Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Mannheimer Abendzeitung — 1845

DOI chapter:
No. 1 – No. 30 (1. Januar – 31. Januar)
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44007#0121

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Abonnement mit vier:
tellähr. Vorausbezahlun,. ,, , ,
in Mannheim 1 fl. 15 kr. LY
vurch die xe? bezogenm aj r
ganzen Grosherzogthum „tz XW
Baden 2. fl. §8 fr.. im ' “

Ausland erhöht fich das
ANborinement um den Poft-

aufſchlag.



_ . JZnfserate die geſpaltene
Zeile in Petitſchrift oder
deren Raum 3 kr. Juſse
rate, worüber die Redak-
tion Auskunft zu ertheilen

$ hat, die Zeile oder deren
Raum 4 kr. –+ Hriete
und . erbittet man

ranco.



Freitag

31. Januar

1845.



Landtagsverhandlungen.

* Karlsruhe, 28. Jan. Präſ. Befkk auf der Regierungsbank:
Min.-R. v. Stengel.

v. Itzſtein spricht einige Worte der Erinnerung an das ehe-
malige nunmehr verſtorbene Kammermitglied Merk.

Hecker zeigt an, daß er in der nächſten Woche einen Antrag,
die Integrität der Herzogthümer .Schl es w ig und Hollſtein be-
treffend, motiviren wervhe..

v. Itzstein übergibt eine dieſen Gegenſtand betreffende Peti-
tion, und erbittet ſich sofort das Wort, um den Regierungskommiſssär
darauf aufmerkſam zu machen, wie die Würde der Regierung durch
hie Art und Weiſe, wie seit einiger Zeit Regierungsrath von
Sarachaga-Uria die HZPenſur in Mannheim .. handhabe,
auf s Empörendſte verlett werde. Von dem Redner, so wie von den
Abgeordneten Bassermann, Hecker, Mathy, wurden nun auch un-
glaubliche Beispiele von der Manier jenes Zensors erzählt. –~ So-
fort geht die Kammer über zu der Diskuſſion des Berichts des
Abg. Welcker über die Motion Sanders (der unglücklicher Weise
durch Krankheit zu erſcheinen noch verhindert iſt ), die Redefreiheit
in der Kammer betreffend.

v. Stengel nimmt zuerſt das Wort und bezeichnet das in dem
fpeziellen Falle, von dem es ſich handelt, beobachtete Benehmen der
Regierung als verfaſſungsmäßig.

_ HBaſsſermann widerlegt ihn vollkommen, indem er auf die
Mittel hinweist, die der Regierung zu Gebot ſtehen, um die Freiheit
ves Bürgers niederzuhalten, während die Bürger gar nichts Anderes
haben, als ihre Kammer, respective die Volksvertreter darin, +
wenn deßhalb die Freiheit auch dieser Kammer aufhöre, dann ſsei
ks gar aus mit der Ftaatsbürgerlichen Freiheit. ~~ Der. Sprecher
weist im Verlaufe seiner Rede auf viele Autoritäten hin, welche
unbedingte Redefreiheit in der Kammer verlangen.

_ Nach ihm ſpricht Trefurt, der zwiſchen Redefreiheit die
4te«ltſte pts; und ſchauerliche Consequenzen aus der
Redefreiheit zieht.

S traub macht auf die Gefahr aufmerkſam, die dem Deputir-
ien, wenn die Redefreiheit nicht vollſtändig gewahrt werde, durch
das neue Strafgeset drohe. '

S chaaff sucht durch Parallelliſirung der geschwornen Deputirten

mit den Zuſchaurrn auf der Gallerie zu beweisen, daß jene für ihre
Aeußerungen dem Gesetze verfallen sein müssen.

Weizel ermahnt die Kammer unparteiiſch heute zu beschließen
und ſucht zu beweisen, daß schon Redefreiheit in der Kammer herrsche.
| Welcker weiſt nach, wie die Redner von Jenſeits ſtatt auf
das Prinzip der Redefreiheit sich zu begeben, in koncrcten Fällen
und allgemeinen Exclamationen ſich verbiſſen haben, und indem er
ſich über das den Commisſionsanträgen zu Grunde liegende Prinzip
ausläßt, widerlegt er gründlich die Sphismaten des Abg. Weizel.
ain e tt ſch gi versucht nun den Vorwurf der Parteilichkeit zurückzu-
zichen, der in der Motionsbegründung gemacht worden und beklagt
ſchließlich, daß die öffentliche Meinung die heutige Motion nicht
günſtig beurthrile.

Platz, die Aufmerksamkeit beider Seiten der Kammern keines-
wegs zu feſſeln im Stande, probirt es, dem Motionsſteller Begriffsver-
wechſelungen nachzuweisen. ~ Nach ihm spricht Gottschalk über die
Unmöglichkeit, daß besonders ein Deputirter aus dem Volke in sei-
Y hrehe Drang die Worte nicht abwägen und die feile Hofſsprache

n fſotle. i ;

Welder versichert, daß er niemals nur den geringsten Zweifel
in die Unabhängigkeit in Beziehung auf den vorliegenden abderitischen
Prozeß hege, aber im Interesse der Allgemeinheit, der ganzen Kam-
mer, müsse er in dieser Angelegenheit das Wort nehmen.
. Der Antrag : „Die Kammer möge dem großh. Staatsminiſte-
Hum 1n einem an dasselbe zu erlaſſenden Schreiben von jener gegen

den Abg. Welcker erhobenen Anklage, so wie von der hierauf er-

lasſenen Verfügung des großh. Stadtanstes Freiburg Kenntniß geben
und dabei aussprechen, daß sie es mitder Form und dem Wesen

, fuſerer Verfassung ſo wenig als mit den einzelnen Bestimmungen
| freien über die landſtändiſche Wirksamkeit vereinbar finde, daß

1h ammertmitglieder wegen Neußerungen in der Kammr odrr bei

: f
]

Uebung ihrer Berufspflicht machen, vor den Landesgerichten zur
Verantwortung gezogen werden können, daß sie vielmehr die Freiheit
der Rede der Abgeordneten von der gerichtlichen Verantwortlichkeit
außerhalb der Kammer als ein verfaſſungsmäßiges Recht dersel-
ben erachte, und daher das großherzogliche Staatsminiſterium ersuche,
das Stadtamt Freiburg zu veranlaſſen, in der vorbezeichneten An-
klagesache gegen den bg. Wel > er mit dem weitern Verfahren ein-
zuhalten. Wird angenommen. ]



Deutſchland.

F Vom Neckar. Es liegt die zweite Auflage eines Buches
vor mir, dem das seltene Schicksal geworden, von den kritischen Blät-
tern aller Farben, von allen Parteien freundlich und ehrenvoll em-
pfangen zu werden. Guſtav Schwab, wie Laube und Gutkow haben
ſich anerkennend darüber ausgesprochen, obgleich die literarische Per-
sönlichkeit der beiden Letztern mitunter herb und ſcharf angegriffen
war. ~ In unserer egoiſtiſchen Zeit, wv die verletzte Eigenliebe im
Leben wie in der Literatur eine gleich mächtige und unheilvolle Rolle
spielt, mag man es wohl lobend anerkennen, wenn producirende Kritiker
mitunter ihre Subjectivität bei Seite segen. Die „Poeten der Jettzeit-
baben sich auf einen eigenthümlichen Standpunkt gestellt und zwar
auf den Standpunkt außerhalb der Parteien. Mit gewandter, bei-
nahe machiavelliſtiſcher Darſtellungsweise führte er uns eine Reihe mo-
derner Poeten vor, die Alle mehr oder minder eine tiefere politische
Bedeutung. haben. Unnügte und geschwätzige Polemik verachtend, legt
er an seinen Character den Maßſtab der Kunſt an, entwickelt ihre
volitiſch-sociale und literarische Bedeutung, und weist den innern
Zusammenhang seiner Gestalten so wie die Nothwendigkeit ihres
ECntſtthens nach. Wenn dies treffliche Buch, deſſen glänzende Diction
und prägnanter Styl an Wienbarg's Thierkreis und Börne's Briefe
aus Paris erinnert, einem Tadel unterliegt, so iſt es der, daß der
Verfasser, obwohl gerecht gegen Freund und Feind, doch vielfach zu
mild und schonend in seinen Urtheilen war. So erklären wir uns
mit seinen Worten über Dingelſteott aus dem obigen Grunde nur

halb einverſtanden. Dem Vernehmen nach wird von ihm binnen Kr

zem eine neue gegen Rom und den Ultramontanismus gerichtete
Production erscheinen.

Muürnchen, 24. Januar. (Fränk. Merk.) Oeffentliche
Sit ung des k. Caſſations. und Revisionshofes für die
Pfalz am 22. d. M. Zur Verhandlung kam das Caſsationsgeſuch
des großh. badischen Universitätsamts Heidelberg gegen Lorenz. Hertle,
den Vater, von Bergzabern, eine Caution betr. ~ Der Sohn die-
ſes Hertle, Konrad, ſtudirte im Winter 1833 in Heidelberg, wo er,
wegen Theilnahme an verbotenen Verbindungen (Burschenſchaft) in
Unterſuchung gezogen und zur Haſt gebracht wurde. Nachdem er
das Versprechen gegeben hatte, sich während der Untersuchung nicht
aus Heidelberg zu entfernen und auf jede Vorladung zu erſcheiuen,
und sein Bater hiefür eine Caution von 500 fl. provisorisch geleiſtet
hatte, wurde er auf freien Fuß gesetzt. Er hielt dieſes Versprechen
iedoch nicht, verließ Heidelberg und flüchtete sich nach Frankreich.
Das Universitätsamt Heidelberg klagte nun bei den Gerichten der
Pfalz wegen Zahlung der erwähnten Cautionsſumme von 500 fl.
Das Aypellationsgericht der Pfalz hatte diese Klage als unbegrün-
d et erkannt und abgewiesen und zwar, weil aus dem Verbote der
Auslieferung von Inländern wegen im Auslante begangenen Ver-
brechen oder Vergehen an ausländische Gerichte folgere, daß die
baieriſchen Gerichte Verträge baierisſcher Staatsangehörigen mit aus-
ländischen Gerichtsſtellen, wodurch sie sich veryflichten, der auswärti-
gen. Juſtizgewalt sich zu unterwerfen, nicht zu berücksichtigen
hätten, um so weniger, als nach der Verordnung vom 9. Juni
1817 die baieriſchen Unterthanen auch wegen ini Auslande begange-
ner Verbrechen und Bergehen nach den baierischen Gesetzen der
inländischen Juſtizgewalt verantwortlich seien, und weil der Cau-
tionsvertrag zwischen Hertle und dem Universitätsamt Heidelberg als
Nébenvertrag, mit dem Hauptvertrag, nämlich rem obigen Bersprechen
des Studenten Hertle, siehe oder falle, sohin weil der Hauptvertrag
nicht berücksichtigt werden könne,. auch dieser Nebenvertrag nicht beach-
tet werden dürfe. (Hertle habe sonach die Cautionssſumme von
HHO F.; nicht zu zahlenm)t 111.1:


 
Annotationen