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Mannheimer Abendzeitung — 1845

DOI Kapitel:
No. 87 - No. 116 (1. April - 30. April)
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"Ausland erhöht sich das
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aufſchlag.

Mittwoch



Ins eratedtegesſpaltense
Zeile in Petitschrift oder
deren Raum 3 kr. Inſe-
rate, worüber die Redak-
P.§. tion Auskunft zu ertheilen

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Raum 4 kr. + Briefe
und üli:: erbittet man

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Deutſch!aud. !

* Heidelberg, 6. April. Wir hatten gegründete Hoffnung,
daß man hier in Ansehung des ſo wichtigen „Turnwesens-. nicht län-
ger hinter andern deutschen Städten zurückbleiben, sondern daß das-
selbe vielmehr schon im Laufe dieſes Sommers lebhaft betrieben werde.
Von allen hiesigen Behörden war tas Turnen in ſeiner großen Be-
deutsamkeit für die bürgerliche und ſittliche Biloung der Jugend er-
kannt worden. Der acaremiſche Senat, die Vorstände des Lyceum's
und der höheren Bürgerſchule, so wie. auch die städtischen Behörden
hatten ſich vereinigt, einen gemeinsamen Turrplatz herzufiellen und,
was die Hauplſache iſt, einen Turnlehrer zu gewinnen, welcher so-
wohl durch seine Schriften über den Turnunterricht, als auch durch
eine zwölfjährigen rühmlichen Leiſtungen in diesem Fache eine hin-
längliche Gatantie für das Gedeihen der ganzen Turnanſstalt in ei-
ner, den pädagogiſchen Zwecken völlig entsprechenden Weise geboten
hätte. Selbſt der große Bürgerausschuß, als Repräsentant der ge-
ſammten Bürgerſchaft, haite einſtimmig einen namhaften Beitrag
zur Besoldung des Turnlehrers und zux Herrichtung des Turnplatzes
bewilligt. Und doch ſind diese Hoffnungen gescheitert! – Woran?
an ven angeblich beſchränkten Mitteln der Universität, se daß
das großh. Miniſterium für jetzt den nöthigen Zuschuß, sowohl zur
Besoivung des Lehrers als zur Herrichtung des Turnplatzes nicht
hewilligen zu können glaubte.
hohe Ministerium andere Gründe zur Berweigerung gehabt, oder
daß es unbeachtet gclaſſen, wie es sich hier nicht um die Erwerbung
eines gewöhnlichen Crercitienmeiſters oder um eine bloße Beluſtigung
handle, sontern ſind überzeugt, daß der Herr Miniſterielreferent,
welcher seiner Zeit als Volksabgeordneter fo begeistert von der Wehr-
haſtigleit und Bewaffnung tes Volkes gesprochen, gewiß die Wich-
tigkeit des Turnunterrichts an der hieſigen Hochſchule, auch hinlicht-
lich der Heranbildung von Turnlehrern für das ganze Land zu wür-
digen und hervorzuheben verſtanden babe, nicht zu gedenken des grof-
ſen Nutzens, den dieser Unterricht für die hieſige Jugend und für
die Erwerbung und Befestigung eines ernſten, sittlichen Geiſtes unter
den Studirenden haben müßte. Deſſenungeachtet scheint ~ aber das
Turnen für dir Univerſität mit dem Cinwande, daß ſte eine wis-
ſenſchastliche Anstalt sei, als eine Nebensache betrachtet worden zu
sein, und dies iſt unseres Erachtens zu beklagen. Man sagt,. es
ſeien noch längst erbetene Besoldbungen und Befoldungszulagen an
vervlente Profeſſoren zu geben; für die mediciniſchen und naturhiſto-
riſchen Anſtalten sei noch außerordentlich Vieles zu thun; ein neues
Anatomiegebäude, ein größeres chemisches Laboratorium, ein beſſeres
Lokal für die zosologiſchen, mineralogiſchen, Modellen- und andern
Sammlungen sei unabweisliches Bedürfniß; für Philosophie, für
. Kirchenrecht und badiſches Lantrectt müßten noch tüchtige Lehrer be-

rufen werden c. — dafür niüſſe man zuerſt sorgen. Wir ſind weit
entfernt, zu beſtreiten, daß es hohe Zeit ift, diesen Bedürfnissen der
Nniverſität Abhülfe zu verschaffen, wenn sie auf der errungenen Höhe
txpalten werden soll, aber daß darum nicht ein kleiner Beitrag von
300, sage drei Hundert Gulden gegeben werben konnte, das will
ns night einleuchtten. Gewiß würde, wenn dadurch ſelbſt eine Ue-
herſchreitung des Budgets nöthig geworden wäre, nirgends leichter
eine Nachbewilligung von den gesammten Abgeordneten des Landes,
welcher politiſchen Partei sie auch angehören möchten, zu erlangen
gewesen scin, als gerade für diesen so wichtigen Zweck. Iudeſſen
Der Zuschuß ist versagt, die Erſparniß von 300 fl. iſt für die höhern
„wiſsenschastlichen- Zwecke gemacht, und wix wollen sehen, was in
Bälde Großes dafür geschehen wird! |

Breslau, 27. März. (Köln. Z.) Das gegen Hrn. E. Pelz
ergangene Strafurtheil enthält in den Urtheilsgründen die Freiſpre-
chung des Angeklagten von der Hauptbeschuldigung, „die Weberun-
ruhen in Schleſien veranlaßt zu haben.« Es hat ſich auch nicht die
geringſte Spur irgend einer perſönlichen Theilnahme des Hrn. Pelz
an den Aufständen ermitteln laſſen, und das Zeugniß der Untersuchungs-
commission, welche in Schweidnig vom Oberlandesgericht zu Bres-
!qu niedergeſeßt war, sagt ausdrücklich: „es hätten ſich. auch keine
Eirflüſſe der Schriſten dés Angeklagten auf die Weber bemerkbar ge-
macht.n Die von gewissen Seiten ſo ſchwer bischuldigte Presse iſt
dadurch vollkommen gereinigt von der Anschuldigung : die traurigen

. Ap

Wir können nicht glauben, daß das-

Ereignisse in Peterswaide und Langenbielau berbei geführt zu haben;
allein ihr gebührt der Ruhm, bereits viele Abhülfe der großen Noth

vermittelt zu haben; denn nur in Folge der vielfachen Besprechun-
gen in öffentlichen Blättern, zu denen Hr. Pelz durch seine „„Briefe
über den Cinfluß der Fabriken in Schleſien- den Anuſtoß gab, zeigte
sſich thätigeres Eingreifen. Wir lernten hauptsächlich ein Uebel besser
kennen, deſſen Cxiſtenz von gewisser Seite beharrlich beſtritten wurde.

Der Pel;'ſche Proceß hat uns auch Aufſchluß über richterliche An-.

ſichten manchtr Geſetſtellen verschafft. Das Criminalrecht sagt u. A.:
„Wer durch frechen, unehrerbietigen Tadel oder Verſpottung der Lan-
desgeſete und Anordnungen im Staate Mißvergnügen und Unzufrie-
denheit der Bürger gegen die Regierung veranlaßt, der hat Gefäng-
niß oder Jeftungsſtrafe auf 6 Monate bis 2 Jahre verwirkt.en Da
sich nun aber nicht hat nachweisen laſſen, daß Mißvergnügen und
Unzufriedenheit der Bürger gegen die Regierung durch die Pecl;'ſchen
Schriften erregt worden wären, so bat der Richter angenommen, daß
frecher und unehrbietiger Tadel o:er Verſpottung der Landeszeſetze
und Anordnungen im Staate, woburch das Mißvergnügen der Bür-
ger erregt werden könnte, ſchon ordentlich zu beſrafen sei, und hat
die Bundestags-Cersur nicht als Schutz dagegen anerkannt, obschon
das Censurgeſez von 1819 ausdrücklich in Conformität mit deu
Bundestags-Beſchlüſſen erlaſſen wurde, rind tieſe sagen, „daß die
Veifaſſer, Herausgeber oder Verleger der cenſirten Schriften von
aller weiiern Verantwortung frei sein sollten und die Ansprüche der

Bun desverſammlung dann ausſchtießlich gegen tir Seriſtat
Das wurde

nie gegen die Personen, gerichtet werden würden."
bisher in langjähriger Praxis so ausgelegt, daß die Person innerhalb
der Bundesſtaaten cenſirter Schriften unangetastet blieb. Y

. 25. März. In der 32. Situng erklärte rh. der
Landtag gegen den Antrag auf Erlaß einer Synodal- Verfaſſung für
Schlesien. Der Antrag, alle sechs Jahre allgemeine Kirchenverſamm-
luygen aller Confesſionen einzubcerufen und diesen das Recht zu er-
theilen, Anträge auf Revifion der Glaubenslehren stellen zu dürfen,
wurde ohne erhebliche Discaſion abgewieſen. Die Petition, eie Fi-
rirung der Einnatmen der Geiftlichen und Schullehrer betreffend,
wurde vom Central Ausschuß dahin befürwortet, daß bei Beſegung
einer dergleichen Stelle tie Beiträge unt.x Abſchaffung der Stolze-
bühren, so wie anderer Emolumente in den betheiligten Kirch- und
Schulgemeinden aufgebracht werten; dagegen sprach ſich der Ausschuß
entſchieden gegen die Einführung der in den Prtitionen angedeuteten
allgemeinen Steuer aus. Cs wurde erwähnt, daß die gegenwärtige
Art der Crhebung der Emolumente der Geistlichen viele Üekelſtände
enthalte, daß namentlich die Würde des geiſttichen Stantes darunter

s t

leide, daß dir Erhebung des Schulzeldes nach der Kopfzahl auch für

die Schullehrer oiel Nachthriliges habe, und die Fixirung von den
teßtern eincm geringen pecuntären Ausfatl vorgezogen werten würde.
Beispielweiſe wurde auch der in der Stadt Breslau eingeführten Fi-
rirung der geiſlichen Emolumente mit Beseitigung der Stolgebühren
grdacht, mit welcher man allgemein zufricden it, ohne daß sie einen
nachtheiligen Einfluß auf die Pflichttreue der Briſtlichen geübt habe.
Die hierauf geſteltte Frage: re.soll gebeten werden, eine Fixirung der
Geiſtlithen und Schullehrer in der Art, daß bei neuer Besetzung et-
ner dergleichen Stelle die Beiträge unter Abschaffung der Stolgebüh-
ren, so. wie anderer Emolumente, in den betheiligten Kirch- und
Schulgemeinden aufgebracht werden, eintreten, den m
sſezentwurf aber dem nächsten Provinzial-Landtage vorlegen zu laſſen, »
wurde bejahe. i
Berlin, 4. Ayril. (F.-O.-P.-A.-3.] Vorgestern hat ſich. hier
ein Berein jüdischer Männer conſtituirt, roelche .das Bedürfniß einer

zeitgemäßen Verbesserung der kirchlichen und religiösen.

Verhältniſsſe im Iudenthum in's Werk zu setzen eruſtlich be-
abſichtigen. Sie werden demnächſt eine Erklärung öffentlich abzeben,
daß sie an dem reinen und geläuterten Judenthume feſthalten wollen,
daß fie aver die veralteten Satzungen und Ceremonien weder mit ih-
rem Herzensbedürfnisſe noch mit ihrer Bildung und socialen Stellung
in Einklang zu bringen vermöchten, weßhalb tic Dem ausdrücklich zu
entſagen entschlossen seicn, was doch längst als abgestorben nicht mehr
beachtet und befolgt werder. Sie sſelbſt wollen indessen nicht entſchei-
den, was etwa in Betreff poſitiver Beſtimmungen zu verwerfen oder


 
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