Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Mannheimer Abendzeitung — 1845

DOI Kapitel:
No. 299 - No. 328 (1. November - 30. November)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44007#1355

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext


Ertrt: Beilage jus !:::F 1 de



Rotterdam, 4. November 1845.
An die Löbl. Redaktion der Maunh. Abendzeitung.

Der Herings- uud Stostkfiſchhändler und Agent Friedrich Brück-
"ner in Mannheim hat ſich erlaubt, unsere Einrichtung, die Ueberschiſ-
fung der Reiſenden uach Nordamerika betresfend, zu verdächtigen; wir
finden uns dadurch veranlaßt, deſſen merkwürdiges induftrielles Schrei-
hen an den Auswanderer E.. H. Ma y zu veröffentlichen:

j Man uh eim, 28. Mai 1845.
Herrn E. H. May in Merchingen, Amts Adelsheim. |

In höflicher Beantwortung Ihres Geehrien vom 26. d. M. be-
merke ich Ihnen, daß Ihre Vermuthungen , daß der Hr..... hier nicht
Agent der regelmäßigen sechzehn Poſtschiffe sei, ganz gegründet iſt. Denn
Derselbe kann für diese Schiffe durchaus keine gültigen Kontrakte ab-
schließen, da ich alleiniger Agent hier bin. Herr .... iſt allerdings auch

Agent, aber wie gesagt, nicht für die Poſtſchiffe und befördert die Pas-

sagiere auch nicht über Havre, sondern von Rotterdam aus auf ge-
wöhnlichen Kauffahrtei - Schiffen auf der Nordsee über Baltimore nach
New-:York, wobei ich mir erlaube, Sie mit den Nachtheilen und Un-
annehmlichkeiten, deuen die Reisenden auf fr Route ausgesezt sind,
bekannt zu machen !):

1) Sind die von Rotlerdam abgehenden Kauffahrtei-Schiffe keine re-
gelmäßigen, an beſtimmten Tagen abgehenden Schiffe, die für den
Personentransport gehörig eingerichtet wären, sondern solche, die
Kaufmannsgüter von Amerika anbringen, und als Rückfracht ſtatt
Ballaſt Reisende mitnehmen. Diese Schiffe werden von den Mäk-
lexu der Gesellschaft gemiethet, denen dann wenig daran gelegen
iſt, ob die Reisenden ihre gehörige Bequemlichkeit auf den Schif:
fen haben, wenn nur die Geſellſchaft gehörig dabei gewinnt. ?)

2) Dauern die Fahrten von Rotterdam nach Baltimore auf der ho-
hen und gefährlichen Nordsee viel länger, als auf den schönen, für
Passagiere ganz bequem eingerichteten und geräumigen Poſtſchiffen
von Havre nach New-York, die an beſtimmten Tagen regelmäßig
abgehen, lüngd der englischen Küſte hinsteuern, nicht auf die hehe

. Nardsee kommen und folglich viel ſichere Fahrten haben und zwi-
schen Havre und New - York die Poftserbindung bilden, und von
den Regierungen zur Hin- und Herbringung. der Depeschen und
MPoſtpakete benugt werden. ?)

3) Kommen die FsuffahcieEhiſe. welche nur langsam segeln, viel
ſpäter in Baltimore an, als unsere Poſtſchiffe von Havre aus in
New- York, wo dann die Reisenden für die Fahrt von Baltimore

nach New-Yor!k noch per Kopf circa 20 Gulden ertra an Koſten

haben. 4)

4) Hat man in Rotterdam, wie überhaupt in Hollaud, wo Alles
sumpfig iſt, äußerft schlechtes . Erinkwasser, welches, wenn es kurze
Beit auf den Schiffen iſt, in Fäulziß übergeht, und durch defsen
Genuß dann allerlei Krankheiten entstehen, während man in Havre
ein ganz gutes und vortreffliches Trinkwasser hat, womit die Schiffe
hinlänglich versehen werden, welches ganz gut nnd gesund bleibt,
und deſſen Genuß jedem Paffagier nach Belieben freifteht. Auf

Diesen Umstand nehmen allerdings Wenige Rückſichtz allein ich

möchte Ditses doch gerade für das Beachtenswertheſte halle, in-
dem alle Speisen, die mit schlechtem oder verdorbenem Waſſer be-

reitet ſlud, die Gesundheit benachtheiligen und Krankheiten er-

zeugen. kf)
Von Mannheim bis New-York und zwar von Mannheim bis Rot-

' terdam o h n e Koſt, und von Rotterdam bis Havre mit Koſt, und von
Havre nach New York ohne Koſt, auf oben bezeichnete Weise, zahlt wan :

56 Gulden für erwachsene Personen über 10 Jahr alt,
' 48 1 » Kinder unter 10 Jahren,
15 „ „ Säuglinge.
Für diese Preise bekommen die Reisenden auf den Pofichiffen:
. 1) Ihre schönen geräumigen Plätze im Zwischendeck.
2) Freien. Transport des Reiſegepäcks und der zum eigenen Gebrauch
beſtimmten Geräthschaſten.
3) Beitſtelle und nöthigenfalls Apotheke.
'§ Play in der Küche zum Kochen.
Fit Waſſer, Holz und Licht, uad fad k bei der Ankunft in Reih:
merika





er Mannheimer Abentzeitnyg:



6) frei von Entrichtung des Syital-, Armen- bre sogenannten Kopf-
geldes, da solches in diesen Preisen mit inbegriffen iſe.

Jedem Pafſagier, welcher auf diese Art einen Kontrakt mit mir
abschließt, dem garantire ich für pünktliche Erfüllung des Vertrags in
allen seinen Theilen, wodurch den Passagieren die größtniögliche Sicher-
heit in jever Beziehung gewährt ift. Herr .... befördert die Auswan-
derer über Rotterdam allerdings um einige Gulden billiger; allein bei
den oben näher beleuchteien Umständen kömmt es die Reisenden doch
höher, als wenn sie mit den regelmäßigen, von der französischen Re-
gierung und den deutschen Konsuln geschügten Poſlſchiffen, was Sie
und Ihre werlbhe Reisegesellſchaft recht gut einsehen werden, weshalb

Siie ſich auch nicht von Andern, zu ihrem eigenen Nachtheile, irre füh-

ren lafſen werden. Kommen Sie daher mit Ihrer Geſsellſchaſt zu mir,
aber jedenfalls den Tag vor der Abfahrt des Damyfboots von hier,

alſo entweder Montags oder Freitags frü h, um die Ihnen alle Si

cherheit gewährenden Kontrakte mit mir abzuschließen, wodurch Sie
dann eine Fahrt bekommen, mit der Sie in jeder Beziehung zufrieden,
und die Ihnen nichts zu wünschen übrig lassen wird.

Indem ich Ihnen noch einige gedruckte Anzeigen hier beilege, sehe
ich Ihrer baldigen Hieherkunft entgegen und grüße Sie und Ihre Ge-

sellschaft beſtens.
Friedrich Vrückner.

.. !) If eine Unwahrheit, indem unsere Schiffe von Rolterdam di-
rekt nach New - York, wie auch nach Baltimore und New-OÖOrleans
ſeegeln.

2) Wird durch | nachſtehende miniſterielle Erklirung widersprochen.
. ?) Diese plumpe Erdichtung bedarf wohl keiner Widerlegung.
Uebrigens gehen die Depeschen und Poſtpakete auch mit unsern Schiffen.

+) Wie schon angeführt, unsere Schiffe segeln direkt nach allen
amerikanischen Häfen, und nicht allein nach Baltimore.

5) Holland mit einer Bevölkerung von 2,900,000 Seelen wird
hier von Hrn Brückner geradezu das Leben abgesprochen. Arme
Holländer! Wie mag es nun erſt mit ihrer Schifffahrt aussehen, da
Hunderte von Schiffen sich beim Auslaufen in Holland mit Trinkwasser
versehen! Wenn sämmtliche Matrosen und Kapitaine bis heute noch
nicht geſtorben sind, so müsſen sie unfehlbar nüchſtens an der Brück-
n e r' schen Erklärung ſterben.

Um die übrigen üuiwahreiten und Abgeschmacktheiten des Brück-
ner'ſchen Briefes zu Boden zu ſchlagen, veröffentlichen wir nachstehende
offizielle Erklärung :

„Der Minister der auswärtigen Angelegenheiten Sr. Majestät
. des Königs der Niederlande erklärt hiermit, daß durch den Kö-
niglichen Beschluß vom 28. Dezember 1837, welcher hinlängliche
Gewährleiſtungen für die gute Verpflegung der Auswanderer ent:
hält, sowohl während ihres Verbleibens in diesem Königreiche,
als an Bord der Schiffe, womit die Reise geschieht, zur Hand-
habung der darin enthaltenen Vorschriften, städtische Kommiſsſtonen
zur Beaufsichtigung errichtet sind, welche Kommissionen aus Per-
sonen beſtehen, die allgemeines Vertrauen genießen und an deren
Spithe sich Mitglieder des städtischen Raths befinden.

„Erklärt ferner, daß aus einem Bericht der Beaufsichtigungs-
Kommissionen für den Hafen von Rotterdam hervorgeht, daß die
Herren Wambersie und Cro oswy >, allda etablirt als Carga-
doren, sich schon seit mehreren Jahren mit der Weiterbeförderung
der Auswanderer nach den vereinigten Staaten von Nord-Amerika
befaßt haben, daß diese Auswanderer größtentheils aus Bayern,
Württemberg, Baden und Hefssen gebürtig sind, wie auch daß der
Hafen von Rotterdam besonders günstig für die Durchreise der
Auswanderer gelegen iſt, weil diese Leute mit den Dampfbooten
von Mannheim den Rhein abwärts in kurzer Zeit und mit ge-
ringen Kosten allda ankommen, wo ſtets geschickte, große amerika:
uiſche oder niederländische Schiffe nach einem oder dem andern
Hafen der Vereinigien Staaten vorhanden sind, während in der
dafür geeigneten Jahreszeit regelmäßig solche Schiffe nach New-Yoik
abgehen ; daß diese Schiffe, welche gehörig ausgerüſtet und tauglich
gemacht werden, um Auswanderer an Bord zu empfangen, meiftens
in der Nähe der Landungsplätze der Dampfsboote liegen, die Aus-
wanderer daher sammt ihren Effekten mit geringer Mühe über-
schifft werden; daß außer den Flußbooten an der Mündung des
 
Annotationen