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Mannheimer Abendzeitung — 1845

DOI Kapitel:
No. 299 - No. 328 (1. November - 30. November)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44007#1279

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Mittwoch 5., November 1845.



. Deutſchland.

* Mannuheim, 3. November. Ueber Seydenfsticker's e Begnadi-
gung., zur Verbannung leſen wir ferner : h "u

„Hannover, 29. Okt. Der einzige der Wöttinger politiſchen
WBefaagenen, dem man noch immer die NKerkerpforten zu öffnen zagte,
Advokat Seydenſticker, iſt nun endlich auch frei. Zwei Jahre
länger mußte er büßen, als derjenige ſciner Schickſalszefäyrten (Pau-
binger), dem ein gleiches Strafmaß (lébenelängliches Gefängniß) zu-
exfanut war. Auch darf er nicht, wie dieser, in seiner Heimath blei-
ben; nüht einmal in Deaiſchland, sogar nicht in Europa, sondern er
muß. auswandern nach Amer;ka. Dieß war die Bedingung, an welche
seine Freutasſang geknüpft ward..- (A. Allg. 3.) ;

Celle, 30. Okt. (Weſ.-3.) Morgen wird, wenn nicht Con-
tre- Ordre einlaufen sollte, der Dr. jur. Seydensticker, welcher seit
1831 im hi sigen Zuchthauſe als Staatsgefangencr gebalten wurde,
uzater Begleitung eines Landgenodarmen nach dem Amte Lehe abge-
füpyri werden, um von dort nach Amerika eingeschifft zu werden.
Wayrſcheinlich wird seine Familie sich dort einfinden, um dem Vater
und Gatten Lebewohl zu sagen, der ?exilirt aus dem speciellen Bater-
lande – aber fre i iſt, Scyd.nſticker gedenkt fich vorerst nach Pdi-
ladclphia oder Baltimore zu begeben. Die königlich hannoverſche Re-
gierung bat ihm eine Untecnützung von 240 Tylr. berpilligt. Eine
Handlung, die er darkbar anerkennt. Die Tyheilnahme, welche ſein
haites Sch ck'al fünfzehn Jahre im Zuchthause gyier errezt, beurkun-
det ſich auf oielerlei Weiſe. Auch hoffen wir, daß in dem reichen
Bremen fich Männer finden werden, die den 43jährigen Anfänger
ia einem neuen Welttheile mit ihren mächtigen Empfehlungen
verſchen werden. Wie man vernimmt, soll er sich hier ſchon mancher
Unterſtütung zu erfreuen zaben, manche ſollen von b.deütenden Häu-
ſern noch nachfolgen, die, wie man ſagt.,
Guzſten in den höhern Kreisen herumgehen laſſen. Wir übersenden
Jounen einige Worte Seydenttickers , die wir ourch Zufall erhalten,
und die mit ſcizer Namensurtierſchrift v.rſegen ſizd: „„Von mehreren

LCrelleaſern h.ute die Summe von 36 Tpir. 18 Gyr. erhalten zu ha-

ben beſcheinige ich hierm.t, indem ich zugleich den wohlwollenden

. {W lensſecn meznin Dank für die Theilnahmne auespreche, vie mir pier
geworden. Nuch in Amerika werte ich mit Rührung der freund-
lichen Bewodner einer Stadt gcdenken, in welcher ich viele Jahre
itiit adcr auch die Uerberzeugung gewonnen habe, daß unter dem
Feilichieten Gewande, unter den Mcinſchen. welche in socialer Bezie-
hung zu den unterzien Klaſſen der Geſellichaft zrhören, häufig das
H.:rz für die L iden des Mitrsders ſchlägt, und -das Gefühl, durch
die That, kräftig in das Leben treten läßt. Tin herziichts Lche-
wohi Villen, die meiner freundlich gedenken. Crüe, am Borahend
metzer ?ibreiſe, 30. Oktober 1845. G. Seyderßs icke r.“

M Sridelberg, 2. Oktober. Ich habe Ihnen neulich berich-
tet, daß Profeſſor Ger v in us vor einem sehr zaylreichen Auditorium
frine Vorlesungen über die neueſte Geschichte begonnen habe, und
daß er durch den großen Zudrang der Zuhörer woÿl genöthigt se.n
werde, den größten Hörsaal der Univerſität zu beziehen. Dies iſt
seitdem wirklich eingetroffen und es bedarf wopl keiues weitern Be-
weriſes. für den großen Beifatl, deſſen ſich diese: höchſt interessanten
Vorleſungen erfreuen. - Nun leſe ich. in einem der letzien Blätter
Ihrer Abendzeitung, es sei bekannt, daß G er vin us .dei dem den-
kenden Theile der hiesigen Studirenden Fiasco gemacht" habe. Diete
Behauptung konnte mich zwar nicht befremden, der ich. die Quelle

ſchr gut kenne, abcr dem Fremden müſſ.n solche Widersprüche in
demſelhen Blatte sehr auffallen. Es iſt deßhalb eine Erklärung noth-
wenrig. Wie sich nämlich in den kirchlichen Gemeinden kleine Häuf-
lein bilden von Solchen, welche die Auserwählten zu sein wähnen
Und sich nicht scheuen, sich allein die Gläubigen zu nennen, so. schaarte
ſich unter der akademischen Jugend ein Häuflein zusammen , rie sich
allein für die Denk enden halten. Allc andern vegetiren nur in
kinem dumpfen Geiſtesleben dahin. Ich möchte diese Himmelsstürmer

die Denkfertigen nennen, weil sie durch unbevenkliches Negiren

zu einem Minimum der Werthſchäßung alles Poſitven und aller
Hiſtorie angelangt und schnellen Schritts mit den wichtigen Fragen
im Reiche des Denkens fertig geworden ſind. Sie schen auf solcher

Höhe, daßſie von Mcnſchen, und über Menſchheit hiuaus gib! es ja nichts



in Circular zu seinen

[mehr, nicht weiter belehrt werden können, sondern in den Vorleſungen,

die sie beſuchen, oder bei dem Leſen der Bücher, welche fie ihrer Auf-
merksamkeit würdigen, sich nur mit der Frage beſchäftigen, ob die An-
ſichten des Profeſſors oder Autors wit den ihrigen übereinſtimmen
öder nicht. An giwiſſen Schlagwörtecn wird sogleich erkannt, ob der-
ſelbe gleieh Feuerbach, Bruno Bauer und Ardern auf der Höhe
der Zeit und der Wissenschaft seht, oder ob er fich in den niedern

Regionen des difioriſchen Fortschrittes mübſam fortbewegt. Hiernach
sodann Vergötterung oder Verachtung] –~ Mit diesem Theile der aka-

demischen Jugend hat es Gervinus, der den modernen Zeitideen nicht
unbedingt huldigt und vor Allem auf gründliches Studium der Ge-
schichte bei der Jugend dringt, allerdings verdorben oder, wie es Ihr
Rorreſpondent nennt, er hat bei ihr Fiasko g-macht; allein ich kann
Jöinen die Versicherung geven, daß iener ſich überftürzende Hochmuth
zum guten Glücke nur bei Wenigen vorkommt, und daß unſern Denk-
fertigen nur der Troſt Lichtenbergs bleibt, daß eben der Verſtand
bei der Minderheit sei, oder wie unsere Frommen sagen würden:
„Biele sind berufen, ader nur Wenige find auserwählt.4«

Heidelberg, 29. Oct. (S. M.) Schon vor einiger Zeit hatte
der Schwäb. Merkur gemetdet, es hahe das badiſche Staatsminiſte-
rium vor Kurzem eine Note sehr strengen Inhalts an den Erzbi-
ichof erlaſſen, wegen deſsen jüngsten Generale's an die Kuratgeiſtlich-
keit, wodurch dieſe angewiesen worden, bei Anmeldungen der Absicht,
eine gemiſchte Ehe einzugehen, vorerſt Bericht über den ſpeciellen
Fall zu erſtatten und Entſcheibung einzuholen, ob die Trauung vor
ſich gehen solle. Diese Nachricht ging auch in mehrere badische Zei-
iungen über und veranlaßte eine Widerlegung, worin behauptet
wird, die erwähnte Nachricht sei unrichtig, das Staatsminiſteriutm
yabe die Sache act auta gelegt. Der Schluß dieser angeblichen Be-
richtizung läßt deutlich genug erkennen, daß sie in einer der Regie-
rung feindseligen Richtung verfaßt, also nicht aus offizieller Feder
gefloſſen is. Wir haben seither vergeblich erwartet und mit allen
Freunden der gesctzlichen Ordnung sehnlich gehofft, es werde eine
offizielle Erklärung erscheinen, getröſten uns auch noch derselben um
so mehr, als die Sache selbſt vom Stantpurkt der Staatsregierung
aufgefaßt, kaum einem erheblichen Zweifel unterliegen dürfte. Deny
1) es handel: sich nicht um einen Streit zwischen Katholiken und
Poteſtanten, sondern um Schutz der Willensfreiheit der Erſteren in
Schließung der Ehe und Brstimmung über ihre Kinder. 2) Es iſt
nichr die Rede von einer Anmuthung an den Erzbischof, etwas sein
Geriſſen Bennruhigendes zu thun, sondern von dem Verlangen, er
ſolle die Glaubens- und Gewisßsensfreiveit der Katholiken nicht ſtö-
ren, ihnen das Zusamm-nleden mit Proteſtanten nicht zur Sünde,
zum Gegenstand ron Kirchenſirafen, zum Anlaß der Bernichtung
ihres Seelenfrciedens machen. 3) Es handelt sich nicht von der
Frage: Was ſfoll eine Kirche verlangen, daß ihre Angehörigen als
ihren Glauben befennen, sondern davon, was ſoll jede Kirchenge-
selſchaſt als eiwas Bestehendes dulden, damit beide chriſtliche Reli-
gionsgesellſchaſten frieolich nebenrinander beſtehen können. 4) Es
soll n <ts Neues, der römischen Kurie Feindseliges eingeführt, cs
soil vielmehr der ſritherige Zuſtand, nrit welchem alle Staats- Ange-
hörigen zufrieden waren, erhalten, es soll ihr mit Kraft und Nach-
druck entgegengetreten werden, wenn sie den Frieden ſtören will.
Aber es yandelt sich, soweit wir die Lage der Sache kennen, noch
5) um etwas Hochwichtiges, um Behauptung der landesherrlichen
Kirchenhoheit, um Behauptung der Stellunz der Staatsgewalt ge-
genüber der Kirche, um die Frage: Kann die Kircheugewalt in Au-
gelegenheiten gemischter kirchlicher Natur, in solchen, die auf den
bürgerlichen Zuſtand der Staatsgenoſſenſchaft wesentlich einwirken,
cigenmächtig verfügen, ohne die Zuſtimmung, selbſt gegen den aus:
drücklichen Willen der Staatsregierung, kann sie ſich über fe hin-
weg, ja ſelbſtgebictend über ſie segen? Wohin müßte es mit einer
Staateregierung, zumal in einem Lande, in welchem Staatsbürger
verſchiedener Konfeſsonen gemischt unter cinander l:ben, kommen,
wenn dieſe Gattung von Autonomi-: durch paſſivces Berhalten dcr
Regiexung sich Geltang verschaffen könnte !

Es. pandett ſich endlich 6) are Aufrechthzitung der Stagtsgrurtd-
grseze, bie beſtanden: baden, ‘he das Erzhisibum Frefvyrz crricht!t
wurde, the vie jet [.benden G iſllichea die ipuen von per Stagiste-
 
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