant sei.
Blakert soll bei dieser Confrontation wie zermalmt und vom Donner
gelroffen vor den beiden Männern und dem Untersſuchungsrichter ge-
ſtanden sein und es iſt wirklich schade, daß die Enthüllung solcher
Schlechtigkeiten nicht in einer „öffentlichen“ Sitzung geschehen konnie.

habe von dem

Dem VProfeſſor Jordan blieb, weil sich die Denunciation als Lüge

herausgeſtellt hatte, der ganze Vorfall unbekannt, er wurde alſo auch
nicht vernommen. Erſt nach mehreren Wochen wurde diese Sache
öffentlich bekannt, und nun brach auch eine allgemeine Entrü-
ſtung gegen Blakert los. Das akademische Museum in Marburg
ließ ihn wissen, daß er, wenn er nicht alsbald freiwillig austrete,
ausgeſtoßen werden. würde. Blakert wählte den freiwilligen Aus-
tritt. Er iſt nun, wie es jedem Anbringer und Berläumder ge-
bührt, allgemein verachtet und wird von Jedermann gemieden. Es
soll der Unwille gegen ihn so weit gehen, daß er, ~ wenigstens
ſagt dieses das Gerücht, ~ auf offener Straße von jungen Leuten
angeſpien worden seil Blakert will, wie es heißt, eine Rechtferti-
gung drucken laſſen. So betrübend diese ganze Geschichte und die
Thatsache iſt, daß es noch Menschen gibt, die sich auf so ſchmutzi-
gem Wege Belohnung und Erhöhung erwerben wollen, so tritt doch
auch die Erscheinung wohlthuend hervor, daß die bürgerliche Gesell-
ſchaft und die öffentliche Meinung den Menschen verachtet und ver-
urtheilt, der ſich auf solcher Bahn bewegt.

_ ++*t Frankfurt a. M., 25. März. Der Schrecken vom 25.
Januar hat sich am Oftertag erneuert: es hieß, der ewige Jude sei
wieder stecken geblieben, trotz dem marche! marehe! marche! wel-
<es ihm im zehnten Kapitel des 7. Bandes so fleißig zugerufen
wird. Vor zwei Monaten wußte man nicht recht, wo der Haken
lag. Diesmal aber verlautbarte, der Uebersetzer habe sich wie der
ſchwarze Panther von Java, mit dem er sich cben beschäftigte, wider
ſeinen Herrn, die Redaktion, auf die Hinterfüße geſtellt und wider
verzögertes Erscheinen und poſtalische Censur dergeſtalt reclamirt, daß
er fortgejagt worden sei. Zugleich erfuhren die Schreckhaften, daß
dieſer undisciplinirte Uebersezer sciner Hände Werk auf eigne Koſten
in die Welt schicken wolle, und daß sein bisheriger Quasiverleger
mit einer andern Uebersetzung fortzuarbeiten gedenke. Somit iſt also
die Aussicht gegeben, daß die Zahl der deutſchen ewigen Juden, pa-
rod.rt und unparodirt, wieder um einen vermehrt wird, und daß
dieſe Träger kreazweis benagelter Schuhe und gewaltiger Stecken, ſich
wechſelſeiig immer mehr in's Gedränge bringen, während ſie, feld-

wärts Front machend, mit gesammter Hand auf die Jeſuiten loshauen.
Ob der selbſtverlegende Uebersetzer brillante Geschäfte machen wird,
möchte sehr die Frage sein, da die Huren Buchhändler gar nicht
gern sehen, wenn ihnen ein Autor ins Handwerk psuſcht. Vielleicht
iſt er verlockt worden durch die Erscheinung, daß beim Vomſstapel-
laufen der lange erwarteten letzten Bände auf die Buchläden ein we-
nig Sturm gelaufen wurde. Glückliche, ruhige Zeiten, in welchen
ein Roman solche Beweguug veranlaßt! Sollten ſie nicht geeignet
sein, uns die lang ersehnte Preßfreiheit schmecken zu laſſen? Zumal
da sogar Herr Guido Görres, wohlverdienter hiſtoriſch - politischer
Blätterſchreiber, dieſclbe befürchtet hat!

Berlin, 19. März, (Fr. O.-P.-A.-3Z.) Das „Berliner Ge-
werbe-, Induſirie- und Handelsblatt, enthält einen Aufsatz über die
Hypothekenbank für Berlin, desſen Begründung den Geldbe-
ſÜtzern einen paniſchen Schrecken einjagt. Es heißt darin unter An-
derm: „Es dürfte wunderlich, jedenfalls gewagt erscheinen, wenn
mah Geld in Maſſen beiſchaffen zu können verspricht. Und doch
gibt es ein solches Mittel, die Hypothekenbank auf ſtädtiſchen Grund-
besitz in der hier projectirten Art ſind es. Was dem Cinzelnen un-
möglich iſt, woird der Association, dieser mächtigen Fee unseres Jahr-
hunderts, die schon so vieles Unmöglichscheinende möglich gemacht
hat, gelingen.. Das der Hypothekenbank zu Grund liegende Princip
iſt nun folgendes: Die Hypothekenbank beſteht aus einer Vereini-
gung von Berliner Grund- und Haus-Besitern, die ißren Grund-
und Hausbesſitz bis zu /, des wirklichen Werthes (der neu zu
ermitteln iſt) der Bank verpfändet. Dagegen gibt die Bank den
Hauseigenthümern bis auf tie Höhe des verpfändeten Betrages Darlehen
in baarem Geld oder in Papiergeld gegen Verzinsung von 3%, pCt.
Ditß baare Geld oder Papiergeld schießt der Staat gegen Verpfän-
pung ihres sämmtlichen Vermögens (der einzelnen Hypothekenobliga-
tionen ) der Bank vor, wogegen er auf die Höhe dieser Summe neues
unverzinsliches Papiergeld ( Treſorſcheine) creirt. Diese Summe,
welche, wenn alle Hauseigenthümer dabei intereſſiren, ſich weit über
100 Miltionen Thaler belaufen würde, wird dem Slaate von der
Hypothekenbank mit 2 pCt. jährlich verzinset. Nach Abzug der 2
pCt. an den Staat für seine Garantie bleiben der Bank von den
durch die Eigenthümer gezahlten 3%, pCt. noch 1 /; pCt. per Jahr,
wovon ’"/; pCt für die Verwaltung gerechnet wird, während das
Uebrigbleibende 1 pCt. Zins auf Zins gelegt, zur Amortisation und
als Reſervefonds benutzt werden soll, so daß nach einer Reihe von
Jahren der ſtädtische Grundbeſißt mehr oder weniger schuldenfrei
werden würde. Daß die verpfändet:n Grundstücke gegen Feuersge-
fahr versichert sein müſſen, versteht sich dabei wohl von selbſt als
erſte Bedingung der erforderlichen Sicherheit. — Die hier seit vor-
geſtern beim Buchhändler Kleemann für's Volk bearbeitete 100 Sri-
ten starke Broſchüre, betitelt: - Die Geschichte der spanischen In-
quisition und der Hexenprozeſſe“ wird ſtark gelesen und viel gekauft,
da ſie nur 2’,, Sgr. koſtet.

Aus Schleſien, 12. März. (Trier. Ztg.) Lebhafte Erörte-
rungen auf unserm Landtage rief den veröffentlichten Verhandlungen
nach zu urtheilen die Proposition r wegen Vererbpachtung von
Lehns- und Fideicommiß-Grundſtücken" hervor, indem die
Abgeordneten des Bürger- und Bauernſtandes darin eine Begünſti-
gung für die Gründung von Majoraten erblickten. Aus den in un-
sern Zeitungen mitgetheilten Verhantlungen genügt es zur Characte-
riſtik der entgegenſtéhenden Meinungen, Ihnen die Worte zweier Red-
ner (nach der „Bresl. Ztg.’) anzuführen. Ein Abgeordneter der
Ritterschaft sagt: „Die Beschränkung des Rechts der Stiftung
von Fideicommission iſt eine Beschränkung der Teſtirungssreiheit. Die
Zweckmäßigkeit großer Majorate in politischer Hinsicht iſt von Bedin-
gungen abhängig. Sie sind für die Bewahrung der Vaterlandsliebe
geeignet, denn das Geschlecht ihrer Besitzer iſt mit der Scholle seines
Landes feſt verwachsen. In der absoluten Monarchie sind Maiorate
die feſteſte Stütze des Thrones und bei einer weitern Entwickelung
unserer ständiſchen Verhältnisse sind sie darum unverläßlich, weil sie
die Elemente einer Pairie bilden. Das Erbrecht leugnen iſt eine
Lehre der Communiſten; wer dasselbe beschränken will, nähert ſich
ihrer Theorie." Einer der städtischen Abgeordneten sagte: „Die
vorhandenen Majorate bedecken bereits einen großen Theil der Boden-


 
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