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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 31 – No. 57 (1. Februar - 28. Februar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44007#0231

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MUbonnementmitvier-
telſöhr. Vorausbezahlung
in Mannheim 1 fl. 15 kr, [ P
durchdie Poſt bezogenim ay;[47/ rf

anzen Großherzogthum .
L. 2 fl. s fr., im
Ausland erhöht sich das
Abonnement um den Poſt-

aufschlag.



Inseratedlegespaltene
Zeile in Petitſchrift over
deren Raum 3 kr. Inse-
rate, worüber die Redak-
U. tion Auskunft zu ertheilen
L P hat, die Zeile oder deren
Raum 4 kr. – Briefe
und Geld erbiettet man
franco.

1815





. Donnerstag

Deuctſchland. . t |

** Karlsruhe, 24. Febr. Das Gesetz, die Aufnahme eines Anlehens
von 14 Millionen Gulden betreffend, lautet: Leopold 1c. Mit Zuftimmung
Unserer getreuen Stände haben wir beſchloſſen .und verordnen, wie folgt :
Art. 1. Die Eisenbahnschuldentilgungskasse iſt ermächtigt, auf den Grund des
ihre Errichtung betreffenden Geseßes vom 10. Septbr. 1842, unter Aufsicht
und Leitung des Finanzminiſteriums, eine Staatsschuld von .14 Millionen
Gulden zu kontrahiren. Art. 2. Das Anlehen soll durch Verkauf von Loosen
gemacht, vom 1. April 1846 an zu 3'/, Prozent, in halbjährigen Raten zahl-
bar, verzinst und in mindeſtens 30 bis höchſtens 40 Jahren getilgt werden.
Art. 3. Die Verzinsung und Tilgung des Anlehens hat durch Einlösung der
verkauften Loose mittelſt Entrichtung des auf jedes derselben fallenden Ge-
winnstes zu geschehen. Art. 4. Der Nennwerth eines Looses, die Zahl der
Jahre, binnen welcher mit Rücksicht auf die Vorschrift des Art. 2 die Ein-
löſung sämmtlicher Loose erfolgen wird, die Zahl der Ziehungen, mittelst
welcher die Looſe zur Einlöſutg bezeichnet werden, die Zahl der Loose für
jede Ziehung, den Betrag der Gewinnste für jede Ziehung im Einzelnen und
im Ganzen setzt der Verlooſungsplan feſt. Dabei müſſen folgende Bestim-
mungen zur Anwendung kommen: 1) Die Looſe sollen alle den gleichen Nenn-
werth, und zwar einen solchen von mindeſtens fünfunddreißig Gulden erhalten.

HN) Es ſollen vom 1. April 1846 an jährlich oder halbjährlich Loosziehungen

ſtattfinden und die gezogenen Loose je am I. April des nächftfolgenden Jahres,
beziehungsweise am 1. Oktober des laufenden und am l1. April des nächſt-
folgenden Jahres, durch Berichtigung der auf sie fallenden Gewinnſte einge-
löst werden. 3) Kein Gewinnſt soll weniger betragen, als der Nennwerth
eines Looſes, nebſt den bis zur Zeit der Heimzahlung erwachsenden einfachen
Zinsen von 2 Prozent jährlich. 4) Die Gesammtsumme der gtährlich zu be-
richtigenden Gewinnſte soll entweder forhin beiläufig gleich bleiben oder aber
vom erſten Jahre an bis zum Sthlusse der Tilgung u:u für Zahr allmählig
ht . d! de LU tt N: hoert U
varaus fällig werrenden, in halbjahrigen ni zu berichtigenden Zinsen und
die in gleicher Weise zu leiſtenden Zinsen von jenen Zinsobeträgen, welche nach

dem Verlooſungsplan nicht zur Verfallzeit, ſondern erſt in späteren Terminen

bezahlt werden, müssen durch die Gewinnſte der Gesammtheit der Loosinhaber
vollſtändig zu gut kommen. Art. 5. Den Verloosungsplan hat der Anlehens-
unternehmer zu entwerfen, das Finanzminiſterium zu genepmigen und die
Eisenbahnſchuldentilgungskasse zu vollziehen. Zu weiteren, als den im Art. 4,
Satz 5 beftimmten Zahlungen kann fich die Eisenbahnſchulventilgungskasse
vurch den Verlooſungsplan nicht verbindlich machen. Der Anlehensunter-
nehmer ift verpflichtet, den von ihm entworfenen Berloosungsplan abzuändern,
insoweit er Beftimmungen enthält, welche durch kollegialiſche Entscheidung
des Finanzminiſteriums, wogegen kein Rekurs statt hat, mit den im gegen-
wärtigen Gesel ausgesprochenen Anlehensbedingungen unoereinbarlich erklärt
werden. Art. b. Den Verkaufspreis der Loose hat der Anlehensunternehmer
in zweiundzwanzig gleichen Raten, die am erſten Tage eines jeden der Mo-
nate Mai 1845 bis mit März 1846 und Mai 1846 bis mit März 1847 fätlig
werden, je gegen Ausfolgung einer. enisprechenden Zahl von Loosen zu ent-
richten. Zur Sicherheit für den Vollzug des ganzen Geschäfts hat der An-
lehensunterneymer eine Kaution von 500,000 fl. einzulegen, die nach Einzaÿ-
lung der Hälfte ves Anlehens auf 300,000 fl. und nach Einzahlung von drei
Vierteln deſſelben auf 150,000 fl. beschränkt wird. Art. 7. Die Begebung
ves Anlehens findet im Wege der Konkurrenz und Publizität Statt, wenn
annehmbare Gebote erfolgen. Art. 8. Die Konkurrenten haben ihre Gebote
durch Summisſſionen abzugeben, die nach Vorschrift des Finanzminiſteriums
abzufafsen und verschlossen einzureichen find. Art. 9. Die Gebote müssen auf
eine beſtimmte Summe für je 100 fl. in Loosen lauten und können nur ange-
nommen werden, wenn der betreffende Konkurrent die im Artikel 6 feſtgeseste
Kaution noch vor Eröffnung der Summisſionen gestellt hat, Art. 10. Die
Sumumisſſionen müssen an dem vom Finanzminiſterium anberaumten Tage und
vor Ablauf der feſtgesſeßten Stunde übergeben werden, Die Uebergabe ge-
<hieht in einer Sigung des Jinanzminiſteriums, zu welcher der Direktor der
Amortisationskaſse beizuziehen iſt. Mit seiner Summissi n hat jeder Konkurrent
den von ihm beabsichtigten Verloosungsplan, iedoch besonders verſchlossen, zu
übergeben. Zn Gegenwart sämmtlicher Summittenten werden sodann die ab-
gegebenen Summiſſionen und Verlooſungsplane unter gemeinschaftliche Siegel
gelegt. (Schluß folgt.)
: +® Berlin, 18. Febr. Kürzlich ſind hier die Aktenſtücke des fol-
genden, sehr intereſſanten Vorfalls bekannt geworden. Ein Bewoh-
ner des Dorfes Zuthen in der Neumark, Namens Zickuhr, hatte fich
bei dem Prediger dieſes Ortes zum Abendmahl gemeldet. Dieser ver-
weigerte ihm aber daſſclbe, weil er gegen ken Schullehrer einen un-
verſöhnlichen Groll im Herzen trage. Dieser Schulleprer, Freiberg

_ mit Namen, hatte nämlich vor drei Jahren die Tochter des Zickuhr,

um sie zu züchtigen, aus der Bank gezogen, sie dabei fallen lassen
und ſie hatte dadurch einen Schaden am Knie erlitten, der ihre Ge-
sundheit untergrub und ihr zuletzt die Waſſerſucht zuzog, so daß ſie
dem Tode nahe iſt, Zickuhr sagte dem Prediger darauf, daß sein
Verhältniß zum Lehrer ihn Nichts angehe, sondern daß ihm nur ob-
liege, seine Meldung zum Abendmahl anzunehmen. Auf die wicder-
holte Weigerung reichte Zickuhr darauf eine Beſchwerde bei
dem Minſſterium ein, erhielt aber von diesem die Aniwort, daß

27. Februar

der Prediger vollkommen recht gehandelt habe, und daß er erſt dem
Lehrer Freiberg verzeihen müſſe. Nicht dieser, sondern die Ungeſchick-
lichkeit des Mädchens sei an ihrem Unglück ſchuld gewesen und es ſei

' durchaus nicht berrieſen, daß seine jetzige Krankheit daraus hervorge-

gangen sei. „Was endlich Ihre Beschwerde über den Prediger Dick-
mann betrifft, heißt es wörtlich in dem Rescript, der sich weigerte,
Sie im unversöhnlichen Zuſtande Ihrer Seele zum heiligen Abend-
mahle zuzulassen, so iſt diese Weigerung als unbegründet nicht anzu-
nehmen, (ein trefflich Kanzleiſthl) der den Geiſtlichen das
Recht und auch die Pflicht zuerkennt, solchen Personen,
welche ihr er Ansicht nach das Abendmahl zu ihr em Ver-
derben genießen, dasselbe vorläufig zu verſa gen.

Zickuhr wandte sich darauf in einer Immediaivorſtellung an den Kö-

nig , wie gewöhnlich wurde diese jedoch an das Ministerium gesandt
und von diesem beantwortet. Nachrem Zickuhr in tieser Antwort
ein Vorhalt gemacht worden, daß er sich überhaupt noch an S.
M. den König gewandt, wird ihm derselbe Bescheid ertheilt und
ihm zugleich aufgegeben, das Aergerniß, welches er durch sein Be-
nehmen der Gemeinde gegeben habe, zu beseitigen. Dabei liegt ein
Zeugniß der Gemeinde bei den Akten, daß Zickahr ein allgemein ge-
achtetr Mann sei uad das Verfahren des Predigers allgemeine Miß-
billigung erregt habe. Zickuhr will die Sache jept bei Gericht an-
hängig machen.

© Berlin, 19. Febr. Von D. Rutenberg iſt vor einigen
Tazen eine Schrift über die Jesſuit.1 des neunzehnten Jahrhunderts--
erschienen. Sie gibt 1. einen Rücktritt auf die Geschichte des Jeſui-
tismus , spricht 2. von dem Wisen des Jesuitismus und handelt 3.
von der Stellung der Jesuiten zur Gegenwart. Dieser letztere Theil
hätte ausführlicher behandelt zu werden verdient. Rutenberg hätte
dabei auch des Jesu:tismus, der sich im Proteſtantismus und in der
neueren Politik kund gegeben hat, eingedenk sein sollen. Sagte doch
Friedrich der Große schon: |Die Halle'ſchen Pfaffen müssen kurz ge-
halten werden, es ſeind proteſtantiſche Jeſuiter.--

— Das pyreußische Obercensurgericht hat unterm 28. Jan. ein
nicht sehr bekannt gewordenes Buch über Braunschweig ,als gefähr-
lich“! verboten. Wenn das Buch gefährlich i |, so iſt dieses Urtheil
faſt zwei Jahre nach seinem Erscheinen noch gefährlicher, denn es
kann höchstens dazu dienen, dem wirklich schlechten und längst ver-
geſsſenen Buche neue Aufmerksamkeit zuuwenden. (S. Vaterl.-Bl.)

—~ Ein preußisſches obereensurgerichtliches Erkenntniß vom 31.
Jan., was einer Aufforderung zu Sammlungen für deutsch- katholische
Gemeinden die Eclaubniß zum Druck ertheilt, besagt unter Andern :
Ebenso wenig iſt es unerlaubt, einer von einer öffentlich anerkannten
Kirche abgefallenen Seele eine Unterſtügung zu ermitteln oder zu ih-
ren Gruadſätzen sich zu bekennen, sowie denn ein solcher Abfall von
dieser oder jener Kirche durch äußern Zwang gegen die Gewissens-
freiheit nicht verhindert werden kann. (S. Baterlöl.)

–~ –~ Nachrichten aus Galizien, die uns so eben von
sehr zuverläßigen Quellen mitgetheilt werden, sprechen von einer
äußerſt bedenklichen Stimmung dieser Provinz gegen Oeſtreich. Be-
kanntlich hängt ein großer Theil des galizischen Volkes. der griechi-
schen Kirche an, und die Prieſter dieser Confesſion stehen in virl-
fachem Verkehr und sehr enger Verbindung mit der Geistlichkeit des
ruſſiſches Nachbarlandes. Diese Verbrüdirung soll nun in neuerer
Zeit auf nichts Geringeres hinarbeiten, als die Einheitsidee des
Panslavismus in diesen Gegenden zu verwirklichen, und die griechisch-
katholische Bevölkerung Galiziens auf Rußlands Seite hinüberzu-
ziehen. Wie man uns versichert, ſind die bisher gewonnenen Er-
folge dieses Strebens nicht unbedeutend, und treten von Tage zu
Tage um so entschiedener hervor, als die Centralregierung des
Kaisſerſtaates in ihrer Achtsamkeit und Sorge für die Provinz nach-
läßt. Es scheinen sich hier Ereigniſſe vorzubereiten, welche ſchon
jett unſcre ganze Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen müssen, zu-
mal auch der römisſch-katholische Theil der Einwohnerschaft wenig
Ubneigung gegen die ruſſiſche Herrſchaft zeigen soll, um zunächſt
mit den Polen des Königreichs vereinigt zu sein, und vielleicht der-
einſt eine glückliche Wendung der Dinge unter gleichen Verhältnissen
nutzen zu können. (Weser Ztg.3


 
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