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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 1 – No. 30 (1. Januar – 31. Januar)
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Samstag



18. Januar

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1845.



Landtagsverhandlungen.

** Karlsruhe, 14. Zanuar. 135. öffentl. Sißung. Herfsellung der
Preßfreihei. Welcker fährt fort: ! (Forts.)

Die freie Kritik über die öffentliche Thätigkeit der Beamten sucht man zu
unterdrücken. Ich erlaube mir nur einen einzigen Fall anzuführen, um zu zeis
gen, wie ungerecht uno ich könnte sagen, wie empörend ſolche Unterdrückungen
find, empörend mehr für die AUgemeinheit, als denjenigen, den die Sache beson-
vers betriff. Der Fall, von dem ich hier sprechen will, bezieht ſich übrigens
auf mich, wie ich denn oft in der Lage bin, von Seiten der Zensur besonders
hart behandelt zu werden.

In dem Schlußsheft des Staatslexicons habe ich einen Artikel über einen
deulschen Bundesſtaat aufgenommen, welcher Artikel, wie alle übrigen dieser Art
von einem Bürger des belreffenden Staats selvft in einer wür-
digen Haltung abzefaßt ift. Jenes Heft wurde von dem Verleger vielfach ver-
langt; es machtc Aufsehen aber die Zensur in jenem Staate hat auch gethan,
was sie überall thut. Sie ſucht das Beamtenwesen möglichst zu unter-
süßen. Eine Zeitlang glauben denn die Leute wirklich, és sci bei ihnen Alles
—fo vortrefflich, wie es geſchildert wird, allein dieſer Gedanke wird znweilen zer-
freut und so ging es mit dem fraglichen Artikel, welcher Thatsachen enttält.
Bier bis fünf Monate lang ging er unangefochten durch das Land, machte abcr
auf gewisser Seite eine unangenehme Sensation. Dann kamen Berliner Blät-
ter, die darüber ftaunten, und als von dem Auslande ber bemerkt wurde, daß
man doch sonderbare Vorſtcllungen von jenem goldenen Zeitalter dort habe,
wurde man darüber bedenklich, und der ſchwäbiſche Merkur brachte einen balb
offiziellen Artikel, worin er mich zwar ordentlich behanrelle, mir aber doch Vor-
wurfe darüber machte, einen solchen Artikel aufgenommen zu haben. Dem Ver-
faſſer ging es aber anders. Blos zwoi gerichtliche Gischichten, worin man nur
Kleinigkeiten zu berichtigen gebabt hat, hob man heraus und warf alsbald mit
w Berläaumdung- und „Schmärschrifi« um um ſich.

Jener Schrifiſtcller hat eine ruvig grhaltene thaträchliche Widerlegung ab-
gêfaßt, ich selbſt habe ſie gepruft und jercs Wort tas sie enthielt wohl überdacht
und «crwogen gefunden. Derſclbe widerlegte darin aufs Neue die ftattgehabte
Berichtigung und zeigte daß er von A bis Z die reine Wahrheit gesagt habe.
Ich schickte dieſe Widerlegung selbſt an den Schwäb. Merkur ein, und forderte

ven Redakteur bei seincr Ehre auf, gegen eine halboffizielle Erklärung und öf-
. fontliche Verunglimpfung eines Ehrenmannes eins rein thatſächlicse Widerlegung.

aufzunehmen. Der Redakteur erkannte das Princip an, bemerkte aber die Zen-
sur sei rort ſo, daß auch nicht einige Zeilen dieſer Wirerlegung aufgenommen
werden konnte. Ein andercs Biatt fand das Verhältniß anders und nahm die
ganze Widerlegnng auf. Da kam aber die Regierung, vas ganze Blatt wurde
ſsuspendirt und seit drei Wochen erklärt der Zensſor, er müsſſe höhere Weisung
daruber haben, okt er die Sachen durchgehen lassen könne... j
Ich und der Schriftſteler waren angegriffen und ich wendete mich deßhalb
an zwei badische Zeitungen, nemlich die «Manny. Adend.-Ztg.« und die „Ober-
rhein. - Ztg., - allein die Zensur unuterſtützte freundnachbarlich die Ungebügr die
Dort fiati fand. Allein man darf sich nicht daruber wundern, denn man unter-
flüßt ja hier sogar Dinge, die man dort frei laßt (die Schrift war im Jahr
1844 dort erlaubt, in Baden verbotcnJ), und nun ſchreibt die „Oberrhein. Ztg.-
ſelbſt wieder „aus Conſtanz- daß dort eine solche rein thatſächliche Widerlegung
von Berichtigungen durchaus nicht zu Tage kommen dürfe. In der Alggew.
Zeitung hat derselbe Urtikel im Staatslcx con ebenfals einen ungerechten An-
griff erlitten. Dieser ward gleichzeitig widerlegt, allcin an die LUugsb. Allgem.
Ztg. werde ich keine Berichtigung meyr ſchicen. Habe ich ja doch factische Be-
richäiigungen gegen absolute Berfälſchung meiner Worte im Ständesaale dort
müssen streichen kfehcn! Ich muß also ein fur alle wal bitten, daß wenn es den
Leuten beliebt, Schmäÿungen in öffentlichen Blättern einzurücken, man daraus,
daß keine Erwiederung von mir folgt, nicht ſchließse, als billige ich das Ge-
sagte, oder als wüßte ich darauf nichts zu sagen. Man mag dann aber in
Gottes NRamen warten bis ich ein anderes Buch fertig babe, denn in einer Zei-
tung kann ich micht rechtfertigen. JI! aber dieser Zuſtand einem Bunvesverhält-
niß freier deutschen Staaten augemesſen? Darf man so Männer behandeln,
die ipr Wirkcn im öffentlichen Leben, dem Wodl ihrer Mitbürger widmen? darf
man in dieſer Weise verunglimpfen, und mit »Verläumdern- um ſich werfen,
wenn nicht einmal factische Berichtigungen aufzenommen werden? JIch glaube,
daß es nach allem Diesem wirklich an der Zeit iſt, und alle Tage an der Zeit
wäre, diese Zensur durch unsere Klagen und Beschwerren wenigstens die etwas
in jene Nacht zurückzudrängen, daraus fle entstand und auch ein wenig für das
Vicht zu sorgen. Jc<h will mich darüber, daß die Zensur nicht blos zurückge-
drängt werde, sondern eine vollſtändige Preßfreiheit ftattfinden sollte, nicht
Weiter verbreiten. Die Unterdrückung der Wahrheit ift unsittlic. Die Grund-
lage aller ſiitlichen Merſchenbildung und Gesellſchaftsausbildung ift Wahrheit
und was Wahrheit sci wciß die Zcnſur nieht, das weiß die gesiticte, gebiltete
öffentliche Meinung; diese und nicht ein Einzelner hat zu entscheiden. Wir ha-
ben das Gebot in unserer Religion: Redet Wahrheit uutereinander, aber diese
Wahrheit hätte ſcibſt uickt entſtehon und so wenig wie der Protestantismus sich
verbreiten könnet, wenn unsere badischen und deutschen Zensoren damals gelebt
hätten. Ic sage die Unterdrückung der Prcßfreibeit überhaupt und alles Andere
was nicht Preßfreiheit iſt, und weiter geht, als die nothwendige rechtliche Schutz-
'wehr und Garantie zur Beſtrafung des Mißbrauchs mit fich bringt ift verfas-
fungewidrig. Sie wisſen was unfere Verfceſſung sagt und was der dcutſchen

Nation verheißen und von dem Bunde als Recht aller Öeutſchen anerkannt

wurde. . . | )

Ic muß die Herren Miniſter auf diesen Punkt insofern aufmerkſam ma-
then, als ich, wenn ich Jhnen auch keinen Vorwurf darüber machen will, daß
lie das Prrßgeſch zurückgenommen haben, sondern diefes als einen Akt der pu-

ren Noth und der äußeren Gewalt ansehe, doch mit ehrlicher Ueberzeu-
gung sagen kann, daß sie eine vollſsärvige Verlegnng der Verfassung begehee
und dieselbe brechen, wenn sie einen Schritt weiter gehen, als jene damalige

äußere Noth forderte. Leider wird aber vielfach weiter gegangen und wenn Sie

ſich an Daejenige erinnern wl... „ ws ich vorhin ausführte, so werden Sie
dieß zugeben. Ich führe Ihnen Aber auch in das Gedächtnis zurück, was neu-
lich hier vorgebracht worden iſt, ohne daß es widersprochen wurde, das man
nämlich sogar die Zollwächter zu Gehilfen der Censur macht und zur Wahr-

beitsunterdrückung zur Hand nimmt, ganz gegen das Versprechen, das man uns
gab, als man den Zollyrcrein einging.

Wir haben eine Petition von einem
wackeren Oftpreußen in diesem Haufe liegen, dem eine Schrift an der Grenze
aufgemacht wurde, vie für Preußen beſtimmt war, und in Geselſchaft mit ei-
ner andern Schrift lies, die ich ohnedies nicht in Schuß nehmen möchte. Man
hat damit den armen Mann um einen bedeutenden Theil seines Lebensunter-
baltes gebracht, und die Wahrheit unterdrückt. Solche Dinge kommen leider
nur zu oft vor. Ich halte die Cenſsur aber auch für unpolitiſch, wie es denn
auch faſt Niemand mehr gibt, der bchauptct, daß sie etwas tauche. Der Abg.
Treefurt bat in dieser Hiuſicht viel Richtiges und Schönes gesagt, denn es iſt
ein durchaus verfkchrtes Infſtitut. Die Untertrückung der Wahrbeit hat aver in
unsern Tagen eine viel bcdenklichére Seite. als an den g:wöhnlichen Werketa-
gen, wie die Herren WMiniſter wobl bêornken mözen. Es gehen bei uns in
Deutschland sonderbare Dinge vor und in den politischen Kämpfen mit der neuen
Zeit, die ſich geſtalten will, gehen unicr den Augen mancher Regierung Ge-
walithaten und Verletzungen vor, die zur Ehre der deutschen Nation und der
Länder, wo ſie vorgeten, nicht geſchehen solten. Ich will den Hrn. Minister
nicht in Verlegenheit setzen, indem ich dieſe Thatfache speciell anführe.
. Es geschahen in Deuiſchland auch große Vers
brechen zu einer Zeit, wo kein Mensch wazte, dagegen aufzutreten. Als das un-
glückliche Palm und seine Genossen vernichtet und unterdrückt wurden. wagte
auch kein Menſch sich zu rühren. Weihrauch duftete damals für die Allgewalt,
und Weigtrauch duftet auch jetßt fü: gewifſe äußere Verhältniſſe. ~ Aber es
kann der Tag kommen, wo ſtärker als die Vernichtung von Palm jene
Verbrechen auf rie Nation Eindruck machen, die wir in der Unterdrückung der
Wahrheit zu beklagen haben. – Wer hat alsdann diese Verbrechen zu verant-
worten, wenn das öffentliche Grwiſſen erwacht und richtet? Dicjenigen, die
das gehäſige Werk der Freibeitsunterdrückung banrhabten, werden verantwort-
lich gemacht werden. – Erschreck.n Sie aver über die Gefahren, die dies für
das Land haben kann und ich bin vollkommen überzeugt, daß Sie die Anträge
der Commisfion gerechtfertigt finden werden. §
Ieh bin bier nicht der Anſicht des Abg. Trefur t, daß der Antrag unter
Nr. 2 für jeßt ausgesetzt werde. Ich boffe die Regierung werde in der langetr
Zeit, während welcher rie Motion vorl:egt, ſchon das Jhrige gethan haben. Sie
éannte auch die Stimmung der Männer dicses Hauſes, bat deßhalb vielleicht
auch schon Unterhandlungen gepflogen. ~ Wir können kein Jota in den Com-
misſionsanträgen nachlafien, unv somit trage ich auf deren vollſtändige Annahme
v un Seiten der Kammer an. (Jortsſetzung folgt. i



Derutſchland.

Karlsruhe, 16. Jan. In der 135. Sitzung der 2. Kammer
machte der Präsident folgende Commiſsionen bekannt:

Für die Errichtung einer Bank: Lenz, Buhl, Rindesſchwender,
Blankenhorn, Gottschalk. Für den Gesetzentwurf, den Strafvollzug
im neuen Männerzuchthauſe zu Bruchſal: Welcker, Sander, Nomtkttri-
de, v. Itſtein, Hecker. Für den Entwurf für eine Anleipe von 13
Millionen: Martin, Helbing, Knapp, Mathy, Weller. - Die Kam-
mer beschließt, die Commission für den Strafvollzug im Mäunerzucht-
hauſe um 4 Mitglieder, jede der beiden andern Commissſionen um 2
Mitglieder zu verstärken. Die Wahl wird sogleich vorgenommen
und ergibt folgendes Resultat: Zur Commission über den Gesegent-
wurf für den Strafvollzug im (Männerzuchthaus (einsame Einqper-
rung) werden gewählt: Bader 458, Rindeschwender 31,
Schmidt 30, Weller 27 Stimmen; + (zunächſt folgten Litſchgi
und Trefurt nit 21 Stimmen.) Zur Commission für die Anleihe:
Bassermann und Mez jeder mit 30 Stimmen, zunächst fol-
gen Goll und Löffler, mit 20 Stimmen.) Zur Commission für die
Errichtung einer Bank:, Bl eidorn und Müller, jeder mit 29
Stimmen.

g§ Darnmiísſtadt, 15. Januar. Georgi hat der geſtrigen Siz-
zung unserer zweiten Kammer nicht beigewohnt , sondern sich mit
Unpäßlichkeit entſchuldigt. Diejenigen, welche dem angeführten Grunde
keinen vollſtändigen Glauben beimesſcn, theilen sich tann in ihrer
Meinung. Die Cinen halten dafür, daß er bei einer etwaigen De-
monſstration gegen ibn (Einreichung und Verlesung eines ihn betref-
fenden Antrazs u. dgl.) nicht habe zugegen sein wollen, wätrend
die Andern meinen, er beschäftige sich mit Abfasſung einer Interpel-
lation gegen die vier Briefſchreiber. Diejenigen, welche das Lettere
für das Wahrſcheinlichere halten, bezichen ſich darauf,, daß Georgt


 
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