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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 58 - No. 86 (1. März - 31. März)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44007#0305

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„ teljähr. Vorausbezahlung

durch die Poft bezogen im aj)
. ganzen Großherzogthum gz
Haden 2 fl. 8 kr., im "*
„'Avsland erhöht fich das

Samſtag

gHeitpunkt dieselbe in Wirksamkeit treten sollen.

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ter . ſich

Abonnement mit vier-

in Mannheim 1 fl. 15 kr.,

Abonnement um den Poft-
aufschlag.



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». Deren Raum 3 kr. Iuse-
§ rate, worüber die Redak-
tion Auskunft zu ertheilen
D hat, die Zeile oder deren
Raum 4 kr. + Yriefe
und het erbittet man
raneo.



15, März

18415





Deutschland.

* Mannheim, 14. März. Das gr. Staats- und Regierungs-
blatt vom 13. enthält das endliche Resultat einiger der wichtigsten
Verhandlungen des letzten Landtags. Wir entnehmen daraus zunächſt
folgende unmittelbare Entschließung des Großherzogs.

„Leopold rc. Nachdem wir den von beiden Kammern unserer getreuen
Stände angenommenen Entwürfen: bes Strafgesct;zbuches, tes hierauf be-
züglichen Einführungscdicts , der Strafprozeßordnung, der Gerichtsverfas-

ung über die privatrechtlichen Folgender Verbrechen, und über den Straf-

vollzug im neuen Männerzuchthauſe, die landesherrliche Befſtätigung

ertheilt, auch deren Verkündigung im Regierungsblatte befoyplen ha-

ben, behalten Wir Uns vor, nachträglich zu bestimmen, mit welchem

ruhe in Unserm Staatsminiſterium, den 6. März 1845. Leopold.
Außerdem bringt dasselbe 1) das Gesetz Cüber die Abänderungen und
Zusätze zu dem Forſtſtrafgesetz, 2) das Gesetz über die Besserſtellung
der Volksschullehrer, 3) das Gesetz , die Erhöhung des Schulgeltes

betr., 4) das Geſset, über die Trennung des Hüttenwerks Albruck

von der Gemeinde Kieſchenbach und 5) das Gesetz, den Credit von
250,000 fl. für die Gebäude der Bezirksſtrafgerichte betreffend.
Freiburg, 9. März. (O. R. Z.) An alle Geifilichen der
Erzdivceſe Freiburg iſt ein erzbiſchöflicher Ordinariatebeſchluß, den
Prieſterm angel betreffend, ergangen. Der Prieſtermangel ist fac-
tiſch und eben so ſicher läßt ſich annehmen, wie der erzbiſchöfliche
Ordinariatsbeſchluß im Verlaufe ganz richig befürchtet, daß derſclbe
iu der nächsten Zukunſt noch weit höber steigen werde.
++ Stuttgart, 12. März. Die wenigen Leute, welche sch
hier um die öffentlichen Angelegenheiten bekümmern, haben den of-

fiziellen baierischen Artikel in der A. A. Zeitung in Betreff unserer

Cisenbahn noch immer nicht ganz verwounten. Tiecferblickende be-
durften indessen dieses Documentes deutscher Einheit und der badi-
ſcherſeits abgegebenen Erklärungen oder beſſer Zurückhaltungen nicht
erſt um gzu wiſſen, wie iſolnt und einfluglos unser
Staat daſtehe. Die Resultate, welche das herrſchendhe Syſtem
nothwendig bringen mußte, sind nun da, so handgreiflich da,
daß es nichts mehr helfen kann, die spärlich sich kund gebenden
Stimmen der Wahrheit für Verläumdungen auszugeben. Die Ei-
ſenbahnsache dürfte für Württemberg eine Staatskriſis werden, von
unſceee Herren Nichts träumen ließen. Ein-
zelne Ahnungen einer solchen Kriſis machten sich bereits in der
Kammer laut, deren Verhandlungen übrigens bisher nur das Prä-
dikat r Unerspriceßlichkeite verdienen. – Es fehlt gänz-
lich . an HBegeiſterung \ und Energie, es fehlt an großen
Charakteren. Die bedeutendſten, Römer cinerseits, Minister Schlayer
anderseits, haben von der ſsocialen Bewegung unserer Tage keine
Idee, Beider Ansichten und Taktik fußen noch völlig auf dem
Liberalismus und Conſervatismus der dreißiger Jahre. Dabei ſind
Vbeide blos Männer der Debatte, der Schwung des Herzens, ~
ohne welchen es keine Beredtſamkeit gibt, mangelt ihnen ganz und
gar. Und ebensowenig, wie die sociale, so iſt auch die philosophi-
che Bewegung der Zeit in der Kammer vertrcten, man müßte
denn die des Hrn. Binder als eine solche Repräsentation gelten
Iaſsſen wolle. Von der Viſch er'ſchen Sache iſt es dermalen
ganz stille. Sogar die Pietiſten haben ihr Geschimpfe eingeſtellt.
„Ueber die. vorgebliche Proteſtanon des akademiſchen Senats ver-
"nimmt man nichts Näheres, und es war das Benehmen Biſchers
‘eben nicht geeignet, lebhafte Sympathien im Publikum zu finden.

Berlin, 7. März. Der Centralverein zur Unterſtützung der
durch Ueberſchwemmung und Mißerndte schwer heimgeſuchten Gegen-
den in Weſt- und Osipreußen legt soeben in den Berliner Zeitungen
leinen vorläufigen Rechensſchaftsbericht ab. Danach wären für ſeine

Zwecke im Ganzen 106,000 Thlr. eingegangen. Zugleich aber be-

Hennt er, trol der vielseitigen Beihülfe, seine bisherigen Mittiel un-
y! seien, um der furchtbaren Noth, welche ganz besonders in
ſeithauen und Masuren herrſcht, auch nur emigermaßen zu begegnen.
Ö&r fordert deßhalb wieder zu lebhafter Unterſtütßung auf, um einem

Gegeben zu Karls-

Elende wenigstens einigermaßen abzuhelfen, welches durch die hart-

näckige Winterkälte unendlich gesteigert worden ift, und das vielleicht

erſt im Frühjahre die größte Höhe erreichen dürfte. ~ In den
heimgesuchten Gegenden iſt kein eigentliches Proletariat, kein eigent-
licher Pauperismus , keine künstlich erzeugte Armuth zu Hauſe, es
iſt dort eben nur das Zusammenwirken der verſchiedenſten Umſtände
und Zufälle, ein momentanes, ſchreckliches Elend hervorgerufen wor-
den. Es kann beseitigt werden durch allgemeine Bethätigung , und
in dieſem besondern Falle kann die Wohlthätigkeit, wenn sie auch
für den Pauperismus nicht ausreicht, der rettende Engel für Tau-
sende von Unglücklichen werden. . (D. A. Z.)
Königsverg, 2. März. Durch mannichfache Regierungs-
maßregeln, sowie durch Privatwohlthätigkeit sind die bedauerlichen
Folgen der vorjährigen Ueberſchwemmung in unserer Provinz zwar
theilweise gemildert worden, doch iſt in mehreren Kreiſen die Noth

“ noch unbeschreiblich groß, wie dies aus zahlreichen Berichten glaub-
' würdiger Männer hervorgeht. So z. B. haben mehrere vom Hun-

ger getriebene Menschen in einem Dorfe des Kirchspiels Berschkallen
ein bereits im vorigen Herbſte gefallenes, in der Erde vergrabenes
Stück Vieh jel.t wieder herausgeriſſen und den Cadaver mit Gier
verzehrt. Nach einer Mittheilung des Pfarrers vom Kirchſpiele
Jucha, haben ſich neulich drei Losleute um das Aas eines crepirten
Schafes geschlagen, welches ein Bauer hinter seinem Stalle den
Hunden zur Nahrung hingeworſen hatte. Laut speciellen Ermitte-
lungen befinden sich im oletkocr Kreiſe über 4000 Familien ohne
Brotkorn und ohne Arbeitsverdiensſt, auch sind nicht einmal verkäuf-
liche Getreitevorräthe im Kreise, weder bei den Gutsbesitern noch
bei den bäuerlichen Wirthen vorhanden, und der größte Theil des
Vikhſtandes ist bereits zu Grunde gegangen. Im lyker Kreise sind
zwar neuerlich Depots von Brodgetreide errichtet worden, dasselbe
wird aber zu dem hohen Preise von 1 Thlr. 20 Sgr. pr. Scheffel

an Nothleidende nur unter der Bedingung verabfolgt, daß sich die

Gesammtcommune sür die Berichtung des Geldes verpflichtet. Ohne
eine ſolche Verbürgung wird Nichts gereicht. (D. A. Z.)
Bon ker Eider, 5. März. Die Zollüberſch üsse in Schles-
wig-Holſtein, auf welche Volk und Stände wegen eines Versprechens
der Regierung eizen Anspruch der Verwendung im alleinigen In-
tcreſſe Schleswig-Holſteins machen, den aber die Regierung nicht als
gültig anerkennen will, und weßhalb die letzte Schleßwig'sche Stände-
versammlung der Regierung ein Mißtrauensvotum gab, haben laut
Veröffentlichungen im Jahre 1844 eine solche Höhe erreicht, wie
noch nie zuvor, denn ſie betragen 1,500,000 Rbthlr. oder 2,250,000
Mk. Cour. Wurde eine solche Summe alljährlich mehr auf gemein-
nützige Verbeſſerungen im Lande verwandt, materielle und intel-
lectuelle, so könnte dasfelbe in gar kurzer Zeit in der That zu einer
Culturſtufe gelangen, wie nur irgend ein anderes deutsches Land.
Nun aber fließen ſie in die große däniſche Staatskaſſe, woraus
nur wenig wieder hieher gelangt. In solchem Verhältniß iſt es
auch ſicher kein Bedeutendes, wenn die Regierung 77,855 Rbthlr.
Cour. als Anleihe, die nach 5 Jahren mit 3 pCt. verzinſet werden
sollen, zum Glückſtädter Hafenbau hergeben will, während die Holſt.
Stände 200,000 Rbthlr. als reine Gabe verlangten. (W. Z.)
Poſen , 9. März. (Fr.O.- P.- A.-3.) Die, Verhaftung von
mehr als 30 Mitglicdern eines hieſigen Commuriſtenclubs ſcheint
doch cine größere Bedeutung zu haben. Als nicht lange nach der
gefänglichen Einziehung der jungen Leute ein Theil derselben wieder
auf frcien Fuß geſettt, ein anderer bloß unter poliz:iliche Aufsicht ge-
ſtellt wurde, da glaubte man allgemein, die ganze Sache reducire
ſich auf einen urüberlegten Str.ich von Jünglingen und Knaben.
Zu der lettern Kategorie gehörten auch die bciten Söhne eines
hiesigen hochachtbaren Beamtcn polnischer Nationalität, 12 und 16
Jahre alt, von denen der ältere Gymnasiaſt, der jüngere Hand-
lungslehrling warz beide hatten nämlich Hausarreſt in der Wohnung
ihrer Eltern. Inzwischen war die Untersuchung von der Polizei:be-
hörde auf das Criminalgericht übergegangen und da soll die Sache
denn doch cine ernſtere Wendung genommen haben. Entweder aus
Furcht vor den unarsbleiblichen schlimmen Folgen, oder auf Jauſtiga-
tion andercr Mitwiſſer und Milſchuldigen, tie dadurch unentdeckt zu
bleiben hoffen, haben die beiden eben genannten jungen Leute ſich


 
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