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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 299 - No. 328 (1. November - 30. November)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44007#1267

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aufſschlag.

Sonntag

M

2. November



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francs.

2. L t


























Diplomatiſche Actenftücke über den Zolverein,

Schluß.

Nus dem Suutlsvor tk )Hiestal kam der Angriff über

die Nordse:-, von der britischen Ins.l, weßyalb auch srewärts eine
Erwiederung die nächſte Die Bevorwortung maritimer Untersſchieds-
zölle von 2 Thlr. per. Ct. in einer halbamtlichen Denkschrift, wahr-
scheinlich auch in den Circularnoten an die übrigen Zollvereinsftaaten,
bezeichnet treffend den auffteigenden Flügelſchlag des ſchwarzen Adlers.
Warum aber nicht sogleich, was nahehin doch geschehen muß, nur in
Gemeinschaft mit Hannover? Warum nicht dieſem Königreich seinen
Antheil an der Palme ? Hannover iſt, sv scheint es, durchaus nicht
g'g?n maritime Emancipation und Bejchitzung Deutschlands , durch-
aus nicht gegen Beichirmung deutſcher Produktion und Arbeit, Sus-
eipere ac linire sein Wahlſpruch, nur muß es ein Ganzes, ein
Wiurkſames sein. Eine Navigationsakte auf der Baſis des Differen-
zialſatzes von 2 Thlr. p:r Ct. würde die Macht des Zollvereins über
dir Nordsee, alſo über alle Meere, über die ganze Erde ausbreiten,
und Hannover tiese Macht ihm zuführen. Es ist ein herber Irrthum,
Haunover als Gegensatz, als zollfeindlich zu bezeichnen. Ist der
Zall nicht ein halber oder sonst gebrochener, der nur beläftigt, sondern
ein rechter und ganzer, ein Twiſtzoll von 6 Thlr., wie dieser die
große Juduftrie, den Reichthum im Lande erwe;kt oder von Außen
herbriruft, ſo dürfte Hannover durchaus nicht dagegen sein. Dem
Prircip folgten vie Mittel und Wege, weichen die deutschen Fluß-
und Durchgangszölle. Die Indufirie des Südens, beflügelt durch
die Segel des Nordens, würde bald der Ludwigskancl seine Laſten
durch die Werra zu deuiſchen Häfen tragen. Das iſt so klar, daß
alle Welt cs sehen kann, nur die gelehrten Handelepolitiker, vie theo-
retiſchen Fernseher, rie nur nach ihren ideologiſchen Vorftellurgen die
Sathen formiren, und nicht begreifen wollen, daß erfl qus den prak-
tiſchen Dingen selbſt praktische Prinzipien hervorgehen können. Was
bewog bie erfaprneren Naihbharvöiker, sogar das freie Amerika , sich
din Zwang eines maritimen und induſtriellen Schutzes gern und
eitcig aufzulegen? Doch wohl das Gegentheil der deutschen Ideologie.
Dder halten dieſe tbeoretiſchen Handelebaumeiſter ihre Waffen, ihre
ganlithe Hanvelsfrciheit im Ernſt für so groß und mächtig, um da-
wit den Kampf gegen die übrige begehrliche Welt zu beſtehen? Nun
man ſichr, ter Ritter von la Mancha if noch nicht todt. (Weſs.-3.)



DeoutrfFchi::8.

* Mannheim, 31. Okt. Die -„rSächs. Baterlands-Blätier"
berichten jetzt von den Erörterungen der 2. sächſ. Kammer, rwelche bei
der Berathung der Adrcſſe über rie L-ipziger Errign:}e vcem 12. Aug.
Stait fandenz sie nennen fie einen Sturm, wie er in den Jahrbüchern
der jächſttzen Stände north nicht verzeichnet ift. Wir haben ödrreits
Mehrer-es, namentlich von ver Rede von Brockhaus, Minister von
Falkenftein, Poppe, Klinger, Oberländer tc. mitgetheilt. Wir ent-
nchmen noch den Vaterl.-Bl. Folgendes :

Dr. Schaffrath: Der Ruf nach Recht und Gerechtigkeit, der
heute hier ertönte, wird sein Echo in dieser Kammer finden. Mögen
fich immer die Minister jett noch so ruhig fühlen, Recht soll werden,
und es gibt dazu noch Mittel. In Frankreich nannte sich einmal
[das Miniſtrrium ein Minifterium des Widerſa- des, und kurze Ziit
ſpäter floß unter Bugeauds Befehlen Blut in den Straßen von Pa-
ris; auch unser Ministerium hat sich geſtern so genannt, auch bei
uns if Blut geflosen. Der Miniſtrr warnt vor Leidenſchaftlichkeit ;
[ich glaube, Lridenſchaft ißt auf beiden Seiten; man ißt empört über
den Frevel gegen den Prinzen, aber ebenso auch über ven Frevel ge-
gez das Volk. Der Minifttir ſazt, man hab: Lob und Tadel abge-
lepnt, und mit Recht: ich hätte es auch gethan; denn es iſt vorge-
griffen; aber glaubt das Miniſterium alletn schon die Wazrheit ge-
funden zu haben, allrin weiſe zu sein? Es fönnte irren, wie wir
Allc. Der Minist-r sagt, auf Leipzig hafte ein nicht zu tilgender
; das if waÿr; aber ein zweiter gehört in di: Geschichte des
zkzenwärtigen Miniſteriums. Leipzig soll ſich erf wirder finden? Ich
ehaupte, es hat ſich wieder gefanden, die B:itävbunz iſt vorbei, uno
vs fordert nun sein Recht.

Präſiden t.
sigung zu sprechen.

v. Könneritz. Wir wenigstens haben doch jenes Blut nicht
vergosſen. Haben wir Kenntniß gehabt von Dem, was in Leipzig
geschah? Wollen Sie uns verantwortlich machen für das Verhalten
der tortigen Behörden?

Scha fs r a th: Das habe ich auch nicht gethan; ich habe nur
gesagt, daß dieser Vorfall der Geschichte des Minifteriums angehöre
und habe einen hiſtoriſchen Vergleichungspunkt aufgeftellt.

v. Ze ſchau: Die Rede iſt revolutionär!

Präsident: Das habe ich nicht gefunden, habe aber bereits
den geehrten Abgtordneten dringend gebeten, ruhiger fortzufahren. ~
Da sich jedoch Sch affra th noch in eine Erörterung gegen den Mi-
niſter einläßt und sich irriger Weiſe des Wortes verluſtig glaubt, so
ift endlich der Präſident genöthigt, mit seinem Hammer dem Weiterr
vorzubeugen. ;

von Zezschwigs zog eme Parallele zwiſchen den Vorgängen ir
Leipzig urd Langenbielau. Es müſſe flreng eingeſchritten werden, wenr
es den Schutz fremden Eigenthumes oder yon Perfonen gelte; unter
seinen einzelnen Vergleichungspunkten kam auch der vor, der Polizei-
diener Arland wäre erſchoſſen worden und dem Lankrath in Sthleſien
wäre es beinahe ebenso gegangen. q t

Dr. Joseph: Ich bin unbetheiligt dei den Creigniſſen; aber
ich nehme des Intereſſe daran, was Jeder haben muß, dem in der
Bruſt das Rechtsgéfühl noch nickt erſtorben iſt. Es ist eine Unge-
rechtigkeit, eine Stadt von 50,000 Einw. für den Frevel einiger
Wenigen verantwortlich zz machen ; aber ich glaube auch nicht, daß
heute ſchon der Tag gekommen sci, die Crörterung bis auf den Grund
zu führen und trage somit auf Schluß ver Debatte an. (Zaglreich
unterstützt und angenomraen zegen Henſet y. .

Referent: Es ließe ſich wohl sehr Biel sagen, ich werde
mich aber kurz faſſen .und nur einige Woite von der Minitterbank
beſprechen. Der Hr. Minister machte der Petition den Borwurf, sie
sei durch Karten zusammengebracht worden; ich finde. darin weder et-
was Ungesctzliches noch etwas Künfiliches; es können Karten geschickt
werden, so viel man will: wenn die Eingeladeten nicht Gründe haber, wer-
den sie doch der Einladung nicht folgen. Fremden Lcitern soll fich Leip-
zig bingeden? Warum nichr, wenn diese das Recht vorschlagen, wo die
einheimischen Bebörden rathtos ſtchen ? Es yerrſcht dort keine unbegrün-
dete, krankhafte Aufregurg, wie dec Minifter will, das heißi tas Auge mit
Gewalt sctließ:en. Wahre Staatsbürger im vollen Sinne des Wortes,
und beſonders Einer, deſſen Name in Sarbien nicht unbekannt ift, ſind
aufgetreten in Augenblicken, wo die gesetzliche Behörde keine Geroalt
batte, se haven noch größeres Unbveil verhütet, und ihnen ſolite st
die Bürgerſchaft nicht anvertrauen? Der Minifter hat den Com-
miſſionsbericht vertheidigt, ader dieser ift ein einfeitiger, und wir
fordern darum eine Wideilezzung deſſelben durch gerechte Utbung der
Juſtiz für das vergoſſene Blut, wir fordern Sühne! Endlich noch ein
Wert über die Red-: eines übgzeoreneten. Der Hr. Minifier hat ihr
einen harten Vorwurf gemachi, dsat sie als revolutionär be:eichnet;
§ AS der Landtagsordn. sagt ausdrücklich: ,„Jeces Mitglied hat das
Recht und bie Verpflichtung, seine Meinung frei zu äußern, das
bat der Abgrordnete gethan und ich finde darin nühts Anſtößiges,
nichts Revolutionäres, muß mich also entſchirden gegen solche Eingriffe
in die Freiheit der Rede verwahrrn.

v. Ze schaut ZJch muß das Weort wiederholen: die Rede iſ
revolutionär!

Präſident:

Ich bitte den Abgeordneten, mit etwas mehr Mäſ-

Ich habe tas nicht gefunden und nur den Abge-

ordneten dringend gebeten , etwas ruhiger zu sprechen, und glaube da-

mit meiner Pflicht genug gethan zu haben.

v. Zeſchau: It kann die Worte des Hr. Präſidenten nur
bedauern.

Präsident: Ich glaube mich nach der Vorſchrift von §. 53
dér Landtazsordyz. gerichtet zu haben, nach Pflicht und Utberzrugung,
und habe keinen Grurd gefunden, dem Redner das Wort zu cnt-
ziehen. Hate ib damit den Beifall drs Hrn. Minifters nicht erlangt,
so thut mir's leid, jetzt aber frage ich die Kammirr, ob sie dem vor-
gel:senen Paragraphen beiſtimmt. (Einhellig Is.)


 
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