Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Mannheimer Abendzeitung — 1845

DOI chapter:
No. 31 – No. 57 (1. Februar - 28. Februar)
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44007#0227

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Abonnement mitvier-
teljähr. Vorausbezahlung
in Mannheim 1 fl. 15 kr, .
durch die Poſt bezogen im &
ganzen Greßherzogthum y
Vaden 2 fl. 8 kr., im
Ausland erhöht ſich das
Abounement um den Poſt-
aufschlag.



Inseratediegesyaltene
Zeile in Petitschrift oder

. Uh. -. s J deren Raum 3 kr. Znſse-
) g $ ti § Y rate, worüber die Redak-
U l itung. tion Auskunft zu ertheilen



hat, die Zeile oder deren

Raum kr. – Briefe

und Geld erbiettet man
franco.



Mittwoch

26. Februar

1815

Ä z RED E ES









Landtagsverhandlungen.
: | Karlsruhe, 23. Febr. (Schluß.) Die Abg. Welcker nnd Schaaff
erheben sich nach der Schlußrede des Präs. Bekk zu gleicher Zeit.

Welcker: Darin, daß auf der entgegengesetßten Seite sich der Abg. .

Schaaff gleichfalls erhoben hat, sehe ich gerade, vaß ich im Sinne und mit
Zuſtimmung der ganzen Kammer handeln werde, wenn ich Ihnen vorſchlage,
meine Herren, unserm würdigen Präſidenten den Dank dieser Kammer aus-

usprechen, den Dank für die würdige, parteiloſe und die Freiheit des Worts
Fh üouve Handhabung seines schweren Amtes. Am Schlusse der 157. Sitzung
dieses überlangen Landtags werden Sie mit mir überzeugt sein, der Herr
Präſident hatte eine schwere Aufgabe. Selbſt die Mitbürger, die von der
Tribune herab unsere langen Situngen mit ihrer Aufmerksamkeit begleiteten,
mußten dies ſchon gesehen haben. Wir aber, die wir in unseren Commiſssions-
ſikungen, und namentlich in unsern Berathungen über die wichtigen Gesetzes-
entwürfe, die Thätigkeit und Anſtrengung des Herrn Präſidenten verfolgt
haben, müſſen es mit Bewunderung anerkennen, daß er so Großes und
Schweres leiſten konnte. Er hat ſich um die neuen Gesete unſtreitig die
größten Verdienste erworben. Der Herr Präsident wird den Dank, den ich
vorſchlage, nicht weniger gern entgegen nehmen, weil er von der linken Seite
kommt. Der Herr Präsident hat zwar selbſt ein Mal in einer berühmten
Sitzung gesagt, er ſtehe, im Zweifel, mehr auf der miniſteriellen als auf der
liberalen Seite; ich geſtehe offen, ich bin, im Zweifel, mehr auf der liberalen
als auf der miniſteriellen Seite. Aber wo die Achtung des Rechts, wo die
Achtung der Verfassung und der verfaſſungsmäßigen Rechte, des Hohen wie
des Niedern, wo vie Achtung der Gerechtigkeit, wo die ſittliche Würde feſt-
gehalten werden, da wird auch von der Seite, die man Oppoſition nennt,
gegen die Herren auf der andern Seite nicht die Achtung, dieſe Grundlage
des gesellſchaftlichen Bruverbandes, von welchem der Herr Präfident gesprochen
hat, aufgegeben werden. Mögen es die sämmtlichen miniſteriellen Mitglieder,
möge vas Miniſterium wissen, das neue Miniſterium, welches, wie wir hoffen,

f; „eine gute, dem Geiſt des badischen Volkes und der Verfaſſung entsprechende

. Richtung eiuſchlagen wird, ~ mögen sie wissen, daß diese Oppoſition auch da,
wo unsere Ansichten verſchieden sind, dennoch die Achtung würdiger Gesinnung
nicht aufgibt. Ich glaube demnach, daß wir von diesem Standpunkt aus
einſtimmig unserem Herrn Präsidenten unsern Dank aussprechen können.

Sch aa ff: Beauftragt von meinen Freunden habe ich mich gleichzeitig

. mit dem Abg. Welcker erhoben, um unſerm hochachtbaren Präſidenten den

Dank der Kammer darzubringen, + damit aber nicht zu verbinden eine
Rechtfertigung der auf dieser Seite geltend gemachten Ansichten während
dieses Landtags, wie dieß von dem Abg. Welcker geſchehen ift, was er von
seinem Standpunkt aus rechtfertigen zu müssen nothwendig gefunden haben
mag. Ich bin übrigens weit entfernt, eine Diskussion hervorrufen zu wollen,
und sage nur, daß daſſelbe Gefühl deſſelben Dankes für die würdige Amts-

führung unseres hochverehrten Präſidenten während vieses langen Landtags

auch auf unserer Seite zu finden iſt, wie auf ver gegenüber. Aber, meine
Herren, ich habe mich zugleich erhoben, um Sie zu erinnern an die würde-
volle Weiſe, mit welcher unser Vicepräsivdent Bader den Präſidentenſtuhl
behauptet hat, zur Zeit, als der Herr Präsident seinen Plaß verließ, um in
unseren Reihen ein kräftiges Wort in den Diskussionen über die hochwichtigen
Gesetzesentwürfe zu sprechen, deren er in seinem Vortrage erwähnt hat; der
Gesetze, welche diesem Landtage für ewige Zeit in der Geschichte unseres
parlamentarisſchen Lebens eine ausgezeichnete Stelle sichern werden. Mögen
sie zum Wohl des Landes gereichen. Ja meine Herren, ich brauche Sie nicht
zu erſuchen, Sie Alle werden aus voller Seele unserem würdigen Vicepräſi-
. denten den Dank varbringen, dabei aber auch den Wunsch, der in der Bruſt
aller Mitglieder dieser Versammlung liegt, laut aussprechen, daß diese beiden
würdigen Männer, die wahre Zierde dieses Hauſes, auf dem nächsten Land-
tage wieder in dieſem Hauſe erſcheinen mögen.

: Sämmtitliche Mitglieder geben hierauf durch Erhebung von ihren Sitzen
ihreJZuſtimmung zu erkennen, und damit schloß die Situng.

Deutſchlarnd.

EC Eberbach am Neckar. Wenn sich nur Niemand fürch-
tete ' zu sagen was die Sache iſt, so würden alle Sachen besser ge-
hen — also drückt ſich ein deutscher Schriftſteller in seinen Aphoris-
‘men aus. Jeder, der die Wahrheit ertragen kann, wird mit diesen
Worten einverſtanden sein, der Feind der Oeffentlichkeit wird jedoch
bedenklich den Kopf darüber schütteln, denn zuweilen berühren die
wahren Worte sein Ohr auf eine empfindliche Art. - Am 15. Febr.
fand hier die Wahl eines erſten Bürgermeiſters stat. Mit 44
Stimmen gegen 29 wurde der gewesene von seinem Ehrenplatze ver-
drängt und ein jüngerer Candidat an dessen Stelle geiett, der ohne
Zweifel das allgemeine Vertrauen besitzt. Unterdessen, d. h. bis daß
von der Staatsbehörde und der Standesherrſchaft die Bestätigung
erfolgt, versieht der nicht wieder Erwählle immer noch den Dienst
als erſter Bürgermeister, was viele Wähler und Bürger durchaus
nicht begreifen können, denn nach der Meinung derselben hört die
Dienſtzeit auf, sobald die 6 Jahre verfloſſen sind. Von diesem Tage
an bis zur Vornahme der neuen Wathl, kann allerdings, nach Chriſt,
der Bürgermeister den Dienſt noch versehen, vom Tage der Wahl an,
‘glaubt man jedoch, höre die Dienſtzeit auf,, und es müſſe ein Stell-



vertreter ernannt werden. Chriſt sagt in §. 1t6 Ziffer 2 seines
Werkes : „uDie Bestimmung des Gesetzes, daſj der zweite Bürgermei-
ſter Stellvertreter des erſten Bürgermeisters sei, bezieht ſich blos auf
die Fälle, wenn der erſte Bürgermriſter während seiner Dienſtzeit
verhind.rt iſt, so wie auf die Versehung ſcines Dienſtes nach des-
sen Erledigung bis zur Wiedererwählung eines nenen
erſten Bürgermeiſters." Also schon von der Crledigung des
Dienstes an, soll ein Stellvertreter ernannt werden, und nicht erſt
am Tage der Wahl. Sollten diese angeführten Worte noch nicbt
überzeugend scin, so lese man weiter in dem nämlichen Werke §. 21
Ziffer 2, dort heißt es: „Die Ernennung von Stellvertretern kennt
das Geſetz nur bei Gemeinderäthen und den Mitgliedern des Aus-
schuſſes, während bei der wichtigeren Stelle des Bürgermeiſters, in
der Zwischenzeit, wo kein Bürgermeister da ist, bios eine Dienſtver-
wesung einzutreten hat, d. h. „vom Austritt aus dem Dienste bis
zur neuen Watl.-- P

.- Also foll schon vor der neuen Wahl, d. h. wenn die Dienſtzeit
des Bürgermeisters zu Cnde iſt, ein Dienſtverweser ernannt werden,
und bei uns ereignete sich die seltſame Anomalie , daß der nun nicht
wieder erwählte Bürgermeiſter sechs Tage lang nach Ablauf seiner
Dienstzeit noch funktionirte, und troß dem, daß seine Dienſtzeit 6
Tage vor der Wahl zu Ende war, dennoch am Tage der Wahl mit
den Wählern wählte, und, nachdem ein neuer Candidat erwählt wurde,
der nicht wieder Erwählte zu seinem eigenen Dienſtverweser geſtem-

pelt wurde. Cine Verordnung des hohen Miniſteriums des Innern
vom 20. Juni 1832 No. 8440 sagt:

Unter Stellvertreter iſt da,
wo ein zweiter Bürgermeiſter vorhanden iſt, (dieses iſt hier der Fall),
Dieser, und wo keiner vorhanden iſt, der dienſtälteſte Gemeinderath
zu verſtehen! Das Resultat der Wahl hat deutlich genug gezeigt,
daß ein anderer Kandidat erwählt ward, folglich wird die Funktion
dcs Austretenden, wenigstens vom Tage der Wahl an, aufbören.
Dies iſt die Anficht des Referenten. Nun noch etwas von der Wall-
handlung selbſt. Von den Wählern haben nur sehr wenige gefehlt, ~
ein erfreuliches Zeichen von Theilnabme. Sehr gespannt war man
auf die Nede des Herrn Wahlcommissärs, jedoch ſie war kurzz aber
eine auffallende Verwunderung zeigte ſich, als im Verlaufe der Rede
die Worte vernommen wurden: wes sei nicht gerade nothwendig,
daß man einen Mann wähle, der wissenschastliche Bildung besitze, son-
dern man solle hauptsächlich darauf sehen, daß der Gewählte Lokal-
kenntnisse inne habe, denn diese seien nothwendig, wegen des großen
Umfanges der ſtättiſchen Befitzungen rc.” ; doch wurde dieſer Satz
wieder einigermaßen dadurch verbessert, daß der Redner hinzu fügte,
„es wäre um so beſser, wenn Beides vereinigt wäre.“ — Ob eine
Stadt wie Eberbach, die 4000 Einwohner zählt, und ein Gemein-
devermögen besitzt, das Millionen beträgt, einen wissenschaftlich. gebil-
deten Mann zu 1hrer Adminiſtration nöthig habe oder nicht, das be-
darf keines weiteren Commentars, falls man keinen allzugroßen Miß-
brauch von der Claſtizität des Wortes „wissenschaftlich“ machen will,
was der Herr Redner gewiß auch nicht gethan hat. Vor der Ver-
theilung der Wahlzettel glaubte noch ein Mitglied des engern Aus-
ſchuſſes, das Geſuch stellen zu müſſen, daß man die erſte und zweite
Bürgermeiſterſtelle mit einander vereinige. Dieses Gesuch, jedenfalls
sehr zweckgemäß von den Meisten anerkannt, konnte jetzt nicht gestellt
werden, es war durchaus nicht der Ort dazu, Die redliche Abficht
des Gesuchſtellers anerkennend, hätte es dem Zartgefühle vieler Wäh-
ler wohl gethan, wenn ihm eine sanftere Entgegnung zu Theil ge-
worden wäre; dies wurde mehrfach geäußert. Im Uebrigen lief der
Tag der Wahl ruhig ab, und überhaupt haben sich die Bürger ganz
muſterhaft dabei benommen. Daß Umtriebe von beiden Seiten vor-
gefallen sind, ist oyne Zweifel, denn wo sind diese nicht? Ungesetz-
lichkeiten, Beſtechungen und dergleichen Uebel, die so oft bei den Wah-
len vorherrschen, bemerkte man hier nicht. Wünschen wir deßhalb
den Bürgern Cberbachs, daß der neugewählte Kandivat beſtätigt
werde, und sein Amt rücksichtslos zum Wohl der Gemeinde verwalte.

Verlin, 23. Febr. (D. A. Z.) Die Aufhebung der Bor-
d elle, welche definitiv auf den 1. Jan. 1846 teſtgeſezt war , soll
nua weiter hinausgeſchoben sein. Wohl weniger .auf die Eingaben
der Bordellwirthe, als auf die Bittschriften vieler Bürger, die in
der Auflösung der Bordelle nur eine geſteigerte Gefahr für die Sitt-


 
Annotationen