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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 329 - No. 358 (1. Dezember - 31. Dezember)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44007#1505

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Ybonnement mlt vieroe.
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2:13: Mannheimer Abendzenung
aden 2 fl. 8 kr., im

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28. Dezember

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deren Naum 3 kr. Ins-
rate, worüber die Redal-
tion Auskunft zu ertheilen
hat, die Zeile oder deren
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und ütz: erbittet man
franco.

1845.











Deutſchland.

E cr L 599 S eers;s SLI
EL E E E E EC Ua U Ms










w + Mannheim, 27. Dezmbr. Die D. Allgem. Zeitung y
" vom 24. Dez. bringt Folgendes : „Zur Nachricht. SEotben, y
I am 23. Dezember , Nachmittags 3 Uhr, wird mir durch den
V hieſſgen Stadtrath eröffnet, daß das königl. ſächſiſche Mini- .
flerium des Innern die Conceiſſion zur Herausgabe der „Säch- F
] ſiſchen Vaterlandsbl ätter-- cuizogen hat, welche traurige
" Nadhricht ich hierdurch den verehrten Abonnenten zugehen laſſe.
L Leipzig, am 23. Dezember 1845. , .
Robert Frieſe.4«





V IESE GGG G OE; EGI GES C E MU
v § t R

Heidelberg, 19. Dezember. (Heidelberg. I.) Je mehr Se.
Excrllenz vir Herr Erzbiſchof zu Freiburg sich fträubt, die kirchenver-
faſſungsmäßige Bis. thumskir ch enve rſammluyg einzuberufen,
deſto mehr muß jeder denkende Kotholik darüber bedenklich werden,
warum man von Seiten der hoh en Geisllichkeit ſeit drei Jahr-
hur derten Das vorenthält, was ſeit undenklichen Zeiten die niedere
Geifllichkeit und die Laien ununterbrochen fordern, was selbst in den
Giſcten des Katheliciemus wohlbegründit und für die Fortbildung
des lebendigen, nicht buchftabenmäßigen, Chriſtcnthums unumgänglich
nothwendig iſt. Wir dürfen es aber nicht bei dem bloßen paſſiven
Zuſehen bewenden lassen, ſondern müſſen den Ruf der Z eit erken-
nen und um ſo eifriger und beyharrlicher auf dem Begehren einer
Bielhumstuchenvcrsariwmlurg biflehen. Es vrrlautct, daß mit dem
Unfange des nächſten Jahres ein erneuertes , aber ſchr en: rgiſches und
entſchiedenes Gesuch von vem hiesigen katholiſchen Kirchenvorftande in
dieſcem Betrcff an den Hrn. Erzbiſchof abgehen wird.

Aus Baden, 24. Dezbr. (Fr. J.) In der alten Pfälzer-
Haupifladt Heidelberg bereitet man das 300jährige Reformations-
Feſt der dortigen Stadt auf den A. Januar 1846 ror. Von Luther
sſclbſt durch s.ine Disputation im Jahre 1518 gepflanzt, turch Me-
lanchthon organiſirt und später nach calviniſchen Principien ausge-
bildit, gehört diese Riformation zu den hedeutſamsen Ereiuniſſ:n in
der deutſch.protcſtantiſchen Kirche. Mehrere intercſſante Schr'ften über
die pfuljiſche Reformation ſind zur Feier dieſes FJ.stes bereits er-
ſchienen.

Vom Main, 16. Dez. (Brem. Z.) Der Uebertritt des An-
tiſtes Hur ter von Schaſſhauſen hat ungeheueres Aufsehen gemacht.
Ein refoimirter Geiſilicher geht, nach langem Zaubern, in der Igna-
tiuskir che zu Rom zur römischen Kirche über. Darob weitſchallender
Jubel in München, in Wien, in Lyen, in Luzern, in ganz Italien;
aber auf protcſtantischer Scite keine Verwunderung, wcil man hier
dem letzten entſcheidenden Schritte Hurter's längſt entgegen gesehen
hatte. Niemand kann densſclien tadeln, denn ,die Freiheit ſich rechts
oder links zu stellen, iſt die Freiheit des Jahrhunderts.“ So large
Hurter Privatmann blich hatte der Ucbertritt nur eine kirchliche Bc-
deutung , eine politiſche gewann er erſt dadurch, daß der Convertit
bald nach seiner H.imkehr von Rom in ten öfterreichiſchen Adelftand
erhobm, zum kaiſerlich - königlichen Hofrath und zum Reichshiftorio-
graphen ernannt wurde. Unter tieſen Umständen iſt es erklärlich,
daß man . von proteſtantischer Seite die polit iſch en Grundsäte
eines Mannes näher in's Auge faßte, der nun so ziemlich die Stel-
lung hat, wir einft Friedrich von G en ß. Auch Gut kow, diſſen
y,Wiener Eindrück.'' tiefen Eindruck machten, hat (im ſechsten Bande
seiner gesammeltin Werke, der eben in Frankfurt erschienen ift) die
Grundſätze und die Stellung Hurter's mit jenem Scharfsinn beleuch-
tet, der ihm eigenthümlich ift. Wer sic) 7 &.n Gegezſtand näher
intereſſirt, wird dcn kräftigen, den in ſslyliftiſcher wie polemiſcher Be-
ziehung meifterhaften Aufſc z nicht. ungelcsen laſſen. Hurter hat seine
Stlbflbiographie und ſeine „„Wirotrgedurt“ bcschrieben. In derselben
zeigt er ſich, wie Gutzkow nachweiſt, zuerſt als Ariflokcraten. Daraus
kann ihm natürlich kein Vorwurf gemacht werden. Aber dieser
Schweizer erweiſt ſich auch als einen erbitterten Feind Deutſch-

lands, er haßt unser Vaterland und Alles was auf dem heimiſchen
Gebicte nach Lebensgeflaltung und kirchlicher oder politiſcher Berechti-
gung ringt. Er theilt vollkommen jenen vulgären Deutſchenhaß, wie
man ihn nur in den ariſlokratiſchen Kantonen der Schweiz antreffen
kann. „Diese deutſche Schweiz haßt in uns das, was ihr eigener

geiſtiger Lebensodem iſtz sie haßt ihre eigene Sprache, ihre eigene .

Bildung, ihre eigene feinere Sitte. Das beschämende Gefühl, gegen

das Mutterland an geiftiger Kraft zurückzuſtehen, tieſem Alles zu Ö

verdanken, was, die Staatsform ausgenommen, ihren eigenen Werth
erhöht, das verwantelt sich in dieſer Schweiz in Haß, den fie reich-
lich nicht nur auf die politiſchen Flüchtlinge, sondern ſelbft auf die
Männer der Kunſt und Wiſſenſchaft überträgt, die sie, ihren Mangel

fühlend, aus . eutſchland an ihre Hochſchulen ſelbft berufen hat.

Dieſen Haß alſo theilt Harter; den Norden Deutſchlands kennt ex
nicht, hat ihn nie beſucht, und verachtet ihn als den Sit des Prote-
fiantiomus und der von Kant ausgegangenen philosophiſchen Syfteme.
Er, der künftige k. k. H floriograph, h a t insb. sondere Preußen
mit einer faſt an den jicberjährigen Krieg erinnernden Erbitterung.
Dieser Staat mit Jugendkraft ift ihm „„eine neuzeitliche Molluske
ohne alle Chrwürtigkcit ins ehev origen (sie!] Ursprungs.“
Schon auf der Schule jubelte Hurter, wenn er die Niederlagen des
alten Fritz las, und im Dom zu Mainz wohnte er dem Ted eum
über den Sieg der Franzojen bei J ena bei, „welches durch die An-
wesenheit Joſ-phinens mit ihrem Hofflaat verherrlicht rward !!‘
Er haßt fserner die preußiſche Geſcßzebung als aus rcvolutionären
Eleminien hervorgegangen, und solchen gemäß ſich fortbildend; er
haßt den ,„miniflericlen Deepotismus, der an Hegel'\cher Frechheit
urd Straußiſchir Foridiltung d:s P'oteſtantiemus ſich aufgerankt,
uüy Epione, Verl öre, Sirafen gegen die Pflichtgerreuen der Kirche
aufg. boten habe‘ rc.
is Er schleudert seine wilden hierarchischen Invektiven gegen Preu-
ßen und den Proteſtantiemus ganz in der Weise des „ehevorigen'"
Jakobiners Görrcs. Schr richig bemerkt Gutz!owz „„Es fehlt die-
sem Hurter der Sinn für nationale und Gesammtentwicklungen un-
ſeres Volkes. Nichts iſt ihm am deutschen Stamme lieb und
werth. Er rühmt und preiſt Italien, bewundert sogar die Grſil-
tung der ~ Neapolitaner; ſelbſt aus dem, wie er es nennt, „ma-
denfräß gen“) Frankrcich, das durch seine „Huntstagsrevolution-'
völlig vertorben wäre, hofft er noch Kiime der ihm vernürftig
scheinenden Weltordnung wieder entſpringen zu sehen, aber was,
von Rom aus bctrachtet, nach Norden j ns.its der Birge liegt, das
Alles iſt ihm fremd, widerwäitig, unerquicklich. ~ Nichts über-
trifft an Heftigkeit die Polem k dieſes Mannes, ~ der dreißig Jahre
protcſtantiſcher Prediger war, Gehalte einſtrich und doch schon längſkt
kein Proteſtant mehr war — gegen Luther und die Schweizer Re-
formatoren. Jener iſt ihm ein Bibelfälſcher, diese gelten iym für
unsittliche Lantſircicher, wenigsiens in der Schweiz, wo sie unge-
fähr eine ähnliche Relle gespielt hätten, wie heut zu Tage tie Com-
munisten spielen. Wo nur irgend Gelegenheit sich darbietet, tobt
sich der Deutschentaß dieses Schweizers in Blitz und Donner aus.
Aber die Je suit en ſind Männer nach dem Herzen Hurter's, diese
lobpreiſt er; er wirft ihren Feinten den Hant schuh hin, die Jesuiten
ſind „rie etclſten und treuesten Stützen der Religion und die licbe-
vollſten und aufrichtigen Beförderer des Menſchenwohls.'" Die wah-
ren Feinde ticſes Ordens, meint der Convertit, wären in allen
Stänten nur die Freimaurer: „diese Kreuzeshaſſer, welche die
Bleiwage zum Symbol des Menſchheitbaues zu machen seit Jahren
wühlten!‘\’ Die Ireimaurerei iſt ihm eine Art europäiſcher Guſtay-
Adolphverein, eine unterirtiſche Aufklärungsvehme gegen tie Chri-
ſtuebefenner, ein geiſtiger Aſſassinenbund gegen die katholiſche Kirche.
Icsuit oder Freimaurer ? iſt Herrn Hofrath von Hurter die Frage
der Ziit, und er weiß, daß tie Jünger des heiligen Ignatius von
Lojala siegen werden. Herrn von Hurter's drei Söhne sind gleich-
falls übergetretn, und nun in Wien angestellt. Wir sind begierig,
wie dieser déutſchenh aſſcnde Hiſtoriograph deutsche Geschichte ſchreibtz
seben aber nicht ab, was für Dienste ein solcher undeutſcher Mann
der Sache ter deutſchen Eintracht zu leiſten vermag.
:]: Leipzig , 24. Dez. Das Werk von Ruge „Zwei Jahre
in Paris-- welches hier erſchienen und frei ausgegeben worden iſt,


 
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