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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 268 - No. 298 (1.October - 31. October)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44007#1211

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Sonntag

1845.











Deut9ſchland.

* Mannheim, 18. Okt. Engliſche Blätter scheinen wieder
zuerst das Genauere der Resultate der deutsch en Zollvereins - Konfe-
renz berichten zu müſſen. „Leeds Mercury meldet bereits im We-
ſentlichen Folgendes : . ,

„Nach den neueſten Berichten aus Karlsruhe, die mir aus b e-
ſter Quelle zugehen, iſt jetzt die definitive Entscheidung dahin er-
folgt, daß mit dem 1. Januar 1846 die Zölle auf alle ausländischen
fagonnirten oder geblümten ganzwollenen oder halbwolle - halbbaumwol-
lenen Artikel in allen Zollvereins-Staaten von 30 preuß. Thalern auf 50
Thaler per Centner erhöht werden sollen. Unter diese Rubrik werden
alle Bradforder Modeartikel, z. B. geblümte oder bunte Merinos,
Saxonies, Amazonians, Lamas, Damasks, Pantalonſtoffe 1c. gehören,
und wird dadurch jenem wichtigen Gewerbszweige ein ſchwerer Schlag
versetzt werden, den wir vor drei Jahren noch glücklich abzuwehren
vermochten. Ungeblümte und ungemufterte Artikel werden nicht er-
wähnt, und man darf also annehmen, daß die Zollſätze für jetzt keine
Abänderung erleiden werden; eben so wenig wird hinſichtlich der Wol-
lengarne etwas mitgetheilt. Baumwollentwiſt und Leinengarne wer-
den unverändert auf dén jetzigen Zollſätzen verbleiben, da die Abge-
oroneten der Zollvereins: Staaten sich über diese Artikel nicht vereinbaren
konnten. Wollenwaaren werden fortan mit wenigen Ausnahmen denselben
Zoll, wie Baumwollenwaaren, nämlich 50 Thaler per Centner , zu
bezahlen haben, und so wie dieſer hohe Zoll bereits unsere Baum-
wollenwaaren von den deutschen Märkten beinahe ganz ausgeschlossen
hat, ſo wird nach wenigen Jahren auch unser Wollenwaarenhandel

nach Deutisſctland vernichtet sein. Nachschriſt aus Frankfurt vom 5.

Okt. : Die ungeblümten oder glatten Stoffe bleiben auf 30 Thaler per
Ventner und in den Zöllen auf Baumwollen-, Wollen: und Leinen-

garne tritt keine Veränderung ein. Preußen war geneigt, einem Zolle
von 3'/; Thaler per Centner auf Baumovroollentwiſt beizutreten, was
jedoch von Baiern, Württemberg und Baden, die einen viel höheren

Jollſatz forderten, nicht genehmigt wurde. Die Protokolle wurden in
Bezug auf diese Frage für eine später zu erneuernde Berg-
th ung offen gelaſſen.. CS. untenn Berli! ).

!: Vom Neckar, im Oktober. Es iſt auffallend, taß ge-
rade diejenigen Staaten, welche bis jet besonders im Rufe der Li-
beralität und Glückſeligkeit ſtanden, in neuerer Zeit Beranlaſssung zu
einer eigends ihnen gewidmeten Literatur geben. ~ Wozl über kein
Land sind noch so viele öffentlichen Stimmen laut geworden als über
Württemberg und Preußen. Worin mag das seinen Grund haben ?
Ich glaube in der Macht der Wahrheit. ~ Der Schein vermag sich
zwar allerdings eine Zeit lang für Wahrheit ausgeben, allein lange
gelingt 1hm dieß nicht, es kommt immer eine Zeit, in welcher
die Hülle verschwindet und er inseincr wahren Geſtalt erſcheint. So sind
in neuerer Zeit wieder faſt miteinander drei Schriften erſchienen, welche
alle drei ganz oder theilweis preußische Verhältniſſe zum Gegenſtand
haben. Bülow-Cummerow hält sich in ſeiner neveſten Schrift „die
europäischen Staaten tc. lange bei Preußen auf. Scherr in seinem
enthüllten Preußen und die jüngst angeblich in Coblenz erschienene
Dankadreſſe mehrerer Bürger von Koblenz an Iyſtein und Hecker
sprechen ſich unverholen über die preußiſchen Zuſtände aue. – So
verſchieden der Standpunkt, von welchem aus dieſe 3 Schriften ge-
schrieben sind, so treffen sie doch alle darin zusammen, daß Preußen
ohne Berrfaſſung üder Kurz oder Lang einer bedeutenden Krise ent-
] Bülow-Cummerow, dieser alte pommersche Adelige, so
veſchränkt ſonſt sein Standpunkt in Beziehung auf höhere Politik ist,
obgleich er an einem fatalen Ariſtokratismus laborirt, der Patrimo-
nialjurisdiktion und andern Marotten nachhängt, so stimmt er doch

' mit den Arnliegen darin überein, daß es für Preußen umumgänglich

Nothwendigkeit geworden, die Verfaſſungefrage zu ordnen und zwar
wünſcht er dieß im eigenen Intereſſe der Regierung, denn er ift con-
. «ervativ und möchte gern erhalten was beſteht. Allein so verblendet

1 er nicht, daß er um keinen Preis dem Zeitgeiſte ein Zugeſtändniß
achte, wie der absolutiſtisch-reaktionäre Conservatismus, denn gerade
einer zeitgemäße Nachgiebigkeit gegen tie Forderungen der Gegenwart
ft Ber > der Genügsamkeit der Deutschen das einzige Mittel
: eſtehens. ~ ;

Ganz anders iſt die Tendenz der Scherr'ſchen Schrift. ~ Die-

19. October

s er hat allen Glauben an die Möglichkeit der Rückkehr zur Natur,

zum Recht und zur Vernunft verloren und geht hauptſächlich darauf
aus die gänzliche Unfähigkeit des herrschenden Syſtems zu beweisen.
Seine Urtheile über die preußische Politik so wie seine Darftellung
der politiſchen Verhältnisse sind treffend, einseitig und verfehlt aber
iſt es zu nennen was er bei Gelegenheit über den Geiſt der Refor-
mation 1c. wie über die deutſch-katholisſche Bewegung sagt.

Näher übrigens hier auf die fraglichen Schriften und besonders
auf die beiden letzteren einzugehen, werden Sie unter den beftehenden
Verhältnissen mir nicht anmuthen. Das Gesagte genügt, um anzu-
deuten, weß Geiſtes Kind das besprochene Dreiblatt sei und was der
Leſer von jedem einzelnen zu erwarten habe.

Mainz , 13. Oktober. (Fr. I.) Als Hr. Pfarrer Ronge
geſtern Nachmittag ſich in Begleitung eines seiner hiesigen Freunde
an den Rhein begab, um dort das Dampfboot zu besteigen, wurnſe
er von einem großen Haufen aus den untern Volkssſchichten mit
Pfeifen, Zischen und rohem Geschrei empfangen. Darüber darf man
ſich nicht wundern, am Allerwenigſten hier, wo Nichts unterlassen

wird, um namentlich die arbeitenden Klassen zu fanatiſiren. Dem

gebildeten Mittelſtande von Mainz kann natürlich wegen dieser bru-
talen Demonſtration nichts zur Laſt, gelegt werden, und eben deß-
halb kann jener Auftritt auch durchaus nicht als Maßſtab gelten,
um darnach die hier herrschende Stimmung zu beurtheilene. Im Ge-
gentheil iſt dieſe in vielen Familien seit dem persönlichen Auftreten
Ronge's und seiner Begleiter in Rheinhessen eine dem Deutſch-Ka-
tholicismus günſtige geworden, wofür schon die Thatsache ſpricht,
daß dem feierlichen Gottesdienſte der deutsch-katholiſchen Gemeinde
in Wiesbaden, der letzten Freitag unter Ronge's und Dowiat's Lei-
tung ſtattfanr, mehrere Hundert Mainzer Männer und Frauen, bei-
wohnten. Es mag sein, daß Einzelne nur die Neugierde hinüber getrie-
ven, aber auch dieſe werden eingeſtehen müssen, daß der Eindruck,
den insbesondere Dowiat's Rede über die Worte:: rReiſei ihn nie-
der diesen Tempel, und in drei Tagen will ich ihn wieder aufbauen.,
auf die Anwesenden hervorbrachte, ein allgemeiner , tief zum Herzen
dringender war. Was der begeiſterte Redner sprach, iſt auch bei
sein-n Zuhörern aus Mainz nicht auf unfruchtbaren Boden gefal-
len, und wenn gewisse Anzeichen nicht trügen, so wird auch in nicht
ferner Zukunft die neue Kirche Boden gewinnen. An außergewöhn-
lichen Anstrengungen, dieß zu verhindern, fehlt es von einer be-
kannten Seite her nichtz aber gerade diese Anstrengungen sind der
ſicherſte Beweis, daß man von eben dieser Seite her die Verwirkli-
chung Desſſcn fürchtet, was längst in der Stille vorbereitet ward.

+ Frankfurt, 15. Okt. Die Feſtlichkeiten des bevorftehenden
18. Oktobers werden, wie tie erichienenen Bekanntmachungen ſagen,
im Wesentlichen dieselben sein wie früher, auch für die Juden sind
wiederum Gebete v er ordn ei! Das Verrordnen von Eehe'en bleibt
immer eine unbegreifliche Maßregel, worüber sich ein geiſtreicher Schrift-
ſteller bri ähnlicher Gelegenheit, wie folgt, äußerte: „Verordnete Ge-
bete! Echörſt du si-, Vater des Lichtes ? Wirft du des Herzens war-
més, inbrünſtizes Gebet von dem polizeibefohlenen nicht zu unterschei-
den wiſſen? Gewayhrft du nicht den bittern Fluch der Unterdrüdkten,
den sie aus Furcht vor ihren Unterdrückern mit Segen überzuck.1n?
Oder wie ? Ein Frankfurter Jude sollte ſich liebend erinnern können „..«.
Nun wird Mancher anführen, die bürgerlichen Zuſtände der hiesigen
Juden seien beſſer als im Mittelalter, in andern Staaten unterlägen
ſie noch größeren Berschränkungen und dergleichen mehr; aber man
möge die Zeit berücksichtigen, man möge bedenken, daß seit dem Er-
fcheinen der Verordnungen von 1823, von denen Rießer sagt: Es
jei kaum zu glauben, daß ſie im Jahre 1823 gegeben seien !- nur sehr

wenige Verbesserungen eingetreten sind, während fich in andern Stag-

ten lebhafte Sympathien für die Juden kund geben; ja ein einziger
Antrag auf Abschaffung der Beschränkung eines Menickenrechtes fiel in
der geſctzgebenden Versammlung durch, weil der edle Antragftellcr sein
Begehren nicht modifiziren wollte! Und das geschah in Frankfurt,
in demſclben Frankfurt, diſſen Bürger begeistert dem „Hilden im Frie-
denskleide, entgegenjubelten, desſen Evangelium Duldung und Liebe ift,
und der sich ja jelbſt (Cin Offenbach) in Betreff der Juden geäußert
hat: „Hier sei viel gethanes Unrecht gut zu machen." Dite gesetz-
gebende Versammlung für das kommend: Jahr ift erwählt und wird


 
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