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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 1 – No. 30 (1. Januar – 31. Januar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44007#0049

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Montag





Mlannheimer .

13. Januar

Inferate die gespaltene
Zeile in Petitſchrift odér
deren Raunt 3 kr. JInse-

. () endz eituu ! rate, worüber die Redak-
Uh tion Auskurft zu ertheilen
; & hat, die Zeile oder deren

Raum 4 kr. –~ Briefe
und Gekd erbittet man
. franco.

1845







Landtagsverhandlungen.

*# K arlsruhe, 7. Januar. 132. Situng. Präſident Bekk. Auf der
Regierungsbank. Vo gelm ann.

Diskussion des Forſtſtrafgesetzentwurfs.

Art. 6, welcher über die Haftbarbeit für Werth, Schaden und Koſten, auch
für die erkannte Geldftrafe handelt. ,

Junghanns ſtellt den Antrag, es sollen die Worte „auch für die erkannte
Geldſtrafe- handeln, weggelassen werden. /

Hecker unterflütt ibn, weil es cine unendliche Härte sei, wenn man die
Eltern, Dienſtherren, Vormünder tc. in allen Fällen für ihre Kinder, Lehrlinge,
Dienſtboten, oft Entmüudigte, haftbar machen wollte.

Weiz el müßte fich mit größstmöglichſter Entschiedenheit dem Antrag

des Abg. Junghanns entgegenſtellen, weil dadurch eine der wohlthätigſten Be-
ſtimmungen des neuen Gesetzes aufgehoben wurde. Ware das gerecht, ſagt er,
für Unmündige unter 14 Jahren eie Eltern 1c. haftbar zu machen, dagegen dei Un-
mündigen üver 14 Jayre dieſe Beftimmung aufzuheben. ~ Deßhalb bittet der
N.z!:r die Kammer inftändigſt dem Antrage des Abg. Junghanns keine Folge
zu geben.
" hrt Tg annsz Man ſollte doch bedenken, daß die Strafe des Frevels
nicht blos für den Entwendungsfrevcl, sondern häufiz auch für Beſchädigungs-
fresel feſtgeſeßt 1ſ, in welt leßteren Fällen doch gewiß dem Vormund kein
Vortheil dadurch zufließt, er alſo auch für den Muthwitlen seiner Mündel tc.
nicht verantwortlich sein kann. ;

Vogelmann behauptet, daß durch die fragliche Beſtimmung der Monali-
tät der fraglichen Personen gewiß besser bewabhrt werde , uberhaupt daß alle
vieſe Veftimmungeu aus dem Lrben heraus gegriffen, ganz praktisch seien.

Hecker führt für seine Bchauptung und Ansicht ein Beispiel an, durch
welches die Härte anschaulich g:maeht wird. Einen braven Vater z. B. der
vurcv seinen ungerathenen Schlingel von Sohn scon geſtraft genug sei, haft-
bar zu machen, auch für die Holzfrevel dieſes Unkrautes, deren Ertrag sehr
oft in wahren Pickenik's verthan werde, sei doch hart.

Zuletzt könnte man den Vater sür den ganzen Charakter seiner Kinder ver-

antwortlich machen, deßhalb müßte man jedenfalls die Beftimmnng treffen,

daÿ die Eltern êé. vailn nicht baftbar für ihre Kinter seien, wenn ſie nachwei-

fen, daß aus deren Vergehen ihnen kein Vortheil erwuchs.

L §srget iſt gezen den Antrag von Junghanrs aber für diesen eventuellen
on Hecker.

Geottſchalk geſteht zu. daß Fälle vorkommen können, wie sie Hecker an-
geführt habe, allein sie seien selten, dcßhalv liege cs im Jniereſſe des Wald-
schutzes, entweder die fragliche Beftimmung beizubebalten oder zu beftunnmen, taß
die ſraglichen unmundigen Freoler jedenfalls zur Arbeit angehalten und die Vor-
znüunder 1c. zur Verabreichung der Koſt verbindlich gemacht werden.

Hecker: Der Hr. Ab;. Gottichalk hat mich offenbar nicht verſtanden, ich
Hqlaube, daÿ man doch einen Housr errn nicht haſtbar für den Frevel seiner
Magd machen kann, welchen dieſe in der Freierſtunde begeht, um für
desſcn Ertrag Abends Kaffce bei ihrer altcn Bake irinken zu können.

_ Gottſchalk: Der Hr. Abgz. Hecker ſpricht von einer Lumpenpaushaltung,

in eincr geordneten Haushaltung sind die Dienftboten nicht so auſfsichtälos.

Bassermann: Jch unterſtützee ebenfalls den Antrag des Abg. Junghanss,
man sagt zwar auf der Gegenpartci die fragliche Beſtimmung ſii praktisch, so
wären z. B. auch die Greuelſcenen zu Paris am 3. Sept. 1791 praktisch
gewesen, weil sie Erſolg gehabt haben — ich aber halte allein fur prakiiſch,
an den Grundsägen der Gerechtigkeit feſtzuhalten, wie es durch den Antrag des
Abg. Junghanns geschieht.

Trefurt ift auch für den Antrag des Abg. Junghanns, da er aber vor-
ansſichtlich nicht die Majorität erbalten würde, so solte man wenigstens Vorkeh-
rungen treffen, daß nicht Vormünder, 1c. von denen ihre Schulolofizkeit als gewiß
auzunedmen iſt, für Frevel ihrer Mundel haftbar gemartt werden.

_ Weitzel hebt vochmals das juriſtiſhe Moment hervor, da man überall
„in der Strafreehtspflege die Begünftigung eines Berbdrechers becſtrafe, man es
um fo mehr auch hier thun müsse.

; Knapp macht besonders auch auf graſende Weibsleute aufmerksam, welche
fich gewöhnlich die zum Grasholer. befltimmte Zeit wit Allotriis vertreiben oder
Vertreiben laſſen und dann, um doch ctwas nach Hauſe zu bringen, eben in's
zes. hineinspazieren, um dann mit der Sichel schnell das nöthige Quan-
um Gras zu aquiriren. ; ;

Gottschalk gesteht endli% zu, daß durch seine früber geäußerte Ansicht,

sehr häufiz Vormünder 1c. uns-huldig in Strafe verwickelt wurden, dcßdhalb
ſolite man den Sah so faſſen, daß da, wo es wahrscheinlich gemacht werden
könne, daß dcr Frevel nicht zum Vortheil des Vormundes geschehen, dicser
nicht dafür haftbar sei. ;

Schaa ff macht die Eröfaung, das ihm eigenilich noch gar keiner dcr ge-
machten Vorschläge gefallen habe. t

Bri der Abſtimmung wird der Antrag von Junghanns verworfen.

Ebenso Trefurts, nicht minder Heckers Antrag und zuleßt nur der Antrag
Hedckers angenommen, ſtatt »Beweis füyren«, „wahrscheinlich machen- zu feten.



qu. _ Deutschland.

. * Karlsruhe, 9. Jannar. Ich kann unmöglich unterlassen,
Ihnen über ein Creigniß, das dts ganzen Landes Interesse in An-
lyruch nehinen muß, Bericht zu erſtatten. Dieser Tage versammel-

. iz
. .2 ig ? :

ten sich die sämmtlichen, dem Bürgerſtande angehörenden Deputirten

der zweiten Kammer, ohne Unterschied der politischen Farbe, ja zum

größten Theile aus den Bänken der rechten Seite und des rechten
und linken Centrums, um eine Bitte an den Großherzog zu entwer-
fen, in welcher sie ſich nicht als Landtagsdeputirte, ſondern als Bür-
ger und Repräseutanten der öffentlichen Meinung dahin aussprechen
wollten, daß im Hinblick auf die demnächſt zu besetzende Stelle ei-
nes Chess des Ministeriums des Znnetn, ein Mann es ſ:i, auf
welchen das ganze Land sein Vertrauen gesetzt habe und welchen ſie

deßhalb als den zu diesem wichtigſten Poſten Tauglichſten vorschla-

gen, nämlich den dermaligen Vicekanzler und Kammerpräſidenten

Bekk. Unglücklicher Weise erhielt Dieser Nachricht von der beabsich-

tigten Petition und verhinderte nun natürlich dieselbe, indem er die

einzelnen Petenten dringend ersuchte von ihrem Borhaben abzustehen.

Dies soll nun auch geschehen sein, jedoch die Petenten sich entſchloſsen ha-
ben, durch den Präsidenten des Staatsminiſteriums privatim dice fragliche
Angelegenheit dem Großherzog vortragen zu lassen.

~ In Betreff der Wiener Conferenzbeſchlüsse und der
darauf bezüglichen Interpellation des Abg. Welcke r bemerken die
vSeeclätter" u. A.: „Da die Sache jetzt vor das Forum der Stände
gebracht, so iſt kaum zu zweifeln, daß alle Besorgniſse, die sich an
dieſe Beſchlüſſe knüpfen, auf die eine oder andere Art beseitigt wer-
den; es iſt unmöglich, zu glauben, daß die Regierung, mie bei frü-
heren Interpellationen, eine ausweichende Antwort geben werde, denn
eine solche wäre ein offenbares Geſtäindniß und würde nur geeignet
sein, die Regierung unpopulär zu machen; ja selbſt eine bestimmte
Antwort , welche die Behauptungen jener Schrift rechtfertigte, würde
dem Interesse der Regierung förderlicher sein, als ein Ausweicheu,
welches immer Zugeſtändniß iſt, und zugleich Furcht andeutet, ge-

thane Schritte zu vertreten.“

„Zu erwarten iſt von der badischen Regierung, die ſammtaller Kämpfe
und Wirren, welche zwischen ihr und der Partei des Jortſchrittes
beſtanden und noch bestehen und die eine natürliche Folge konſtitutio-
neller Entwickelung sind, dennoch eine freiere Nichtung befolgte, als
die meiſten anderen deutschen Regierungen, daß sie auch hier zeigt,
wie sehr sie die höhere politische Stellung erkennt, die Baden, ja
ganz Deutschland jetzt cinnimmt, daß ſie erkennt, welch' allgemeine
Entrüſtung ein jeder reaktionärer Versuch nothwendig hervorrufen würde,
daß sie ferner stolz aus die von Tag zu Tag zunehmende Mündigkeit
und Selbstäudigkeit des badischen Volkes ist, und daß ſie endlich bc-
denkt, wie viel Deutschland schon von seinen mühsam errungenen

Freiheiten wied eropfern hat müſſen, wie wenig ihm mehr genommen


 
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