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Mannheimer Abendzeitung — 1845

DOI Kapitel:
No. 117 - No. 145 (1. Mai - 31. Mai)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44007#0509

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Montag

1845





Deutſchlarsb.

(©) Darmſtadt, 2. Mai. Der Abg. Köster hat nun den
von ihm angekündigten Antrag, „die baldige Vorlegung einer neuen
Criminalprozeßordnung" betreffend, gestellt. Im Cingange bemerkte
er, daß, wenn die Gerichtsverfaſſung und Prozcßordnung erſt nach
Einführung des Strafgeſetzbuches (was eingesührt iſt)h, und des Ci-
vilgesetibuches (wovon erſt das Persvunenrecht vorgelegt, bis jetzt aber
durch die Stände nicht berathen wurde), in's Leben treten sollten, die
neue Gerichtsverfaſſung und Prozeßordnung vor den ersten 12 bis

15 Jahren gar nicht zu erwarten, ja es leicht möglich sei, bis

zur Einführung des letzten Theils der Geseßgebung noch zwei
Jahrzehnte verſtreichen zu sehen. Dieser Termin aber sei, selbst
im günſtigſten Fall, zu lang, als daß nicht, im Hinblick auf den
mangelhaften Zuſtand des Criminalverfahrens in den beiden ältern
heſſiſchen Provinzen, eine Abkürzung desselben als dringendes Bedürf-
niß sich darſtellen sollte. Die großen Gebrechen des tiesseitigen Cri-
minalverfahrens könnten hier nicht näher ausgeführt, sondern nur an-
gedeutet werden. Es gehörten tahin namentlich: die Verwerflichkeit
des dem geheimen Unterſuchungsprozes zu Grurde liegenden Prin-
cips, die Ungewißheit des größtentheils auf Praxis und Dodctrin
beruhenden Rechtes; der Mangel an hinreichend bestimmten poſitiven
Vorschr ften über die Voraussetzungen der Verhaftung und von Dis-

ciplinarſtrafen, die fortwährende Anwendung der körperlichen Züchti-

gung als Diseciplinaiſtrafe, die ausgedehnte Competenz der Cinzel-
richter, der höchſt mangelhafte Zuſtand der Beweistheorie, nament-
lich bezüglich des jeder Regelung entbehrenden und bei ſchriftlichem
Verfahren ohnedieß so gefährlichen Indicienbeweises, und endlich die

totale. Verwerflichkeit der particularrechtlichen Grundsätze über die.

Rechtemittel, insbesondere die exorbitante Beschränkung derselben.
Keinem Unbefangenen könne es entgehesz, setzte der Antragsteller hin-
zu, daß diese Mängel die Erreichung des Zwecks des Criminalver-
fahrens – Ermittelung der Wahrheit – aufs Yeußerſte gefährdeten,
daß ein solches Verfahren gegen Willkür keine genügend schützenden
WBarantien darbiete, daß daſselbe mit den humanen Grundsätzen un-
ſeres neuen Strafgesezbuches in Widerspruch stehe und daß gerade
dieſer Theil des Rechts, bei welchem es um die höchſten Güter des
Menſchen ſich handle,
möchte hiernach dringend nöthig erscheinen, bezüglich des Criminal-
prozeſſes, der überdieß an das bereits in Wirksamkeit getretene Straf-
geſsetbuch am Natürlichſten ſich anreihe, die anf dem Landtag von
1896 bestimmte Rangordnung in so weit zu verlaſsen, daß dessen
Verabſchiedung und Einführung nicht bis dahin, wo das bürgerliche
Geſcetbuch ins Leben getreten sein werde, verschoben, vielmehr dieser
Theil der Codification, jedoch ohne Unterbrechung der civilrechtlichen
Geseigebungsarbeiten, alsbald in Angriff genommen und möglichſt
raſch vollendet würde. Nach noch einigen Ausführungen über die
die Zuläſſigkeit dieser Maßregel trop der im Jahr 1836 feſtgeschten
Rangordnung folgt dann der Antrag: „Die Staatsregierung zu
erſuchen, die Criminalprozeßordnung und insoweit nöthig auch die
Gerichtsverfaſſung alsbald entwerfen zu lassen und bald thunlichst,
wo möglich schon auf dem nächſten Landtag, den Ständen vorzule-
gen.» CGewiß hat dieser Antrag, nach der Ansicht des Schreibers
dieser Zeilen, sehr viel für sich, insoweit nämlich, als er nur zu
richtig den beklagenswerthen Zuſtand der diesseitigen Criminalgerichts-

verfaſſung schildert. Aber gegen die daraus gezogenen Folgerungen

und daran gereihten Bitten wird sich voraussichtlich sowohl von Sei-
ten des Miniſteriums und der miniſteriellen Seite, als von Seiten
der Liberalen, insofern dergleichen noch da sind, und jedenfalls der
meiſten Rheinhessen, eine ſtarke Opposition erheben. Das Ministe-
rium nämlich wird, wie vom Minißsterialrath Breidenbach als Re-

gierungecommissär in öffentlicher Sitzung der zweiten Kammer bereits
angedeutet worden, auseinander zu setzen bemüht sein, daß es unzu- .

läſſig, daß es unnöthig sei, an jener Reihenfolge etwas zu ändern,
und die minisſtexielle Seite ſchließt sich voraussichtlich diesen Ausfüh-

rungen an. Was. aber die etwaigen Liberalen betrist, ſo können

Dieſeunmöglich wünschen, einen Zeitpunkt beſchleunigt zu sehen, wo zwar die

beiden ältern Provinzen wohl etwas Besſſeres erhalten, als sie bis-
her batten, aber dafür die wiſenilichten Modificationen in der bis-
herigen rheinischen Oeffentlichkeit und Mündlichkeit einireten. Kein ]

3. Mai

vor den übrigen eine Reform bedürfe. Es

sätze vorſchlägt :

Liberaler kann dieß wünschen. Kein Liberaler kann eine solche Durch-
ſchniits - Offfentlichkeit und Mündlich" it, ein solches Accordirthaben
zwisches Sein und Nichtsein derlet© ins Leben treten sehen mögen.

Insbesondere aber die Rheinhejſen, wenn sie auch keine Liberalen sind,

werden Bedenken tragen, ein solches Verhältniß zu beschleunigen.
Sie wissen, daß ihre Committenten es nicht mögen. Sie wissen,
daß die Hoffnungen ihrer Committenten hauptsächlich bisher darauf
gingen, die Sache komme doch nicht so bald zu Stande. Bis dahin
können noch manche Aenderungen eintreten.
Berlin, 26. April. Vorgestern war der Handelsstand zu einer
Sitzung versammelt, um über die aus den Gutachten der Jnouſtriel-
len abzuleitenden Prinzipien in Betreff der Zollerhöhungen, welche
der im Juli zu Karlsruhe abzuhaltenden Zollconferenz vorgeschlagen
werden dürften, zu berathen. Es erscheint wohl als eine ziemlich be-
gründete Annahme, daß wir eine Tariferhöhung der hier in Bera-
thung gezogenen Gegenstände, wie Soda, Baumrwollen- Leinen- Wol-
len- und vielleicht auch Se.den - Waearen für die Grenzen des Zoll-
vereins zu erwarten haben; man wird auf dieſer Bahn, hat man
ſie einmal eingeschlagen und will man nicht durch Inconsequenz Alles
verderben, weiter wandeln müssen und an den Purkt gelangen, der
auch von den eifrigſten Verfechtern des Schugtzollſyſtems als das
nothwendige Ziel hingeſtelt wird, nämlich zum Sy ſtem der
Prohibitiv - Zölle. Dies iſt die Consequenz, und sie iſt eine
ſiegreiche Macht.
So vermeint ein Correspondent der
dann fort: ;
In diesem Sinne hat ſich noch kürzlich der Kaufmann J. Ries
in einer Schrift: „Botanik. im Treibhausſe für Tagesfragen.'. ausge-
ſprochenz er knüpft an seine Vorschläge zu einem Prohibitiv-Syſteme
vie Aussicht auf den Anſchluß der Hanſeſtädte an den Zollverein.
Man fſieht, wie dem consequenten Syſtematiker Alles möglich wird.
Er fragt: Wie soll sich die Hansa dem Zollvereine anſchliceſßen? –
Darauf gibt er folgende Antworten: „|, Die Seehäfen als Curhafen,
Bremerhaven, Emden, c. würden zu Auslabungs - Püätzen beſtimmt
werden; Alles würde an diesen Orten gewogen und revidirt werden
müssen. Armirte Wachtſchiſffe wären an den Mündungen der Flüſſe
zu stationiren, von diesen müßten den von der See herkommenden
Schiffen Steuerbeamte bis zu den Ausladungeplätzen mitgegegeben .
werden. Bei Versendungen nach dem Auslande über Meer wäre eine -
gleiche Begleitung zu den Wachtſchiffen anzuwenden. Für alle aus
den Seehäfen, Entrcpots von Kaufleuten oder Privaten zu nehmen,
den Manufactur-Waaren wären die Steuergefälle sogleich zu erlegen;
für die Waaren, die zu den Messen in den Zollvereins - Staaten be-
ſlimmt sind, erſt nach Ablauf derſc.lben; dann aber müßten die un-
verkauften nach den Entrepots zurückzeliefert werden. Ferner wären -
vor dem Anschließen die Waarenbeſtände aus den Städten der Bei-
iretenden an die Entrepots abzuliefern, aus welchen die Hanſeſtädte
ſie zurückerhalten würden und für den Werth der darauf ruhenden
Zölle haften müßten. Die Nachſteuer fände demnach nicht Statt.
Zum Verkehr der freien Städte blieben tie Grent-Zollämter nach wie
vor im Statn quo. Die Fluß- und Transit- Zölle würden wegfal-
len. Der neue Staaten - Verein soll seinen immerwährenden Sit in
Frarkfurt a. M. haben, d. h. die neuen Gesetze scllen von den Bun-
destags-Gesandten ausgehen, die Tarife aber von den Fabrikanten -
und Kaufleuten unter deren Aufsicht gemacht, oder die beſtehenden -
revidirt und von den Gesandten sanktionirt werden.! Dies iſt ein
Stück Syſtematik ter erwähnten Schrift, welche das Prohibitiv-Sy-
ſtem predigt und nebenbei allerlei ergösliche Crfahrungen mittheilt,
welche der Verfaſſer auf scinen vielfachen Reisen und bei seinen Un-
ternehmungen, besonders aber über das Gerichtswesen verſchiedener
Nationen in Handelssachen versammelt hat. : z
Wie nahe oder fern einem solchen Syſtem unsere von dem Han-
delsamt zur Berathung gezogenen Induſtriellen stehen mögen; kann
man vielleicht aus einem Pro memori a abnehmen, welches einer
derselben hier drucken ließ und worin er unter Anderm folgende Tarif-
Für rohes Baumwollen-Garn, das jettt mit 2 Thlr.
pr. Ctr. beſteuert itt, 5 Thlr. pro Ctr., für rohes Leinen-
Garn wrll er den gegenwärtigen Zoll von !/4 Thlr. pro Ctr. auf
5 Thlr. erhöht wissen; für Zwirn von 2 Thlr. auf 12 Thlr., für

Weser - Zeitung und fährt


 
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