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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 31 – No. 57 (1. Februar - 28. Februar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44007#0139

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ksſſe des Staates nicht so

Nbonnement mit vier-
telfähr. Vorausbezablrng
in Mannheim 1 fl. 15 kr.,
durch die Poft bezozen im
Ü GU Z
ad e n 2. fl. n „tt
Ausland erhöht ſich das
Abo..nement um den Poft-
sufſchlag.

Mittwoch | -



Ins er ate die gespaltene
Zeile in Petitſchrift oder
deren Raum 3 kr. Jnſe-
rate, worüber die Redak-
ZU .. kion Auskunft zu ertheilen
Z + hat. die Zeile oder deren
, Raum 4 kr. – Brixte
und Geld erbittet man
franco.

Ui...

1815















+ Karlsruhe, 26. Januar. (Fortsetzung von Rindeſchwender's Bericht.)

Es iſt derzeit vie ganze Polizeiſtrafgewalt in den Händr1 der Admini-
ſtrativbeamten, vie bis zu vier Wochen Gefängnis erteunen, und Geloſtrafen
bis zu 150 fl. aussprechen. In der eigentlichen Adminittratiojuſtiz befinden
ſich uberdies mehrere Gegenstände, welche nicht nur an jſich und völlig unbe-
ſtritten und unbejſireitbar zu den eigentlichen Juſiizsaryen vor Erricht gehören,
sondern auch zugleich rückſichtlich der Wichtigkeit die allergrößten Geldbeträge
erreichen fönuen; wie z. B. Streitigkeiten uber die Erfullung von Berträgen,
vie zur Aufführu1z öffentlicher Bauten zwischen Privatpersonen und zwiſchen
Staat oder Gemeinden anderfeits abgesſchloſſen werden. (Organisationsedikt
von 1809. D. g. 8 a. j ; “iw

Wenn also, um in einem eoufreten Falle zu reden, über die Errichtung
jener Brücke, welche die Stadt Mannheim uber den Reckar erbauet und die
zu 25,000 fl.. angeschlagen iſt, Streit zwiſchen dem Unternehmer nes Baues
und der Start Mannyeim entſteht, so haben über dteſen in das Wohl nnd
Wehe des Bauunternehmers und ſetbft in den Wopljſtano der Start Mann-
heim tief eingreifenden Streit nicht die Gericpte, soaderu Verwaltungsveamte
zu erkennen, Mäuner also, bei denen eine unabyangige Stellung im Staate
hei dem jetzigen Stande der Geseßgevung ebenso noriywenopig iſt, als bei den
eigentlichen MRichtetu, deren Fuuction so oft von ihnen uberuonuren werden
mus.

Würde aber auth scüher oder später derlei Cognition ver Adminiſtration -

abgenommen und den Gerichten überwieſen, so blieben noch immer o viele
uud so gewichtige Gegenſtäude der Verwaltung zur Entscheiduug anheimge-
ſtellt, daß auch ihretwegen eine feſte Stellung dieser Beainten tun wohlver-
ſtaudenen Jntereſſe ver Staatsbürger begründet ijt. j .
§. 3. Jprer Comniuſſion iſt zwar das völlig entgegengefeßte Syſtem nicht
unbekannt, welches in England, Frankreich und Nordainertita bejſteht, und 10-
nach Adminiſtrativbeamte rein absſeßbar undo unbedingt abhängig ſtind; allein
es sollte aus besondern Gruuden dieſes Syſtem in Baden nuxt ſfanctionirt
werden, so wie es auch in vieſer Ausdrpnung bei uns noch nie veſtanden pat,
noch besteht. ' ; ; j
Der Hauptgrunr nämlich, den man für vie völlige, unbediugte Abhät-
gigkeit dex Staatsdiener von den Miniſtern anfuyrt, wird darin gefuudeu, das
haructh allein vik Verartwortlichkeit ves Miniſters fur alle seine Haudolungec
gegenuber dem Lande und den Kammern möglich seie, daß daher dieſe Die-
ner absolut an seine Befehle gebunden sein musten, wenn er deren Handlung
vor den Kammern vertreten und mit eigener Verantwortlichteit dafur ein-
ſtehen sole. Allein dieser Grund iſt nur scheinbar und purchaus unrichtig.
Wenn nämlich die Verhältniſſe im Staate durch Gesetze einmal regulirt judo,
wenn alle Zweige der Geseßgebung ausgebildet sind und ihre Rorin erhalten
haben, so kann die Verantwortlichkeit des Ministers neben der unabhängigen
Steliung seiner Unterbeamten beſteben, weil das Handeln der Beamten uarh
Dronung und Geses die Berantwortlichkeit des Miniſters nicht gefahrden
l’ann. Ueberbauxt soll dieſe Verantwortlichkeit im woolverſtandenen JZuter-
ſo weit gehen, um den Miniſter zu ermächtigen b Be-
sſehle zu Handlungen in entgegengesetter 9tichtung erlaſſen zu durjen; noch
soll in der Verantwortlichteit oie Bervflichtung lregen + geletzwidrige Hand-

lungen der Beamten in der Kanuner zu vertheidigen, was leider hie uud da

vorkam, woruber aber die Kanuuern ſicherliev dem Minister ſschiechten Dank
wiſſen, und nur wunſchen köuuen, derartige Beamte öffentlich in tprem Be-
'nepmen verläugnet zu ſehen. !

Uebervies hat das System die größten Uebel in feinem Gefolgez - Uebel,
welche als wahre Krebsſchaden auf den Burger drucken und weitaus die Bor-
theile einer geträumten Verantwortlichkeit uberwiegen. ~ Die Beamten nâm-
lich, die bei jeoem Miniſterwechſel ihres Dienſtes wieder entlaſſen wecden,
henußen die kurze Zeit ivrer Auſtelung zum Zwecke der Bereicherung z ihr
Dientt muß iyuen das nächſte Mittel zu unerlaubtem Gewerbe werden, der
zulegt sv habitueil wird, das er nicht mepr auffällt. Dies fuyrt neben dent
Umftande, das auf Koſten der Bürger und des Staates. so ubel gehaust
wird, zu einex Demoralisation, die iyre verderbliche Wirkung und Berzwet-
gung ug privatrechtlichen und öffentlichen Verwattungsarten nachpalttg
vwrrpflanzt.

î Es ſteht mit diesem Nachtheile ein weiteres Uebel in nächſter Verbin-
„hung, das nicht geringer anzuſchlagen iſtz + es wird ſich namlich Niemand
inehr dem Staatsdientte ausschließlich in der Art widmen, dap er durch lange
und koſtspielige Vorſtudien und lange praktische Uebung auf den ktunftigen
Dienſt ficy vorbereitet, darum auch ſehr oft unter der Perrſchaft dieſes Sy-
ems Beamte getroffen werden, die von dem Dieuſte selbſt, welchem sie auf
Einige Monate vorſteben „um ihn für denselben Zeitraun eyesſtens einem An-
dern abzutreten, kaum eine genügenve Kenntniß haben –~ was abermal rer
Burger trägt und mit schweren Opfern büst.
' "tete Betrachtuugen werden hinreichen, ein Syſtem beibehalten zu wün-
fegen , welches seinen Hauptzügen nach von teyer in Deuiſchland und insbe-
sondere in Baden beſtanden hat, von dem auch das Dieneredikt vom JZayre
{819, das beide Claſſen der Staatsdiener nach gleichen Regeln behandelt,
susgergangen iſt, und welches nicht zu beseitigen, ſondern auf feſtere Grund-
agen zurucizufuhren die Absicht und ernſte Aufgabe sein muß.

Dieses Dieuerediktt vom 30. Januar 1819, Regieruugsblatt Nr. 4, hat
un ructsichtlih aller Arten von Staatsdienern in Bezug auf die Sirherbeit
{37..tte, Unabhängigkeit iprer Stellung gegenuber der stegierung Folgendes
' f cht : f ;

: !. alle Tivilſiaatsvienſte bis zu ven Kanzliſtenvienſten abwärts ſind in
der Regel nach funfiähriger Dienſtleiſtung des Dieners unwiderruflich;

. Hecker die Regierung auf den unge

TSE? ? czz::4

2. die Zuruhesetßzung kann nur unter Beroikligung des in diesem Geſete
beftimmten Ruhegehaltes,

3. die Entlaſſurg im adminiſtrativen Wege nur wegen eigener Schuld
des Dieners und unter deu in tieſer Verordnung feſtgesetzten Ve-
dingungen, und ferner

4. eine Dienſtentsetuug nur durch richterlichen Syrurch fkatt finden.

. Eine Versetzung von einer Stelle auf eine andere kann jederzeit ver-
fligt werdét1,
fetzung im

Man sieht aus
gemeinen



jedoch ohne Verkurzuug des Gehalts und ohne Zurück-
nge. -
dicsen geseglichen Beſtimmungen, daß das Gesetz im Al-
die Absicht hatte, fur eine behagliche Stellung der Staatsdiener
Sorge zu tragen, das aber die Hauptsathe -vie wirkliche Unabhängigkeit
nirgends ausgesprocheu wurde. § j
Gesetzliche Beſtimmungen viefer Art find svonr Standpunkte ves allgemei-
nen Staatsintereſſes aus eher nachtheilig, ais vortheilhaſt, weil sie, indem ſie
dem Stande der Staatsdiener eine gewiſſe behagliche Stellung zusiyern, den
Andrang zum Staatsdienſte und n nach Saatsdienſten erzeugen und
befördern, ohne ven Vortheit zu 1, welcher im Intereſſe ver Bürger
und aller übrigen Staaisangel t — den Bortheil der Unabhängig-
f gute Ausübung ſeines











keit des Staatsdieners, als der Bürgschaft für die

Dienſtes. (Foris. f.)

Karlsruhe, 2. Februar. 141. Sitzung machte der Abgeord.
z auf .ren Nachtheil aufmerksam, welcher ei-
nem großen Tyreile badischer und deutscher Burger vadurch zugrthe, daß der
große Rath zu Luzern kürzlich beſchloſſen habe, daß alle Forderungen in- und
auslänvischer Creditoren den Kosten, welche die ganze Luzerner Oceupation
veranlast habe, nachſtehen müßten, + und ersucht vie Regierung geeignete
Schritte deßhalb zu thun.

Welcker und Mathy uuterſtüßten den Rerner und Lettterer wies var-



gauf hin, daß bei. der nächftens zuſammentommenden Tagfatzung der badiſche

Gesandte Gelegenheit haben werre, einen grosen Theil der übrigen Caytone
in ihren gleichen Beschwerden zu uuterſtütten und zweifelt nicht, daß die Lu-
zerner Regierung zur Nachgiebigkeit gezwungen werden würde.

Blankenhorn - Krafft. erläutert, er habe von dem Miniſter
des Auswärtigen die beruhigende Zuſtcherung erhalten, daß die Rechte
oer badiſchen Staatsbürger in Beziehung fkraftig geſchüht werden
wurden. Staatsrath Jolly erktärt gleiwfalls, daß die Regierung
aue thr zu Gebot ſtehenden Mittel aufbieten werde, um einen Scha-
ven von ihren Angehörigen abzuwenden.

Derurutfchla:D.

Berlin, Ende Januar. (Bresl. Ztg.) Das neue, iiach dern
penſylvanischen Zellensy stem eiagerichtete Gefängniß dürfte
kaum zur Vollendung kommen. Man hat bercits den Bau eines
aud ern Gefänguiſſrs begonnen, in dem nach meuſch lichen Prinzi-
pien die Beſſerung der Berbrecher versucht werden soll. Man ſieht,
nach den Erfahrungen, die in Frankreich gemacht worden, die Ein-
führung des Zoölisyſtems als eine grofe Härte an, deret
Folgen gar nicht zu berechnen sind. Es dürfte schwer sein, das
richtige Berhältniß zwischen den natürlichen Anforderungen der Mett-
ſchenlicbe und dem Charakter ver Sträflinge herauszurechnen. Die
Einsamkeit in der Gefangenſchaft ertödtet den Menſchen, ſte
vernichtet ihn geistig und körperlich, und um so mehr, je

weniger er einer geiſtigen Erhebung fähig, die dem Menſchen von

Charakter, von ruhigem Gewisſſcn, von Bitdung, die Einsamkeit
minder einsam sein läßt. Dies iſt die einſtimurige Ansicht aller De-
rer, die nicht von dem theoretiſchen Gesichtspunkte der Criminalistik
aus , sondern da, wo Erfahrung tie beſte Auskunft geben kann, die-
s:s Thema geprüft haben, in -- den Gefängniſſen. Unterwerft die
Berbrecher dem Zellenſyſtem, verurthcilt sie, jedes Troſtes in der
Gefangeuſchaft verluſtig zu geven, ſchließt sie in eine absolute Einſam-
keit ein, und nach wenigen Jahren werdet Jyr nur zwei Arten Ge-

fangene haben: rasend Berrückte und ſtumpfsinnig Berrückte!

Frankfurt, 23. Januar. (Magd. Ztg.) Unsere Handwerker
können es immer noch nicht verſchmerzen, daß der Zollanschluß ihnen
die Konkurrenz mit den auswärtigen Handwerkern, namentlich mit
denen der Umgegend — die früher keine Arbeit in die Stadt bringen
durften - brachte. Statt nun abrr durch größere Anstrengung, bil-
ligere und dvch vollkommene Arb:iten dieſe Koncurrenz zu beſteyen
und zu beseitigen, verharren unsere Handwerker ~ wenigſtens ein
großer Theil — in Klagen über Nayrungsloſigkeite. Nachdem ſie


 
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