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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 146 - No. 175 (1. Juni - 30. Juni)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44007#0633

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1845.





Donnerstag

Deutſchland.

j * Mannheim, 4. Juni. Die preußischen Blätter, welche sonst
. ſo häufig amlliche „Berichtigungen- u. s. w. bringen, enthalten noch
immer nichts Dergleichen; über v. Itzſtein's und Heckers Ausweisung
ſind wir in der Lage, hier wenigstens zu verſichern, daß nach
Mittheilungen aus faſt allen deutschen Staaten, allenthalben die öf-
fentliche Meinung sich gegen jene Maßregel zu äußern versucht.

* Mannheim, A. Juui. Uber die württembergiſche Volkskam-
mer enthält die Oberrheinische Zeitung mehrere treffende Artikel, de-
nen wir Folgendes entnehmen: „„Um den parlamentariſchen Maß-
ſtab von England und Frankreich anzulegen, dazu iſt Württemberg
und seine Volkskammer zu klein und unbedeutend, und hat viel zu
wenig Talente aufzuweiſcn, besonders seitdem sich die Hauptwortfüh-
rer der liberalen Oppoſition aus Maßleidigkeit oder unverzeihlicher
Schwäche im Jahre 1833 von der politischen Arena zurückgezogen,
um — den Paſſivismus abzuwarten. Ich wüßte auch in der That
bie württembergische Kammer nicht nach der allgemein gewöhnlichcn
Claſſification in Centrum, Linke und Rechte zn rangiren. Denn

wie ſie nicht nach ihren politiſchen Meinungen und Glaubensbekennt-

niſſen in der Kammer fitzen, sondern nach der Anciennetät, (so daß
Herjenige zuerſt kömmt, welcher die Deputirtenſtelle schon zum Öefter-
ſten bekleidete) so ſind sie auch in ihren Ansichten und Ueberzeugun-
gen keincswegs durchgängig so entschieden und gesinnungstüchtig, um
ſie unter obige drei Kategorien gerade subſumiren zu können. Blel
leichter läßt ſich die Kammer in zwei feindliche Heerlager, tie mini-
ſterielle Majorität, und die opponir ende Minorität, deren
leve ſodann wicder ihre Unterabtheilungen hat, eintheilen. Betrach-
ten wir jede deiselben einzeln, eine Betrachtung, welche dem auf-
inerkſamen Beobachter und Zeitungsleser um fo leichter fällt, roeil in
ver Kammer alle Fragen alternativ geſtellt ſinv, und daher aus den
gedruckten Berhandlungen besser, als aus den mitangehörten ſich die
Kammermitglierer in ihrem wahrem Werthe nach der Abſtimmung
Beurtheilen laſſen. Denn wir haben in Württemberg leider viele
Volksvertreter, welche ganz liberale Reden halten, und dann bei der
Abſtimmung zu Gunsten des Miniſteriums motivirt ftimmen, oder die
einen freiſinnigen Antrag durch Amendements so verpfuſchen, daß kein
ÿutes Haar mehr daran bleibt. Hierher gehören: 1) Diejenigen,
von welchen nach ihren liberalen Kammerreden eine gleichmäßige Ab-
ſtimmung zu erwarten sein sollte; die aber .neiſtens im gegentheiligen
Sinne ausfällt. 2) Solche, welche außerhals der Kammer stets den
Liberalismus im Munde führen, im Ständesaal aber in der Regel
mit der Regierung stimmen. 3) Jene , welche in der Bureaukratie
und dem Kanzleiregiment des Volkes Heil wähnen. 4) Männer,
welche ſich nicht daran gewöhnen können, die Verantwortilichkeit der
Miniſter von der P.rson des Staatsoberhauptes zu trennen, deßhalb
jeden Widerspruch gegen die Miniſterbark als einen solchen gegen
legteres betrachten und in jedem eine Beleidigung deſſelben wähnen.
s) Die grundsätzlichen Gegner des Liberalismus und der conſtitutio-
nellen Monarchie, welche gar keine ſtändiſche Vertretung wollen.
MNummeriſch am Stärksten repräsentirt ſind die unter 2, 3 und 4
aufgeführten durch die Staatsdiener, Commun- und Municipalbeam-
ien und Amtspfleger vertretenen Klassen. “

„Berlin, 27. Mai. (A. Alg. Ztg.) Die Wegweiſung der
badischen Abgeorrneten v. Itzſtein und Hecker wird Ihren Üesern
schon bekannt sein als ein kait aecompli, an das jeder nach ſeinen
Gruntſägen Betrachtungen knüpfen mag; hier ſind manche Gerüchte
darüber in Umlauf. — Die Preſſe und später die Tribune wer-
hen wohl die Sache, die für deutsche Einheit und Einigkeit nicht
gleichgültig iſt, nach und nach aufhellen. Hoffmann aus Fallersle-
ben, dem der Aufenthalt in Berlin versagt iſt, kam nach Oranienburg,
um Line Freunde Itzſtein und Hecker zu sprechen, dort erfuhr er
die Begebenheit vom 23. d. und kehrte nach Meéklenburg zurück.

. § Berlin, 26. Mai. Die lange erwartete Entscheidung über
die Stellung unserer Regierung zu deu Deutſch-Katholiken soll nun-
mehr, wie dem \1 Rh. Brobachter« j aus ſicherer Quelle - gemeldet

wird, erfolgt scin. In ven an ſärnmtliche Regierungen und Conſt-
ſtorien erlaſſenen Berfügungen ſinv im Weſentlichen folgende Be-
ſtimmungen gegeben : gJZuerſt wird dem Prineip ber Glaubensfrei-
heit, welches nicht nur durch Gesetze, ſondeen von je her in Preußen

geltend gewesen sei, auch hier gehuldigt. Es könne deshalb keine
Rede davon sein, diesen Bewegungen hemmend in den Weg zu

treten, oder die , katholischen Disſſidentenr, mit welchem Namen die

Denutsſch-Katholiken bezeichnet werden, in der Ausübung ihres Got-
tesdienſtes zu hindern. Da aber die Richtung dieser religiösen
Bewegung noch nicht klar daſtehe und noch nicht gehörig entwickelt
sei, ſo wäre es noch nicht an der Zeit, die Frage über Anerken-
nung jetzt zur Entſcheidung zu bringen; sondern man müſse ſich auf
eine ſtrenge Paſsſivität heſchränken, und dürfe deshalb weder eine
entschiedene Stellung für oder gegen annehmen. Nach diesen
Grundsätzen zu verfahren, sind die Behörden angewiesen. Den
Deutſch-Katholiken soll daher die Benennung „ Gemeinde“ in amt-
lichen Erlaſſen nicht gegeben, auch die leitenden Personen derselben
nicht r Vorſteher - bezeichnet werden. Eben ſo wird es untersagt,
die Bezeichnung rdeutſch-katholiſch- oder r.apoſtoliſch-katholiſch- den
neuen Religionsgenoſſen zukommen zu laſſen; weil hierin, ſu lange
ſie nicht vom Staate anerkannt seicu, der römiſch-katholiſchen Kirche
eine gerechte Ursache zur Beschwerde gegeben werden würde. In
folgerechter Anwendung dieses Grundsatzes soll den Deutſch-Katho-
liken oder „. katholiſchen Disſidenten#- die Einräumung evangeliſcher
Kirchen oder Gebäude, welche unter der unmittelbaren Aufsicht des
Staates stehen, versagt werden. Den Amtshandlungen der Geiſtli-

. cen wird bürgerliche und rechtliche Gültigkeit abgeſprochen. Sie

können taufen und begraben, ſind jedoch gehalten, die Geburten
und Sterbefälle in das nächste evangelische Kirchenbuch eintragen
zu laſſen. Die Einsegnung der Ehen wird ihnen aus dem Grunde
nicht gestattet, weil solche durch sie geſchloſſenen ehelichen Berbindun-
gen der rechtlichen Gültigkeit entbehren würden - ein Umſtand,

der am Rhein, wo die Civil- Ehe noch besteht, nicht zutrifft. +

Die Chen der katholischen Dissidenten sollen daher, nach vorher
eingeholter Erlaubniß des Conſiſtoriums, von einem evangeliſchen
Pfarrer eingesegnet, auch von dieſem in das Kirchenbuch eingetra-
gen werden. Die Eintragung von Ehen, die nur durch einen deutfch-
katholischen Geiſtlichen geſchloſſen ſind, in das evangeliſche Kirchen-
buch soll nicht geſtattet werden.

. Verlin. 29. Mai. Ueber den Stand der Edgar Bauer-
chen Angelegenheit können wir Folgendes mittheilen. Bauer iſt
keineswegs eingezogen worden, weil das Urtheil zweiter Inſtanz in
seinem Proceſſe erfolgt iſt. Bekanntlich iſt dieser junge Schriftſteller

zu gleicher Zeit in drei Proceſſe verwickelt, von denen der erſte seit -

längerer Zeit zur Urtelssprechung in der zweiten Instanz vorlag ;
in der erſten war auf drei Jahre Feſtung erkannt worden. Jetzt
iſt aber auch das Urtel erſter Instanz in den beiden übrigen Pro-
ceſſen erfolgt, und das eine soll auf vier, das andere wieder auf
drei Jahre Feſtung erkennen. Das wären also im Ganzen zehn
Jahre Feſtung, welcher dieſer Schriftsteller für seinen Radicalismus
abzubüßen hätte, wenn nicht etwa noch von der zweiten Inſtanz
eine bedeutende Milderung erwartet werden dürfte. Uebrigens kön-
nen wir hinzuſezen, daß der Verhaftete sein Schickſal mit dem
größten Gleichmuthe trägt, und daß er sich ernſt und unermüdlich
mit literariſchen Arbeiten beschäftigt. Man hat ſich bereits geneigt
gefunden, ihm größere Bequemlichkeiten als im Anfange seiner Haft
zukommen zu laſſen. (D. Allg. ZJ
~ Durch ober-censurgerichtliches Erkenntniß vom 27.
Mai wurde der „Spencrſchen Ztg., Folgendes zum Druck verſtattet :
Charakteriſtiſches der Zeit. Seit vielen Monaten, ja seit Jahren iſt
durch die öffentlichen Blätter klar dargethan worden, daß es dringlich
nothioendig im, das ſtädtiſche Steuerſsyſtem einer R form zu unterwer-
fen desgleichen ernſtlich auf Förderung des Wohls drr arbeitenden
Claſſen Bedacht zu nehmen: es verlautet jedoch keine Stimme darüber,
daß etwas in der Sache geschehen sei. Dagegen mag die Jdee eines
Corso für Berlin kaum einige Wochen alt sein, und die Sache iſt
pdf zntis reif in das Leben getretten. Q tempora! o mores!
T. Krebs. |
Königsberg ,, 24. Mai. Der „Weser.-Ztg." zufolge lautet
die Antwort, welche unsere Universität dem Miniſter E.chhorn auf
die bekannte Anfrage in Betreff des Inſtituts der Privatdocenten
gegeben, wie folgt: -Die durch das vorgesetzte k. Curatorium auf
höhern Befehl den einzelnen Fakultäten zur Meinungsäußerung zuge-


 
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