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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 87 - No. 116 (1. April - 30. April)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44007#0479

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1845



Sonntag





Deutschland.

4- Von der Pfinz, 22. April. Wenn in andern Orten
unseres Landes das Bürgerthum sich so schön und kräftig entfaltet
und, von einem wahren Libersliemus unterſtütt, zu den schönsten
Hoffnungen uns berechtigt, ſo kann man es nur beklagen, wenn man
in Durlach von Dem eben kaum Spuren findet, denn man findet hier
wenig Sympathie für vaterländiſche Angelegenheiten, nur geringe
Kenntniß von den Verhältniſſen unseres Landes, — ja man findet
nicht einmal für Angelegenheiten der Stadt Intereſſe, und mit der
größten Gleichgültigkeit betreiben die Bürger Wahlen, deren Wich-
tigkeit mit dem Wohle der Stadt in innigſter Berbindung ſteht.
Wohl möchten Viele sragen, wie dies in einem liberalen Durlach
wöglich sei – wohl möchten Manche diese Angaben zu hart finden,
aber, betrachte man das Leben in Durlach genauer, so wird man
dieſe kurze Schilderung nur allzuwahr finden, und unter ungefähr
.H00 Bürgern ſind nur wenige die diese nicht trifft. Bei den vor
einigen Wochen vorgenommenen Wahlen in den großen Ausschuß
hatte ich Gelegenheit, zu bemerken, wie viele Wähler sich gar nicht
einmal deutlich bewußt waren, um was es isich eigentlich handelt,
wie ſie auf Treu und Glauben hin Namen auf ihre Wahlzettel schrie-
ben, damit nur der Raum auf denselben ausgefüllt wurde. – Im
gegenwärtigen Augenblicke macht die Renovation des Rathhauſes
einiges Aufsehen, indem die Koſten derselben auf höchſtens 20,000 fl.
angeſchlagen waren, und nun auf 40,000 fl. angewachsen sind. Biele

Bürger sehen jetzt zu spät ein, daß der Gemeinderath und der kleine :

Aueſchuß nicht gerade sehr ſparſam das Geld bewilligt haben; das
Gutachten des großen Ausſchuſſes wurde in dieser wichtigen ſtädti-
ſchen Sache nicht einmal gehört. Der Plan des Baumeiſters wurde

von jenen Behörden genehmigt und die erforderlichen Summen ver-

abfolgt. Erſt als das Grundftockvermögen angegriffen werden mußte,
wurde der große Ausschuß angegangen, das nöthige Geld zu bewil-
ligen. Jetzt, nachdem die Koſten die genannte Summe errcicht ha-
ben, geſteht man sich ein, daß man atlzuraſch und unvorsichtig in
dieſer Sache verfahren iſt. Diese Uebereilung hat Manchen aufmerk-
ſam gemacht und wird dazu beitragen, daß in Zukunft solche Fehler
vermieden werden. Hätten die Bürger ſich vorher eifriger um die
Sache bekümmert, so hätte ſich dieſe Geschichte gar nicht ereignen
können. ~ Die geistigen Intereſſen in Durlach werden bei ſolchen
Zuſtänden natürlich nicht sehr gefördert. In der Umgegend haben
ſich auf einzelnen Dörfern Gesangvereine gebildet und schon sehr er-
freuliche Früchte getragen; der in Durlach beftandene hat sich aufge-
töſt. Für politische Ausbildung mird nicht gesorgt; eine zeitgemäße
Lectüre wird man bei den Wenigsten antreffen; ein allgemeines Lese-
zimmer wird schmerzlich vermißt, da das vorhandene durchaus nicht
genügt; Zusammenkünfte der Bürger unter sich, um durch gegensei-
tige Besprechung sich Aufklärung über die wichtigsten politischen Fra-
gen zu verſchaffen, finden nicht ſtatt. Wenn auch ein Einzelner
den Gedanken zu einem allgemeinen Plan faßt, so hat er nicht die
Kraft, denselben durchzuführen. Es iſt hier gewiß am Allermeisſten
söthig, politiſche Bildung unter der Maſſe der Bürger zu verbreiten,
va man von den Leuten oft über Zeitereigniſſe Urtheile hört, die
auch nicht von der geringſten Spur von Berſtändniß zeugen. Wenn
der landſtändische Vertreter einer Stadt keine Mühe auf die politi-
ſche Bildung seiner Wähler, die trotz ihres s. g. Liberalismus. der-
selben so sehr bedürfen, verwenden will, was soll man erſt von An-
vern erwarten? ~ Ich habe nun einige der in Durlach herrschenden
Mißſtände in dieſem Artikel hervorgehoben; haben die Bürger Dur-
Iachs noch irgend Achtung vor der öffentlichen Meinung, so werden
sie darauf hinzuwirken suchen, daß die geschilderten Zuſtände vertilgt
werden und an ihre Stelle ein öfsentliches Leben tritt, wie es wahr-
haft constitutioneller Bürger würrig iſt. :

. Jn andern Orten suchen die libcralen Landtagsabgeordneten den
Fortschritt kräftig zu unterſtüten, und zu leiten – wir roünſchen,
raû dieß auch der Abgeordnete von Durlach ſich mehr angelegen sein

ehe!

q Vom Rhein, 21. April. (Köln. Z.) Sickerem Vernehmen
zufolge hat ſich die herzogl. naſsauiſche Regierung dazu verſtanden,
vie Spielbanken in Schwalbach und Schlangenbad aufzuheben, so

27. April

daß in diesen Bädern schon im Laufe dieses Sommers nicht mehr
gespielt werden darf. Es iſt dieses ein dankenswerther Schritt der
naſsauiſchen Regierung, der wenigſtens von Seite Homburgs das
Zugeſtändniß nach sich führen dürfte, daß während des Winters da-
ſelbſt die Spiele unterdrückt würden. Die „Wintersaison“ in Hom-
burg, wie ſie namentlich in französischen Blättern als die „einzige“
dargeſtelt wird, in welcher alle Arten Spiele- erlaubt ſind, iſt
eine wahre Anklage gegen uns Deutsche. Können die Spielbanken
in Folge von Verträgen vor der Hand nicht gänzlich aufgehoben
werden, so iſt doch wenigstens so viel zu erwarten, daß die „Win-
terroulettes" ein Verbot träfe.

î HKöln, 23. April. (Fr. O.-P.-A.-Z.) Der allg e m eine
Ruf nach Oeffentlichkeit iſt auch bis zu unſerm Stadtrath
gedrungen und hat Erhörung gefunden. Nachdem der Stadtrath am
Anfange dieses Jahres die Lage des Stadthaushaltes mitgetheilt
hatte und durch die Erfahrung einsehen lernte, daß man auf solche
Weise allen unberufenen Schwätzern am Beſten den Mund ſtopft,
will er auf haltrem Wege nicht ſtehen bleiben und fortan alle seine
Verhandlungen und Beschlüſſe bekannt machen. Der bisher nur für
die Eingeweihten durchdringliche Schleier wird also endlich fallen und
der Stadtrath selbſt in der Achtung und Meinung seiner Mitbürger
dadurch steigen. Man kann aber nicht umhin zu fragen: Weßhalb
iſt dies nicht schon früher geschehen, ehe man dem Regimente des
Klüngels von allen Seiten so ſcharf zugesetzt hat ? .
Vom Niederrhein, 22. April. (Köln. Ztg.) Von Coblenz
aus haben öffentliche Blätter gemeldet, daß der Landwehr-Cavallerie
in unserer Provinz die diesjährige Uebung erlaſſen sei; die Infan-
terie dürfte dagegen nach den bis jetzt bekannten Beſtimmungen zu-
sammenberufen werden. Das Letztere glauben wir vorerſt noch in

Zweifel ziehen zu. müſſen, weil dann die wohlthätige Maßregel ge-

rade den Unbemittelten nicht so sehr zu Gute kommen würde. Un-
ter den Landwehrmännern der Infanterie und Ariillerie gibt es ge-
wiß nicht weniger eine Menge Solcher, welche nebſt ihren Angehöri-
gen theils durch den langen Winter, der den Erwerb so sehr ge-
ſchmälert hat, theils durch die verheerenden Ueberſchwemmungen des
Rheines hart mitgenommen und daher in ihren Mitteln und Arbei-
ten so zurückgesetzt worden ſind, daß ihre Hände in dieſem Jahr zu.
Hauſe doppelt unentbehrlich sein werden.

Berliu , 22. April. (D. A. Z.) (Wie preußiſche Untertha-
nen ruſſiſch Spießruthen laufen müſſen.) Der Landrath von Me-
mel veröffentlicht unterm 7. April folgende Warnungs anzeige:
„Am 9. Nov. 1843 wurden bei Gelegenheit eines Grenzexceſſes die
diesseitigen Unterthanen Losmann Martin Wallatis und Johann.
Jakußeit unweit Dorbian in Rußland arretirt. Obgleich Beide be-
haupteten, bei ihrer Verhaftung weder Waarenpäcke noch Waffen bei
ſich gehabt zu haben, so ſind dieselben doch nach beendigter Untersu-
chung von Seiten der kaiſerl. ruſſiſchen Behörde jett rechtskräftig
verurtheilt worden: wegen Widersetlichkeit gegen die ruſſiſche Greuz-
wache einmal durch 500 Mann Spießruthen zu laufen und demnächſt
unter die Soldaten gesteckt zu werden. Sollten sie zum Kriegsdienſt
nicht tauglich sein, so sollen sie an eine Arreſtcompagnie abgegeben
oder zur Ansiedelung nach Sibirien geschickt werden. Außerdem sol-
len sie zusammen mit vier bei derselben Gelegenheit arretirten Juden
als Strafe für die eingeſchmuggelten Waaren 44,854 Rub. 88 Kop.
und 17 Rub. 49 Kop. Silber als Koſten bezahlen. Der Wallatis
läßt hier eine Frau und zwei kleine Kinder und der Jakoßeit eine
Frau zurück, von welchen sie für ihre Unbedachtſamkeit nun für im-
mer getrennt ſinsn. Möge dieses traurige Ereigniß einem Jeden zur
Warnung dicnen, die kaiserl. ruſſ. Grenze niemals ohne gehörige
Legitimation und noch weniger in verbotener Absicht überschreiten..
Welche Schritte die preußische Regierung im Interesse dieſer Bürger
gethan, davon erwähnt, wie man sieht, der Landrath Nichts..

—7 Unter den neuen Erſcheinungen der Presse iſt die in Berlin her-
ausgegebene Zeitichrift: „Die Reform, eine Monatsſchrift
für Recht und Gesetzgebung., deren Redakteur der Aſſcſsor Gu-
ſtao Eber ty iſt, eines der beachtenswertheſten, entſchitdenſten Organe
für Erziclung reines öffentlichen Rechts und der Cinfühcrung von
Volksgerichten. Ein bedeutender Theil der auf Reform bedaczten
Rechtsgelehrten und Schriftsteller lat ſich zu vieser Fahne geſchaart


 
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