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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 176 - No. 206 (1. Juli - 31. Juli)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44007#0739

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A 176.



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16



Deutſchland.

* Gera (Reuß-Greiz-Schleiz-Lobenftein-Ebersdorf), 2. Juni. Auch
hier ift eine Adreſſe an die ausgewiesenen Männer v. Itzſtein und
H ecker vorbereitet und wird mit mehreren Unterschriften in diesen
Tagen an ſie abgehen. Unsere gewerbreiche Stadt zeigt sonst wenig
Theilnahme für die Fragen des Tages, doch hat jener ſtaunenerre-
gende Vorfall selbſt unsere Philifter aufgeschreckt: Jeder anerkennt das
Unrecht und Tiefverletzende des Verfahrens des preußischen Polizeiminiſters
und spricht sich in vertraszlichen Kreiſen entschieden dagegen aus; doch ko-
ſtet ihn die gewohnte und leider meisſtentheils in Deutſchland nicht seltene
Scheu vor allem öffentlichen Hervortreten viele Ueberwindung, und
es iſt darum ohne Zweifel sehr beachtenswerth, daß ſich hier aus eigenem
Antriebe eine Anzahl Unterschriften zu der erwähnten Adresse findet.

Vom dadiſchen Schwarzwalde, 20. Juni. (Oberrh. Z.)
Die Ursachen der steigenden Verarmung der fleißigen Schwarzwald-
bewohner zu ergründen, iſt eine für den Staatsmann und National-
ökonomen wichtige, aber nicht so ganz leichte Aufgabe, weil dazu län-
gerer Aufenthalt und Verkehr , regere Berührung und Zusammenleben
mit den Bewohnern jener Gegend erforderlich iſt. Einsender erlaubt
ſich hier nur einige Andeutungen zu geben; die Uebelſtände gehen
Hand in Hand, und ſind nicht so leicht auszurotten, weil der eine
seinen Grund immer in dem andern hat. Die Brennholzverſchwen-
dung z. B. auf dem Schwarzwalde geht ins Unglaubliche; die Schei-
ter werden nur gespalten und nicht abgesägt, sondern der Länge nach
in die irdenen Stubenöfen geſchoben, so daß Einsender mitten im
Juni in den Wohnftuben, die er betrat, vor der Ofenglühhite es
nicht aushalten konnte. Der schlechte Zuſtand der Straßen und Com-
municationswege hindert die Leute, ihr entbehrliches Brennholz in
die Stadt zu Markte zu führen, es würde mit Zeitverſäumniß, Auf-
enthalt und Fuhrlohn viel zu theuer werden, und dann müssen sie
in der Stadt erſt lange auf einen Käufer warten und ihr Geld ver-
zehren, weil keine Privatholzgärten, Niederlagsdepote oder Gemeinde-
holzmagazine exiſtiren. So würde z. B., wenn einmal die Eiſen-
bahn durch das Kinzigthal fertig sein wird, das Klafter Holz in
Mannyheim, Karlsruhe 1c. gewiß wohlfeiler, werden. Die ſchlechte
Einrichtung der Zimmeröfen aus gebranntem Thon, die gänzliche Un-
kenntniß aller Anstalten zur Holzerſparniß, der Mangel an Gemein-
debackhäuſern und Gemeindewaſchküchen vervielfältigt natürlich den
Aufwand an Feuerungsmaterial, weil jede Familie ibr Brod beim
Bäcker nehmen, oder von Zeit zu Zeit den eigenen Backofen heizen,
und das Waſſer zum Waschen im Stubenofen kochen muß. Sodann
trägt der Mangel an Absatzwegen, auf denen das Bauholz regelmä-
hig verwerthcet werden könnte, der Mangel an Gemeindeholzgärten
auch dazu bei; Holzgärten(plätze) sind so nöthig, wie Fruchtſchran-
nen. Ueberhaupt fehlt es dem Schwarzwalde an der Gelegenheit zu
Vortheilhaſtem Verkauf seiner Naturprodukte und Induftrieerzeugniſse
im Allgemeinen noch gar zu sehr, und hier kommt Einsender auf ei-
nige weitere, höchſt wichtige und fühlbare Uebelſtände zu sprechen, die
den Wohlſtand der Schwarzwälder ruiniren und die Bürger zu He-
loten machen. Es iſt dies a) das Truckſyſtem der en gros-Händler

und Spediteure, die Plackerei der sogen. Packerz b) das nicht gesetz-

liche, aber factiſche Fruchthandelsmonopol der Kornkipper und jüdi-
ſchen Wucherer, welche den ganzen Verkehr in Händen haben, den
Markt beherrſchen und die Preiſe nach Belieben, je nach ihrem Be-
darf oder Vorrath, hinauftreiben oder herabdrücken, so wie e) das
ebenfalls usurpirte Monopol der sogenannten Holzhandlungscompag-
nien, welche allen Handel mit Sägeklöten, Holländer Tannen, Schnitt-
Wwaaren und geflöztem Scheiterholz total an sich geriſſen und die klei-
nen Eigenthümer vom Markte verdrängt haben; endlich d) die Hof-
„metzgerei, das Aufkaufen, Zusſammenſchachern von Gutscomplexen,
die ſchnelle Ausbeutung von Gründen, namentlich Aushauen von Wal-
dungen und dann sofortige Zertrümmerung und Zerſtücklung der Gü-
ter, wenn das Mark ausgesogen iſt, sowie e) der Wucherhandel der
Schacherjuden und das Viehverſtellen. Weitere Mängel, deren Ab-
e Noth thut, sind k) der schlendrianartige Acker- und Feldbau ftatt
s rationellen Betriebes der Landwirthſchaft und Viehzucht; sodann
ver fürchterlich kraſſe religiöſe Aberglaube des Landvolkes und k)
inmäßige Branntweingenuſe.. ]
C+) Oberheſſen. Alsfeld, im Juni 1845. Die Auswan-

'

derungen nach Amerika haben auch in diesem Jahr aus unserer Ge-
gend wieder zahlreich stattgefunden; aus unserem kleinen Städtchen
allein sind in den letzten Monaten circa 60 Jünglinge und Mädchen
in dem blühendſsten und kräftigſten Alter, und größtentheils besonnene,
fleißige und rüſtige Leute ausgewandert. Fragt man dieselben, weß-
halb sie ihr Vaterland verlaſſen, so iſt die gewöhnliche Antwort die:
daß sie Arbeit suchten, die ihnen soviel einbrächte, daß sie ordentlich
leben könnten, und in ihrem Alter, wenn ihre Kraft versiegte, nicht
mit Armuth und Noth zu kämpfen hätten.

Es iſt betrübend für den Patrioten, wenn im Vaterland dem
fleißigen thätigen Arbeiter dieſe billigen Anforderungen nicht befriedigt
werdenz es iſt betrübend für den Patrioten, wenn er das Vaterland

so kräftige Mitbürger verlieren sieht; und ist betrübend für jeden ge-

fühlvollen Menschen, wenn man die Eltern ihre unter Mühen und
Beschwerden erzogenen Kinder, die nun in ein Alter getreten sind,
wo sie sich danach sehnen, ihre eigene Haushaltung zu begründen und
für ihre Zukunft selbſt Sorge zu tragen, die nun in ein Alter ge-
treten sind, wo sie ihren alten Eltern für die Mühen und Sorgen der
Erziehung auch Freude machen und sie unitierſtüten sollten, – ich
ſage, es 1ſt betrübend, wenn man ſieht, wie Eltern ihre Kinder anſtatt
zum Altare und zur fröhlichen Hochzeit, auf den Weg zum Ausland
führen, und man sie für immer in dieſem Le ben deßhalb von einander
scheiden fieht, weil ihnen hier ihre Arbeit den Lebensunterhalt nicht
hinreichend verschafst.

Diese Leute gehören größtentheils zum Mittelſtande und würten,
wenn ſie ſich hier als Handwerker nähren wollten, nach Verlauf
von einigen Jahren die elterliche Mitgift zugesetzt und mit Geldnoth
zu kämpfen haben; nur Wenigen würde es, allen Fleißes ohngeach-
tet, gelin,én, ihr Alter ohne Nahrungssorgen verleben zu können.

Jorſcht man nach der Ursache, wie es kömmt, daß die Noeh

unter dem Mittelſtande immer größer wird, und fich die Arbeit im-
mer schlechter für den Gewerbtreibenden lohnt, so wollen auch hier

wie anderwärts viele den Grund des Uebels darin suchen, daß in

das Gebiet des Zollvereins zu viel fabrizirte Waaren eingeführt und
zu wenig fertige Waaren ausgeführt werden, ſich somit mehr fertige
Waaren aufhäuften als der Bedarf sei, wodurch natürlich die Arbeit
seibſt nicht gesucht, nicht lohnend werde. Wir wünſchen daher auch
hier nichts sehnlicher, als daß der demnächſt zusammentretende Zoll-
congreß sich für paſſende Schutzölle auf fabrizirte Waaren beftimmen
möge, und dafür Sorge trage, daß der ‘Export-Handel durch geeig-
nete Verträge mit dem Auslande sich wahre. .

Die Ansichten der Indugßtriellen, wie diese Schutzzölle zu beſtim-
men, und mit welchen Ländern und auf welche Weise ſich günstige
Verträge abschließen ließen, sollten Diesclben, welche hierüber von
ihren Regierungen nicht zu Rathe gezogen worden ſind, durch die
Presse immer mehr bekannt und geltend zu machen suchen.

Berlin, 26. Juni. In Brziehung auf die wichtigen Perso-
nalveränderungen im Staatsminiſterium und in der Provinzialadmi-
niſiration circuliren wieder zahlreiche Gerüchte und immer von Neuem
taucht das von dem baldigen Rücktritt des Ministers des Innern,
Grafen von Arnim wieder auf; uns selbſt iſt aus einer sonst sehr
zuverläſſigen Quelle die Nachricht zugegangen, daß dieser Miniſter
unter dem 19. d. M. sein Gesuch um die Entlassung aus
d em Staatsd i enſt wiederholt eingereicht hat. (O. P.A. Z.)

~ Die Angelegenheit der weſtphälis ch en Zwangsanleihe,
welche die dabei besonders Betheiligten wohl fortwährend beschäftigt
hat, iſt jüngst durch eine kleine Broſchire des Dr. Wöniger wieder
vor das allgemeine Forum gebracht worden. Hr. Wöniger bezeich-
net die weſtphäliſche Zwangsanleihe als eine Frage der Zeit, die
nicht leben und mcht sterben kann, weil Erſteres ihr nicht geſtattet
wird, Letzteres aber ihrem Wesen widerſtrebt. (Frankf. Bl.)

Stettin. Die Börsennachrichten der Ostsee schließen eine

längere, auf oft wiederholte Gründe geſtützte Vertheidigung ihres

Widerſtrebens gegen jede Erhöhung der Zölle auf aus-
wärtige Fabrikate mit folgendem Satze : der Grund der Sache iſt,

daß unsere Küſtenpro vinzen ganz übereinstimmende (?) Bedürf-

niſſe mit den andern Küſtengegenden Deutschlands und zwar nichts

dagegen haben, wenn der Zollverein für seine übrigen Theile

mit dem indufterielen Schutſyſtem aufs KReußerſte experimentirt


 
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