Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Mannheimer Abendzeitung — 1845

DOI chapter:
No. 268 - No. 298 (1.October - 31. October)
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44007#1155

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
A 272.

YUbonnement mitvier- s
teljähr. Vorausbezahlu n.

in Mannheim 1 fl. 15 kr.,
durch die Poft bezogen im
ganzen Großherzogthum
Baden 2 fl. 8 kr., im
Ausland erhöht fich das
Abonnement um den Poft-

aufſchlag.

Montag



Mannhe imer Abe ndzeitung. rü;

6. October

zulr;tgrgthrne
deren Raum 3 kr. Jnse-
rate, worüber die Redak-

Raum 4 kr. –~ Yriefs
und "t z!uu!! man

1815.



Bürger Leipzigs an den Landtag.

*#* Dresden, 29. Sept. JIn der heutigen Sitzurg der 2ten
Kammer wurde als eingegangen angezeigt: Petition Robert Blums
und nahe an 1200 anderer Leipziger Bürger: 1 ) um Erläuterung
des §. 89 der Verfaſſungs- Urkunde dahin, daß unter den daſelbſt be-
zeichneten Bundesbeschlüſſen, welche ohne Zustimmung der Stände
ſofort mit ihrer vom Könige verfügten Veröffentlichung im Gesetz-
und Verordnungsblatte in Kraft treten, bloß solch e zu verſtehen
ſeien, welche n icht etwa eine Auf h eb un g oder Sch mäl erung der im
Nönigreich Sachsen be ſteh enden R echts- oder Verfassung sv er-
hältnisse begreif en unddaß den St änden allein die Entſcheidung
darüber zukomme, ob in einem Bundesbeſchluſsſe eine solche Au f-
bebung oder Schmälerung enthalten sei. 2) Um Erklärung der
Ungültigkeit und Nichtverbindlichkeit der geh. Wiener Konfercnzbeſchlüſsſe
vom 12. Juni 1834, soweit von ihnen verfaſſungsmäßige Rechte beein-
trächtigt würden. 3) Um endliche Erfüllung der im Ark. 13
der Bundes akt e und im Art. 54 der Wiener Schlußakte
erth eilten vertrag smäßi gen Zuſicherungen von Sieiten
derjenigen deutschen Staaten, welche jenen Zusicherungen noch
n icht nachgekommen sind. 4 ) Um Aufrechthaltung der deut-
ſchen Volks1h ümlichkeit in denHerzogthümern Schl es wig-Hol-
ſtein. Lauenburg und der v e rfaſſungs mäßigen Rechte dieser
Länder. 5) Um Vorkehrung dahin, daß den aus Art. 18h. 1) d er Bun-
desakte und aus dem Grundsatze d er Einheit Deutschlands
mit Nothwendigkeit zu folgernden Rechten deuts< er Staatsan-
gehörigen (deutſches Staatsbürgerrecht) die gebührende An-
erkennung verschafft werde; 6) um Preßfreiheit, 7) um grund-
ſätliche Verbeſſerung des Wahlgeseßes. 8) um Vorlegung eines
Geseßentwurſss über das gerichtliche Verfa hr en in bürger li-
{en und in Strafsachen, gegründet auf die Grundsätze der
Oeffentlichkeit und Mündlichkeit, 9) um völlige Gleichstellung
der deutsch katholischen Kirche mit den bereits aufgenommenen Kir-
thengesellſchaften, 10) um Erhöhung der Gehalte der Volksschullehrer und
dießfallſige Unterſtütung unvermögender Gemeinden, 11) um Herab-
ſezung des sächsischen Bundeskontingents , Verpflichtung des Heeres
| je L ; ( er Dienstzeit.

z:f tt Gref uh ! Lezztgts er on Petitionen mit
den Bemcrken, daß er der diesfalls erhaltenen Veranlassung um so
lieber entspreche, als die Namensuntersſchriften so zahlreich und über
dies unter diesen viele der angesehenſten Bürger Leipzigs ersichtlich
seien, die in den Petitionen enthaltenen Fragen aber ihrer Wichtig-
keit wegen die reiflichſte Erwägung und Berücksichtigung erheiſchten.
Ihm trat der Abgeordnete H. Schaffrath (von Neustadt bei Stol-
pen) bei, indem er äußerte: „Der Inhalt der Petitionen zeuge von
wahrhaft deutscher Gesinnung der Petenten. Einer der wichtigsten
gt! ſei der 2. : die geheimen Wiener Konferenzbeschlüſſe von 1834
betreffend.
habe diese sich wesentlicher Beſtandtheile in Betreff ihrer, sowohl
an sich als nach §’. 2 und 4 unserer Verfaſſungsurkunde ohne

uſtimmung der Stände un ver äußerli;h en, Souveränität bege-
ben, habe die in der deutschen Bundesakte und in der wiener
Schlußakte von den deutschen Regierungen unwiderruflich, unabän-
derlich und absolut gebietend einander gegenseitig zugesicherte Selbft-
ftändigkeit, in Bezug auf innere ſtaatsrechtliche Verhältnisse, die
Staatsverwaltung und Gesetzgebung in innern Landesangelegenhei-
' ten und die verfaſſungsmäßige Fortbildung gehemmt, sich selbſt in
Bezug auf mehrfache Reformen, Institutionen und Garantien und
deren Einführung die Hände gebunden, und zu deren Verhinderung
' im Voraus auf einige Zeiten sich sogar vertragsmäßig verpflichtet,
da doch über jene Reformen und deren Einführung nicht Staats-
; verträge mit andern Regierungen, sondern nur ihr innerer Werth, Recht,
] pt Vernunft, die Zeit und das Bedürfniß des Volks entschei-

den sollten.
. Hierdurch seien zugleich die verfaſſungsmäßigen Rechte des
sächſ. Volks und Staates, als eines ſelbſtſtändigen und

hyuverainen (§. 2 und 4 der Verf.-Urk.], besonders aber die den

Ständen (in §. 8 und 85 der Verf.-Urk.) garantirten Rechte in
Bezug auf Geseggebung und Beantragung von Reformen und die

Durch die Zustimmung unserer Regierung zu ihnen

freie Ausübung derselben beschränkt worden, besonders auch insofern,
als die Regierung wegen jener geheimen Wiener Konferenzbesſchlüſse
nunmehr ſtändiſchen Anliegen auf jene Reformen nicht mehr ent-
sprechen könne, selbſt wenn sie dem sächſ. Volke mit der Zeit noch
so nothwendig würden. In Bezug auf die S5te Petition erinnert
N. Schaffrath die an mehrern neuerlich vorgekommenen auffälligen
Ausweisungen der Angehörigen deutscher Staaten aus andern Staa-

ten des deutschen Bundes,, besonders an die zweier hochverdienter

Männer aus Berlin und Preußen, v. Itzſteins und Heckers,
welche ganz Deutſchland und selbſt deutsche Regierungen tief bedauert
und gemißbilligt hätten; dennoch ahme die ſächſ. Regierung dies
Beiſpiel der preußischen Regierung, wie so vieles Andere, nach.
Diese habe neulich dem Gerüchte, daß ſie mehre Schriftſteller aus
Berlin ausweisen wolle, widersprechen und ihren diesfallſigen Be-
ſchluß widerrufen zu müssen geglaubt, die sächſ. konstitutionelle
Regierung aber führe jetzt eine solche harte und ungerechte Maßregel
in Leipzig gegen mehre der ruhig sf en Literaten, Buchhandlungs-
kommis und Maler aus, welche seit mehren Jahren ganz unbe-
ſcholten ſich in Leipzig aufgehalten hätten, und deren Legitimatio-
nen in der beſten Ordnung seien. Auf miniſteriellen Befehl sollten
jetzt ohne Urtheil und Recht, ohne alle Gründe und ohne alles
Gehör, 10 bis 15 solcher Unglücklichen aus Leipzig ausgewiesen
werden, der Verwendung der angesehenſten Bürger Leipzigs und
der beſten Zeugnisse ungeachtet.

Er hoffe, daß die Regierung diesen Männern, wenn nicht
Recht widerfahren, doch Mitleid und Nachsicht zu Theil werden laſ-
sen würde. Endlich müſse er rücksichtlich der Petition um Pre ß-
freiheit noch ein Wort hinzufügen. Der Druck der Zensur werde
täglich unerträglicher; sie unterdrücke nicht nur alle der Regierung
mißliebigen Ansichten, Forschungen und Urtheile, sondern auch so-
gar die einfach e Mittheilung einfach er und nackter Thatſsa-
ch en und verf älsche also sogar die Zeit- und Weltgeschichte. Die
Begründung alles Dessen und der übrigen Leipziger Petitionen be-
halte er sich für die künftige Berathung vor.

Abg. Todt aus Adorf: „Auch er erkläre seine Zuſtimmung
zu den vorliegenden Petitionen, er selbſt habe viele von ihnen einzu-
bringen beabſichtigt. Für jetzt wolle er sich darüber nicht ausführ-
lich verbreiten, weil es jegt noch nicht an der Zeit sei.# Die Peti-
tion wurde bierauf an die Deputationen verwiesen.



Partei ! Partei!

Man hört gar oft das Sprüchlein unseres Freiligraths wieder-
holen, das er sang, als er noch ein Saulus war, oder vielmehr,
als ipn die freiheitefeindliche Rote zu ihrem Saulus erheben wollte:
~ seine Harfe aber war rein urd ſsinnumdüſtert, schlafend, wie er
ſelbſt sagt, hatte er gesungen:

Der Dichter steht auf einer höhern Warte,
Als auf der Zinne der Partei.

Das Lietrlrin leiern viele licbe Landsleute nach und machen es
zu ihrem Glaubersbekenntniſſe, obzwar sie keine Dichter sind. Sie
denken vielleicht, ſie wären ja Deu tsche, also geborene Dichter und
.. . Gelehrte und. . . Träumer und dürften mit Recht ihr kummerloſes
Haupt auf dies Faulkiſſen legen. Da ruhen sie denn in seligem Frie-
den, befangen von dem angenehmen Wayne, sie ftünden kurch Theil-
nahmloſigkeit h och über den Spaltungen; ihnen sei vergönnt,
das krausverschlungene Rennen unter der scufzenden, drängenden, rin-
genden Menschheit mit ungetrübtem Auge zu besehen, die Kreuzund-
querschrift in Filler Muse zu enträthſeln und sich die verworrenen
Mißtöne in einen reinen Einklang aufzulösen.

Das is ein starker Irrthum! ~ Wo die Streitflamme aus-
ſchlägt, wo es um ein scharfes „f ür od er wider?“ geht, da schleicht
ſich der zage „Unbetheiligte,- davon und verkriecht ſich vor der ſchreck-
lichen Doyprlfrage, die keinen Halbling duldet und zerquetſcht, was
zwischen ſie will, in seine „ruhige Geſctzlichkeit-,, in scine „gehorſsame-
Unterthanschaft, in seine »gemüttliche Häuslichkeit.“ :

Von wohlummauerten Verſtecen aus kann man aber keine
Schlacht überschauen. Nur manchmal fliegts an den Spalten seines
Gehäges vorbei, wie tummelnde Kämpfer . . . dumpfgebrochen ſchlägt


 
Annotationen