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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 117 - No. 145 (1. Mai - 31. Mai)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44007#0605

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A 143.



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vurch die Poft bezogen im @ ]|a
ELENA.
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aufschlag.

| Donnerstag



29. Mai

Infseratedtegeſpaitens
Zeile in Petitſchrift oder

hat, die Zeile over deren
Raum A kr. + Briess
und Gely Zelſet un

1845

annheimer Abendzeitung.







Deutſchland.

§§ Mannheim, 28. Mai. Wir fahren fort, Thatsächli-
<es über y. Itſtein's und H ecker's Verweisung aus
Preußen hier zu geben: He

>29 Berlin, 23. Mai. Ich habe Ihnen heute eine sehr sonder-
bare Nachricht mitzutheilen. Vorgeſtern Abend ſind v. JItz stein und
Hecker bier angekommen und heute früh iſt denselben von Seiten der
hieſigen Polizei der Miniſterialbefehl mitgetheilt worden, daß sie
nicht nur. Berlin, sondern auch Preußen sofort zu ver-
lassen hätten. Sie thaten natürlich dagegen Einspruch und ſchick-
ten sogleich zu ihrem Gesantten, damit dieser sie gegen ein solches
Verfahren ſchüte. Aus deſſen Hotel wurde indessen gemeldet, daß der
Herr Gesandte ihnen gewiß sehr gern dienen werde, aber erſt um 8
Uhr aufzuſtehen pflege. Der erſte Zug der Leipziger Eisenbahn fährt
früh um 7"., Uhr, die Polizei beſtand darauf, daß ſie mit diesem ab-
führen und sie waren daher genöthigt, sich um diese Zeit nach der
Ciſenbahn zu begeben und nach Leipzig, woher ſie erſt gekommen,
zurückzukehren. Als der Gesandte in dem Hotel de Brandenbourg,
wo ſie gewohnt, erschien, waren sie bereits abgereiſt. Dieser Vorfall
érregte natürlich, sobald er bekannt. geworden, Aufsehen und
inan wünſcht, daß näpere Aufklärungen darüber gegeben wer-
den. So viel man weiß, beabsichtigten beide badische De-
putirte durchaus nicht, ſich hier in ihrem öffentlichen Charakter zu
zeigen, sondern nur durch Berlin zu reiſen, um mit Hoffmann von
Fallersleben zufammenzukommen, und dieſem nähere Nachrichten über
veſſen beabſichtigte Niede.laſſung in Baden zu geben *). Wenn die
Regierung alſo von der Reiſe der beiden Deputirten etwas erfahren

hatte. sd mußte ſie auch wissen, daß die Anwesenheit derfelbéer vurch- +

aus zu keinen Demonstrationen hätte führen können.

. ~ Cin Ereigniß, deſſen Veranlaſſang und Zweck man vergeb-
lich zu enträthseln sucht, denn es iſt ein polizeiliches, beschäftigt in
dieſem Augenblicke die Gemüther unserer Stadt. Am 21.1. nämlich
waren die badiſchen Abgeordneten Hecker und v. Itz stein hier ein-
getroffen, um sich nach einem kurzen Aufenthalt von hier nach Stettin
zu begeben. Die berühmten Volksvertreter, denen die Sympathien al-
ler Gegenden und Volksſtän me Deutschlands zuflogen, machten hier
jede Demonſtration. durch solch ftille Zurückgezogenheit unmöglich, daß
ſelbſt genauere Freunde Nichts von ihrer Ankunft erfuhren. Um so
mehr wurden alle Kreiſe durch die Nachricht in Staunen versetzt, daß
Hecker und der mehr als 70jährige vu. Itzſtein (ohne Polizei-Beg lei-
tung) die Stadt haben verlaſſen müſſen und zugleich die Weiſung erhal-
ten hätien, das preußische Gebiet nicht wicder zu betreten. In der That
waren die beiden Fremden geſtern in grauer Frühe, Morgens um 5
Uhr, von dem Polizeiinſpector Hoffrichter geweckt worden, demſelben,
welcher Herwegh dei ſeiner Abreise das Geleit gab. Herr Hoffe
richter theilte ihnen (mündlich, ohne Vorzeigung ) ein Miniſterialre-
ſcript mit, wonach
Antwort, daß sie nach Stettin ſich wenden wollten, verkündigte ihnen
der Polizeibeamte. daß dieß nicht angehe, und daß ſie sogleich Alles
zur Rückceise nach Leipzig zu ordnen hätten. Hr. y. Itstein begab
ſich nun zu dem badischen Gesandten, wurde aber der frühen Stunde
wegen nicht vorgelaſſen. Später
der Verwiesenen mitgetheilt, daß ein Einſchreiten von seiner Seite in
viesem polizeilichen Falle Nichts habe helſen können. (Fr. J.3
. Leipzig, 24. Mai. (Fr. J.) Die beiden aus dem preußi-
ſchen Staate in so überraſchender Weise verwieſenen badiſchen Abge-
urdneten v. Itſtein und Hecker beabsichtigte man hier in Leipzig
durch eine Festlichkeit zu ehren; da ſte aber ſo unerwartet zurückka-

men, mußte dieß unterbleiben, und nur die Studenten, unter dene
auf dem nächſten Zollcongreſſe zu ſtellenden Anträge hat zwar utſſere
Regierung k.in sogenanntes mercantiliſches oder induſtcielles Parla-
[ment zuſammengerufen, wie dich in Preußen der Fall war; ſie hat
—sîch aber zu dicſem Zweck die Gutachten der Handelskammern der G

sich die Nachricht ſchnell verbreitete, erschienen zahlreich an der P oſt
und brachten den so unfreiwillig ſchnell in die Heimath zurückkehren-
z)en Patrioten ein feuriges Han. . gurt
„,,z,19 Berlin, 24. Mai. 11. Glaser (Privatdocent an der Uni-
Lentät) hat eine äußerſt emphatiſche Schrift für vas Schutzzollſyſi.m
sg ! 1 Wie unsere keſer aus unseren geſtrigen Mittheilungen entnehmen kön-
Tru eriht dieſe Angabe gquf einer Berwechfelung ver Person von Hokf-
Man's von Fallersleben mit der yes vorinaligen bab. Abasor ane ken Weh.
y; y ! dong. segenwärtig Zolvereinsssmmissär in Stettin, welchen
!n und He > er beſuchen wollten. U .

ſlie augenblicklich abzureiſen hätten. . Auf vote

hal der Gesandte einem Freune

erscheinen laſſen. Das ihm dazu gelieferte oder aus Chevaliers
Vorlesungen gewonnene Material ist nicht übel, die philosophische
Vertheidigung der Schutzzölle dagegen se hr komisch. Die Handels-
freiheit ſoll nach ihm Unsinn und die Einschränkung derselben allein
vernünftig sein. Die Freiheit soll zur Willkürherrſchaft der Tyrannei
führen, und nur die Cinſchränkung derselben ihren wahren Genuß
verbürgen. Der Handel soll nur um der Induſtrie willen da sein
und sich nur so weit ausdehnen dürfen, als diese es ihm geſtattet.
Das iſt grundfalſch. Der Handel . iſt ein eben so berechtig-
tes Clement als die Induſtrie, und die Wohlfahrt der Völker
beruht ebenso auf ihm, wie auf jener. Ja auch die Jaduſtrie kömmt
duxch ihn erſt zu ihrem wahren Rechte, wenn er frei iſt, denn nur
daun kann sie ihre vollen Kräfte entfalten. Thut sie dieſes, sſo wird
ſie freilich auch das Ausgleichungsmittel für die übrigen Völker fin-
den, sperrt fie ſich von diesen aber durch Schutzölle ab, so fixirt sie

ſich und ruinirt den Handel, fügt alſo ihrem Lande zwei Nachtheie

auf einmal zu. England iſt durch die Schutzzole allerdings reich
geworden. England war auch durch seine Lage zur Beherrschung des

Welthandels beſimmt. Und um welchen Preis hat sie diesen erunn.

gen! Es hat die Hälfte seines Volkes in die elendeſte Sclaverei ge-
ſtürzt, welche die Geschichte kennt. Niemals hat es solche Armuth
neben solchem Reichthum gegeben. Das sind die wahren Folgen des
ſtrengen Schutzzollſyſems. Für diese wollen wir uns bedanken.
Wix wollen kein Induſtrieſtaat werden, wie England, sondern nux
ſo viel produziren, als wir vredürfen, und unsere Produkte nux
ſo viel ſichern, als sie gegen die Spekulati ons wuth der
Engländer sicher gestellt sein müssen. Ja auch diese Zoll-

Ö krſibung rarf uns nur Mittel zu rinem größeren Zweck sein, eine

Stufe zur Handelsfreiheit. Wir dürfen England dadurch nur zwin-
gen wollen, gerecht gegen uns zu sein und unseren Geireiden die Ein-
fuhr zu gewähren. ~ Herr Glaser kernt indeſſen keine andere, als
die Lokal- Wohlfahrt der Völker. Ihm iſt die Vereinigung derselben
zur Sache der Menschheit eine Lüge der Geschichte." Da dürfen
wir uns kenn freilich auch nicht wundern, daß er die Handelsfrei-
heit nicht begreifen kann. — !
~ 22. Mai. (Fr. J.) Gestern fand abermals im Thiergax-
ten ein Corso ſtatt, der reicher besucht war, als einer der früheren.
Wie es heißt, sollen diese Versammlungen der Aristokratie und rei-
chen Bourgeoisie, welche letztere übrigens sowohl an Pomp als an
Zahl der überwiegende Theil iſt, den ganzen Sommer hindutch ſtatt-
haben. Was man damit bezweckt, iſt nicht abzuſehen. In Paris iſt
die Vongchamps-Fahrt nur an einem oder zwei Tagen des Frühlings
und gibt hier die Moden an. Der Berliner Corſo scheint nur den
Zweck einer Verherrlichung der Bourgeoisie zu- haben, denn ohne
dieſe würde die Aristokratie auf vielleicht zehn Equipagen reducirt
ſein. ;
— (Magdeb. 3.) Edgar Bauer hat am 21. d. zum erſten Malt
Besuche in der Hauevoigtei empfangen dürfen. Was die Urſarhe
ſeiner plötzlichen Verhaftung gewesen sein mag, darüber iſt man noch
immer im Ungewiſſen; ein Berhör ſcheint er noch nicht (?) ge-
habt zu haben. : | iss
„ NRöönigsberg, 14. Mai. (Schl. Z.) Zu dem Poſten eines
Bezirks-Censors will ſich noch immer kein taugliches Subject finden,
und es wird die Besetzung dieſes Poſtens um ſo ſchwieriger sein,
als laut eines Reſcripts des Hrn. Minifters des Jnuern zur. Annahme

deſselben keine Zwangspflicht für die Adminiſtrativ. Beamten vorliegs.

sondern nur von ihrem Patriotismus (!) Bereitwilligkeit dazu

vorausgeſett wird. / . tii ;
München, 23. Mai. (Frankf. O.-P..-A.-3.) Bezüglich dex

Kreiſe eingeholt. Wie diese Gutachten ausgefallen sind, bas bleibt

nun freilich vor der Hand Geheimniß; nach der im Lande herrſchen-
den Stimmung aber, namentlich unter dem Fabrikſtande, aus welchem

jene Handelskammen zur Hälfte zuſammengesetzt ſind, zu fchließen,
dürften sich diese Gutachten wohl ebenfalls für einen größern, resp.
beſſern Schutz der inländiſchen Induſtrie ausſprechen Daß ſich auch


 
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