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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 176 - No. 206 (1. Juli - 31. Juli)
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lannheimer Abendzeitung.

Zeile oder derer
Raum 4 kr. ~ Briefe
und qt. eéite! marx



Freitag

25. Juli

1845







Deutſchland.

* Mannheim, 23. Juli. Die „Münchner politiſch e Zei-
tung," welche bisher nur als Neuigkeitslexikon bekannt war und
ihren Namen als lucus a non Iueendo führte, hat in der Auswei-
ſungsgeschichte der Herrn v. Itſtein und Hecker einen Anlauf ge-
nommen und ſichin einigen Expectorationen ergangen, wie sie von einem
Anfänger in der politischen Polemik nicht anders zu erwarten wa-
ren. Es iſt dieſer beginnende Athmungsproz.ß einer ,politiſchen Zei-
tung an der Isar ſchon einer Gegenbetrachtung werth.

Man hätte der Münchner politischen Zeitung wohl zutrauen
dürfen, daß sie wiſſe, was objective Daiſtellung iſt, da sie in ihrem
Stande crnsurgemäßer Unschuld die Ereigniſſe nur, wenn ihnen alle
ſubjektive Auffaſſung vom Leibe geſchält iſt, in Knochenform aufträgt,
und ſie hätte daher, wenn ſie nur gewollt haben würde, erkennen müſſen,
daß sowohl die Erklärung jener beiden Hrn. vom 31. Mai, als die
Randbemerkungen zum Briefe des badischen Gesandten weiter nichts
enthielten, als die rein thatſächliche Darſtellung des Falles, so wie
er sich den Auegewiesenen präſentirte, daß sie sich jedes Raisonne-
ments über den badischen Gesandten enthielten und auch nicht eine
Vermuthung zu deſſen Nachtheil aus dem Vorgange ſchöpften, noch
in ihrer Darſtellung nieverlegten.

Wenn nun gar jenes Journal die Treue des Berichts der Aus-
gewiesſenen mit den Worten „wenn er der Wahrheit gemäß war-
in Frage zu ſtellen sich bemüht, so wird dieses Bezinnen Niemanden
wundern, weil is dem Blatte ſ.1bſt um die Wahrheit um so weni-
ger zu thun sein muß, als es offenkundige Thatsachen entstellt,
.! aber t;;bhrtigt und dafür falsche ſubſtituirt, wie ſich aus
ſolgendem ergibte..Ö.

Daß die Münchner politische Zeitung oder ihr Correspondent
mit der zweideutigen oder vieldeutigen Sprache der Diplomatie we-
nig vertraut iſt, glaubt man gerne, aber das konnte sie doch bei der
oberflächlichſten Kenntniß deulscher Zuſtände und der ungemeſssenen
Rücksicht, wclche gegen die politischen dii majorum gentium ſ eit
langen Jahren im Schwange geht, wissen, daß wenn der bei einer
Großmacht accreditirte Gesandte eines kleinen Staats eine Maßre-
gel jener Regierung reine ſchmähliche Unbill“ reine grelle auffal-
lende Behandlung, über die Niemand indignirter sein kann als er-
nennt, und wenn nach dieser energischen und würdigen Erklärung
am Schluſse des Briefs den Beiden „überlassen wird, von dem

Schreiben vertrauung svoll denjenigen Gebrauch zu ma-

hen, den ihnen ihre rechtlichen Gesinnungen eingeben-,
nothwendig erſt die apodictiſche G wißheit gegeben sein muß, daß
der Gesandte den ganzen Brief zu pubiiciren geſtaite. Denn so ſind
unsere Zuſtände, und so hat die Crfahrung von 30 Jahren sie
c<arakterisirt, daß man selbſt an dem Muth des Repräsentanten ei-
nes kleinen Staates, gegenüber den Gewaliſchritten eines Großen,
nur glaubt, wenn er klar und deutlich ausgesprochen iſt. Wir sind
nun in der Lage, auf das Beſtimmteſte zu versichern, daß v. Igyſtein
und Hecker, die sich zu einer Verſtimmelung oder Censur des Brie-
fes eben so wenig berufen fühlten als sich dem gerechten Vorwurf
indiscreter Mittheilung eines Privatſchreibens auszuseßen, einem
Vorwurf, welchen Blätter wie die Münchner politische Zei-
tung, mit vollen Backen ausgelärmt haben würden, wenn Herr
v, Frankenberg oder cin Freund deſſ.lben ſich über solche Veröffent-
lichung mißbillizend ausgeſprochen hätten, erſt bei dem Gesandten an-
fragten, ob er mit der Veröffentlichung des ganzen Briefes einverſtan-
den sci. Und sogleich nach der b.jahenden Erklärung erſchien derselbe
in den Blättern. Es iſt daher eine j:ner bekannien Unverschämihei-
ten der „„quten Presse, gegenüber Männern der Volkspa:tei zu ſagen,
jene Veröffentliczung sei erzwungen worden. So wie aber hier bös-
willig Thatsachen verschwiegen, der wahre Herganz verdreht und dis
bekannte Verdächtigungsmaxime friſch ausgeſchmückt wird, da man
zwar den ungeheuren Muth hat, die Ausgewiesenen, die ja nur ba-
diſche Bürger sind, mit Iſarbrühe zu beſpritzen, nicht aber einer un-
rrhörten Maßregel entgegen zu treten, weil ſle von einer Regierung
ausgeht, und etwa mit dem proteſtantiſchen Guſtav-Adolph-Vereine Nichts
!!, ſhofen hat: cben so gut urterrichiet zeigt man ſich Seitens der
halla-Preſſe in der Angelegenheit selbſt, wenn man ſagt:



„woher die beiden Herren, welche durch die angeblich bestimmte
Angabe des Portiers, daß der Gesandte vor acht Uhr nicht geweckt
werden könne, verhindert wurden, die Stiege hinaufzugehen, die Zu-
verſicht gewonnen haben, daß das Wörtchen pressant die Kraft
haben werde, vor 8 Uhr den Gesandten zu wecken, den ſie ſelbſt für
unaufweckbar hielten.“

Für's Erſte waren nicht Beide in's Gesandtſchafts-Hotel gegan-
gen, weil nothwendig eine ernſtliche Proteſtation und förmliche Be-
ſchwerde in die Hände des Gesandten mußte niedergelegt werden und
ihnen nicht so viel Zeit übrig blieb , um erſt durch leeres Hin- und
Herconverſiren mit Bedienten und Portier der Polizei die erwünschte
Gelegenpgeit zu geben, ſte wie Gauner mit Gewalt nach
dem Bahnhofe zu schleppen. Hatten aber Beide zugleich ſich
aus dem Gaſsthauſe wegbegeben, so würde sicher nach dem, was voraus-
gegangen war, die in der Wirthsſtube aufpaſsende Polizei ste daran
verhindert und ihre Drohung des Transports alsbald verwirklicht
haben — Dann aber frazt man den Jſarpolitiker, ob denn trog
der Erklärungen der Domeſstiken, Jene, als wären sie Münchener
Brauknechte, die Stiege hätten hinaufſteigen, den Zugang zum Ge-
sandten sich hätten erzwingen, iyn aus dem Bette treiben sollen? Warde
ihnen doch nach Leipzig durch den Freund geschrieben, mit welchem
der Gesan te sich nach ihrer Abreiſe im Gaſthofe besprach, daß jener
auf die Eröffnung, die Ausweisung sei von dem Minifterium verfügt,

' erwiederte; dann würde sein Gang zu dem Minister nicht viel haben

helfen können, und es sei am Besten, daß jene abgereist wären.

Wenn die politische Zeitung verdächtigen und ſchmähen will, so
möge sie es doch künftig in geiſtreicherer Weise (freilich eine ftarke
Zumuthunz) thun und von ihrer Fähigkeit, Schlüss. zu ziehen, bessere
Proben vor den Augen der Welt ablegen, als aus dem oben ange-
führten Satze den Sthluß als Resultat ihrer politischen R flexionen
zu geben: daß die Herrn lieber abreiſen als den Gesandten hätten
ſprechen wollen.» Hätten ste das gewollt, dann wäre nicht nöthig
gewesen, in dem ihnen von der Gewalt diktirten kurzen Termin, erſt
nach der Charlotterſtraße sich zu verfügen, dem persönlichen Vorſspre-
chen alsbald eine ſchriftliche Erklärung mit der Bitte sie sogleich zu
überreichen, nachzusenden, mit der Abfahrt möglichſt lange zu war-
ten. Der geiſtreiche Logiker der Münchner politischen Zeitung muß
es für ein gewaltiges Vergnügen halten, per Schub über die Gränze
zu reiſen, auf das Vergnügen einer Erholungsreise zu verzichten,
eine Maßregel über sich ergeben zu laſſen, die das Herz eints Ehren-
mannes empören muß, eine Maßregel, hinter welcher Tauſende von
Philiftern gewaltige Berbrechen witterten, die servile Scribler aus-
beuten, um Männer, die fich die Vertheidigung der Rechte und Frei-
heiten ihres Volkes zum Ltbrnsziel geſtect haben, mit dem Greifer
der guten Preſſe zu beschmieren, und in halblauten Worten der
Nation Vertächtigungen in die Ohren zu raunen.

Das Urtyheil des Volks, und die öffentliche Meinung wurden
von ter Münchner politiſchen Zeitung rie geleitet, eben ſo wenig
werden sie von ihr irre geleitet werden.

* Manuheim, 24. Juli. In der württembergiſchen Abgeordne-
tenkammer wurde am 22. dem Hrn. Obertribunal-Prokurator Schott,

der zur Zeit der rconstituirenden Verſamm ung.. die Redaktion der

ſtändiſchen Protokolle und, da ihre Veröffentlichang verb oten war,
auch deren Dru > im Ausland besorgte, hierfür durch einstimmi-
gen Zuruf 5000 fl. bewilligt; 3358 fl. betrug Hrn. Schott's baare
Auslage sammt Zinsen vom 14. April 1817 und diese hatte er und
zur Entschädigung in Anspruch genommen. Die Kammer hat ohne
Zweifel endlich gethan, was recht und billig iſt; es bleibt nur zu
verwundern, , daß dieß nach so vielen Jahren erſt geſchah, während
das Land doch dem energi chen Auftreten der Männer, an deren
Spitze Hr. Schott stand, ſeine ständischen Freiheiten verdankt.

Später kam noch, wie der Beobachter berichtet, die Motion des
Abg. von Ohringen in Betreff der Herzogthümer Holstein, Schleswig
und Lauenburg zur Berathung. Haßler war Berichterſtatter.

Die Commisſion zollt zunächſt den G es innungen des Herm

Antragstellers ihre volle Anerkennung; sie kann auch nicht für
überflüſſtg erachten, auf die Gefährdung der Herzogthümer aufmerk-

î am zu ſein, ſie muß ſich endlich durch das Bundes v erhältniß


 
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