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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 87 - No. 116 (1. April - 30. April)
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telſähr. Vorausbezahlluaua „ @ ;
in Mannheim 1fl. 15 kr, Mf y g.
vurtſh vie Pofſt bezogen im . Sw Mr
yrrer, green JV
Ausland erhöht sch das
Abonnement um den Poſt-

. aliiſcclag.

; Sonntag

Deurctfchland.

. * Mannheim, 12. April. Das großh. Staats- und Regie-
rungstlatt Nr. 10 enthält eine Bekanntmachung tes großh. Ministeriums
der Finanzen vom 18. v. M., die Aufnahme des Anlehens von 14
Millionen Gulden für die Eisenbahnſchuldentilgungskaſse betr., beglei-
tet von dem Berloſungsplane. ; i
— Folgende „Gegen-Erklärung““ iſt hier von einer Anzahl Israeliten
unterzeichnet worden: '
yHDieſer Tage iſt uns eine von 77 theils deutschen, theils polni-
f<hen und ungarischen Rabbinen unterzeichnete Erklärung „„An die
treuen Gläubigen in Israel‘, datirt vom Jahr der Welt 5605, zu
Geſsicht gekommen, deren wesentlicher Inhalt in einem unbedingten
Verdammungs-Urtheil sowohl der von der Braunschweiger Rabbiner-
Versammlung gefaßten, wie auch der demnächst in Frankfurt etwa
gefaßt werdenden Beſchlüſſe beſteht. Erscheint es auch befremdend,
daß deutsche Rabbinen ihre lichten Reihen durch slaviſche Amtsge-
noſſen, deren Bildung bekanntlich weit hinter den Bedürfnissen un-
ſerer Zeit zurückgeblieben iſt, zu verstärken trachten, und mag schon
daraus hervorgehen, daß sie sich bewußt waren, keineswegs die
Geſinnungen und Ansichten der Mehrzahl der deut schen Iſraeliten
zu vertreten, so dürften diese, damit ihr Stillschweigen nicht als
Billigung gedeutet werde, ſich dennoch aufgefordert fühlen, jener
Eifklärung in offener und unzweideutiger Weise entgegen zu
treten. Von dieser Anſicht geleitet, erklären wir hiemit öffentlich:
Wir haben die Braunschweiger Rabbiner-Verſammlung und de-
ren bekannt gewordenen Resultate mit hoher Freude begrüßt, und an
ſie die Hoffnung auf Durchführung der dringend nothwendigen Ver-
beſſerungen. im Judenthum geknüpft. In der sichern Erwartung,
vaß die demnächst in Frankfurt ſtattfindende Verſammkung auf dem
begonnenen Wege fortfahren wird, versichern wir sie im Voraus
unserer lebendigen Theilnahme an allen ihren Beſtrebungen, und
unſerer eifrigen Wünſche für decen Gelingen. Wir werden es als
eine heilige Pflicht betrachten, ihr Werk nach Kräften zu fördern,
und hoffen, durch sie unsere Religion auf ihre ursprüngliche Rein-
beit zurückgeführt zu sehen."
Speyer, 9. April. Die „„Neue Speyerer Zeitung-1 berichtet:
Wir haben bereits die vorläufige Mittheilung (s. Nr. 95.) von der
allerhöchſten Genchmigung der „Speyer: Lauterburger Eisenbahn.. in
unserm Blaite gemacht. Es liegt nunmehr die Urkunde dieser Con-
ceſſionirung selbſt vor, und es ijſt aus derſclben zu ersehen, daß das
Unternehmen unter ven günſtigſten Concessions bedingungen
ins Leben treten wird. Alle Anstände sind beseitigt, an denen die
Ausführung des Unternehmens vor 6 Jahren scheiterte. Die Geſell-
ſchaft iſt befreit von der Erbauung eines Forts bei Lauterburg , der
Unterhaltung desselben, und der Führung der Bahn in die Niede-
xungen zu Germersheim; es genügt eine Führung des Schienenwegs
in das Bereich der Kanonen des äußerſten Forts der. genannten Fe-
ſtung. Auch die Verhältniſſe zur Poſt sind geordnet, und zwar ohne
daß die Gesellſchaft eine andere Leiſtung als die unentgeltliche Be-
sorgung der. Poſtpakete zu übernehmen hätte. Ein Kauf der Bahn
durch den Staat, kann erſt nach Ablauf von 25 Jahren und nach
vorgängiger Aufkündigung stattfinden und auch alsdann erhält die
Geſellſchaft nicht nur ihr volles Capital zurückvergütet, sondern es
kr überdies der Ertrag der Bahn während eines weitern Jahres
rei überlassen. :

Aus Württemberg. Es iſt jetzt durch Erlaß des königl.

württemb. Studienrathes wie vom fatholiſchen Kirchenrathe, den
sämmtlichen weltlichen und geistlichen Beamtungen des Königreichs
kundgegeben worden, daß der König die Gy mna sik für einen or-
dentlichen Beſtandtheil des öffentlichen Uaterrichts der gelehrten und
Realschulen erklärt habe, zu Förderung der „körperlichen Ausbildung,
Kraft und Gewandtheit; eben damit auch der geiſtigen Frische und
Tüchtigkeit des nachwachsenden Geschlechtes... Unter Anempfeplung
von Jahn's, Eiselen's und Vögeli's Werken und des Magdekurger
Turnbüchleins sind hierbei von dem Studienrath sehr zweckmäßige,
in's Detail gehende Anordnungen, bei denen auch Turnſpiele, Pro-
beturnen, Schwimmſchulen nicht fehlen, gegeben und iſt den Lehrern



T3. April

drei Sgr. Beſtellungsgebühren bezahlen.
beitstag, ein Tag

Inc eratedtegespaltene

Zeile in Petitfchrtft oder
_ Deren Raum 3 kr. Zuſe-

rate, worüber die fttze-

tion Auskunft zu ertheilen
D hat, die Zeile oder deten

Raum 42 kr. + Briefe

und tt erbittet nian
: ranco. ,

1845.

sehr ans Herz gelegt, nach Kräften mitzuwirken, daß auch durch

dieses Bildungsmittel dem Vaterlande ein nach Leib und Seele ge-

ſundes, kräſtiges, tüchtiges Geschlecht von Bürgern hervorwachſe.
Darmſtadt, 19. März. (Heſſ. 3.) Verhandlungen der zwei-

ten Kammer der Stände. Bei der Berh andlung in der 30. Siz-

zung nahm Abg. Glaubr ech das Wort und hob die Wichtigkeit des

'Handils und seines Cinfluſſes auf alle Verhältniſſe hervor. Er
ſchilderte, wie man in ihm den mächtigsen Buntesgenoſsen des Frie-

dens besitze, der verhindere, daß nicht mehr blutige Eroberungskriege,
wie früher, die Völker heimsuchen. Schutz dem Handel und der In-
duſtrie angedeihen zu laſſen, sei deßhalb auch eine ganz besondere

Aufgabe der Regierungen, und in England, Frankreich rc. beſitze
man zu dem Ende eigne Handelsminiſterien. Auch Preußen, das sich

an die Spitze der induſtrielen Bewegung in Deutschland gestellt,
habe dies erkannt; ihm verdanke man den Aufschwung des Zollver-

eins und daß er eine Macht geworden. Wäre auch das Großher-

zogthum im Vergleich mit jenen Staaten nur ein kleines Land, so sei.
doch seine Industrie sehr beachtenswerth. Der Rhein, Main unn
Neckar durchſtrömten oder bezränzten das Land und es beſitze wich-
tige Handels- und Fabrikplätze, die selbſt vom Auslande anerkannte
ſeien. Seine Handelsprodukte gingen bis in die fernſten Gegenden.
Irgend ein Fehler in einem Vertrage könnte ihm von großem Nach-
theil werden. Er wünſcht deßhalb eine eigene Centralſtelle zur Wah-
rung der Intereſſen des Handels, der Schifffahrt tc. und ſtellt deßhalb
einen Antrag, der jedoch mit 33 gegen 14 Stimmen verneint
wird. ; i

Breslau, 30. März. (Tr. Z.) Der Holzdiebſtahl wird jetzt
in Obersſchleſien mit so viel Syſtematik ausgeübt, daß ſelbſt geſchla-

gene Klaftern, die bisher wie ein Heiligthum unverlezt in den Wäl-
dern geblicben waren, .in vierſpännigen Wagen. nach den benachbarten

Städten zu Markte geführt werden. Dergleichen Defraudationen ha-

ben natürlich sehr strenge Gesetze zur Folge, und die Cxecutirung die-
ser Gesetze bringt wiederum die heftigſte Opposition der Defraudan- .

ten gegen die Forſtbeamten zu Wege. So erfahren wir jeden. Tag,
daß in Oberſchleſien offene Scharmützel zwischen Holzdieben und För-

stern geführt werden, daß diese in den meiſten Fällen unterliegen,,

während jene die Strenge des Gesetzes zu ihrem eigenen Unglücke
und zum Verderben ihrer Familie erreicht. Erſt vor Kurzem iſt ein
Forſtbeamter in dem Augenblicke, als er die Pfändung eines mit
Holz beladenen Wagens mitten im Walde vornehmen wollte, von
einem seiner Gegner –~ es waren deren drei, die ihn umzingelten ~
mit seiner (des Förſters) eigenen Flinte durch die Lende geſchoſſen
worden, so daß dieser, wenn er nicht ſchon seinen Geiſt aufgegeben,
ein Invalide, ein unbrauchbares Subject der Geſsellſchaft geworden
iſt. Dieses Factum ſieht nicht isolirt da. –~ Neulich wurde mir
aus Oberschleſien mitgetbeilt, daß in der Gegend von Oppeln ein Hülfs-
aufseher wie ein moderner Rinaldo Rinaldini die Fluren durchwandere.
Ein Gurt um den Leib, zwei Hunde zur Seite an eiſernen Ket-
ten, ein geschliffener Hirſchfänger im Gurt, und ~ wie man allge-
mein vermuthet ~ zwei lange Meſſer in den Stiefeln: so coſtumirt
und bewaffnet ruft er Jedem, dem er im Walde mit einer Art be-
gegnet, ein rHalt-- zu, „die Axt hingelegt und zurückgetreten !- Wird
diesem Commango nicht augenblicklich Folge geleiſtet, ſo läßt er die
Hunde los und hetzt sie auf den Attaquirten. Dies iſt die wilde
Romantik der jugendlichen Forſibeamten, der sſo genannten Eleven.
Ein solcher Eleve kommt, wenn er die untern Claſſen eines Gym-
naſiums verlaſſen hat, etwa in seinem 15. oder 16. Lebensjahre zu
cinem Oberförſter. Da hängt er sich eine Flinte und eine Taſche

um, und ſteigt in den Wald auf Execution. Seine lebhafte Phan-

taſte führt ihm schnell das Object entgegen, deſſen er auf der Entde-:
>ungsreiſe bedarf, und raſch die Schreibtafel zur Hand genommen,
notirt der überglückliche Eleve den höchſt wahrscheinlichen Holzdieb
auf. Der unschuldige Mann wird jedenfalls vorgeladen und muß
Drei Sgr. sind ein Ar-
geht verloren durch den Termin, also zwei Ar-
beitstage Berluſt für Nichts und wider Nichts. Während deß ſino
Frau und Kinder genöthigt, entweder zu hungern, oder ~ ich will
das gelindeſte Verbrechen bezeichnen — zu betteln. Auch dergleichen
Fälle ſind nicht selten. .


 
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