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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 117 - No. 145 (1. Mai - 31. Mai)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44007#0529

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Ausland erhöht ſich das
Abonnement um den Poft-
aufſchlag.

Samstag _

L Mannheimer Abendzeitung. ©
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10. Mai

Ins eratedlegeſpaltenr
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und Hety erpittet man

1815



Deutſchland. z

* Mus „Berlin“ ſchreibt ein Freund erhöhter Schuzzölle in

der Köln. Z.: Der ſchlechte Ausfall der diesmaligen leipziger Mcſſe
hat in unserem Handelsſtande viele Besorgniſſe aufgeweckt und das
Intereſſe mehr als je auf die Handels- und Induſtrieverhältnisse ge-
richtet. Hier in der Hauptſtadt sind die Meinungen über Schutzölle
und Handelsfreiheit sehr getheilt, jede findet ihre erklärten Anhänger;
im Allgemeinen aber erkennt man überwiegend an, daß ein mäßiger
Schutzzoll, der die Concurrenz mit dem Auslande gestattet, ohne zum
ſchweren Druck für die Consſumenten zu werden und dem Mercantil-
ſyſtem den Weg zu bahnen, nothwendig angenommen werden miüſſe,
wenn man die Induſtrie nicht den Hungertod sterben laſſen wollé.
Zur Zeit Heinrich's VII. von England führten die flandriſchen und
deutschen Städte alle Zeuge aus Wollen, Leinen u. s. w. nach Eng-
land ein. Die deutſchen Kaufleute kauften die Rohſtoffe dort, sandten

fle verarbeitet zurück und machten solchen Gewinn, daß es eine ſprüch-

wörtliche Rede war: , der Fucksſchwanz sei mehr werth, als was
ſie für den ganzen Balg gegeben." Jetzt hat ſich das Verhältniß
geradezu umgekehrt: wir steuern jett an England, das jedoch in noch
ſchlimmerer Weise nicht einmal mehr die Rohſtoffe von uns haben
will, seine Wolle aus Australien, seinen Flachs aus Irrland und sein Korn
aus Canada holt, und somit uns sogar zwingt, unsere Naturpro-
ducte auf irgend eine Art selbſt zu verwerthen und auf den Märkten
in Concurrenz zu treten. Auffallend iſt es allerdings, daß Deutsch-
land mit seinen Schätzen an Wolle und Flachs es in der Wollen-
und Leinengarn-Induſtrie noch nicht weiter gebracht hat, aber es iſt
ungerecht, d1e Schuld allein auf die Trägheit und das starre Feſt-
kleben am Alten werfen zu wollen. Es mangelt an Capitalien, an
Speculationsgeiſt, an auswärtigen Märkten, an Ermunterungen durch
den Staat, an Ausfuhrprämien, an Maſchinenkenntniß und nöthigen
Crfahrungen, und dieſe werden nicht ohne Schuß und Hülfe des
Staates erworben. In ganz Schlesien ſind bis jetzt zwei Leinen-
fabrikanten, welche mit America handeln und gute Geschäfte machen,
weil sie die nöthige Umsicht und bedeutende Mittel besitzen. Diese
Männer geben das Beiſpiel, daß auch unter den beſtehenden Verhält-
niſſen eine industrielle Fortentwickelung möglich iſt, aber nur sehr
Wenige vermögen, ſich ibr anzuſchließen; es bedarf dazu Ermuthi-
gungen, welche noch fehlen, offener Schritte der Zollvereinsſtaaten
für ein feſtes Schutzſypſtem, das bisher durch vielfaches Schwanken
und die dadurch herbeigeführten großen Verluſte der Induſtrie kein

Vertrauen erwerben konnte. Mit den Kammgarnspinnereien steht es

noch schlimmer. Biele sind eingegangen, koſtſpieltlge Versſuche miß-
glückten, ein großer Theil der deutschen Wolle wandert jährlich nach
England und kehrt verſponnen von dort zurück. Die diesjährigen
Wollmärfkte dürften nun leicht einen bedeutsamen Einfluß auch auf
die Cntſchlüſſe unserer Regierung ausüben. Man erwartet von Eng-
land wenige Käufer, da die auſtcaliſche Wolle in diesem Jahre in
großen Quantitäten dort eingeführt wird. Die innere Induftrie zu
heben, erscheint daher um so mehr als Bedürfniß, denn es handelt
ſich um einen Absatz, der in Preußen allein den Durchſchnittswerth
von 25 Millionen Thaler hat und deſſen Sinken von dem größten
Cinfluß auf den Werth des Bodens und auf den Wohlstand der
großen Grundbesitzer ift. Diese Rücksichten sind bei den Berathun-
gen des Handelsrathes wohl erwogen worden und haben vielleicht
nicht wenig dazu beigetragen, wenn Preußen in Karlsruhe zu einem
gemiſchten Syſtem von Schutzzöllen ſich bereit erklärt, das auf Lei-
nen, Wollen, Eisen u. s. w. sich in der Art erſtrecktt, daß sie nicht
weiter reichen, als zur Concurrenz nöthig, und zurückgezogen werden
köntten, sobald die induſtrielle Entwickelung so bedeutend iſt, daß sie
keiner Stütze mehr bedarf. Wie man sagt, werden von englischer
_Seite Anstrengungen gemacht, jede Zollerßöhung zu hintertreiben, in-
ſth dsrfit rt ro keine andern Folgen haben, als frühere Beſtre-
bungen dicser Art: :
_ ~ Unter den 14 verabredten Artikeln des durch. unsere „Ge-
fetſammlung-- publicirten Vertrages zwischen Preaßen, Dänemark,
Mecklenburg. Schwerin und den Senaten der freien Hanſeſtädte Lübeck
und Hamburg, dic Feſtſtelung der Verhältniſſe der Hamburg - Berge-
doafer Eisenbahn betreffend, heißt es auch im Artikel fünf: „Es foll
tin wachſames Auge darauf gehalten werden, daß auf den Bahnhö-

~~ : . iv

sen oder in den Bahngebäuden der Hamburg - Bergedorfer Bohn we-
der Hazardspielbänke , noch überhaupt Hazardspiele geduldet werden.

Breslau, 27. April. ( Elberf. Ztg.) Die jetzt vorhandenen
chriſt:katholisſchen Gemeinden Schlefiens beſtehen zu Breslau, Liegnitz,
Lüben, Glogau, Freiſtadt, Steinau a. d. O., Schweidnit, Walden-
burg, Landshut, Lähn, Friedeberg a. Q., Löwenberg, Greiffenberg,
Trebnitz, Oppeln , Ratibor, Tarnowitz, Leodſchütz, Guttentag, Schla-
wentzit und Pleß, zusammen 22, und die meisten haben bereits in
ihrer Weiſe den Gottesdienst gefeiert, die übrigen werden in diesen
Tagen zu ihrer feierlichen Einweihung durch Herrn Ronge

gelangen.

~ 1. Mai. (D. A. Z.) Am 27. April war die erſte conſti-
tuirende Verſammlung der deutſch- katholiſchen Gemeinde in Lähn.
Sie ward im Sitzungszimmer des Magiſtrats gehalten. M

Q Aus Köywſißgsberg vernehmen wir, daß man dort mit allgemei-
ner Spahnung der Befſtätigung drs Dr. Rupp entgegenſieht. Irn
Falle dieselbe nicht erfolgen sollte, will die dortige Gemeinde ſich vom
athanaſischen Glaubensbekenntniß losſagen und eine neue Gemeinve
bilden. Auch unter den sächsischen Rationaliſten, so wie hier irt
Berlin, wo die Erbitterung gegen die Pietiſten und Jesuiten aller
Confeſſionen auf das Höchſte gestiegen iſt, beabsichtigt man ähnliche
öffentliche Schritte, wodurch die Pietiſten zu einer kleinen Secte her-
abſinken würden. Cine solche Spaltung im Protestantismus dürfte
von unberechenbaren Folgen sein. .

Kurnik, 30. April. (Breel. 3.) Reisende aus Warschau er-
zählen von dort angekommenen neuen Truppencorps ; überhaupt ſchei-
nen im Königreiche Polen bedeutende Truppenveränderungen Statt zu
finden. In Warschau selbſt iſt Alles ruhig, und man hört dort we-
nig von den in deutſchen und französischen Blättern so oft wiederhol-
tert Arretirungen und Unruhen. Kaliſch bietet, nachdem alle Ber-
waltungsbehörden es verlaſſen, einen traurigen Anblick, um so mehr
uun, da die Warta bei der letzten Ueberſchwemmung alle Brücken
weggeriſſen, und in der warsſchauer Vorstadt und Louiſenstraße meh-
reren Gebäuden Schaden zugefügt hat. – Von der Befeſtigung von
Kaliſch weiß man an Ort und Stelle Nichts Bestimmtes.

Von der poſenſchen Gränze, 27 April. Die preußische
Induſtrie der öſtlichen Provinzen , durch die ruſſiſchen Gränzſperre
gelähmt, theilweiſe mit dem Untergange bedroht, fängt nun an, durch
das Organ der Landstände ihre gerechten Beschwerden vor den Thron
zu bringen. Drei kleine posenſche Städte, durch die Produkte ihrer
Tuchmanufacturen von mittler Qualität bekannt , früher dadurch nahr-
haft, jetzt aber durch die rusſiſche Gränzsſperre an ihrem Absatze nach
Polen und Rußland gänzlich verhindert, haben die Intercesſion des
poſenschen Landiags in Anspruch genommen. Sie wünſchen, daß bei
unserer Regierung auf Vollziehung des Tractats vom 3. Mai 1815
dnrch Rußland angetragen werde. Dieser Tractat sollte auch die
commerciellen Verhältnisse der früher polnisch gewesenen, nun preußisch
und ruſſiſch gewordenen Provinzen regeln. Er bestimmt ungehinderte
Communicationen für den Handel derſelben. Es sollen von russischer
Seite nur mäßiger Einfuhrzoll von höchſtens 10 pCt. des Werths
der Waaren am Orte der Absendung gefordert werden können, der
Transitozoll aber sollte ganz niedrig angesett werden. Solches also
verlangt die den Tractaten schuldige Treue; welches Bild des preu-
Hich-ruſſiſchen oder polnischen Handels stellt dagegen die Gegenwart
dar ?. Einfuhr- und Durchgangszölle zu 4roßieitrzaly tu!

Elberfeld, 5. Mai. (Barmer Z.) Laſſen Sie tms
heute ein kleines Bruchſtück aus dem unerſchöpflichen Thema
der Zuſtände der ärmern Klassen vorführen, der Zuſtände
der ärmern Klaſſe in dieser reichen und frommen Stadt:
der Wohnungswechsel des 1. Mai gibt mir die nächſte Veranlaſſung
dazu. Es iſt ein eigenthümliches Gefühl, in allen Straßen der
Stadt diesen ärmlichen Hausrath aufgeſpeichert zu sehen, die motten-
zerfreſſenen Möbel, die dürftigen Betten, die geringen Vorräthe des
Armen, mit denen er von einem Elend in's andere zieht, glücklich
noch, wenn nicht der Miethsherr, den er verlaſſen , für die rückſtän-
dige Miethe einen Theil seines kleinen Beſitthums zurückhält. Wir
sahen einen Mann, den Bater son sechs Kindern, von welche das


 
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