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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 31 – No. 57 (1. Februar - 28. Februar)
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.. Mannheimer Abendzeitung

12. Februar

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1845



Mittwoch



Landtagsverbandlungen.

Karlsruhe, 8. Febr. (Discussion über Hecker's Nkotion, wegen Holſtein,
Schleswig 1c.) v. Ib ſtein. Sowohl der warme und gründliche Vortrag des
Abg. Hecker, als auch die nach den öffentlichen Blättern in Dänemark, Hol-
fteln und Schleswig über denselben Gegenſtand statt gehabten Verhandlungen
haben mich beftimmt, der Ansicht des Abg. Hecker beizutreten. ~ Ich unter-
flütze daher den Antrag desselben, und jeder Deutsche, dem sein Vaterland
theuer iſt, wird ihm mit Freude zuſtimmen. Es gab eine Zeit, wo es der
Deutsche kaum wagen w Deutschland sein großes Vaterland zu nennen.
Er mußte sich darauf beschränken, das Ländchen, in welchem er zufällig ge-
buren war, als sein engeres Vaterland anzugeben. Die Zeit iſt vorüber;
die deutschen Volksſtämme in dem Süden und Norden haben ſich die Bruder-
hände gereicht; das ganze Deutschland iſt nunmehr ihr gemeinsames Vater-
land. Soll dies aber kein leerer Wortsſchall bleiben , soll es den deutschen
Volke endlich Ernſt sein, seine niedergedrückte Rationalität, wie es Ehre und
Pflicht gebieten, zu retten und zu erheben; will dasselbe aus dem bisherigen
verderblichen Zuſtande der Zerrissenheit heraustreten, um auf diesem Wege
wirklich eine Nation zu werden, ſtark, einig und geachtet von dem Auslande,
wie es dieses mit seiner zahlreichen Bevölkerung, mit seinem gediegenen
Charakter und mit der Lage des Landes in dem Herzen von Europa ſchon

längſt sein könnte und sein sollte, dann , wahrlich! iſt es Zeit, daß die Deut-

schen und ihre Regierungen sich auch in der That als eine Nation bewähren,
und mit der Einigkeit, welche allein ſtark macht, gegen jeden Schritt auftre-
ten, der dahin gerichtet iſt, von dem gemeinsamen Vaterlande einzelne Theile
abzureißen, wie es Dänemark mit Holſtein rc. beabsichtigt. Soll denn Deutsch-
land stets die Beute fremder Nationen sein? + War es nicht lange genug
der Tummelplatz und das Schlachtfeld fremder Nationen, wie ſelbſt der
deutschen Fürsten für ihre Familien- und Erbfolgekämpfe ~ und Alles dies
auf Kosten des Wohlstandes der Bürger und des Blutes derſelben? + Muste
es nicht ſchmerzlich und niederbeugend für ein großes Land wie Deutschland
fein, deſſen ſchönſte Theile, die herrlichen Provinzen dem linken Rheinufer
entlang viele Jahre in dem Besitze einer andern Nation zu sehen, bis endlich
der theuer und abermals mit Blut der Deutſchen erkaufte Friede dieſe Pro-
vinzen wieder zu Deutſchland brachte! + Cine Schmach ähnlicher Art wird
hoffentlich das erſtärkte Deutsſchtand nicht mehr über ſich ergehen lasen. –
Und doch bereitet Dänemark abermals eine solche vor durch sein syſtemati-
ſches Nieverdrücken des deutschen Elementes, und durch die planmäßig vor-
bereitete Einverleibung der deutschen Provinzen Holſtein, Schleswig und
Lauenburg in das Königreich Dänemark. Daher müssen sich alle deutschen
Volkssſtämme und alle deutschen Kammern gegen dieses Unternehmen laut
und kräftig aussprechen, wie wir es thun wollen, damit sämmtliche Regierun-
gen, welche solchen Ruf des Volkes nicht unbeachtet laſſen werden, bei der
hohen Bundesversammlung dahin wirken, daß dieselbe dem Streben Däne-
marks mit Ernſt und Entschiedenheit entgegentrete, wie dies der heute. von
dem Abg. Hecker gestellte Antrag und die von mir vor wenigen Tagen vor-
gelegte Petition des Advokaten v. Weißeneck in Freiburg ebenfalls gethan
hat. Ich wiederhole meine Unterſtützung dieser Anträge.

._. Junghanns: Der so eben begründete Antrag wird seinen Wiederhall finden
in jeder deutschen Bruſt — und auch wir werden wie ich hoffe, einstimmig demsel-
ben beitreten. Wenn wir auch für die Provinzen, welche seit Jahrhunderten
von Deutschland geschieden sind, wenn wir für das Herzogthum Schleswig
nur Wünsche haben, Wünsche, wie für die übrigen Deutschen, welche unter
fremdem Scepter stehen, so haben wir dagegen auf Holſtein und Lauenburg
sin Recht, und es wird der deutsche Bund darauf sehen, daß dieses Recht
nicht gekränkt wird. Dafür wird auch die Vaterlandsliebe deutscher Furſten
sorgen, und vor allem die Vaterlandsliebe des Monarchen, dem die Hut an
der Oſtsee anvertraut iſt. Sie wird dafür sorgen, daß die Nationalität die-
ſer Länder nicht unterdrückt wird, wird dafür sorgen, daß sie nicht losge-
riſſen werden von Deutschland, von dem Bunde, der erſt seit wenigen Jah-
[ren besteht, und dessen Beſtand höchſt gefährdet iſt, wenn auch nur ein einzi-
ges Glied mit Unrecht, mit Gewalt ihm entnommen wird. Die Jürſten ha-
ben ihre Vaterlandsliebe bewiesen in dem Streite, der kürzlich sich wegen
eines andern deutschen Landes erhob. Der deutsche Bund war es, durch
deſſen Einschreiten jenes andere Land uns erhalten worden iſt, und er wird
auch hier wieder seine mächtige Stimme erheben, und uns diese Provinzen
erhalten. ~ Ich unterſtüte deßhalb die Motion. |

_ HBaſsermann: Denken Sie ſich, es berathschlage eine fremde Macht
darüber, ob ſie sich nicht eine Provinz Frankreich's oder England's einver-
leiben könne ~ denten Sie ſich die Wirkung einer solchen öffentlichen Berath-
ſchlagung auf Jrankreich oder England. Nein! man kann sich das eigentlich
gar nicht denken, ~ denn es wird gar keiner fremden Macht, gar keiner
Roeſkilver oder auch noch viel größeren bedeutenderen Versammlung einfallen,
darüber zu berathen, eine Provinz der beiden Länder sich einzuverleiben. +
Aber eine deutsche Provinz sich einzuverleiben, darüber kann eine fremde
Macht, kann eine deutsche Versammlung berathschlagen ! Dies geschieht schon
seit Monaten, nun regt es sich endlich nach langer Zeit, nachdem man be-
richtet wird über die Mißhandlungen der Deutschen in Dänemark, nachdem
man erfährt, daß das deutsche Element dort gewaltsam niedergedrückt wird,
daß die däniſche Propaganda dort freie Hand erhält, daß aber alle Blätter
welche das deutsche Element verbreiten, verboten werden, endlich nach allem
eæ.vêesem regt ſich in Deutschland ein Nationalgefühl, und es erhebt sich in den

_ kammern einzelner Länder eine Stimme gegen ein solches Unternehmen.

Warum aber wäre in Frankreich oder England die Sache ganz anders?
Warum wäre dort ein solches Unternehmen eines fremden Staates ganz un-
möglich? — Defhalb, weil die dortigen Regierungen, sobald sie Kunde da-
sn hätten, ungeſäumt die energischſten Schritte dagegen thun würden, um

zu beweisen, daß sie Alles daran zu setzen wissen, die Intereſſen und die In-
tegrität des Vaterlandes zu wahren. England und Frankreich würden längſt
ihre Gesandten abgerufen, ja vielleicht noch mehr gethan haben, und warum?
Weil vie Minister jener Länder wissen, daß wenn sie die Nationatlehre nicht
auf die kräftigſte Weise gegen das Ausland vertreten, sie vor der Deputir-
tenkammer oder vor dem Parlamente keinen Tag beſtehen können. + !§n
Deutschland iſt es nicht so. Wir wissen nicht, ob. der deutsche Bund einen
Schritt, wie ich glaube, daß ihn die Ehre Deutſchlands fordert, gethan hat;
ift er gethan, so iſt es schon schlimm genug, daß er im Geheimen gethan ift,
und daß er somit seine große Wirkung auf die Allgemeinheit, auf das Na-
tionalgefühl des deutschen Volks verfehlt. + Ich danke deßhalb dem Abg.
Hecker, und unterſtütze seinen Antrag auf das Wärnmſgte. (Forts. folgt.)

** Karlsruhe, 10. Febr. 146. öffentliche Sitzung.

Präſ.: Befk. Auf der Regb.: Min. -Dir. Ziegler,; M.-R. Boge l-
mann, St.-M.-Präſ. v. Böck h, M.-Präs. Reg enauer.

Bader berichtet über den Gesetzentwurf, die Herſtellung eines zweiten
Schienengeleises betreffend, und zwar, daß die Commission die Herſtellung
eines zweiten Geleiſes auf der ganzen Bahn für nothwendig erachte, so wie,
daß die Herſtellung des Geleiſes so bald als möglich ausgeführt werden follte.

Weller erklärt sich für die Herſtellung des zweiten Geleisſes an ven
verschiedenen Stellen, welche die Betrievsverwaltung als geleisbedürftig dar-
geſtelt habe. Q Unter diese Stellen gehöre besonders auch die Strecke von
Heidelberg nach Mannheim, für welche der Redner sofort die Unnntbehr-
lichkeit 41 zweiten Geleiſes nachweist, auf dessen Herſtellung er einen
Antrag stellt. |

Metzger wünſcht, daß nicht bloß an einer Stelle, sondern überall die
zweite Schienenlegung zugleich in Angriff genommen werden solle.

Knapp erklärt sich wiederholt gegen die Eiſenbahnen und somit auch
gegen ein zweites Geleis ~ denn in den Eisenbahnen sieht Knapy die Mör-

'der der ganzen Staatswohlfahrt, den „Schlund“ der das ganze Staats- und
Privatvermögen verschlinge und überall Armuth hervorbringe.

Gerbelkl anerkennt die Unentbehrlichkeit eines zweiten Geleiſes und
wünſcht, wenn nicht gleichzeitig mit dem, auf der Strecke von Durlach nach

Offenburg, doch wenigstens gleich nach diesem die Legung des zweiten Ge-

leiſts zwischen Heidelberg und Mannheim.

Min.-Präs. Regenauer widerlegt die Knapp ſche Eiſenbahnidiosynkraſie,
und versichert dem Abg. Weller, daß das zweite Geleis zwiſchen Mannheim
und Heidelberg nicht so nothwendig sei, als zwischen Durlach und Offenburg,
daß dies aber gelegt werden solle, sobald es unabweislich geworden sei.

Scha aff wünscht, daß die Regierung die Gründe des Abg. Weller wür-

dige und zwar jett schon würdigen solle, weil dieſe Würdigung bereits Ein-

fluß auf die Anlage des gegenwärtig gelegt werdenden Geleiſes haben mochte,
weshalb man jetzt schon darauf Rücksicht nehmen solle, und zwar in Bezie-
hung auf die Spurweite, die wahrscheinlich später mit den ausländiſchen ein-
mündenden Bahnen congruiren muüuſſe.

v. Böck h will noch Nichts von den Aussichten Schaaff's wissen,
berührt blos das Dogppelgeleis zwischen Heidelberg und Mannheim
und versichert, daß die Regierung in der Zeit bis zum nächſten Landtag dar-
über nachdenken werde.

Vogelmann beweist die Unentbehrlichkeit eines zweiten Geleises für
die Strecke von Durlach nach Offenburg und von Appenweier nach Kehl durch
technische Gründe. |

Hägelin findet es wunderlich, daß die Unterländer bereits von einem
zweiten Geleis sprechen, während die Oberländer von Offenburg aus noch
gar kein Geleis haben, deßhalb möge die Regierung vor Allem den Bau des
noch unvollendeten Bahntheiles in Obacht nehmen.

Der Antrag der Commission, daß von Durlach nach Offenburg und von
Aypenweier nach Kehl ein zweites Schienengeleis gebaut werde, wird ange-
nommen.

Der Antrag Wellers, den Zusatz zu machen „auch von Mannheim nach
Heidelberg“ verworfen. Ebenso wird der dazu nöthige Kredit von 1,200,000 fl.
für das Jahr 1845 angenommen. Der ganze Gesetzentwurf wird angenommen,
Knapp allein iſt nicht einverſtanden. (Schl. f.)

Deutſcehland.

Hannvuver, 5. Febr. (Köln. Ztg.) Es ſcheint fast, als
werde ſich die in den Zeitungen bereits mehrfach besprochene Angelegenheit
des canisius'schen Katechismus nicht ohne beklagenswerthe Conflicte
erledigen. Wie man hört, iſt an den Biſchof von Hildesheim nicht
allein das Anſsirxnen geſtellt worden, jenen Katechismus zurückzunceh-
men, sondern auch durch ein eigenes Ausschreiben dieſes seiner Dis-
zese anzuzeigen. Der Biſchof aber soll ~ wie ferner versichert wird
~ entſchloſſen sein, sich diesem Ansinnen nicht zu fügen. Es würde

in dieſem Falle, wenn der Bischof wirklich sich weigert, ſchwerlich

um so weniger ohne herbe Conflicte abgehen, als die Grundsötze des

Königs in Beziehung auf kirchliche Dinge, namentlich der katholi-

ſchen Kirche gegenüber, bekannt genug sind und außerdem ~ wie
wenigſtens im Publikum versichert wird + ſelbſt von Seiten katho-

lischer Einwohner Beschwerden über die Wiedereinführung jenes Ka-

techismus eingelaufen sein sollen.


 
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