Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Mannheimer Abendzeitung — 1845

DOI chapter:
No. 146 - No. 175 (1. Juni - 30. Juni)
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44007#0649

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
trinen des badisſchen Abgeordneten.

ä bonn em ent mit vier-
teljähr. Vorqusbezahluan „y „
in Ptannheim 1.f. Gr. MM
urch die Poft bezogen m st
ganzen Großherzogthun „„ 1,6.

av en 2 fl. 81kr., ti! .
Ausland erhöht fich das
Abonnement um den Poft-

auffehlag.



Inseratediegespaltens
Zelle in Petitſchrift oder
deren Raum 3 kr. Zuſs-
tion Auskctte zueriſott

+ hat, die Zeile oder deren
i Raum i kr. ~ Briefs
und “u erbittet man



Montag

9. Juni

1845.





j Deutſchland.

* Mannheim, 8. Juni. Einem treffichen Artikel der „Bremer
Jeitung- über v. Ih ſtein' s und Heck er’ s Ausweisung aus Preußen,
h:! wir ursprünglich ganz zu geben beabsichtigten, entnehmen wir
Folgendes :
fel Aus der Rheinprovinz, 27. Mai. Die Handlungsweise,
die von Seiten der preußischen Polizei gegen die badischen Ab-
géordneten v. Iuyſtein und Hecker eingehalten worden iſt, macht
hier einen ungemeinen Eindruck. Man fragt: Was kann wohl
der Grund dieſer Maßnahme sein? Herr Hecker iſt ein Deputirter
seines Landes, ein achtbarer und geachteter Rechtsgelehrter, ein
Bürger der Stadt Mannheim, mit dem nothwendigen Paſſe ver-
sehen und ein Mann, auf dem keinerlei Makel ruht. Herr von
Iyuſtein, oder wie man ihn in Baden 1c. nennt, Vater Itstein, iſt
einer der bedeutendſten und einflußreichſten Staatsmänner Deutſch-
lands, tiner der Bannerträger des conſtitutionellen Princips, das
in ihm gewissermaßen verkörpert erſcheint, ebenfalls ein Rechtsge-
lehrter, ein entschieden freiſinniger Mann, aber ein Mann des Ge-
ſezes. Aber auch er wird jenes polizeiliche Requiſit gehabt haben,
das man Paß nennt, ein Requisſit, welches vor mehreren Jahren
in England als überflüssig abgeschafft wurde. Herr von JIyſtein
wird von Millionen Deutſchen hoch verehrt, drei Viertheile der Be-
wohner des Landes Baden lieben ihn mit Hingebung und Leiden-
ſchaft, hängen an ihm mit Wärme und der innigsten Treue, am
ganzen Rheinstrom iſt man stolz auf den mehr als ſsirbenzigjährigen
Greis, seine entschiedenſten politiſchen Gegner neigen sich vor dem
Talente, der Ehrbarkeit, dem energiſchen Willen und dem durch und
durch achtbaren Charakter dieses vortrefflichen deutschen Mannes,
der immer für des Baterlandes Wohlergehen und Größe gewirkt
hat. Dieser Greis kommt mit einem jüngern Freunde und Mit-
bürger derselben Stadt nach Berlin es um zu durchreiſen, und in
Stettin den badischen Zollvereins - Commiſsarius Hoffmann zu be-
suchen (früher Abgeordneter, eine bedeutende finanzielle Capacität,
ſpäter nach Stettin an die Ostsee verſ.tzt), – dieser Mann kommt
nach der „Hauptſtadt der Intelligenz,- ~~ und Morgens früh er-
ſcheint ein. Polizeibeamter und bringt ihn auf den Schub! Der
hochgeachtete Deputirte begibt sich zu seinem badischen Gesandten,
um den Schutz in Anspruch zu nehmen. Der badische Gesandte
läßt den angeſschenſten Deputirten seines Landes abweisen, weil er
ſchlafe, und ſein Kammerdiener läßt den Alterspräsſidenten der badi-
schen Volksvertreter, der aus dem Königreiche Preußen hinausge-
wiesen wird, nicht vor, ~ denn der Gesandte schläft! Dieser Vor-
fall iſt nach allen Seiten hin in jeglichem Betrachte zu beklagen.
Hr. v. Iuystein und Hr. Hecker sind ganz beſtimmt nicht gereiſt, um
etwa in der „ Hauptſtadt der Intelligenz - Propaganda für ihre
constitutionellen (verfaſſungs - und gesetzmäßigen) Ansichten zu ma-
chen; das iſt nicht nöthigt diese Männer sind keine politischen Mu-
ſterreiter, haſſsen auch alles eitle Schaugepränge. Sie machen eine
Erholungsreiſe, und man ſchickt sie fort! Durch ein solches Ver-
fahren wird ganz Süddeutschland höchſt unangeneym berührt; beide
Männer, welche zunächſt darunter litten, geben ohne Zweifel öffent-
liche Erklärungen. Vielleicht findet man es für zweckmäßig, von
Berlin aus die Gründe anzugeben, welche diejen merkwürdigen
. Schritt veranlaßten. Wir werden dann zu beurtheilen vermögen,

ob er vom ſstaatsmänniſchen Standpunkte aus zu rechtfertigen iſt.
~ Als vor mehreren Jahren der ſelige Hr. v. Rotteck die öſter-
reichiſchen Staaten durchreiſte, legte man ihm nirgends Hindernisse
in den Weg, und in Wien dachte man so wenig daran, ihn aus-
zuweisen, daß Fürſt Metternich den liberalen Deputirten mit zarter
Aufmerksamkeit und liebenswürdiger Höflichkeit zu ſich einladen ließ.
Die beiden ausgezeichneten Männer scheiden mit gegenseitiger Ach-
tung von einander, nachdem ste üver politiſche Angelegenheiten con-
Verſirt hatten. Hr. v. Rotteck wurde nicht bekehrt zu den Maximen
des Hrn. v. Metternich, und der Staatskanzler nicht zu den Doc-
| :2 ! Rotteck hatte keinen Tag von
; Damastus, aber Metternich ließ ihn in Frieden ziehen. Wer den
guten Eindruck kennt, den dieſe Handlungsweise damals überall in
' Süddeutschland machte, muß wünschen, daß man in Berlin mit
Hrn. v. Ishſtein wenigstens nicht so verfahren wäre. Hier findet

man denselben so eigenthümlich, daß Viele geradezu die Möglichkeit
deſſelben abſtreiten, und behaupten, die Zeitungsnachrichten müßten
auf einem Irrthume beruhen. Daß Hr. v. JItzſtein für Seyden-
sticker, Jordan und Hoffmann von Fallersleben, Gelder in Empfang
genommen und an dieſe Männer befördert hat, iſt doch schwerlich
ein Grund zu diesem Mangel an Gaſtlichkeit.

„Aus Berlin, vom 1. Juni meldet die Bremer Zeituncx
Man versichert hier, daß eine von beglaubigten Personen eingelaufene
Denunciation, wonach v. Itzſte in und Hecker ſich auf der Eiſen-
bahn s <onu ngslos (???) über preußiſche Zuſtände ausgesprochen,

nächſt der ihnen zugeschriebenen Königsberger Reise (!!!) die

Veranlaſſung zu dem geg-:n sie verhängten Schritte geweſen. Ein
höherer Beamter habe jene Denunciation hier gehörigen Orts vorzu-
tragen für seine Pflicht gehalten und einen Offizier, der bei der fol-
genschweren Unterhaltung zugegen gewesen, als Zeugen mitgebracht.
Arf dicse Weise käme Licht in die Vrocedur, und wir glauben , hin-
zufügen zu müssen, daß das eben Gesagte als begründet (?) anzu-
nehmen voll e Ursache haben.

© Darmſtadt, 5. Juni. Einige Mitglieder unserer zweiten
Kammer haben einen Antrag „- in Betrcff der Staatsbauten, im
Besonderen in Betreff der auf Staatskoſten unternommenen Bauten
von Schienenwege,r gestellt. Die Antragsteller erinnern daran, daß
beide Kammern der Stände bei ihren Beſchlüſſen über die zu er-
bauenden Eisenbahnen die Staatsregierung erſucht hätten, angele-
gentlich darauf Bedacht zu nehmen, daß die Lieferung des erfor-
derlichen Materials, soweit nur immer thunlich, an Staatsange-
hörige möge vergeben werden. Die Direktion unsers Schienen-
wegbaues ſcheine indeſſen jenes Ersuchen wenig zu berückiichtigen,

es vielmehr auffallend bei Seite zu segen. Während Vergebungen

von geringem Belange in öffentlichen Blättern, wiewohl oft ganz
verspätet, ausgeschricben würden, verdinge die Direktion Lieferungen
von großem Belange an Ausländer aus freier Hand, z. B. die
Anfertigung von Schienengloben, – die jeder Hufſchmied machen
könne + an ein niederländer Haus für ungefähr 30,000 Gulden.
Aehnliches sei geſchehen, hinsichtlich der erforderlichen Stoßplatten
(Gußeisen) von ungefähr 3000 Centner Gewicht, deren Anfertigung
einem nassauiſchen Eisenwerke –~ Budorus Söhne auf der Unter-
schmiede – aus der Hand vergeben worden, während inländische
Coneurrenten unter dem Vorwande zurückzewieſen worden seien,
„die Direktion habe sich der Frankfurter Submiſſion bereits ange-
ſchloſſen.. Wie es ſich aber mit diesem Anſchluſſe verhalte, sei
schwer zu begreifen dann, wenn, wie glaubhaft versichert werde, es
wahr sei, daß das Großherzogthum Hessen für den Centner Stoß-
platten an L. Budorus Söhne vier und vierzig Kreuzer
mehr bezahle, wie die freie Stadt Frankfurt und das Großher-
zogthum Baden, während gar manche inländische Hütte bereit ge-
wesen sein dürfte, für diese Preiſe und selbſt noch für billigere,
jenes Fabrikat in gleicher Qualität zu liefern. Bei mehreren An-
läſsen seien begründete Wünsche in beiden Kammern der Stände
laut geworden, daß die Staatsregierung keine Gelegenheit vorbet
laſſen möge, der inländischen Induſtrie aufzuhelfen. Jene Erschei-
nungen seien aber nicht der Art, um zu überzeugen, daß so billige
Wünſche, bei den Staatsbehörden überall Anerkennung fänden, und
die Antragsteller sähen sich deßhalb zu dem Antrage veranlaßt: es
möge der Kammer gefallen, die Staatsregierung wiederholt zu
erſnchen, bei Vergebungen, namentlich im Eisenbahnbauwesen, die
inländische Concurrenz vorzugsweise zu berücksichtigen. ~ Vorgeſtern
hat unsere zweite Kammer über den Antrag des Ubg. Köſter, die
baldige Vorlage einer neuen Criminalproceßordnung
betreffend, berathen. Die hier erscheinende Zeitschrift: „Das Bater-
land, welche bereits vor einiger Zeit den Antrag selbſt und nun
auch den darüber erſtatteten Bericht im Auszuge gebracht hat, gab
bei dieſer Gelegenheit die Versicherunglgab, über jene sehr intereſſante
Brrathung in ihrer nächſten Nummer berichten zu wollen.
Berlin, 2. Juni. In Betreff des Sundzolles iſt zu erwäh-
nen, daß sich Rußland von dem bekannten Artikel der „Allg. Preuß.
Ztg.» sehr verletzt angesehen und seine üble Laune in einer beson-
dern Note über die Sache ausgesprochen haben soll. Man mag
alſo davon abnehmen, welcher Handlungsweise man sich von dieſer


 
Annotationen