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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 238 - No. 267 (1. September - 30. September)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44007#1083

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gyurch vie Poſt bezogen im
ganzen ſtzrſfsthiuh '
M
Ausland erhöht fich das
übonnement um den Poſt-
aufschläg.

Samsöstag



W. September

Inserate diegespaltens
Zells in Petitſ:hrift oder
deren Raum 3 kr. Znſes-
rate, worüber die Redak-
_ tion Auskunft zu ertheilen
S hat, die Zeile oder deren
Raum 4 kr. –~ Briefs
und Set erbittet man
anco.

1845.









* Drei Landtage.

In Sachsen ſchreit U ibiat um Genugthuung,
fordert auf die Vertreter des Volkes, diejenigen, die es gethan, vor
das Gericht der öffentlichen Meinung zu laden, und dahin zu wirken,
daß die Wiederholung eines ſolchen Frevels nicht mehr möglich werde
sj rep rl . die Sachsen, auch die Badener haben über eine

öffentliche Rechtsverletzung den Stab zu brechen. Auch das badiſche

Volk verlangt durch seine Volksvertreter Satisfaction dafür, daß zwei
ſciner edelſten Bürger im deutschen Lande behandelt wurden wie Ver-
vrecher, geopfert wurden der Laur.e eines bewußtloſen Augenblicks ;
auch das badiſche Volk fragt, ob der Rechtszuſtand in Deutſchland so
beſchaffen sei, taß er zu jeder Stunde der Willkür zum Opfer fallen
lann. Auch das badische Volk wird fragen laſſen, nach dem Grunde

eines solchen Vorfalls, und wo die Garantien seien, daß nicht die

nächſte Zeit wieder ein ähnliches Vergehen sich zu Schulden kommen
laſsſe. ~

y Sodann wurde in Sachsen das Recht jedes Freien, das erſte
Recht freier Bürger , sich zu versammeln und zu vereinen, um über
ihre Intereſſen sich zu berathen, dieſes Recht wurde vernichtet, und
dieſe Vernichtung gerechtfertigt mit jenem Behſchluß, welcher von der
öffentlichen Meinung geächtet, von verschiedenen Ständeverſammlungen
in Deutſchland verworfen wurde. ~ Die Sachsen werden daher auch
ihre Volksvertreter fragen laſſen, wie es komme und möglich sei, die
öffentliche Meinung gerade zu einer Zeit so zu verachten und zu miß-
handeln, in welcher es am Nothwendigsten war , sich ihrer zu verſi-
chern. Dire Sachſen werden fragen laſſen, ob dann das Volk gar
nichts gelte, und ob man das Urtheil deſselben so wenig berücksichtige,
raß man ſich nicht scheue zu jenen Beschlüſſen zu greifen, welche man
lieber gar nicht mehr ans Licht gebracht hätte. Sie werden dann
zugleich auch nach der Gültigkeit jener Beſchlüſsſe fragen laſſen und
nach der Möglichkeit sie zu erlaſſen in einem Staatenvereine, dessen
einzelne Regierungen vollkommene, von einer äußern gesetzgebenden
Gewalt ganz unabhängige, Souveränität haben.

Endlich werden die Sachſen durch ihre Volksvertreter in Sachen
des freien Wortes, in Sachen der Preßfreiheit Rechenschaft verlan-
gen über den gegenwärtigen Zuſtand der Presse und die Handhabung
der Cenſur. Sie werden fragen laſſen, wie sie vereinbar sei mit der
gesetziichen Preßfreiheit, die Art und Weise wie gegenwärtig die Cen-
ſur gevyandhabt werde. Sie werden laut ihr Urtheil aussprechen über
die Unterdrückung so mancher Jo..rnale und Zeitschriften, geschehen in
jüngster Zeit, auf fremden und eigenen Antrieb. Sie werden fragen
laſſen, wie lange es noch anſtehe, bis endlich in Deutschland die in
der Bundesakt: veisprochene, in den Verfaſſungen beschworene Preß-
freiheit ins Leben treie. Und diese Stimmen in Sachsen werden eben-
so kräftig wiederhallen in Baden. Auch in Baden wird durch die
Volksvertreter die öffentliche Meinung zu Gericht sitzen über die Un-
terdrückung der freien Preſſe und über die Behanolung der Preſſe über-
haupt. Es iſt Arges geſchepen in Baden.

; (Schluß folgt.)

Deutſchland.

_ * Mannheim, 18. Sept. (Stuttgarter Synode der Deutsch-
Katholiken.) Der 15. Sept. hielt in Stuttgart die Abgeordneten
der süd- und westdeutschen Deutsch - Katholiken zu einer
. Synode verſammeltz Johannes Ronge war dazu geladen und mit
seinem jüngern Bruder und Pfarrer Doviat aus Danzig erschienen.
Das kön. Ministerium des Innern hatte bekanntlich die Benützung
. iner der ſtädtischen Kirchen untersagt, es fand daher die Versamm-
im feſtlich hergerichteen Saale der Silberburg statt, ſo daß nur
700 Zuhörer beiwohnen konnten.

. Or. Burkhard aus Frankfurt eröffnete die Sitzung. Unsere
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gung und Veredlung ſtreben. Ein "Ausſchußglied der ſtutt-

garter Gemeinde, Bürger Erno, hieß in ihrem Namen die Fern-
her-Eingetroffenen willkommen. Hierauf begrüßte R o ng e die Ver-
sammlung ; bei feierlichſter Stille ſprach er kurz Folgendes: „Geliebte
Brüder und deutsche Männer + daß wir am Anfange einer neuen
großen Zeit stehen, das fühlen wir. Cin gewaltiges Wehen des
Geiſtes geht jetzt durch die Lande und sein Ruf erſchallt an die
Geiſter. Männer ſind aufgestanden für die Freiheit des Glaubens,
des Gewissens, der Religion. Aufgeſstanden sind die Männer und
wach geworden die Geiſter. Schlag auf Schlag hat der Geiſt bis
jetzt gethan, so daß die Gegner unterdeß kaum zur Besinnung ge-
sommen. Kaum sechs Monate ſind vorüber und jetzt schon ſtehen
wir da, stark durch innerliche Begeiſterung und einer Kraft uns be-
wußt, welche durch die Verfassung, die wir zu berathen im Begriffe
ichen, ihre feſtete Stütze erhalten soll. Eine freie Verfaſſlung der
Kirche + das iſt eine Hauptaufgabe dieser Reformation der neuen
Zeit, dadurch nur wird es möglich, den Haß zu verdrängen, wel-
er Jahrhunderte lang den Boden der Kirche mit Blut befleckt hat.
Es soll durch die neue Reformation insbesondere möglich werden,
daß überall hin Männer ausgesendet werden, um die neue Erde zu
gründen, wo bei allen Meinungsversſchiedenheiten der Mensch den
Menschen, der Bruder den Bruder erkenne... :

„Das mögen Sie bedenken, daß Sie versammelt sind zu einer neuen
großen Sache. Nichts ift jetzt so sehr zu fürchten als die moralische
Feigheit, die Rückſichten. Vor uns liegt das Wohl von Jahrhunder-
ten. Laſſen Sie uns groß denken, groß handeln. Du aber, heiliger
Gott, der Du biſt der Anfang und das Ende, sei über uns mit dem
Geiſt der Wahrheit und der Kraft, auf das unser Rath von dir ge-

. segnet ſei.« Diese Anrede war in ergreifender, begeifiernder Weiſe

srrehen. iin Geſchäfisgegenſstand brachte sofort der Präſfldent die
Conftituirung einer w ef- und ſüddeut ſch en Kirchenprovinz in .

Antrag, welche denn durch Zuruf als conftituirt erklärt wurde, obe

gleich ſich einige Bedenken darüber erhoben, ob man nicht wegen der
Stammesverſchiedenheit eine schwäbische und rheiniſche bilden solle.

Bei Verleſung des Protokolls ergab sich, daß 24 Gemeinden
vertreten waren, wie folge: Hrankfurt durch den Präfidenten Dr.
Burkgard und den Seceretär Heribert Rau, Ulm durch den zweiten
Secretär Markus Schmitt und den Geistlichen Würmle, Stuttgart
durch Dr. Scherr, Keſſel, Wölffel und Riegger, Heidelberg durch Dr.
Küchler, Mannheim durch Meier, Crefeld, sowie Duisburg, Ruhr-
ort und Mühlheim durch Inmand, Wiesbaden durch May, Offen-
bach, Darmfatt und Worms durch Dr. Duller, Biebrich durch Schäf-
fer, Hachenburg durch Scholz aus Mainz, Alzei und Wörrſtadt durch
den Kreisgerichtspräſid-nten Mohr, Hamm durch Seiling, Iserlohn
durch Zimmermann ,, Saarbrücken durch Pfarrer Kerbler, Dorimund
durch Baron von Diebold, Elberfeid so wie Mörs, Unna und Allen-
berg: Schleetuſch durch Prof. Körner. Die Abſtimmung geschah nach
Gemeinden, daher mancher Abgeordnete bis zu 4 Stimmen, andere
nur eine oder mehrere Abgeordneten zusammen nur eine Stimme hat-
ten. Weiterer Gegenſtand der Berathung war hauptsächlich eine G e-
meindev erfass ung, für welche Dr. Burkhard einen Entwurf verlas, der
kurz durchdebattirt wurde, um einer Commisſſion übergeben zu werden,
welche denselben zu redigiren und einer spätern Generalſynode vorzu-
legen hat. Dieſem Entwurf liegen der Breslauer, so wie der Leipzi-
ger und Wigardſche zu Grund. ~ Cine längere Diskussion veranlaßte
die Beſtimmung des Artikels, wonach die Frauen in Glaubenssachen
gleichfalls Stimmrecht haben ſoüten. Für Streichung dieses von dem
Abgeordneten von Elberfeld besonders stimmten 11, für seine Beibe-
haltung 13 Gemeinden, somit bleibt er fteben, und es sollen nach
demſelben selbſtändige Frauen, Wittwen und Jungfrauen Theil an al-
len Verhandlangen der deutſch - katholischen Kirchengemeinde haben.
Mehrere der süddeutschen Abgeordneten machten geltend, daß die Be-
stimmung ganz den Sttten und Gewohnheiten des Volkes zuwider sei.
Die anweſenden Abgeordneten vom Nir:derrhein setzten sie jedoch durch,
welchen ſich auch der Abgeordnete von Ulm anschloß. Uebrigens müſ,
sen wir bemerken, daß sowohl diese Kirchenortnung, ſelbft wenn sie
von der Generalſypnode angenommen sein wird, als auch die andern
gesaßten Beſchlüſſe nur als Anhaltspunkt und Leitfaden für die ein-

zelnen Gemeinden gelten sollen; während, wie im Laufe der ganzen


 
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