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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 1 – No. 30 (1. Januar – 31. Januar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44007#0057

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Nlannheimer Abendzeitung.



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rate, worüber die Redak-

Raum 4 kr. ~ Briefe
und qt. .thiue! man



MMirittwoch

15. Januar

1845











Landtagsverhandlungen.

** Karlsruhe, 13. Januar. 135. öffentliche Sitzung. Prä-
ſident B e kk. Aus der Regierungsbank: Jolly, Junghanns,
Ziegler, Jagemann, Regenauer. ~ Jolly und Jagemann
entfernen ſich. ~ Junghanns und Regenauer kehren später
auf ihre Plätze zurück.

Einige Petitionen.

Geh. Ref. Jung ha n ns macht der Kammer eine Vorlage,
wornach die Trennung der Juſtiz von der Verwaltung außerordent-
kich fortdauernde Ausgaben nöthig mache, und die Kammer einen vor-
läufigen Credit von 250,000 fl. bewilligen solle. – Die Kammer be-
ſchließt die Sache an die Budgetkommission zu verweisen.

Jagemann zeigt an, daß er und Jolly vom Großherzog
beauftragt sei, einen Gesetzesentwurf, den Strafvollzug im neuen
Männerzuchthausſe betreffend, der Kammer vorzulegen. '

Regenauer legt einen Gesegesentwurf, 13 Millionen betref-
ſend, vor, welche zum Eisenbahnbau nothwendig geworden seien, und
da ſie nicht vorräthig seien, irgendwo geliehen werden müſſen.
Die Sache geht an die Abtheilungen.

Litſchgi ersſtattet Bericht über den Gesetzesentwurf, das Hüt-
tenwerk zu Albbruck betreffend.

Da sich Niemand zur Diskussion meldet, wird zur Abstimmung
geſchritten und das Gesetß angenommen; dagegen stimmen Gott-
fchalk, Grether, Sander, Straub, H ecker, v. Itſtein.

Hierauf wurde die Motion des Abg. Math y auf Herſtellung
der Preßfreiheit in Gegenwart eines auf der Gallerie dicht gedräng-
sen Auditoriums diskutirt, eine Diskussion, welche nach ihren ein-
zelnen Reden später nachgeholt werden soll. Für heute beschränke
ich mich zu bemerken, daß es erhebend war mit anzuhören, wie die
Redner auf beiden Seiten dahin einverſtanden waren, daß Preßfreiheit
hergeſtellt werden soll. Einzig und allein aber waren es die Volks-
vertreter, welche ofen und sonder Rückhalt und Rücksicht, ohne zu
laviren, ohne nZwar. und „Aber-,, unbedingt Preßfreiheit verlangten
und die Zensur im gehörigen Lichte erscheinen ließen. Die Diskussion
lieferte sofort auch das Resultat, daß die zweite badische Ständekam-
mer abermals die Zensur füc verfaſſungswidrig erklärte und bei der
Abſtimmung den Antrag der Commission einſtimmig mit Ausnahme
des Abg. Retiig, der als Regierunzskommissär die Zensur in
Schutz nahm, annahm, mittelſt einer Adreſſe an Se. Königl. Hobeit
den Großherzog die Herſtellung der Preßfreiheit zu bewirken. Für
diesen Antrag stimmte auch Schaaff, stimmte auch Knittel, ob-
gleich er eigentlich keine Ursache dazu hätte, da oft brave, ehrliche
Männer, welche den nach ihrer Ueberzeugung rechten Pfad wandeln,
von boshaften „Skriblern“’ welche noch dazu kein Vermögen, sondern
nur ihre Feder besitzen, durch die Preſſe verunglimpft werden; dafür
ſtünmte auch Plag, obgleich er schon oft von der Preſſe mit einem
Afen, einer Kröte, einem Baſilisken verglichen worden fei.

. + Ans dem badiſchen Unterrheinkreiſe, im Januar.
Es ist in der neueſten Zeit einige Mal vorgekommen, daß Bürger-
ntſterwahlen von der betreffenden Kreisregierung nicht beſtätigt
wurden; da nun dergleichen Erkenntnissen in der Regel keine Entichei-
dungsgründe beigesügt werden, so haben dieselben schon mehrfach zu
unrichtigen Beuttheilungen Anlaß gegeben, weßhalb es nicht ohne
Intereſſe ſein kann, die Grundsätze kennen zu lernen, nach welchen
y dem Beſtätigungs- und Verwerfungsrecht der Regierung im Geiſt
V hie Sinn des Gesetzes Gebrauch gemacht werden sollte. Das
Ö.kÄinde-Geſct ſcibſt gibt hierüber keinen ausdrücklichen Auſſchluß;
einn cs sagt in g. 11 ganz kurz, taß der Bürgermeister von der

Staatebehörte bcſtätizt wvird. Da es aber im nämlichen g. sogleich

weiter heißt; „die Verſagung der Beſtätigung kazn nux von der

Mittelbebörde nach collegialiſcher Berathung beschloſſen werden'’, so

muß man schon aus der Wichtigkeit, die der Gesetzgeber hiernach der
Frage beigelegt hat, schließen, daß wichtige Gründe des Staats-
und Gemeindewohls vorhanden sein müssen, um die Staatsbehörde
zur Versagung der Bestätigung einer Wahl zu bewegen, die bis zum
Beweis des Gegentheils beurkundet, daß der Gewählte das Vertrauen
seiner Mitbürger befitt.

Dieß bestätigen aber auch die Kammerverhandlungen, namentlich
auch die Reden der Regierungscommissäre, aus welchen, wenn

man sie mit den Motiven der Kammerbeschlüſſe verbindet, mit vollem

Grund auf die Absicht des Gesetgebers geschloſſen werden darf.

Ancch die bisherige Praris des gr. Miniſteriums des Innern
stimmt mit dieſen Grundsätzen überein, indem ais Gründe für die
Versagung einer Bestätigung folgente und denselben ähnliche seither
angenommen wurden: a) Wenn der Gewöällte, welcher früher ſchon

Bürgermeiſter, Gemeinderath oder Gemeindsrechner war und vor

noch nicht langer Zeit wegen Streitigkeiten mit der Gemeinde von
seinem Amte entfernt wurde, wo zu erwarten stünde, daß die alten
Reibungen von Neuem wieder beginnen würden. b) Wenn der Ge-
wählte ſich Dinge zu Schulden kommen ließe, vermöge deren er, wenn
er Bürgermeister oder Gemeinderath wäre, nach $§. 22 der Gemein-
deordnung von seinem Dienste entlassen werden müßte und wenn er
seitdem nicht Beweise seiner Beſſerung abgelegt. e) Wenn ersonſt als
leidenschaftlicher Mann bekannt und nur eine geringe Stimmenmehr-
heit crhielt, aber dabei ſichere Spuren vorhanten sind, daß er die
Stimmenmehrheit durch unerlaubte Mittel auf ſich brachte. Man
vergleiche die Zuſäte zu §. 11 der Gemeindeordnung in. der von
Miniſterialrath Chriſt besorgten Ausgabe.

Aus dem Vadiſchen schreibt die Oberrheiniſche Zeitnng in
einem größern Artikel: Den Zollverein mit Belgien preiſen wir als
ein glückliches Ereigniß, in seinem Schooße liegt in mehr denn Ci-
nem Gesichtspunkte eine bedeutende Zukunft verborgen.
Hannover, ohne Schuld des so vearfaſſungstreuen als deutſsſchgesinuten
Volkes, mit unverwüſtlicher Zähigkeit am Honig der englischen Hau-
delspolitik und läßt sich auch durch die Drohung drückender Zoll-
schrauben von seinem Syſteme uicht abwendig machen. In Preußen
fällt der wider Willen unbegnadigte und mit Stahlkraft reueloſe Kö-
nigsmörder unter Henukers- Beil, und ver künftige Regent ist nun der
Sorge einer Verurtheilung oder Begnatkigung enthoben. Eine neue herr-
liche Sonne will aus dem Nordea Deutschlands hervorbrechen: tirch-
liche Freiheit. Möge sie bald den Tag begrüßen und neues Leben
ſchaffen, das dann erſteben wird, wenn das römiſche Joch vom Nak-
ken Deutschlands, auf dem es faſt ein volles Jahrtausend lastet, ge-
schüttelt iſt! Nie mehr als jeut macht die Religionstheorie in Deutſch-
land Luftsprünge und seltſame Geberden. Hier das Myſsterium ei-
nes übermenſchlichen Glaubens voll Stüntlein und frommer Dreſſur,
dort ungläubiger Philoſophismus bis zum Haſſe des Chriſtenthums.
Neben dem excommunicirten Bruno Bauer ein r heiliger - Tholuck!
Der übergesſtedelte Münchener Offenbarungspbhilosoph macht in Ber-
lin, dem er aus seinen alten Heften neue Weisheit ablas, die den
Glauben mit dem Unglauben geschickt verbinden sollte, förmliches
Fiasfs, und die Erkenntnißwelt, ſtatt ein neues Luſirum zu durch-
laufen, steht noch auf ver vorigen Stufe, und kein Genius , weder
der Wiſſenſchaſt noch der Kunſt, will der Welt Befreiung bringen
aus ihren Banden. Auf seine Dichter kann Deutſchland stolz sein,
aber am Wenigsten bauen. Sie kommen, wenn auch nicht zu Triumph,
doch zu Chren! Die Ständesäle sind der deutsche Parnaß geworden,
auf ibm entsſproſſen frische Lebensblüthen, und freies Wort drirgt an
Deutschlands Herz.

*** Darmſradt, 13. Januar. Herr Hofgerichtsrath Ge orgt
aus Gießen iſt wieder hier eingetroffen, um morgen seinen Sig als
Abgeordneter in der zweiten Kammer einzunehmen. Die Hoffnungen
Derjenigen, welche bisher immer noch glaubten, jenes werde nicht

Dagegen klebt


 
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