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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 207 - No. 237 (1. August - 31. August)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44007#0897

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. Ausland erhöht ſich das



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aufſchlag.

L 1.7

Mannheimer Abendzeitung.

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Zeile in Petitschrift oder
deren Raum 3 kr. Znuse-
rate, worüber die Redak-
tion Auskunft zu ertheilen
hat, die Zeile oder deren
Raum 4 kr. ~ Briefe
und Gets erbittet man
ranco.



Mittwoch





* Veformbeſtrebungen der Studenten
in Halle.

Die Bewegungen innerhalb des Fstudentiſchen Lebens in Halle
während des letzten Jahres haben die Tendenz, den Begriff der freien

Assoeiation, gegenüber den feſtgeſchloss en en Geſellſchaften, konse-

_ quent herauszubilden. Der erste Akt dieser Entwicklung: die Auflö-

ſung der sog. Halliſchen Burschenschaft, ~ aus der freien bewußten

î_ Entſchließhung des größten Theils der Mitglieder hervorgegangen,

war bedingt durch den Widerspruch, in den das demotkratiſche Ele-
ment der Burſchenſchaft mit dem ariſiofratiſchen Weſen in feſtgeſchloſ-
. sener Korporation gerathen mußie.

Hieraus folgte die allgemeine
Opposition gegen die landsmannschaftlichen Verbindungen. Schon
die Bursſchenſchaft hatte bekanntlich ſolche Opposition geübt, allein ſie
war zu abfrakt gegen das Princip überhaupt gerichtet gewesen; jetzt

opponirte man der Herrſchaft des Komments, der Seele jener Kor-

porationen, Dem, was sie, trotz der burschenſchaftlichen Elemente,
die ſie in letzter Zeit aufgenommen, noch zuſammenhielt. Es bedurfte
aber dieſe Oppoſition wenn ſsie eine Fortbildung erzeugen sollte, einer-

ſeils einer beſtimmten Organisation, auf der andern Seite einer po-

ſitiven Grundlage.
Mit bewundernswürdiger Schnelligkeit erfolgte die Organisation
des außerhalb des Veroindungslebens stehenden Theiles der Studen-

. tenſchaſt. Kränzchen bildeten sich und sandten ihre Vertreter zu einem

ftudentiſchen Ausſchuß, welcher den Kampf speziell zu leiten hatte..

...Es war hiermit der Grund gelegt zu einer Vereinigung der getrenn-
„ten Studentenſchaſt in eine ſo lange angestrebte ſtudentiſche Allge-

meinhcit. Sollte die freie Aſociation aller akademiſchen Bürger aber
Peben gewinnen, so durfte man bei dem bloßen Negiren der soge-
nannten „Korps" nicht ftehen bleiben, – man hätte ſicherlich eine

„ gefährliche Reaktion erzeugt, dicselbe Reaktion, welche die Idee einer
allgemeinen deutſchen Burschenſchast scheitern ließ. Es bedurfte einer
Poſitiven Geſtaluung dieſes Rechtsbewußtseins der Studentenschaft.
.. .So war denn die Frucht der Bewegung der Entwurf eines Ehren-
. gerichts oder vielmehr ( ~ wie man richtiger sagen würde, da in

dieſcm Entwurfe von dem Duell gar keine Rede iſt, ſo daß es durch-
aus zur Sache des Cinzilnen wird, ob er ſich schlagen wolle oder

nicht, worurch. dinn der Begriff der ftudentisſchen Ehre im herkömm-

lichen Sinne ganz aufge geben wird = ) einer ſtudentiſchen

_ Jury, als einer Zentralrechtsbehörde, welche das Organ des ſtuden-
.. tiſchen Bervußtseins bilden soll.

Als die Opposition hierdurch Organisation und positive Grund-

. lage gewonnen, neigten die landsmannſchaftlichen Korporationen selbſt
sich auf ihre Seite hinüber. Nur eine dieſer Verbindungen verfolgt
vie reinkonſervaiive Richtung mit unglaublicher Konsequenz.

îHWas das Verhältniß der Behörden zu der neuen Bewegung be-

trifft, so haben ſich Prorektor, Senat und Universitätsrichter off iciekl
. zwar noch nicht direkt für dieſelbe ausgesprochen; allein aus dem
_ Unmktande, daß diese Behörden eine Commission zur Begutachtung des
_ Statutenentwurfs zum Ehrengericht ernannten, geht deutlich hervor,
. daß ſie selbst die Conſtituirung desselben wünschen. Auch vom Mini-
î fierium hofft man mit Zuverſicht, daß es der Entwicklung eines
freien, gemeinsamen studentischen Lebens dicsmal keine Hemmung ent-
.. gegens.tzzn und darin nicht die Frucht der Umtriebe eines geheimen
,. Bündlcrpesens vermuthen werde, welches hier gar nicht exiſtirt.

Naur die Verfolgung der Mitglieder der ehemaligen Burschen-

" ſchaft erregt noch vielfach das Bedenken, ob es den Behörden –~
. und zwar zunächſt dem akademischen Senate – denn auth wotl nirk-
. lich Ernſt sei mit der Begünstigung der freien, vernunftgemäßeren
_ Richtung innerhalb der hiesigen Studentenschaft. Es ißt oben er-

.

wähnt, daß jene Leute den Muth hatten, fich unbedingt einer Idee
u unterwerfen, daß fie die Form ihrer Verbindung zerbrachen, wo-
_ rauf der Geiſt derselben, ter in den Principi.en: Wiss enschaftlich-
, ett und Sittlichkeit ſich ausspcicht, übcr die ganze Studenten-
... schaft sich ausgoß. Und, während man alle Andern jitt ruhig
... Ihren Weg geben läßt, hat i

!

mar für sie nur Hausſuchungey, Career



| und Relezatigner in Bereitschaft! (Herotv.)

s 6. August

18453.

Deutſchland.
6 Mannheim, 4. Aug. Folgender Brief, welcher uns aus Lu-

zern zugekommen iſt, theilt in Bezug auf den Tod Leu's neue

Thatsachen mit, welche für die Beurtheilung des Ereig niſſes von
Wichtigkeit und im Allgemeinen von großem Interesse sind:
„Luzern, 24. Iuli. Die Meinung, daß Leu durch Selb s-
mord ſeinen Tod gefunden babe, bekommt unter dem Luzerner Volke
die Oberhand. Ich habe mit eigenen Ohren diese Meinung sogar
von Rathsherren aussprechen hören, mit dem Zusatze: „me muß das
ned unter d’Lüt lo coh;" und selbſt in den kleinen Kantonen pflich-
ten die, welche etwas klarer sehen, derjelben bei. Oeffentlich diese
Ueberzeugung auszusprechen, iſt hier allerdings gefährlichz aber dies
kann ihre Verbreitung nicht hindern, denn es sind Thatsachen bekannt
geworden, durch welche sie einen bohen Grad von Sicherheit erhält.-
„Man weiß, daß Leu, als er von seiner letten Wallfahrt nach
Sachsen (Obwalden) zurückkam, dem Volke, mit welchem er gegan-
gen war, erklärte, ex werde sie nicht wieder zum Bruder Klaus be-
gleiten, sie möchten ſich einen andern Führer wählen. Männer, die
am 18. und 19. d. M. in Geschäften nach Ebersol kamen, bemerkten,
daß Leu ſeine frühere Heiterkeit und Offenheit nicht mehr habe, und
daß ihn etwas zu drücken scheine, und dieſe Bemerkung war bereits

von den Personen seiner nächſten Umgebung gemacht worden, welchen

es schr auffallend erschienen war, daß er seine landwirthſchaftlichen
Geschäfte, die er immer mit der größten Vorliebe betrieben, gänzlich

I ./ .
greg ig. ist die auffallende Veränderung, welche an Leu in

den letzten Tagen vor seinem Tode unverkennbar geweſen, dem Um-

ſtande zu, daß er kurz zuvor bei einem würdigen Geiſtlichen gebeichtet,
welcher in dem hier zur Herrſchaſt gekommenen Fanatismus eine wahr-
haft chriſtliche Gefinnung behauptet hat. Diese Beichte soll auf das
Gemüth des heftig fühlenden Mannes eine tieferſchütternde Wirkung
ausgeübt haben; und wenn er wirklich zur Einsicht gekommen sein
ſolie, wie zum Unglück des Vaterlandes von rucbloſen Pfaffen seine
gewiß aufrichtige Frömmigkeit gemißbraucht worden, so muß ein Selbſt-
mord bei rer Unmöglichkcit, rückwärts zu gehen und das angerichtete
Unglück wieder gut zu machen, nichts weniger als überraſchend er- .
scheinen.. f

y „Eine Thatsache iſt es, daß Leu am 19. Abends bis ?’/,12 Uhr
geschrieben und tarauf zu Bett gegangen. Um 12’”,/, Uhr geschah
der Schuß. Als die Dienſtboten und Nachbarn herbei eilten und die
Leu befragten, crklärte dieſe, sie habe keinen fremden Menſchen geſe-
hen und glaube, Leu habe die That selbſt getban, und einer der Her-
bcigekommenen sah die Piſtole noch in Leu’'s Hand. Erst der herbei-
geholte Pfarrer sorzte datür, daß die Anzeigen des Silbſtmords be-
seitigt und der Gedanke an denselben unterdrückt wurde.. |

. nDiese Thatsachen. anfäuglich Wenigen bekannt, werden jetzt all-
gemeiner mitgetheilt. und mit ihnen wird endlich die Wahrheit über
das Creizniß durchdringen. Daß die Pfaffenpartei nun und nimmer-

mehr den Selbfimord des Mannes eingesehen wird, den sie als einen

Heiligen und Märtyrer darstellt, mit dem aber die Sache fich selbſt

gerichtet hat, iſt natürlich.

„Ich füge nur noch hinzu, daß Karl Martin Egli der Menſch
iſt, welcher die schändliche Nachricht verbreitet, daß Dr. Steiger mit
seinen 3 Befreiern am 19. nach Sins gekommen und pon da ſich in
der Nacht nacht, Cberſol begeben, wo von Kaufmann, der früher bei
Leu in Dienſt gewesen, die That verübt worden sei." u..

. * Mannheim, 5. Auguſt. Wir haben jüngst (Nr. 207)
den Bundestagsbeſchluß besprochen, durch welchen die deutschen Re-
gierungen ,, ersucht“ werden, den Dcbit der sämmtlichen Verlags-
werke des literarischen Comptoirs in Zürich und Winterthur ,, mög-

lichſt zu hindern.“ HWir begründeten dabei die Meinung, daß die-

ser Beſchluß keineswegs die Verpflichtung den einzelnen Regie-
rungen auflege, alle dort erschienenen Schriften aus ihren Staaten
fern zu halten, und daß es Unrecht und unthunlich sei, darin ein

Verbot sänmumtlicher, auch der wiſſenſchaftlichen nicht politiſchen,
nicht religisſen, Werke anzuerkennen.
ceigniß
nittnit! (/:: Ut ;

*" ". Das literarische Comptoir iſt erloſchen; durch den ſeit

Inzwischen liegt ein Er-
vor, welches dem Bundesbeſchluß das Exequatur völlig be-


 
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