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Mannheimer Abendzeitung — 1845

DOI Kapitel:
No. 176 - No. 206 (1. Juli - 31. Juli)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44007#0771

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Deutſchland. :

+* Mannheim, 7. Juli. Die Sundzollfr ag e nimmt immer
mehr die Theilnahme aller Deutſchen in Anspruch. Es iſt eine
Schmach, ſich Unrecht anthun zu laſſen, ohne seine Kraft auch nur
dagegen zu versuchenz es iſt aber zehnfach Schmach und Schande,
wenn ein großes Volk von acht und dreißig Millionen nicht mit al-
ler Macht darauf dringt, daß sein Handel, seine Schifffahrt nicht fort
und fort von einem Nachbar gehemmt und geknechtet werde. Preu-

fien, dieſe deuiſche, diese » europäiſ < e Großmacht. hat ſich

jahrelang abgemüdet mit Diplomatiſiren und Unterhandeln und, ſo
oſt es auch sich dem Ziele näher gerückt glaubte, immer wieder wußte
ber Däne es abzuweiſen, um das alle hohe Sündengeld einzuzie-
hen. Nach seinem eignen Geſtäntniſse weiß Preußen, taß in Däne-
mark nur die zwingende Macht äußerer Umſtände und thatſsächliche
Schwierigkeit Gehör finden, und dennoch sollte es fort verhandeln und
unterhandeln, zuvorkommend sein, ewig freundliche und billige Ange-
bote machen und höchſtens mit einem „derben-, Zeitungs - Artikel die
abſchlägigen Antworten abfertigen! Wir meinen, auch dieſe Lang-
muth,. dieſe Geduld hat ihre Grenzen und es sei hoch an der
Zeit, andere Wege einzuschlagen,
läſtigſten Verhältnissen, hoch an der Zeit, dem eignen Interesse und dem
tiefverletzten deutſchen Nationalgefühl endlich einigermaßen Genugthuung
zu verschaffen. Wahrlich es fehlt nicht an Mitteln, man gebrauche sie alſo!
Wir nennen hier diejenigen, welche Scherer, den wir jäüngſt bereits
erwähnten, in seiner demnächst erscheinenden Abhandlung über die Sund-
zollfrage als solche bezeichnet, die Preußen zur Hand hat, um we-
nigstens die Ausführung der Verträge zu ſichernz ſie sind:
. HU) Verweigerung der noch jetzt beſtehenden vertragswidrigen
Hölle und Abgaben. Da man hier das klare wirkliche Recht der
Verträge für sich hat, so kommt es nur darauf an, zu wollen,
ernstlich zu wollen. 2) Eben so die Geltendmachung der beſtrittenen
Freiheiten der pommer'ſchen Städte. Es müßte abgewartet werden,
ob Dänemark sich der Ausführung dieser beiden Maßregeln mit Ge-
walt zu widerſcten beabsichtigt, um zu entscheiden, wie derselben vor-
zubeugen oder zu begegnen sei. 3) Ausschluß der dänischen Flagge
vom Zwischenhandel durch Differential-Abgaben. Dieß Mittel er-
ſcheint uns als das nächste, für den Augenblick leicht ausführbare
und gewiß zweckdienliche. Es bedürfte dazu nur der ganz einfachen
Anordnung, daß alle in preußiſche Häfen einlaufenden Schiffe, des-
gleichen dänische Güter, sei es auf eigenen oder fremden Schiffen,
zu ihrem Nachtheil einer höhern Abgabe unterliegen sollten, als die
unter nationaler Flagge anderer Völker eingehenden Schiffe und
Waaren. Um die Gefahr dieses Mittels für Dänemark zu berechnen
muß man wiſſen, daß die Frachtfahrt dänischer Schiffer
nach preußischen Häfen bedeutend und durch einen Differen-
tialzoll denselben ein eben so empfindlicher Schaden, als der natio-
nalen Flagge ein wesentlicher Vortheil zugewendet wird. Die ganze
Maßregel hängt mit der Einführung einer Navigations- Akie und der
Begzünſtigung des directen Verkehrs zusammen, welche die deutſche
Schifffahrt schützen und nicht mehr der beliebigen Concurrenz jeder
fremden Flagge Preis geben soll. Was Deutschland damit thun
will, beſteht in anderen Staaten bereits seit undenklicher Zeit und
iſt das erſte Gebot der Selbsterhaltung für eine ſich ausbreitende
Schifsahrt. Eben so würde unter den obschwebenden Verhältnissen
eine erceptionele Strenge gegen Dänemark wohl gerechtfertigt sein
und hat in der neueſten Handelsgesſchichte zahlreiche Vorgänge. Der
Untersſchiedszoll auf belgisches Eiſen in der Mitte des vergangenen
Jahres war nichts Anderes, als eine Repreſſalie für die Zurücknahme
.früberer dem Zollverein gewährter Begünstigung. Jedenfalls sehen
wir nichi ein, warum Druischland nicht selbſtſtändig und unabhängig
genug sein sollte, um jenen Schritt gegen Dänemark zu versuchen.
[Wäre Ergland, Frankreich, selbſt Oeſtereich so schwer bedrängt durch
den Sund,oll, wie die deuiſche Oſtſeeküſte, , sie hätten längst denſel-
ben Weg üngeſchlagen. Betritt übrigens erſt eine Macht diese oder
einen ähnlihhen Weg der Retaliation gegen den Sundzoll, so werden
bald andert nachfolgen, und dann muß Dänemark das wichtige
Interesse des Sundzolls dem noch wichtigeren seiner maritimen Exi-
ſtenz opfern. 4) Die Anlage eines Canals durch Schonen.

um frei zu werden von den .

* Mannheim, 7. Juli. Wir haben von der Ausweiſungdent-
ſcher Handwerker aus der Republik Ge n f und dem Fürſtenthum
N euenburg nach Schweizerblättern bereits vor mehrern Tagen
berichte. Dieſe Maßregel zweier Schweizer- Kantone gegen Bürger
des großen deutschen Bundes verdient in unserer Zeit, die ſo ſehr
nach freien flaats- und weltbürgerlichen Einrichtungen zu streben vorgibt,
in der aber im Widerspruche damit leider ſelbſt eine deutsche Macht, die
freilich auch die Oberhoheit von Neuenburg hat, einzelne Bürger eines
kleineren anderen deutschen Bundesstaates in ihrem Bereiche nicht ein-
mal vorübergehend duldet und ebenso einem hochachtungswerthen
Schweizerbürger, Hrn. Fröbel, weil er Bücher, die nicht unter deut-
scher Censur erſcheineu mögen, verlegt, sofort die Thüre weist, in vielfacher
Beziehung um so größere Beachtung, als durch derartiges Verfahreu, wenn
es wirklich nach Art unsrer vielen bedauerlichen Ausnahmsgesetze zur
Regel geworden iſt, die alte durch Verträge geheiligte und zur Völ-
kerſitte gewordene Sicherheit des Verkehrs von Grund ars zu zerſtö-
ren geeignet iſte Wir geben daher zu aufmerksamer Würdigung hier
gerne eine Mittheilung unseres Correſpondenten aus Lauſanne, der
insheſsondere über das Benehmen der deutschen Handwerksburſchen in
der Schweiz gut unterrichtet iſtz er ſchreibt :

„Lausanne, 3. Juli. Ich habe Ihnen nichts über die ſchmach-
volle Avstreibung der deutschen Arbeiter aus Genf geschrieben, weil
mich meine Freunde überredet hatten, es sei im Intereſſe der Miß-
handelten selber über diese Sache kein Aufhebens zu machen, „es werde
ſich doch Niemand, als etwa die Polizei, dieser Leute annehmen, wo-
zu also Berichte einsenden, die Niemanden nützen, wohl aber Manchem
ſchaden könnten u. s. w." —~ Vor einigen Tagen ſind in Folge eines
nicht minder ſchmachvollen Mißbrauchs der Gewalt an 50 deutſche
Arbeiter im Kanton Neuenburg, wie Verbrecher geſchloſſen, in die
Befängniſſe und über die Grenze geſchleppt worden. Ich würde viel-
leicht auch diesmal geſchwiegen haben, wenn ich aus Ihrer und an-
dern Zeitungen nicht ersehen hätte, daß man sich dermalen in Deutſch-
land der Ungerecht-Verfolgten allerdings anzunehmen geneigt iſt. Se-
hen wir alſo was Deutsſchland, ja Deutſchland, gegen die
Mißvandlungen seiner Angehörigen durch tie s. g. Republiken Genf
und Neuenburg erwiedern wird. Daß die Mißhandelten Arbeiter sind,
wird doch hoffentlich keinen Unterſchied machenz ~ und in ſolchen
Rechtssachen wird doch hoffentlich kein Ansehen der Person gelten!
Traun! das wäre weder national noch liberal! Das wäre nicht
einmal christlich. „Was ihr dieser Geringſten Cinem gethan hatt,
das habt ihr mir gethan- : ſollte die deutſche Nation ſagen. Man
höre also gefälligſt :

Um die bodenlose Gewissenloſigkeit der welschen Doctrinäre zu
durchschauen, müſſen wir einen klaren Rückblick auf die deutschen Ar-
beitervereine in der welsſchen Schweiz werfen.

Die A. A. Ztg. hat es ſriner Zeit berichtet, wie der gesunde
deutsche Sinn des s. g. jung - deutschen Vereins in Genf vor einigen
Jahren einen §. (den s. g. Maulkorbartikel) gegen die freie Diskus-
ſion der socialen Frage abfaßte, wie 6 Mitglieder wegen Uebertretung
dieſes §. ausgeſtoßen wurden, und wie dann 30 andere Mitglieder
aus dem Urvereine (den indessen der Stister d:ſſelben, Hr. Weizel,
damals längst verlassen hatte) austraten und den s. g. Bildungsver-
ein gründeten. Dieser Verein, deſſen Mitglieder keines.vegs Alle So-
cialiſten oder Kommunisten, wohl aber Alle Freunde der freieren Mei-
nung waren, reichte im Herbſt 1842 dem Departement der Juſtiz
und Polizei seine Statuten ein und bestand seitdem kraft des auch den
Fremden in Genf gesetzlich garantirten Aſſociationsrechtes.

Warum ſind die Mitglieder dieſes Vereins wie Verbrecher qus
der Schweiz getrieben worden ? So wahr als ich lebe: Aus kei-
nem andern Grunde, als weil diese Austreibung von
der in Genf herrschenden doctrinären Partei als ein
Mittel betrachtet wurde, ihre für den Augenblick wan-
kenden Seſsel aufs Neue zu befeſtigen.

_ Man hat es in Deutschland lange nicht glauben wollen, daß die
franzöſiſchen Docirinäre fähig gewesen seien, im Moment miniſterieller
Krisen Aufstände zu provoziren und zu „unterdrücken,, um einem

vehrbaxen Publiko" an solchem Manöver ihre ſstaatenrettende Geschick-
keit und Nothwendigkeit zu zeigen. Dieser Unglaube macht den Deut-

ſchen alle Chre. Hätten ſie indeß diese Partei, deren einziges Herrſch-


 
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