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Mannheimer Abendzeitung — 1845

DOI Kapitel:
No. 146 - No. 175 (1. Juni - 30. Juni)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44007#0629

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Nannheimer Abendzeitung

4. Juni

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1845.





Mittwoch

Deutſchland.

* Mannheim, 3. Juni. Wir fahren fort mit unsern Mitthei-
hz." âte: rie preußische "Meßregel« gegen Hrn. v. Iuſtein und

***+ Frankfurt, 1. Juni. Auch in unserer Gegend iſt die
Landeeverweijung, welche zwei Bürger eines Zollvereins- und zugleich
eines Bundesstaates aus einem andern zum deutſchen Bund und zum
Zollverein gehörigen Land ohne Angabe irgend einer Ursache oder
BVeranlaſſung und verbunden mit der augenblicklichen polizeilichen Cxe-
cution zu ungewöhnlich früher Morgenſtunde erlitten haben, noch

immer der Gegenſtand allgemeiner Verwunderung. Das preußische allge-

meine Landrecht sagt in der Einleitung §. 40: „Wem die Gesetze auf der
„einen Seite Verbindlichkeiten auflegen , {tm kommen ſie auf der an-
„dern Seite durch ihren Schutz auch wieder zu Statten. §. Al:
„fremde Unterthanen haben also, bei dem Betriebe erlaubter Geſchäfte in
„hieſigem Lande, ſich aller Rechte der Einwohner zu erfreuen, so lange
„ſie ſich des Schutzes der Gesetze nicht unwürdig machen.“ Auf dem
Wiener Congreß 1814 drang Preußen in ſeinen verſchiedenen Ent-
würf n des Bundesvertrages darauf, daß alle Mitglieder des Bundes
ſich verbixdlich machen möchten, jedem ihrer Unterthanen unter den
Rechten, welche jeder Deutsche genießen müſſe, unverbrüchlich einzu-
räumen, die geſet mäßige Freiheit und Sicherheit der Perſon, so daß
keine, dieſelbe kränkende Verfügung getrofsen werden könne, welche nicht ge-
nau mit den Landesgesetzen übereinſtimme, und durch den ordentlichen Rich-
ter verfügt werde. (Klübers Uebersicht der viplomat. Verhandlungen
yes Wiener Congreſſes, 1. Abth. Seite ' 247.) Die deutſche Bun-

vesakte sichert in Art. 18. allen Deutſchen das Recht zu, Grund-...

eigrnthum außerhalb des Staates, den sie bewohnen, zu erwerben
und zu beſiten (anerkannt und beſtätigt durch Resceript des preußi-
ſchen Juſtizminiſteriums vom 12. September 1836); und mit Recht
fragt man sich, ob, wer Grund-Cigenthum. in einem Staat erwerben
dürfe, nicht auch in demselben als Reiſender ſich unschädlich aufhalten
dürfe. Bei Eröffnung der deutschen Bundesverſammlung am 5. Nov.
1816 wurden in dem Vortrag des Präſidirenden der Bundesverſamm-
lung die in diesem Artikel 18 der Bundesakte enthaltenen Beſtimmun-

gen als die wohlthätigſten für alle Deutschen, und als solche gerühmt,

bie ein „wahres deutſches Bürgerrecht begründen; und es wurde da-
bei angeführt, daß dieser Artikel es bewähre , wie ein wahrhaft na-
tionaler Sinn „die Gesandten und ihre Höfe beſcelte, welche die
Bundesakte unterzeichneten.“ Ju dem Vortrag über die Reihenfolge
ber von der hohen Bundesverſammlung zu erledigenden Gegenſtände
au dem Protokoll vom 17. Februar 1817 veißen ſie wollthätige
Beſtimmungen, durch die ein allgemeines deutſches „Bürgerrecht be-
gründet werden soll.“ JIn der vorläufigen Competenzbeſtimmung (Pro-
totoll vom 12. Juni 1817), wird der hohen Bundesverſammlung
empfohlen, darauf zu achten, daß diese Bestimmungen in Erfüllung
gebracht werden. (Mecklenburg erkannte in dem 18. Artikel den Zweck,
vaß der Deutsche in keinem Theile des verbündeten Deutſchlants als
Fremder behandelt, und daß dadurch das Gefühl eines gemeinsamen
Vaterlandes wiedererweckt werden soll.) :

Allerdings kennt das allgemeine Landrecht die Landesverweiſung ;
uber nur als Strafe; und für Wenk? für fremde Bettler, Landſtreicher
und Müßiggänger, wenn fie zur Arbeit unbrauchbar ſind; (Th. 2, Tit.
20, §. 4, und 191) ausländische Winkel-Aerzte. (§. 308). und tie
öffentliches Hazardſpiel treiben, (§. 1303), daß aber davon hier keine
Rede sein kann, verſteht ſich ganz von ſelbſt; und es iſt daher in
_vem Interesse aller derjenigen Deutschen, welche Preußen bereisen wol-

len, dringend zu wünſchen, daß dicser Gegenſtand baldigſt aufgeklärt
werde; noch mehr zu wünſchen vielleicht in dem Intereſſe Preußens

ſelbſte.

. tt Von der Spree, 28. Mai. Gestern haben auch die Ber-
liner Zeitungen die Ausweisuug v. It ftein's und Hecker's mit-
gf! man kann jetzt überall das höchſte Ecſtaunen über dieselbe
außern'lsören. Man erinnert dabei aber auch zugleich an die Ausweisung
üg. Br n's aus Baden im Jahre 1843, an die Vertreibung der deut-
ſthen Schriftsteller aus Paris, unv an vie unlängſt erſt in Belgien

beabsichtigte Verhaftung Freiligrath's. Die conſtitutioncllen Staaten
haben sich gegen Preußen im Princip nichts vorzuwerfen, nur iſt die-
ses hier schärfer zum Vorschein gekommen, als anderswo, weil die
Gegensätze sich einander ſchroffer gegenüberſtchen. Her w egh' s und
dieſe Ausweisung sind das Auffaklendſte, was in dieser Art in der neue-

ſten Zeit geschehen ist.

Aus Baden. Nach dem den Strafvollzug im nenen Männer-
zuchthauſe zu Bruchsal betreffenden Gesetze soll die Zuchthausſtrafe
künftig in der Weise vollzogen werden, daß jeder Sträfling in eine
besondere Zelle gebracht und hier bei Tag und Nacht außer Ge-
meinſchaft mit andern Sträflingen gehalten wird. Die Sträflinge
werden, mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage, beschäftigt. Sie
erhalten, so weit sie deſſen noch bedürfen, Unterricht in einem Ge-
werbe und in den Gegenständen, die in den Volksschulen gelchrt

. werden. Jeder wird in ſeiner Zelle täglich wenigstens sechs Mal

beſucht und darf täglich wenigstens eine halbe Stunde in einem da-
zu bestimmten Raume im Freien sich Bewegung machen. In der
zur Erholung bestimmten Zeit iſt dem Sträflinge gestattet, ſich auch
mit Lesen oder auf andere mit der Hausordnung verträgliche Weiſe
zu beschäftigen. Von Zeit zu Zeit kann er, so weit es für den
Strafzweck unnachtheilig iſt, an Freunde oder Verwandte Briefe
schreiben oder solche von diesen empfangen. Utberdies ſchließt das
Gesetz noch mit dem Vorbehalte, daß für angemessene Beaufſichti-
gung der Strafanſtalt, für Erhaltung einer gesunden Luft, Erwär-
mung und Erleuchtung der Strafzellen und Arbeitsſäle ( der Auf-
ſichtsrath kann nämlich solche Sträflinge, deren leidender körperlicher
oder Seelenzuſtand es nöthig macht, in gemeinsamen Arbeitsſälen
beschäftigen laſſen), für gesetzliche und humane Behandlung, für

geſende Crnährnng, Bikleivung und Lagerung der Sträflinge, für

zweckmäßige Einrichtung des Gottesdienstes und für religiöſen und
moralischen Unterricht, sowie für Zurücklegung eines Theiles des
Arbeitsverdienſtes zu ihrem Vortheile durch Regierungsverordnun-
gen werde gesorgt werden.

Freiburg, 30. Mai. Das großh. Miniſterium des Inuecn
hat dem Dr. der Philoſophie und der Rechte, Hermann von
Rotteck dahicr, die von ihm wiederholt nachgeſuchte und früher
verweigerte Erlaubniß ertheilt, an der hiesigen Univerfität als Privat-
docent sich zu habilitiren und Vorlesungen zu halten. Nur
müſſen wir bedauern, daß Dr. v. Rotteck von dem Zugeſtändniſſe
in der nächſten Zeit nicht wird Gebrauch machen können, da die
Folgen einer schweren Krankheit, die ihn vor mehreren Monaten be-
fallen, noch nicht beseitigt ſind.

Berlin, 29. Mai. Der Centralverein hat ſich jegt erſt
zu seiner Entgegnung auf das Ministerialrescript entſchloſſen, wel-
ches die Umänderung seiner Statuten verlangte, und zwar will das
Comite sich zu den vorgeschlagenen Amendements der Regierung
nicht verſtchen. Namentlich iſt die verlangte Garantie des Central-
vereins für sämmtliche Localvereine der Stein des Anſtoßes gewor-
den. Das Resultat dieſer Weigerung iſt leicht vorauszuſehen. Mitt-
lerweile jedoch hat der König eine Kabinetsorvre an die Minister
von Arnim und Flottwell erlaſſen, worin er seine Verwunderung
ausspricht, daß der Centralverein noch immer seine Thätigkeit nicht
begonnen und namentlich die ihm bewilligten 15,000 Thaler noch
nicht erhoben habe. „ Er möge, heißt es, , ſich becilen, und mit
dem bewilligten Gelde den sſchleſiſchen Webern Hülfe gewähren.“

j (Frkf. J.)
~ Die Sitzungen der Bundes - Versammlung gehen nach wie
vor nun seit kurzem wieder unter dem Präſidium des Herrn Staats-
Miniſters, Grafen von Münch-Bellinzhauſen, ihren regelmäßigen
Gang. Was man in der letzten Zeit über iyre Verhandlungen im
Publikum sagte, beruht meistens auf Mißverſtändniſſen. Die Preß-
Ungelegenheit ruht zwar nicht, kann aber doch vorerſt nicht in dem
Sinne der kiberalen Reaction (?) entschieden werden. Die
Spielfrage iſt insofern entschieden, als nach dem Ublaufe der jett
jwiſchen den betreffenden Regierungen und den Spiclpächtern beste-
henden Kontracte dieſelven nicht mehr erneuert werden dürften.


 
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