Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Mannheimer Abendzeitung — 1845

DOI chapter:
No. 238 - No. 267 (1. September - 30. September)
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44007#1055

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
As 2560.



N bonnement mitoiern
ur ue sy
durch die Poſt bezogenim

anzen Großherzogthum
Yaven 2 fl. s kr, im s
Ausland erhöht fich das !
#bonnement um den Poſt-

: aufſchlag.

annhe imer Abe ndzeitung. 4.1:

Inserate diegespaltens
Zeile in Petitſchrift oder
deren Raum 3 kr. Znſses-
rate, worüber die Redak-

Raum 4 kr. —~ Briefs
und Heiy ertitel m...



Samstag |

13. September

1845.





















Deutſchland.

* Mannheim, 12. Sept. Die Verfügung des freiburger erz-
biſchöflichen Ordinariats an die fkathol. Seelsorger, ſich, wenn
Brautleute eine gemiſchte Ehe eingehen wollen, zuvor
mit Vorlage aller Verhältnisse an das Ordinariat zu
wenden, um von demſelben die nöthige Weisung zu empfan-
gen (!), iſt bekanntlich von großh. M in ifterium des Innern für
unwirksam erklärt, weil dieſelbe nach den beſtehenden Landes-
geſetzen und der bisherigen Praxis als unftatthaſt und damit unver-
einbarlich zu betrachten sei. Dieses Miniſterial- Eclaſſes ungeachtet
erging aber, wie wir bereits berichteten, in diesen Tagen eine neue
Verfügung des erzbischöflichen Ordinariats, wilche sämmtlichen Geift-
lichen auf das Schärfſte und bei ihrem der Kirche gesſchwornen
Cide befehlen soll, jenem erſten die menſchliche Gefühls- und Wilens-
flimmung und das gesetzliche Recht der Sich-Berheirathenden ſehr gefähr-
denden, ihnen zugleich Zeit und Geld raubenden, den Frieden und die
Einträchtigkeit der Familien, der Confesſionen und der bürgerlichen
Geſellſchaſt schwer bedrobenden, den geh ässigen Streit über
die gemiſchten Eh en verewigenden Ordinariatsbeschluſſe vom
3. Jan. d. J. unbedingte Folge und strengen Gehorsam zu leisten!

Man ſtunte allenthalten über solche Kähnheit ultramontaner Be-
ſtrebungen in unserm, wie man ſagt, aufgeklärten Lande, und dieses
Staunen muß ſich in Baden und ganz Deutschland um so mehr stei-
gern, wenn man berückjichtigt, daß diese Küynheit in dem Augenblicke
zu Tage geht, wo innerhalb der römisch: katholischen Kirche selbſt kräf-
tige Bewegungen versucht wurden, um sie zu läutern und vernünftiger
zu geſtalten. Dieſes Staunen, die Unruhe und Bersorgnisse,
ſuchen ſich denn auch Luft zu machen; man spricht allmä-
lig in allen Kreiſen und, namentiich überall wo, wie am Boden-
ſeé; heller denkende Kleriker ſind, von Seiten der katholischen Geiftlich-
keit ſelbſt, ſich gegen die Anmulhungen und das Verfahren der erzbischöfli-
<en Kurie aus, und wenn auth der Hr. Erzbischof auf die in würdigster
Weise von den geachtetſten Geistlichen und Laien verlangte Berufung
der in der Kirchengeſetzgebung gebotenen Synoden auf's Entsſchiedenſte
verweizert hat, so erheben ſich denn doch laut die Stimmen für Kirchen-
reform und geg en die neuen Uebergriffe der Ultramontanen. Zum Be-
weiſe und zur ernften Beachtung laſſen wir einen Conſtanzer Corre-
uz der am erzbischöflichen Sitze erſcheinenden Oberrhn. Ztg.
prechen:

gj,Die, wie wir vernehmen, nur zu wohl begründete Nachricht in Bezug
auf den erzbiſchöflichen Erlaß an die Pfarrer, die Sache der gemiſchten
Ehen betreffend, hat bei uns eine bedeutungsvolle Sensation erregt.
Die Gutgesinnten ſind betrübt darüber, daß die Vorfechter der
römiſch-katholiſchen Kirche, welche im Allgemeinen den Spruch: „seid
klug wie die Schlangen" nur zu wobl zu beherzigen wissen, es für
angemessen hielten, einen solchen Conflikft der Staats- und Kirchenge-
walt in dem aufgeklärten Baden herbeizuführen, wo ſie nicht
nur die Macht und das Ansehen der Regierung, sondern, mit weni-
gen Ausnahmen, selbſt die ganze katholisch: Bevölkerung ja sogar
den größten Theil der Geiälichen gegen sich haben. Erfreut aber
ſind .die Gutgeſinnten darüber, daß der Regierung in einem so criti-
schen Momente eine Gelegenheit zu Theil geworden ift, ganz deutlich
zu erkennen, wessen sie sich von der viel gepflogenen Freundschaft der
Nömlinge zu gewärtigen hat."

: „Der Kern der hiesigen Bevölkerung und mit ihr, wir hoffen [s.
der ganzen katholischen Bevölkerung Badens wird nicht anftchen, ihre
Ibneigung über die Anmaßung der römischen Priefterſchaft an den

Tag zu legen und feierlich zu proteſtiiren gezen den frevelhaften .

Versuch, durch Vorwerfung des verrufenen Zankapfels, durch den
Streit über gemischte Ehen die Saat der Unduldsamkeit und religiö-
ſer Zwiſtigkeit in dem unverletzllich heiligen Gebiete der Familien aus-

_ guſtreuen. Möchte nur die Regierung in diesem nicht von ihr, sondern

Von der anwaßenden Curie begonnenen Zwiſte eine mannhafte und
thatkräftige Stellung behaupten. Es wäre ihrer nicht würdig, wenn
fie den Streit obſchweben und die vereinzelten Pfarrer im Zweifel
liche, welchem von den widersprechenden Geboten, der Curie oder der
Regierung, sie zu gehorchen haben. Es liegt wohl nicht ir. der Absicht
her kirchlichen Oberbehörde, gegen die Geiſilichen, die sich ihrem Be-

fehle nicht fügen, mit offener Gewalt hervorzutreten; aber ihre
Ansicht iſt ohne Zweifel diese, nach dem Verhalten der Geifllichen die
Gesinnung eines jeden Einzelnen zu bemessen und gegen die ihr unbe-
dingt Ergebenen ein empfindliches Spiel von Vexationen ergehen zu
laſſen. Die Würde der Regierung erheischt es, daß diese Abſicht ver-
eitelt werde; daß die Curie veranlaßt werde, ihre mit dem Ansehen
der Staatsobrigkeit im Widerspruch stehende Verordnung zurückzuneh-
men. Orschieht dieſes nicht, so muß die Regierung wenigstens zu
Mitteln schreiten, wodurch die nicdere Geiſtlichkeit sicher geſtellt wird
gegen alle nachtheilige Folgen, die ihr aus ihrem Gehorsam gegen
das Gebot der Landesbehörde, gegenüber der Kirchenbehörde, erwach- .
ſen könnten. Hierin, in dieſer no th wendigen Sicherſtellung der
Ortsgeiſtlichen und Pfarrer gegen alle willkürliche Veration von Sei-
ten der Curie liegt der Kein: einer großen, umfassend-n Verbeſſerung
unserer kirchlichen Verhältniſſe. Wie viele katholischen Geistliche gibt
es in unserem Vaterland, die in Uebereinstimmung mit ihren
Gemeinden den Wuſt römiſch kirchlicher Mißbräuche. ohne writers
von. sich werfen würden, hätten sie nicht die Verfolgung dér obern Be-
hörde, den Verluſt ihres Amtes, ihrer bürgerlichen Exiſlenz zu be-
fürchten. ~ Möchte die Regierung diese Verhältniſſe recht erwägen
und zur Ueberzeugung gelangen, daß sie in einer anfgeklärten, kirchlich
emanelpirten Bevölkerung eine unerschütterliche Stütze, eine ſichere
Bürgſchaft gegen jede Anfechtung von Seiten anmaßender Römlinge
finden kann, während auf der andern Seite, wenn site der unzweideu-
tigen Freundschaft Roms die Sympathie ihrer Bevölkerung opfert,
wenn ſie ihre katholiſchen Unterthanen kirchlich knechten läßt, ihr am
Ende keiu ſicherer Halt mehr in ihrem eigenen Lande bleibt, wenn ſie
in den unvermeidlichen Fall kommt, der stets wachſenden NYnmaßung
Roms Wirerſtand leiſten zu müſſen.-
_ * Mannheim, 11. Septbr. .Aus dem Königreiche Sachsen
schreibt man uns in Betreff der neulich besprochenen Erneuerung von
Bundesbeſchlüſſen von 1832 Folgendes :

„„Dem Berbote der Verſammlungen der proteſtantisſchen Freunde
iſt nun auch das Verbot der sogenannten Bürgervereine gefolgt. Die
Versammlung am 3. August in Crimmitzſchau, die die bekannte Pro-
teſtation erließ, scheint die Veranlaſſung dazu gewesen zu sein. Das .
Mirifterium isl um ein haides Jahr zu spät gekommen, denn jegtt
läßt der Bürger sich nicht so leicht durch eine Miniſterialverordnung
entreiken, was er als gut und recht und verfaſſlunggmäsßig
erkannt hat. Die ſtädtiſchen Behörden, natürlich den Stadt-
rath von L e i p z i g ausgenommen, ſollen zum Theil auch schon
erklärt haben, daß ſie selss die Leiter der Bürgerverſamm-
lungen wären, und daß sie diese nicht vcrbieten würden, so lange nichts
Gesetzwidriges darin vorkäme. Als die Regierung untersagte, die
Kirchen den deutſch - katholiſchen Gemeinden einzuräumen, waren es
auch die ſädtiſchen Behörden, die dagegen proteftirten und ihre Glau-
bensbrüder sogar in feſtlichem Zuge in die Kirche geleiteten. Als
der bekannte Ministerial Erlaß den § 32 unserer Verfaſſangs- Urkunde
D die uns volle Glaubensfreihcit zuſichert ~ aufheben wollte, wa-
ren es ebenfalls die ſdtiſchen Behörden, die dagegen Proteſt erho-
ben. Und jettt ſind es wieder die ſtädiiſchen Behörden, die dem Mi-
nifterium einen Damm entgegenſtelen werden. Man ſſ9pricht viel
davon, Deputationen an den König zu senden.

Wayr ift's, daß man am Morgen des 13. Auguſt in Dresden den
Poſten aus den Gebirgen mit großer Spannung entgegengeſehen hat.
Unwahr aber iſt es, daß das selbſt durch das in Leipzig Geschehene
aufs Höchſte gereizte Volk an etwas Anderes gedacht habe, als Ge-
ſetz und Gerechtigkeit auf verfaſſungsmäßigem Wege zu fordern.
Möglich, daß eben dieses gesetzliche verfaſſungsmäßige Verhalten De-
nen nicht behagt, die gerne eine Veranlaſsung sähen, die Zügel ftraf-
fer anzuziehen ; aber das sächsische Volk wird darum den Weg nicht
verlaſſen, der allein zum Zille führen kann.“

T Aus dem badiſchen Unterrheinkreis, im September.
Vor einigen Tagen ereignete ſich in dem kleinen Städtchen
B. eine auffallende Thatſache Von einem Durchreiſenden kam
das neueſte Schriftchen von Ronge: „Zuruf an meine Glaubensge-
noſſen und Mitbürger“ in die Hände mehrerer Bürger. Eine Ge-
ſelschast befand sich in einer Gartenwirthſchaft. Der Gensdarmenbriga-
dier trat auf einen der Anwesenden zu und forderte ihn auf, im Na-.


 
Annotationen