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Mannheimer Abendzeitung — 1845

DOI Kapitel:
No. 299 - No. 328 (1. November - 30. November)
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Montag m 1845.















Deutſchland. |

Vom Neckar, 8. Nov. (Oberrh. 3.) Sehr häufig wird
von den Freunden social er Reformen die Behauptung aufgestellt,
paß das Volk fich von allen politischen Interessen abwenden müſse, weil
auf dem Felde der Politik, wie die Etfahrung leider nur zu deutlich
beweiſe, ſetzt faſt nichts mehr erreicht und durchgesetzt werden könne,
und weil daturch die socialen Fragen in den Hintergrund gedrängt
würden. Wir können diese Ansicht theilen, insbesondere wenn wir
bedenken, welch unheilbringende Folgen daraus hervorgehen. Das,
was unſerern Volke jezt noch zunächſt liegt, was auf daſſelbe einen
aufſtachelnden Eindruck macht, iſt die Theilnahme an den ftaatlichen
an den Gemeindeverhältniſſen. Der Sinn für das Eolere, Höhere
wird durch die rege Bethätigung an den in faft allen Staaten auf
der Tagesordnung ftehenden Fragen geweckt und gepflegte n...

~ Sollte einmal alles politiſche Bewußtsein erſtorben ſcin, [so
würden die Socialiften bald inne werden, daß ihre Beſtrebungen
nicht nur nicht erſchwert, sondern faſt gänzlich unmöglich gemacht ſind. In
dem Zuftande völliger politischer Apathie und trauriger Versunkenheit
in politiſchen Todesſchlummer ist auch der gemeine Mann unzugäng-
lich und gleichgültig. Wir wollen damit jedoch nicht in Abrede stel-
len, daß das einseitige, ausſchließ liche politische Treiben, das
ſich mit Widerwillen von socialen Reformen abwendet, verderbenbringend
ſei. Viele unserer liberalen Bourgeois glauben, einige politische Rechte
könnten die Bedürfnisse des Volkes befriedigen. Die Erfüllung ihrer
Wuünſche genügt diesen Leuten. Sie möchten sich jedoch auf eine
furchtbare Art enttäuſcht sehen, so bald die Noth auf eine solche Höhe
gefliegen ift, daß der Hungernde nicht mehr durch einige liberale
Phraſen abzespeif werden kann, sondern wirklich e materielle Hülfe
verlangt. Deßhalb muß Jeder, der auf friedliche Art dte jetzige Crisis
beendigt seben will, dahin wirken, daß außer der Berbreitung politi-
ſcher Bildung -auch. unsere socialen Verhältnisse regenerirt werden.
Das Volk soll sich um Politik kümmern; es soll mit Freude den
Verhandlungen seiner Stände folgen; es soll durch unabläſsige Be-
mühungen die deutschen Nationalgüter : Preßfreiheit, Volksgerichte er-
ringen helfen; ~ alkein zu gleicher Zeit müſſen, soll die bis jetzt
blühende Cultur durch die rohe, brodloſe Maſſe späterhin nicht auf-
gehalten oder vielleicht gar ausgerottet werden, Reformen auf dem
ſocialen Gebiete angebahnt werden. Die baldige Verbesserung der

Lage der arbeitenden Claſſen kann nur vortheilhaft in die Stelung

des Staates selbſt eingreifen. Je wohlhaber der ein Volk ift, je mehr
der schroffe Unterschied zwischen Arm und Reich ſchwindet, defto mehr
Bürgſchast ift für die Ruhe und Entwickelung des Staates gegeben.
Wollen denn, wie dies in England geschieht, die Lenker des Staats-
ſchiffes nicht einsehen, daß durch die fortgeſetzte Verweigerung jeder
Abhülfe der beispiclloſen Noth das Volk entlich zur Verzweiflung ge-
trieben werden muß ? —~ Oder sotklen wir an jenen Satz der Alten
glauben, wen die Götter verderben wollen, den machen sie blind ?
In Deuischland ſind noch nicht so vi:le Bedingungen yereinigt, die
einen ähnlichen Zuftand wie in Großbritannien befürchten laſſenz aber
bei dem drohenden Uebel müſsen die Fingerzeige der Gegenwart be-
nühztt werden, damit Präventivmittel ergriffen werden können. Möge
zur rechten Stunde noch vorgesorgt werden, auf daß das unvermeid-
liche Schickſal nicht hereinbreche und die Sorglosen ereile.
Karlsruhe, 12. Nov. (Schw. M.) Die Unrterhandlungen
übex die Belcuchtung hieſtger Stadt mit Gas sind zu Anfang dieser

Woche zum Schluß gediehen, indem Gemeinderath urd Bürgeraus-
ſchuß die Herrichtung der Beleuchtung und die Conceſſion für 25

Jahre nunmehr (unter fünf concurrirenden Gesellschaften) an die
ji; Mit 1§ f Mi stb üteheks
genommen und mindert fich bei zul zit tz ft r
Rach 25 Jahren steht der Stadt focei, die ganze Anſtalt um die
Hättte pcs #§ A PC. kapitaliſirten Ertrags für sich zu Eigenthum
t "Le ſgpforzveim. 14. November. Hier wurde heute Hr. Fabri-
Yant Den nig zurt Abzeordyeten der 2. Kammer erwählt..
_ tt Heidelberg, 15. Röobr. Nüchdem zu Ende des vorigen
ümnters die Zeitſchrift für Deutschlands Hochſchelen eingegangen,
ſo fürchteten wir, daß nach dex in der Tyat entmuthigenden Auf-



nahme, welche jenes Blatt fand, die Universitäten geraume Zeit ohne
besonderes Organ bleiben würden. Diese Furcht ift aber glücklich
beseitigt durch das Erscheinen der akademiſchen Zeitschrift, welche von
Friedrich Baader herausgegeben wird; und wir müssen geftehen, daß
wenn dieses Blatt Alles hält, was es in dem einleitenden Artikel
verſpricht, wir seine Erscheinung nur als eine höchſt erfreuliche be-
grüßen können. Das ftudentiſche Leben in wiſsſſenschaftlicher und ge-
ſellſchaftlicher Hinsicht, dem die frühere Zeitschrift vorzüglich gewid-
met war, hat zwar große Bedeutung, ja es iſt sogar bedeutender, als
man gewöhnlich glaubt; aber dennoch sind die übrigen Verhältnisſse
der Hochschule, ihre innere Einrichtung, ihre Stellung zu Staat und
Gesellſchaft von solcher Wichtigkeit, daß eine Besprechung derſelberi
zu ihrer Fortbildung ein immer dringenderes Bedürfniß wird. Die

Universitäten sind aber auch die Mittelpunkte der jeweiligen geifſtigen

Bildung einer Nation, und in ihrem Wirken iſt ein Maßfiab für
die Bedeutsamkeit der gesammelten Erkenntniß gegeben; es muß dan J
her, damit ein Volk seinen Fortschritt auf dem Gebiete der Irtelli-
genz beurtheilen kann, demselben Rechenschaft über den Fortſchritt der
Wisſsenſchaft, über die Beſtrebungen seiner Gelehrten gegeben werden.
Diesen erweiterten Umfang soll nach der Einleitung die Zeiiſchrift er-
balten, und doch genügte er allein nicht, um in weitere Kreiſen zu
wirken, um den Bürgern für die Schatzkammern der Weisheit etwas
mehr Vrrtrauen einzuflößen; hierzu iſt vor Allem das ernfiliche Be-
fireben erforderlich, tie Gegensätze auszugleichen, welche die Hochſchule
gegenüber dem Leben so oft als ein fremdartiges Gewächs und nicht
als einen aus dem Herzen des deutschen Volkes hervorgewachsenert
Stamm erscheinen laſſen. Da wir schon längft überzeugt sind, daß
nur mit dieſer Richtung ein Organ für Hochſchulen ein großes urd
dauerndes Intereſſe haben kann, so sehen wir uns sehr angenehm
überraſcht, gerade dieſe Unsicht vom Herausgeber in den letzten Sähen
der Einleitung auf's Schärfste ausgeſprochen zu finden. Auf dieſe
Grundsätze gebaut muß die ganze Urternehmung nur als eine höchſt
löbliche betrachtet werden, und wir wünschen ihr veßhaib den be-
ſten Erfolg.

# Aus Thüringen, 12. November. Hie und da zeigen sich
in denjenigen Gegenden, wo Aufkauf von Getreide u. s. w. , so wie
die Ausfuhr ins „usland,- namentlich nach dem schon längſt verſperr-
ten Kurhessen, nicht verboten ift, die Folgen der Wuch ertheu erung:
die Leute werden nach und nach zur Selbfthülfse gereizt! Ein größe-
rer Landrvirth aus L....... de verhandelte vor mehreren Tagen zwei
Wagen Getreide nach Schmalkalden (alſo in's „Ausland--) zu hohem
Preiſe, während ts Leute in L....... d und Umgegend vergebens es
ihm abzukaufen suchten. Er läßt die zwei Wagen mit Getreide fort-
führen, aber auf einem Abweze, von welchem aus man nach Schmal-
kalden, aber auch nach E ...... gelangen kann. Nicht weit vom Orte
will er auf den Seitenwezy einbiegen; da traten ihm, wie man ſagt,
mehrere ftämmige Männer in den Weg und brachten es dahin, daß
der Fuhrmarn das Getreide nach E...... fahren, alſo im Inland
r.: mußte! – Wie nun, wenn der Fuhrmann trotzig gewesen
wäre? !

Dresden, 11. November. (Frankf. J.) Die mit großer In-
dignation im Volse aufgenommene Aeußerung ves Aba. aus deem
Winkel, daß eiu Schullehrer für z wei Neugroſchen Mittags eſſen
könne, wird jetzt auch durch satyriſche Caricaturen gegeißelt. Auf
dem einen Bilde läßt fich ein Mann in den weitaufgeſperrten Mund
die Sonne scheiren!
runter.

„Alles für zwei Neugrofchen“" fleht da-

§ Fürftenthümer Sachsen. In neuerer Zeit haben sich
hier und da bei den Einn ahmebeamten unersezbare Kaſſendefekte
gefunden, die beliebte Erhöhung ihrer Kautionen scheint daher ein
ſehr schwacher Behelf gewesen zu jein. Aber wie man oft in der
Wagyl der Mittel fehlt, so auch hier. Die Opfer solcher Wahl sind
die beklagenswürdigften Geschöpfe, wie sehr man auch in allen Kreéi-
sen der Geſellſchaft geneigt iſt, ein Anathema über sie auszurufen,

Die Gründe der Kaſſendefekte sind unzählige, aber gewiß nicht allein

in der etwaigen Armuth und kargen Besoldung der Beamten liegen

. sie. Wir erkennen vielmehr die heutige Genußſucht, die geſchloſsenen

Gesellſchaften und Vereine als die Hauptgründe derselben. Vor Al-
leni trenne man die Rechnungs f ühr ung von der Einnahmev er-


 
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