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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 1 – No. 30 (1. Januar – 31. Januar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44007#0041

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in Mannheim 1 fl. 15 kr, F
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Baden 2. fl. & fr., im
Auvöland erhoht fich das
Abonnement um den Poft-
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Samstag _

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11. Januar

" Inserate die gefpaltene
Zeile in Petilsſchrift oder
deren Raum 3 kr. Inſse-

V q rate, worüber die Redak-

§ ſ tion Auskurft zu ertheilen

110






hat, die Zeile oder deren
Reum 4 kr. – Briefe
und Geld erbittet man

franco. ;

1845



TY





Landtagsverhandlungen.

** Karlsruhe, 8. Jan. 131. Situng. Präſident Bek k auf der Regie-
rungsbank. v. Stengel, Vogelmann, später Rettia. (Schluß.)
Sprccielle Diskusſion. Art. 2, wornach 30 kr. Geldſtrafe gleichgesetßt wer-

den cinem Tage öffentlicher Arbeit. Ein Tag öffentliche Arbeit gilt gelich eis

nem Tage Gefängniß.

Matby: JIî cs nicht eine Schärfung der Strafe, wenn ftatt früher
40 kr. nun 30 kr. Gcloſtrafe einem Tage öffentlicher Urveit gleichgeftelt werden,
Ich halte tie ganze Deduktion fur irrig, wonach man die Geldftrafe und die
Arbeit in ein Verhältniß bringen will. Die Arbeit iſt hier für die Beſchärig-
ten wabrscheinlich nicht mehr werth als 30 kr., allein für den Frevler iſt sie
mehr Werth unv deshalb kann man nicht sagen, daß ein Tag öffentlicher Ar-
beit mit 30 kr. hirläuglich taxirt sei, ich trage deßhalb auf Wiederherftellung
der früher berechneten 40 kr. an. ;

Dagegen bin ich mit der Commission damit einverftanden, daß 40 kr. mit
einem halöcn Tag Gefängniy identifizirt werde. Ich kenne zwar ein Land, wo
ein Tag Freiheitsſtrafe 7 fl. gleich geachtet wird, fo hoch will ich nun aber die
badiſche Freiheit nicht taxiren, doch wird sie 1 fl. 20 kr. werth sein.

Regierungscommiſſär Rettig rätb, die Beſtimmung der Regierung beizube-
halten, da gewöhnlich uur die unverſchämten und unartigen Sichderarbeitent-
zieher und ſchwächliche Leute eingesperrt werden, allein jenen geschehe Recht und
pieſe versäumen ja im Gefängniß doch nichts.

Gottsch alt: Gefängnis läßt fich uur ganz schwierig mit Geldwerth com-
penſicen, da es hier ganz allein auf die Individualität des Geftraften ankommt,
deßhalo, meine ich, sollte man das Arbeiten auf etwas Sichereres verwenden,
auf sin sicheres Quantum reduciren, z. B. beſtimmen, daß die Frevler ein ge-
iwiſſes Quantum Straßenmaterial herbeiſchaffen müſſen, welches genau taxirt
werden kann. Der Antrag wird von Böhme unte: ftügt.

Sander hält dem Regierungscomm. Rettig eutgegen, daß man einen
brutalen Holzsreuler wegen feiner Brutalität nicht mit Holzfrevel-Arreſt, son-
dern wegen Wiversetlichkeit beſt:afen wird. Sodann, ſagt er, sol es sehr oft

“ vorkommen, daß keine Arbeit vorhanden ift, fo daß man die Gefangnißſtrafe

eintrelen laſſen muß, deßhalb ud weil dieser Artikel hauptsächlich die aus Noth
Jreselnden , nicht aber die Gewoyhnheitsfrevter berührt, sollte man gerade hier
Milde eintreten laſen.

Trefurt hält mit 40 kr. den Tag zu berechnen auch für angemeſſener als
30 kr. und findet zwischen gezwungener Arbeit und gezwungenem Aufenthalt im
Gefängniß kemen grosen Unterſchied.

Met hält die Zwangsarbeit nicht für paſſend, da der Arme dadurch sein
Brod zu verdienen gehindert werde, man moge ihn lieber einsperren.

Der Berichterſtatter Weizel läßt sich noch darüber aus , wie weit der
angerichtete Schaden durch die Arbeit vergutet werden könne, und meint, daß die
Arbeit eines Frevlers der Arbeit rines gewöhnlichen Taglöhners nicht gleichzu-
setlen sei und deÿßwegen man auch 30 kr. angenommen habe.

Sodann hält er Gottschalks Antrag nicht für ausführbar, da er von den
Forſlſtellen bereits versucht, von der Straßeniuſspektion tc. aber nicht angenom-
en worden sei und zuleßt wiversſctzt er ſich sehr dem Antrag Mathy's , weil
sr nie und nimmer durchgehen werde.

Mathy's Anirag wird verworfen.

Knittel hat sich vor der Abſtimmung entfernt.

Ein Untrag von Junghanns , wonach auch einfaches Gcfängniß mit 30 kr.
berechnet werven solle, wird angenommen.

. Gottschalks Antrag auf Niederlegung seines Wunſches in's Pro 1okoll
wird angenommen. :

Art. 3. wonach der Absatz 2. des §. 141. der
Pfund Brod täglich zuerkennt, geſtrichen werden solle.

Hecker weist aus dem Bericht des Abgeord. Weizel den progressiven Pau-
perismu3 nach, weil aus ihm hervorgehe, daß von 27,811 fl. nur 3794 fl.
beigebracht werden konnten und deßhalbd viel abverdient und so viel Brod an-
geschaſft werden mußte. f
Trefurt: Jtc bin damit einverſtanden, wenn in dem Geseß die Befiim-
mung aufgenommen wird, daß die Frevler ihr Bred behalten, aber die Gemein-
den es anſchaffen sollen, damit die Gewohnheitsfrevler, die Liederlichen beſſer
überwacht, und nicht so leicht Armuthszeugnisſse ausgeftellt werden; opnehin
Bedürftigen Sorge tragen.

jedem Strafarbeiicr 1 '/,

nuß ja die Gemeinde ‘chon vor dem für die
. Mathg: Wenn ſich die Kammer darüber ausspricht, daß die Masßregcl zur
Abwendung der Holznoth der Armen nicht blos als Wünsche, sondern als be-
flimmtes Verlangen vor die Kammer oder die Regierung gebracht werden foll,
so wird zugleich der Antrag des Abgeord. Trefurt zur Sprache kommen. Er
ſcheint mir vor der Hand fannehmbar zu sein, allein Brod muß der Strafarbei-
ter in jedem Falle haben. Ich ftelle daher den Antr3g auf Strich des Art. 3.
_ Heck er macht gegen Trefaurts Vorschlag geltenv, daß dadurch eine Gemeinde
die keinen Wald hat, ungerechter Weise zu Brödlieferung gezwungen wird, und
daß eine, die Wald hat, die Armenerhalterin der Andern sein mußte.

. Man will jeßt eben aus Furcht vor Steuern solche Laften ſtets auf die Ge-
meinden wälzen. :

: Hecker läßt in seiner Rede das Wort „Polizeiftaat/“ fallen, Schaaff erhebt
ſich dagegen und nun beginnt ein Wortwechsel über dieses Stichwort. ....
. Sander unterftüßt den Antrag Maihys und nur wenn dieser verworfen
wird, flimmt er für Trefurts Anirag, da er vou dem Grundsatz ausgeht, daß
an dem Armen das Brod gönne.
Emtec es u cette aufhören soll, der das Eigenthum der

e „ ſo | er Walzefrevler aufbören der das Waldeigenthum

angreift, deshalb soll er nicht auch noch Brod bekommen.
Mathys Antrag wird verworfen.
Trefurts Untrag verworfen.
Welckers Antrag angenommen.



Deutſchland.

§§ Vom NhHeiu, 9. Januar. Die vier hessischen Landtags-
Abgeordneten, wenn sie etwas gegen ihren Collegen, den Hoſgerichts-
rath Georgi von Gießen, unternehmen wollten, hätten allerdings
nichts Milderes, aber auch nichts Unzweckmäßig eres unterneh-
men können, als das Schrriben des bekannt gewordenen Briefes an
ihren Präsidenten. Denn welchen Erfolg konnten, durften ſie
von demselben erwarten? Daß der Präsident gern, daß er überhaupt
thuce, worum sie ihn angingen? Daß das Ministerium ſich zu ei-
ner Zurückberufung entſchließe? daß Georgi freiwillig wiche? Wahr-
hastig, man muß die Verhältniſſe und die Menschen nicht kennen,
wenn man ſsich solchen sanguiniſchen Hoffnungen hingahl! Statt
ihr Pulver vergeblich zu verpuffen, wäre es gleich gerathener gewe-
sen, mit einem Antrage an die Kammer aufzutreten. Ein Antrag
kam als neuer Einlguf in die Protokolle der Kammer; er wurde
öffentlich erwähnt; er konnte nicht bei Seite gelegt werden, wie ein
Schreiben; es mußte vom Lusſchuß über ihn berichtet werden; in
versammelter Kammer kam er zur Berathung. Welche Vorzüge,
welche wirkliche Ergebniſſe, für die Gegner Grorgi's! Um so mehr
in Anschlag zu bringen, wo ein weiteres Ergebuiß + der von ih-
nen gewünschte Austritt Georgi's aus der Kammer ~ noch sehr in
Frage steht. Es ist vorhin gesagt worden, die vier heſſiſchen Land-
tagsabgeordneten hätten nichts Milderes gegen ihren Collegen, den
Hofgerichtsrath Georgi, unternehmen können, als das Schreiben des
erwähnten Briefes; aber beinahe findet sich Schreiber dieser Zeilen
veranlaßt, jene Aeußerung zurückzunchmen. Denn den Fall gesetzt
die Regierung wäre dadurch beſtimmt worden, den an Georgi er-
theilten Urlaub ihm wieder zu entziehen und ihn ſtillſchweigend der
Kammer hinauszuthun, — hätte die Sache nicht noch etwas Odiö-
ſeres für ihn gehabt? Selbſt an jenen Brief nämlich ein ſieben-
faches Siegel des Stillſchweigens gelegt ~ es hing kein einzi-
ges daran = wäre doch jedenfals ſspäterbin die Nachricht von
seiner Criſtenz ins Publikum gedrungen und die Erfindungstraft hätte
sich vielleicht noch an Verſtümmelungen deſſelben zum Natchtheile
Georgi's geübt. Georgi wäre keine Möglichkeit der Vertheidigung
gegeben gewesen. Er hätte sagen können: „Ich wurde insgeheim,
ich wurde hinterrücks gepackt.. Liegt in Vorſtehendem, daß im
Intereſſe der Sache und der Antragiteller selbſt, ſowie (dem Prin-
zip gemäß, daß Keinem die Möglichkeit einer Vertheidigung entzo-
gen werden soll), im Intereſſe Georgi's es entsprechender gewesen
wäre, nicht einen Brief an den Präſidenten, sondern einen
Antrag an die zweite Kammer zu verfaſſen, so liegt gleichfalls
in Vorſtehendemn, verbunden mit der ſchließlichen Erklärung
der vier Abgeordneten in mihrem Schreiben, daß das
Unuterlaſſene nun nächſtens von ihnen nachgeholt wird. Man
hat freilich da nnd dort im Publikum gesagt: „Welchen Erfolg
wird ein solcher Antrag haben?, und: „worauf soll er gehen?-
Was seinen Erfolg betrifft, ſo wurde vorhin schon darüber Ciniges
gesagt. Es wurde angedeutet, daß auch ein geſtellter Antrag schwer-
lich an dem landſtändischen Sitze G eorgi's mit Erfolg rüttle. In-
deſſen liegt weniger dar an. Es mag sein Unangenehmes haben,
mit einem Andern collegialiſch verkehren zu müſſen, gegen den die
öffentliche Stimme sich so allgemein erhob. Es mag sogar fatal sein,
da die Großh. Heſſiſche Geschäftsordnung ter Abgéorrneten nicht er-
laubt, ihre Pläye frei zu wählen, sondern eine Verloſung von vier
zu vier Wochen dieselben ihnen anweiſt, in ein bezügiges Berhält-
niß der Nachbarschaft zu gerathen. Aber alles dieses iſt doch mehr p er-
ſönlicher Natur. Es iſt etwas, was die Abgeordneten, welchen
dies unangenehm iſt, mit Anderem hinnehmen möchten. Es ist nichts,
worum das hessische und das deutsche Vaterland sich besonders lum.
mern würde. Anders, insoweit Sachpunkte dabei zur Syrache kom-
men. Und dies führt uns zur zweit-angeregten Frage: „Worauf
s oll, oder vielleicht richtiger worauf könn t e ein lthz .: gte!

(Schluß folgt.)


 
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