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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 87 - No. 116 (1. April - 30. April)
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30. April

18_







é Deutſchlsn.

ghAus Westphalen, 24. Ayr. Es ist ein schlimmes Ding, ſich in
Deutſchland für Etwas zu begeiſtern, man läuft gar zu leicht Ge-
fahr, daß die Begeiſterung durch einen Guß kalten Waſſers ausge-
löſcht wird, und ein solcher Untergang derselben iſt weniger tragiſch,
als lächerlich. Sie wisſſen, mit welcher Begeiſterung man aller
Orten sich an die Idee der Vereine für das Wohl der arbeitenden
Klaſſen klammerte, wie man rüſtig ſtrebte, ſie in's Leben einzuführen,
wie man hoffte, durch sie die goldene Brücke zu einer schöneren Zu-
kunft zu schlagen. Nun, diese Hoffnungen wollen wir uns auch nicht rau-
ben laſſen; wir wollen nicht glauben, daß es spurlos vorübergehe,
was da gesprochen und gethan iſt; dazu haben auch wir zu viel Ver-
trauen in die Menſchheit, dazu ſind wir zu feſt durchdrungen von
dem endlichen Siege der guten Sache. Aber was man ſsseit längerer
Zeit munkelte, was man als ein von Böswilligen ersonnenes Gerücht
anzusehen geneigt war, das iſt nun wirkliche, handgreifliche Wirk-
lichkeit geworden. Man iſt den Hülfsvereinen hemmend entgegenge-
treten, man hat ihnen Schranken geſtellt, die ſie vielleicht nicht wer-

den überſpringen können. Die Statuten des Berliner Centralvereins

ſowohl, wie die des Lokalvereins sind dermaßen = verbessert (z.
B. mit der ſtädtiſchen Behörde in enge Verbindung gebracht d. h.
ihnen untergeordnet), daß sie ſchwerlich angenommen werden, weder
vom Vorſtande noch von der Verſammlung. Und die Versamm-
lungen der übrigen Lokalvereine sind durch eine Circularverfügung
des Miniſters des Innern, Hrn. v. Arnim, bis zur Genehmigung
ver Statuten verboten. Ist es im Geiste der die Vereine sanktioni-
renden Cabinetsordre gehandelt, daß man jeden Versuch zum Han-
deln, jede Vermittlung der Theorie mit der Praxis, wie in den un-
seligen Tagen der Reſtauration, als verdächtig ansieht, und ängſt-
lich überwacht und wo möglich erſticktt? Wir ſchreiben aber jetzt
1845 und der Verſuch könnte leicht mißlingen. Und abgesehen von
alle Dem, hat der Miniſter gesezlich die Befugniß, die Verſammlüut-
gen eines Vereines zu verbieten, den der König gebilligt, zu dem er
ermuntert hat? Schwerlich; die Behörden können nur die Öffent-
lichkeit untersagen, bis die Statuten genehmigt ſinn. Wenn der
Vexein die Oeffentlichkeit aufgab, so brauchte er gar keine Statuten
den Behörden vorzulegen, ihre Genehmigung gar nicht nachzu-
ſuchenz er brauchte nur kurz seinen Zweck anzugeben, und dann be-
ſtand er rechtlich, wie jede andere geschloſſene Geſellſchaft. Es ist
zwar iraurig, daß man einer freien Association, von der man heil-
ſames Wirken für die Men“cchheit erwartet, den Charakter einer ge-
ſchloſſenen Geſellſchaft aufzwingen muß; aber was soll man sagen,
wenn ſelbſt die Befugniſſe dieser dem Vereine geweigert werden ?
Ich zweifle nicht, daß von allen Seiten Immediat-Vorſtellungen ge-
gen dieſes miniſterielle Verbot an den König gelangen werden und
daß dieſer den Widerspruch des Ministerial-Reſkripts mit seiner Ka-
hinetsordre löſen und das Verbot aufheben wird. Der Geiſt des

gemeinsamen Wirkens iſt einmal erwacht ; das Volk beginnt einzue

ſehert, daß nur dadurch sein Glück erreicht werden kann. Alle Schran-
ken, die man künstlich erbaut, werden die Männer, die sich einmal
zum Wohle der Menschheit die Hand reichten, einander nicht weiter
entfremben. Der Egoismus weicht und an seine Stelle tritt die
_ AYAſſociation. Die Sääle der Bereine kann man ſchließen, aber den

Geiſt kann man nicht hemmen; man kann uns nicht hinderu, an
jedem andern öffentlichen Orte das begonnene Werk fortzuſctzen, ein
(;;. Band un die verſchiedenen Klaſſen der Geseliſchaft zu
ſehlingen.
/ Leipzig. (Sächs. Baterlbl) (Deutſch - Katholiken.)
JI Felge eines Antrags der „neu ſich bildenden deutſch-

katholischen Gemeinde" in Leipzig an Superintendent D. Großmann,
hie bei ihr vorkommenten Taufen, Trauungen und Begräbnisse durch
evangeliſche Geiſlliche ihrer Wahl und ihres Vertrauens vollziehen
ti laſſen, und auf diesfallſige Berichterſtattung an das Cultusmini-
ſterium hat dieses, wie man hört, ſich zuvörderſt mit dem apoſtoliſchen
Vieariate darüber vernommen, in wie weit die rö niſch - katholische
Het t be werde, bei den deutſch-katholiſchen Glaubens-
| genoſſen die genannten kirchlichen Handlungen zu vollziehen. Dicſes
aber hade ſich dahin ertllärt, daß unter den vorliegenden Umſtänden
j and da die Mitglieder der sogenannten deutſch-katholiſchen Kirche von

der Gemeinschaft nit der römisch -katholiſchen Kirche freiwillig ſich

“ losgeſagt und Lehren angenommen hätten, welche von eben btieſe.

Kirche in den allgemeinen Concilien verworfen worden seien, von kein
nem römiſch - katholischen Geiſtlichen eine priesſterliche Function . bei
ihnen vollzogen werden könne. Nicht minder habe das apoſtolische
Vicariat auf die hieraus von ſelbſt sich ergebende zweite Frage we-
gen Eintragung jener Fäkle in die Kirchenbücher unter Berufung auf
Analogien in der bisherigen Praxis zwischen der römiſch-katholiſchen
und evangelischen Kirche dieſe Eintragung in die Kirchenbücher rö-
miſch-katholiſcher Pfarreien abgelehnt. Auf Grund dieser Erklärun-
gen nun und mit Anwendung von g. A. des Gesetzes vom 1 Nov.
1836 auf die obſchwebende Angelegenheit hat, wie es heißt, das Cul-
tusminiſterium an die Kreisdirection zu Leipzig verfügt, „daß we-
gen der bei den Deutsch-Katholiken vorkommenden seel-
sſorgerlihen Handlungen mit Ausschluß der Beichte

und des Abend mahls bis auf Weiteres die yroteſtantén.

ſche Geiſtlichkeit von ihnen angegangen werde.. Je-
doch sollen sie zunächst an den betreffenden proteſtantiſchen Paro ch ial-
geiſtlichen gewieſen werden, und die Wahl eines anderen prote-
ſiantiſchen Geiſtlichen nur dann freigeſtellt sein, roenn jenem wegen
der zu vollziehenten Handlung ein Bedenken beigehen sollte. Auch
sollen diese Acte in den Kirchenbüchern der evangeliſchen Parochien,
und zwar derjenigen Parochien, in welchen sie der miniſteriellen Ver-
ordnung zu Folge zu verrichten sind, eingetragen, dabei aber aus-
drücklici der Grund bemerkt und diese Verordnung des Ministeriums
ſelbſ angezogen werden. Eine Maßregel, welche sich natürlich nicht
bloß auf die Leipziger Gemeinde beschränkt, sondern zugleich die Ver-
hältniſſe der übrigen Gemeinden provisoriſch ordnet, wie denn in die-
sen Tagen auch die Dresdner evangeliſche Geiſtlichkeit angewieſen
worden ſein soll, den obigen Beſtimmungen gemäß zu verfahren. +
IMs den Sudeten , 20. Ayril. (Köln. Ztg.) Briese, die
Hr. Schlöffel aus ver Hausvoiztei in Berlin an seine Familie gerich-
tet, sollen sehr beruhigender Art für dieselbe gewesen sein; der Ge-
fangene fürchtet vom Ausgange der Untersuchung nicht das Geringſte
für scine Person und spricht sich über die Behantlung äußerſt zufrie-
denſtellend aus. Die Nachrichten aus rem hürſchberger Thale brin-
gen setzt folgendes Nähere über die dortigen Borfätlle: Ein Tiſchler
Wurm ſiiftete unter Handwerksgeneſſen eine Art Berbindung, die
man comumuniſtiſcher Art nennt, und es wurde den aufzunehwenden
Mitgliedern ein furchtibarer Eid abgenommen. Einer der UAngewor-
benen fand Bedenken , diesen Eid zu liiſten, und entdeckte seine Ge-
wiſſensſerupel dem Paſtor Rothe in Erdmannsdorf, welcher dem
Manne Weiſungen gab, die zu keiner vorzeitigen Entdeckung führen
konnten; daneben aber ging eine Anzeige des in Erfahrung Gebracſ-
ten an den Hrn. Minister Rother, welcher seinerseits wieder dem
Hrn. Polizeiminiſier Mittheilung machte, die eine Absendung des
Kammergerichts-®ſſ ſſors Stüber in die hirſchberger Gegend zur Folge
hatte. Letzterer führte sich unter dem Namen eines Malers Schmidt
bei den Berſchworenen ein und gclangte so zur Kenntniß der Namen
von 60 - 70 Personen aus dem niedern Stande, die nachträglich
sammt und sonders verhaftet worden sein sollene. Wurm und Con-
sorten ſtanden übrigens, wie allgemein versichert wird, mit Hrn.
Schlöff.1 nicht in der geringſten V-rbindung, außer daß ihn vielleicht
Einer oder ver Andere bei der Bürgerverſammlung in Hirschberg
ſah und sprechen hörte. Beri dem gänzlichen Mangel an officielle
Nachrichten müſſen wir dieser Berichterſtattung wenigstens in so weit
Glauben schenken, als ſie nicht, wie so manches andere Gerede über
den Gegensiand, gar zu sehr ins Fabelhafte ſtreiſt, uielmehr Zeichen
der Wihrsſcheinlichkeit an sich trägt, indem das im Volke längſt be-
merkbar geroeſene Mißvergnügen über diese und jene beſtehenden Ver-
häliniſſe gar leicht durch einzelne \Irregeleitete und JIrreleitende“ zu
ähnlichen Verbrüderungen oder Verſchwörungen führen konnte. Die
Preſſe hätte sonach getreulich bei Zeiten gewarnt und aufmerksam ge-
macht, weßhalb Maßregeln gegen die Warner allerdings zu bekla-
gen sein dürften; denn was kann der „wohlgeſinnte-. Patriot, dem ſich
bedrohli he Anzeigen kurd gaben, wohl Beſſeres thun, als auf dem
Wege der Preſſe die Dinge zur Sprache und zum Bedenken zu brin-
gen? Cine Denunciation ohne ſpecielle Angaben wäre eincstheils
unstatthaſt, anderntyeils aber iſt es nicht Jedermanns Sache, die


 
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