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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 58 - No. 86 (1. März - 31. März)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44007#0353

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in Mannheim 1fl. 15s kr, MM) ZA.a

durch die Poft bezogenin NVC NI p
ganzen Großherzogthum go 4 y Gul u U U U
Baden 2 fl. 8 kr., im
Ausland erhöht sich das
Abonnement um den Poſt-
J aufsſchlag.

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Donnerſtag

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f g. .. ...; 1.2 (: . „ eren Raum 3 kr. Inſe-
e n ‘V AM F rate, worüber die Redak-
E w q.. q! tion Auskunft zu ertheilen
Z IS hat, die Zeile oder deren
Raum 4 kr. + Briefe
; und Grtz: erbittet man

franco.

1845

















Deutfchland.

x*+ Mannheim, 26. März. Heute fand hier eine Versamm-
lung des großen Bürgeraussſchuſſes ſtatt, um über die vom Ge-
meinderath und kleinen Bürgerausſchuß zum Antrag erhobene Be-
willigung. eines weitern Credits zu dem seit vier Jahren begonnenen
Bau einer Kettenbrücke über den Neckar definitiv zu berathen und
zu beschließen. Die Koſten dieses Baues waren ursprünglich zu
213,586 Gulden veranſchlagt, und die Gemeindebehörden hatten mit
Rückſicht auf „mögliche unvorhergesehene Ausgaben und auf die Be-
lohnung des Baumeiſters- (des königl. hannov. Ingenieur-Capitäns
Hrn. Wendelſtadt) einen Gesammtkoſtenbedarf von 230,000 fl.,
die anlehensweiſe aufzubringen seien, festgesetzt und genehmigt.

Seit dem April 1841, wo dieſe Summe bewilligt wurde, war
zwar neben der oſfenkundigen Thatsache , daß der Bau nicht zur
heſtimmten Zeit von drei Jahren fertig ward, Nichts zur geeigneten
Kenntniß der Gemeinde gekommen, was eine Vermehrung des be-
ſchlofſenen Aufwands als erforderlich erklärte, reſp. die Unzuläng-
lichkeit des Credits für den damit zu beſtreitenden Gesammtkoſten-
bedarf nachwies. – Erſt vor einigen Wochen kündigte man einen
Weiterbedarf von 120,000 fl. an und motivirte ihn näher in dem
auf den 3. März zur Verhandlung ausgesetzten und in Folge des
damaligen Groß-Ausschuß-Beschluſſes zu vorherigem Druck verwie-
senen, heute berathenen ,„ Vortrag des Gemeinderaths und kleinen
Bürgerausſchuſſes.

Jetzt erfuhr man, daß z. B. die einzelnen Ausgabe-Poſten des ur-
sprünglichen Anschlags wegen Aenderungen im Bau, unvermutheter
Ungunſt des Terrains, Steigen der Materialpreise 1c. ohne förmliche
Beſchlußnahme vom Gemeinderath und kl. Bürgerausschuß un d Ge-
nehmigung des groß.n Ausschuſſes auf Rechnung des Gesammt-
credits überſchritten waren, daß so statt zuſammen 213386 fl. schon
280663 fl. für den eigenttichen Brückenbau und mit Hinzufügung
des Aufwands für Zinsen, für die Auffahrten !c. 336264fl. zu Leraus-
gaben seicn, daß endlich eine sofortige Echöhung dieſerc Summe
auf 350,000 fle. zum Bau von Häusern sürs Brückenper-
sonal, zur Belohnung des Baumeiſters rt. erfordertich sei.
Zugleich wurden tie Groß-Ausschuß- Mitglieder an die „Unvermeidlich-
keit der gemachten und noch zu machenden Ausgaben“ erinnert und in
der: Hoffnung, daß sie sich von dieser Unvermeidlichkeit überzeugten,
der Antrag auf Bewilligung der weitern 120.000 fl. gestellt,

Das Resultat der heutigen Verhandlung hat dieser Hoffnung
der Gemeindeverwaltung vollkommen entsprochen. j

Mit allen Stimmen wurde nämlich der motivirte Antrag des
GWeweinverathes und kleinen Bürger-Aussſchuſſes genehmigt; vorher ver-
wahrte ſich jedoch der große Bürger-Ausschuß mit einer an Eiaftim-
migkelt grenzenden Stimmen-Mehrheit für alle Zukunſt dagegen, daß
die Gemei: de- Verwaltung, wie geschehen, ohne Ermächtigung von
Seiten des gr. Ausschuſſes und mit Ueberſchreitung der von ihm er-
tyeilten Ermächtigung irgend Etwas vornehme. An den Verhand-
lungen nahmen außer dem Präſidenten die Hrn. v. Igſtein, F. D.
Baſſermann, Gemeinderath Hoff und O. G. Adv. Eler Theil; letz-
tercr ftellte den förmlichen Anirag auf jene Verwahrung, nachrem
Hr. v. Iyſtein in gleicher Richtung seine Mißbilligung ausgesprochen
t Hr. Baſſermann die Gerechtigkeit derselben im Princip anerkannt

: §.

< > Vom Neckar. In dem erſten Bande der constitutionellen
Jahrbücher herausgegeben von P. Karl Weil, einem Organe conſti-
tutioneller Ansichten, das im Vereine mit Wigands Vierteljahrſchrift die
heſſern publiciſtisſchen Talente der deutschen pyliberalen? Par-
tei zu seinen Mitarbeitern zählt, begegnen wir, neben mehreren andern
in ihrer Weiſe trefflichen Artifeln, vorzüglich zweien, die unsere be-
sondere Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen. Der erſte derſelben iſt
betitelt: „Beichtſtuhlgeheimniſſe und Politik des k. preuß Cultus-
Ministeriums gegenüber der römiſch- katholiſchen Kirche. Nach ge-
richtlichen Acten dargestellt von X. D. jur. in Berlin." Es iſt: dies
die Darstellung cines Injurien-Prozeſſes zwischen tem katholischen
Probſte Brückmann und dem Jujurianten geh. Kriegsrath Lorſt. Der
zweite Aufsatz. iſt betitelt: „Die öfſterreichiſche Armee im Jahre 1844

| von enem chemalizen öſtecr. Offizier. ~ Direſer Artikel liefert gleich-

ſam eine Phyſiologie der öſterr. Armee und iſt bei uns um so in-



tereſſanter, je schwieriger es iſt, über solche Zuſtände wahre und tref-
fende Aufschlüſſe zu erhalten. Der Verfasser entwirft in ſeinem bei-
nahe den dritten Theil des Werkes ausfüllenden Artikel eine aus-
führliche, gemäßigrgehaltene und dot scharf beleuchtenke Schilderung
aller Verhältriſſe, Vorzüge und Mängel dieses ungeheuern Militär-
Körpers. --- Der in diesem Blatte mehrerwähnte Luerat Jenner von
Fennberg ehemaliger k. k. Jägeroffizier soll dem Vernehmen nach
der Verfasser desselben sein. ~ Außer den beiden vorerwähnten Ar-
tifeln ſind in dieſem Werke noch folgende enthalten: „Ueber den ſitt-
lichen Werth konſtitutioneller Formen von einem Norddeutſchen.«
„Zur Würdigung üer engliſchen V.rfaſſungs-Verhältniſſe von G. r.
Kolb, eine treffliche Darſtellung englischer Verhältnisse und der vielen
Beschränkungen der persönlichen Freiheit troß der Mabeas-Corpus-
sikte. – „Ueber nationale Erziehung von P. Karl Hagen in Heidel-
berg." „Lamartine über Kommunismus und Sozialismus von 1!. J.
Weil in Franffurt." r-Die internationalen Verhältn'ſſe auf der See“
von N. Birch und als Schluß „die Taxis'ſche Poſt und die conſtitu-
tionellen Jahrbücher“ vom Herausgeber, zur ſchlagenden UAbfectizung ei-
nes Hrn. Müller, der ſich zum Vertheidiger des Taris'ſchen Poſt-
weſeus aufgeworfen.

. Ketsch. Auch die jünzſte Bürgermeister - Wahl dahier iſt
zur Freude aller rechtlich geſinnten Bürger auf einen bra ven Mann
gefalien, von dem ſich des Guten sehr Vieles hoffen läßt, und hat
ſich dabei bewährt, troß anonymer Schriften und verſprochener Kro-
nenihaler , daß das Volk sich immer mehr dem Wahren näyert.

+© Berlin, 19. März. „Das enthüllte Rußland“ von A.
H.ler, ehemaligem Attaché der Preußiſch.n Geſsandschaft in Peters-
burg und London, iſt eine wichtige Ergänzung zu dem Cuſtine'ſſchen
Werke über dieses Land. Es iſt ganz aus demſelben Geiſte verfaßt

und ſchildet das ruſſiſche Staatsſyſenm. und die ruſſi-
sche Civiliſaion mit cbenſo lebendigen Farben, wie jenes.
Heller hat aber vor dem ſranzöſiſchen Marquis noch die

längere Erfahrung und die ursprüngliche Festigkeit tes Stantpunktes
voraus. Auch erfahren wir durch ihn noch mehr über die Beſchaf-
fenheit, den Charakter der ruſſiſchen Provinzen und auch seine Be-
trachtungen über die ruſsiſche Politik greifen tiefer ein, als die des
Franzoſen, dcſsen legitimiftischer Standpunkt ia tieſer Beziehung äußerſt
beschränkt iſt, ſo daß Heller's Buch eine der wichtigsten Schriften
iſt, die wir bis jezt über Rußland beſigen. Mit Recht geht er da-
bei von der Schilderung des Kaisers Nicolaus aus, in dem ſich
die Macht wic der Geiſt des ruſſ:ſchen Reichs concentrirt und bei
dem dies sogar mehr der Fall iſt, als bei den früheren Zaren, wil
er eben verſacht hat, deren Despotismus zu einem Syſtem zu machen.

Vreslan, 10. März. Die „Schlesiſche Ztg. zeigt an, daß
der Fabrikenbeſiter Schl ö [ f el aus der über ihn verfügten polizei-
lichen Haft entlassen sei. Ob damit die Zurücknahme der An-
klage verbundcu iſt oder nicht, konnte mit Gewißheit noch nicht an-
gegeben werden.

Köuigsberg, 16. März. (D. A. Z.) Fortwährend laufen
traurige Berichte über den Nothſtand unserer Provinz, namentlich
des masuriſchen Theiles , hier ein, der durch schlechte Witt:-rungsver-
hältnijjſe, Mtherute uud strenge Kälte beiſpiellos heimgesucht wurde
und der faſt eine Hungerénoth unter de: ärmern Volksklaſse befürch-
ten läßt.

_ Die „Elberf. Ztg.-- berichtet Folgendes: „Am Main wer-
den sehr eifrig Diplome ausgegeben, um katholische Chriſten in tie
„Bruderschaft des heiligſten und unbefleckten Herzens Mariä“ aufzu-
nehmen. Die von den Jeuiten gegründete und geleitete Erzbruder-
ſchaft F ktpet ſich in Paris. Ihr Zweck iſt, die Sünder und Ketzer
zu bekeyren.

_ Das Formular zur Abhaltung der Bruderſchaft trägt ganz das
Gepräge: einer obſkuren, finſtern Zeit und bewciſt, rie uöthpiz bei
uns- in Deuiſchland in manchen Dis;cſen ein kräftiges Gegenwirten
gegen diesen Obſkurantismus vou Sriien der vernünſtigeren katholi-
ſcheu Geiſtlichkeit geworden itſiz w

vucan nicht der guten Sache, welche
. " q Ge 7 . . e. . U Ii t
die katholiſche Kirche will, mehr geschavet als genutzt werden ſaoll.




 
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