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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 58 - No. 86 (1. März - 31. März)
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Ubonti ement mit sier-
teljähr. Borausbezahlung
in Mannheim ! ſl. 15 kr.,
burch die Poſt bezogen im
goazen Öroßherzogthum
Baden 2 fl. 8 kr., im
Ausland erhöht ſich das
Aboanement um den Poft-
aufſchlag.

Sonntag

A 79.

Nannheimer Abendzeitung. ü.

23. M z

; Zier tre §

spaitene
rtft oder
deren Raum 3 kr. JInss-

Raum A kr. ~ Briefs
und Er] erbltet man

1845















Deutſchland.

4Ê2 Maunheim 18 März. Gern wollten wir die in einigen
Zeitungen enthaltene Nachricht, daß Profeſſor Jortran in Marburg
durch ein ihm veikündetes Uttheil frei gesprochen sei, beſtätigen, aber
unsre jüngſicn Bricfe aus Kurh. ssen sagen Nichts davon. Wohl aber
hofft die öffentliche Meinung, nach den bis hieher bekannt geworde-
nen Altenſtücken, taß ein solches Urtheil balv erfol. en werde, damit
dem einſtweilen nur grgen Kaution entlaſsenen unglücklichen Manne
endlich auch tie velle Jreiheit und Ruhe werden möge.

Uebrigens darf er, ſeit er den Seinigen wicder gegeben iſt, frei
nnd ohne polizeiliche Begleitung in der Stadt und Gemarkung her-
umgehen z deun der Gensdarm, welcher sich oft stundenlang auf dem
ſreien Platze neben der lutheriſchen Kirche, von welcher aus man
Jortans Hausthüre beobachten kann, ſchen läßt, iſt Jordan nicht
beſchwerlich; vielleicht aber Manchem, der ihn beſuchen möcßte.

Jordan, obſchon ſeine Geiſteskraſt ungeſchwächt geblieven, iſt
körperlich sehr angegriffen. Ihn, ter mebrere Jahre im Gefärgniß
Ut;;-| mußte, hat aber auch das Schicksal hart, sehr hart ge-
roffou! —- j

Getrennt von seiner Familie, mußte er sehn, wie ihm der Tod
im Jahre 1842 eine 14jährige und im Jahre 18144 eine 19ſährige
Tochter genommen hat, ohne daß ihm vergönnt war, den ihm tyeu-
ren Kindein den Heimgang gu erleichtern. i

Im Jahre 1843, wo ſeine Frau lebensgefährlich erkraukte, be-

kam cr zwar die Erlqubniß, ſie auf einige Zeit zu beſuchen, allein
unter einer so läſtigen Bewachung Cintem er ſich alle 10 Minuten
dem vor der Nebenthüre ſtehenden Gensdarmen zeigen, iu der Nacht
aber ihn im Schlafz:mmer haben mußte], daß er ſich ſelbſt der Be-
sorgung der Kranken nicht vollkommen widmen konnte, und dann,
noch ehe ſie geneſen war, in tie Feſtung zurückzebracht wurde.
_ Am 14. Nov. 1844 ſtarb entlich auch ſein hoffnungevoller,
19jähriger Sohn, in Jolge einer Krankheit von mehrern Monaten,
und schon am 17. Nov. mußte der Vater, welchem am 13. October
vergönnt wurde. ſich der Pflege seines Sohnes zu widmen, wieder
in das G fänguiß zurückkehren.

Da die Erlaubniß Jordan's, ſich bei dem kranken Sohne auf-
zuhalten, von tem Obergerichte gegeben war, ohne etwas über die
Art der Bewachunz zu verfügen, ſo that dieß, wie es ſcheint, die
Polizeibehörtez denn es eröffnete am 13. October der Gensdarm
dem Prof. Jordan im Beiſein der Frau, daß ſeine B.wachung in
hjſten s und Weise ſtatt finden würde, wie bei der Krankheit
einer Gattin. G

Cine solche Bewachung wollte ſich Jordan, wie er alsbald er-
klärt baben soll, nicht mehr gefallen laſſen und machte nun mit
ſeiner Frau, im Gefolge des Gensdsarmcn, einen Spaziergang, auf
welchem ſich die Chegatten unter einander etwas bitter über das
Obergericht ausſsprachen, weil es über die Art der Be.vachung nicht
verfügt habe, und übcr die Polizeibehörde, weil sie eine so läſtige,
ſelbſt den Kranken störende Brwachung anordnen wolle. Deshalb
wurde,. wahrſcheinlich auf Anzeige des Gensdarmen, zum allgemeinen
Erſtaunen der Brwohner Marburgs, eine besondere Unterſachung

gezen Jordan und seine Frau eröffnet, welche zur Folge hatte, daß

dem Jordan ein Verweis durch das Obergericht zuerkannt –~ und
die Frau durch das Landgericht in eine Geldſtraſe von 5 Rihlr.
verurtheilt wurde. –~ ]

Daß Jordan, der ſchon so hart geprüfte Mann, dieſe Ver-
urtheilung wegen eines Gespräches mit sciner Gattin schmerzlich em-
pfand, iſt begreiflich. + Wohl ihm, daß er von einer andern und
neuen Untersuchung feine Krnutniß erhielt, weil ſich die Denuzeiation,
auf welche ſie ſich gründete, ſchon durch die Untersuchung als ſchänd-
liche Lüge herausgestellt hatte.

i Es ist dies tie ſchon in öffentlichen Blättern besprochene An-
zeige des ehemaligen Pfarrers und Gymnaſialleprers Blackert, daß
der Obergerichtsrath W........ d in Marburg ihm gesagt habe, Jordan

hätte ihm ſchon früher eröffnet, Kenntniß von dem Frankfurter Attene

tate gehabt zu haben!

. |hrlür hoff.n, dieſe mertwürdize Thatsache und ihre Folgen für
den Angeber recht bald näher mittyeiten zu tönnn. . tt

. vernehmen laſſen. Er hätte sich

t Mannheim. Am 18. d. M. iſt in der Verlagshandlung
von Heinrich Hoff die erſte Lieferung der lang erwarteten & Ge-
ſchichte des Consulats und des Kaiserreichs - von M. v. Thiers er-
ſchi$nen. Wir haben hier ein Beiſpiel von der wirklich erſtaunlichen
Schrelle der Produktion unserer Tage vor uns. Das D: iginal kam
am. 16. . M. in Mannheim an, und am 18. war bereits die erſte
Lieſerung dieses Weifes übersctt, gedruckt, broſchirt und nach Nord-
und Süddeutschland versandt. Die Ulbtbertragung wird von dem
freiſnnigen Literaten Fenner von Fennberg besorgt und
zeichnet ſich eben so durch Präciſion und Correctheit, als durch Ele-
ganz des Styls aus.

>> Ber'in , 18. März. Der alte Agitator des Katholicismus,
Joscph von Görrres, hat sich alſo auch noch über den hl. Rock
indeſſen die Mühe im Grunde er-
sparen können, denn wir kennen seine in phantaſtiſcher Phantaſtik
ſich abhezende Manier zur Genüge, und dicſelbe iſt zu verbraucht,
als daß ſie jetzt noch irgendwie Eindruck machen könnte. Görres
Bücher ſehen ſich alle ähnlich, wie ein Tropfen Waſser dem andern,
und wenn man eins derſelben kennt, kennt man ſie alle. Ob Görre's
fiber den hl. Rock oder über die Hegel’ sche Philosophie ſchreibt,
bleibt sich gleich, er iſt immer derselbe Romantiker, der ſtets die
leichen Kunſtſtücke macht, dasselbe Phra'ſenfeuerwerk losläßt und
n derſelben Perſiflage endet. Ein höheres Ziel kennt er nicht, cines
wirklichen Eingehens auf die Sache, einer logiſchen Durchrringung
und einer volſſtändigen Darlegung derselben iſt er nie fähig gewes
sen. Seine Bücher haben immer nur einen blendenden, nie eineit
bleibenden Einoruck gemacht. Auch in seiner Epoche als Kämpfer
fün. die Freiheit war er kein beſſerer. Auch Napoleon hat er
durch keine tieferen Mittel bekämpft, auch der rheiniſche Merkur iſt
nur ein solches Flatterwerk, das, wenn es jett liest, keinen Ein-
druck mehr hervorbringen kann. G örres Freiheitsauſchauung ging
née über die alte Reichsh rrlichkeit und über die ſtändiſchen Rechte
hinaus. Er wäre, selbſt wenn er ſcine alte Laufbahn verfolgt hätte,
ſegt ein entschiedener Reaktionär. Er würde die Adelsr.chte ver-
kyeidigen und dem Volk nur so viel Freiheit gönnen wollen, als cs
ſîch durch seine alten Stadt- und Zunftrechte zu erringen vermöchte.
Görres hat niemals den Begriff der modernen Freiheit in ſich
aufgenommen, und daher ist cs auch begreiflich, daß er ſich der ka-
kholiſchen Reaktion anschließen und ſich zu deren Apologeten machen
konnte. Er iſt eine Erscheinung in unserer Litcratur, wie Zacharias
Weruer oder Friedrich Schlege! 1€. Er iſt sein Produkt der
unklaren und daher haltloſea Romantik. –

Danzig, 7. März. (Danz. Z,)! In ver: 24. Plenarſitung
wurde ein Antrag auf Aufhcbung des Coicts vom 20. October 1798,
durch welch:s öffentliche Berſammlungen ve boten werden, vorgetra-
gen. Wenngleich dies in einer bewegten Zrit erlaſſene Edict ſeiner
Ueberschrift nach eigentlich nur von geheimen Verbindungen hantle,
ſei doch in neueſter Zeit bei der Anwendung deſſclben hin von abſtra-
hirt und rie Verordnung auf öffentliche Versammlungen angewendet.
Mehrere Anträze auf Orffentlichkeit der Landtageverhandlungen fan-
den große Theiluahme. Es wurden die ſür und wider die Offcnt-
lichkeit und tie ausgedehntere Beröffentlichung der Lanttagsverzand-
[ungen in den Protecollen des 7. und 8 Provinziallanttages aus-
führlich entwickellen Gründe nochmals zur E.örterung gebracht und
man erkennt mir Ausnahme nur weniger Stimmen das Berürfniß
an, durch Zalaſſung von Z1uhörern den Widerſpruch zu lösen, in
dem eine Verſammlung von Ständen .ſich bcfiudet, deren Wirksamkeit
auf dem BV.rtrauen des Landes beruht, während dem letzteren die
Mittel fehlen, ven der Umſicht, Treue und Hinzebung seiner Vertre-
ter Ueber eugung zu erlangen. Oone alle Frage sei das Bedürfniß
der Orffentlichkeit größer als vormals, ta in Folge der Veröffentliche
ung der Beryandlungen das Intereſſe am ſtändiſchen Leven im Volke
tiejere Wurzel geſchlagen hat.

" êD 15. Mirz. (Danz. Ztg.) CProsinziallandtag)t. Mehrere
Petilionen beantragen theils mit Beziehung auf die Geſctze vom 221
Mai 1815 und 17. März 1820 theils aus aligemeinen Gründen,
daß der Landtag ſich um Verleihung einer das preußiſche

Volk als Einheit vertreten~en ſtändiſchen Verfassung
. an den Köuig wenden möge. Der lebyaften Unterſtügung, welche


 
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