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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 31 – No. 57 (1. Februar - 28. Februar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44007#0173

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Domerſtag

183. Februar

1845











Landtagsverhandlungen.

Karlsruhe, 8. Febr. (Discussion über Hecker's Motion, wegen Holftein,
Schleswig 1c.) (Forts.)

Welcker: Jch unterftüße ebenfalls den Antrag des Abg. Hecker. Was
ven zur Sprache kommenden Rechtspunkt betrifft, so setzt uns glücklicherweise
diejenige Versammlung und derjenige Minister, um deren Erklärung es sich
handelt, in die Lage, daß wir einer gründlichen Beweisführung gar nicht
bevürfen, denn + behauptet der Antrag ja — es hat selbſt der Antragſtel-
ler Uſſing, deſſen Vorschlag selbſt von dem Minifter, von den Ständen ge-

nehmigt worden iſt, nicht etwa behauptet, daß nach bestehendem Rechte, das Vor-
geschlagene begründet sei. Man erklärt vielmehr geradezu > so heißt es wörtlich,
in dem hier vor mir liegenden Antrage ~ es solle jeßt erſt völlige Verſchmelz-
ung ver Herzogthümer ausgesprochen, eine neue Successionsoronung eingek-
führt, und über dieſe Beschlüfse alle Erörterung verboten werden. Es iſt
also janz klar, daß hier, gegen das beſtehende urkundliche Recht, beabsichtigt
wird, deutsche Länder Deutschland zu entfremden und mit einem fremden Monar-
<en unzertrennlich zu verschmelzen und das sſelbſt durch den deutschen Bund ga-
rantirte Erbfolgerecht dieser Länder aufzuheben. Es würde sich dies ganz
obenso vrrhalten, als wenn nach dem Tode Wilhelms IV. von England, die
Königin Victoria und ihr Parlament hätten erklären wollen, wir wollen die
vurch den Bund garantirte Thronfolge in Hannover nicht anerkennen, sondern
ändern und Hannover England inkorporiren und eine neue Succesſion ein-
führen. Das Unrecht liegt somit auf offener Hand — und welches Unrecht!
— Die Redner vor mir haben die Größe ves Unrechts und die ganze Be-
veutung desselben glücklicherweise so klar und vollständig hervorgehoben, daß
ich nicht nothwendig habe, der Kammer Wiederholungen vorzutragen. Ich
danke ihnen + ich freue mich darüber. Der Abg. Basſermann hat freilich
Recht, wenn er klagt, es sei eine schmerzliche Seite in unseren deutschen
Verhältniſſen, daß es möglich war, einen solchen Antrag nur zu ſtellen in
iener Versammlung, und daß der deutschen Nation noch nicht vollkommene
Genugthuung gegeben wurde. ~ Es iſt dies schmerzlich für jeden deutschen
Mann. Aber es iſt doch durch diesen Antrag, der auch von den Herren ge-
genüber kräftige Unterſtütung gefunden hat, Grund zur Freude gegeden. Ich
Freue mith fürs Erſte, daß die Süddeutschen dem braven norddeutschen Volks-
ſtamme der Schleswig - Holfteiner, den ich von Herzen hochachte unv liebe,
den Dank erſtatten dafür, was dieser brave Stamm auch sür die Intereſſen
seiner südlichen Brüder immer zu thun bereit war. Wenn Sie, meine Herren,
in unseren deutschen Verhältnissen, nur bis zu den Befreiungskriegen zurück
gehen und durch die dunkleren trüben Jahre der Reaction die deutsche Ent-
wicklung verfelgen, so werden Sie finden, wie aus Holstein sich die kräftig-
ſten Stimmen erhoben haben, für die süddeutschen Völker und ihre conſtitu-
tionellen Rechte. Als die Kammer von Württemberg auseinander gejagt
war, waren es Holſteiner, welche mit edlem Muthe die württembergiſchen
Verfasſsungsrechte, in den vurch ganz Deutschland verbreiteten Zeitschriften,
die „Kieler Blätter“ und anderen Zeit- und Flugschriften, kräftig und wirk-
sam vertheidigten. Der Cinfluß der preßfreien Stimme der Holsteiner war
in jenen Zeiten der Reaction sehr bedeutend, und als die deutsche Presse lei-
der auch dort unterdrückt wurde, flüchteten die Holsteiner nach dem damals
nuch censurfreien Schleswig, und aus dem Taubſtummeninstitut von Schles-

wig wurde die Sprache laut für das Recht der Deutschen, (denn dort war

der Verlag dieſer Zeitschriften) bis auch dort endlich die deutsche Censur die
Stimme mehr oder minder unterdrückte. Ja! es iſt ein kräftiger, edler
veutsſcher Volksstamm, der immer eine deutsche Gesinnung bewährt hat, und
erſt in diesem Angenblick noch bewährt, indem er kämpft für seine deutsche
[Nationalität. | Es iſt aber ein noch viel größerer Grund zur Freude, wenn
ich diesen Antrag und die Anträge anderer Kammern, die theils erfolgt ſind
theils noch erfolgen werden , vergleiche mit früheren Zeiten. Wenn auch
unsere Zuſtände noch sehr unvollkommen ſind, wenn die Menge derselben uns
Kummer und Schmerz bereitet, so müssen wir doch zugeſtehen, in Einem
Hauptpunkte sind wir weiter als vor Jahrhunderten. Erinnern Sie sich m.
Hrn. an das benachbarte Clsaß, wo die Reunionskammern Frankreichs nie-
éets:trst waren, wo die deutschen Provinzen Stück vor Stück vom Reiche
losgeriſſen wurden, bis endlich auch das feſte Straßburg weggenommen
wurde. Meine Herren, auch damals gab es deutsche Stände, aber, was
waren es für Stände ? — yrivilegirte, ariſtokratisſche Stände, die, wie sie
die Rechte des Volkes im Innern verriethen, auch nach Außen hin, selbſt
vhne einen Klagelaut, Provinz um Provinz vom Vaterlande abreißen ließen.
Dieser Zuſtand beſteht jettt Gottlob! nicht mehr, wir haben ſtatt jener privi-
Legirten Kaſten, freie Volksrepräsentation, die ihre Stimme so kräftig wie
ie für des Volkes Wohl und Ehre erhebt. Und ich glaube, wenn auch viel-
fach getrennt und zersplittert noch die einzelnen Brüderftämme neben einander
ſtehen D in der Stunde der Gefahr werden sie vereinigt sein zum Kampf
kür vas gemeinsſchaftliche Recht und die gemeinſchaftliche Freiheit. Und wahr-
lich, wenn wir nicht mit gleicher Geduld uns neue Provinzen entreißen lassen
wollen, wie die alten, so wird der Tag kommen, wo man gemeinſchaftlich
die Waffen zu erheben hat gegen den Feind. Wie es vor wenigen Jahren
galt, als die Fürſten uns Alle gegen den Uebermuth Frankreichs aufriefen,
als ſie unsere Begeiſterung zu wecken suchten, so droht uns vielleicht bald
ein noch mächtigerer Feind. Glauben Sie nicht, daß das kleine Dänemark
auf seine Hand eine so gewaltige That gewagt hätte, einer großen Nation
den Handschuh ins Gesicht zu werfen, — glauben Sie mir, so klug iſt jede
Regierung, so klug iſt auch die däniſche; sie hat einen Hinterhalt, der ſie
ſchütt und von dem sie Hülfe erwartet, wenn sie das Unrecht begeht. Und
das iſt diejenige Macht, welche uns von Südoſten umgarnt, > sie will uns
auch von Norden umgarnen. Meine Herren, wir wollen anders handeln als

die deutschen Stände zur Zeit ver Reunionskammern im Elſaß — wir wollen
die Stimme der Nation, die Stimme der Fürſten wachrufen und verſtärken
mit unserm entrüſteten Gefühle über das Unrecht, das uns droht ; wir wol-
len fie auffordern, die Ehre und Freiheit des Vaterlandes zu retten.

. Gottschalk: Nicht nur deutsche Sympathie, sondern deutsche Liebe und
Treue sind es, die mich zieſe Sache warm unterſtuten lasſen. Aber auch

Bande des deutschen Blutes sind es, die mich eng an das Schicksal der Hol-

fteiner ketten. Von diesem Geſsichtspunkte aus danke ich Jhnen, besonders

dem erſten Syrecher, der die Sache zur Anregung gebracht hat, aber auch

dem ganzen Hauſe für die treue Unterſtützung der Beſtrebungen jenes Landes,
wo meine Ahnen wohnten, und wo, so Gott will, auch meine Brüder kräftig
und stark sein werden. Aber ich fühle mich auch zu der Frage hingetrieben:
iſt es möglich, daß einem solch großen Lande, wie unser Deutschland, solche
Gefahren drohen können? Man hat dort drüben zur Beruhigung gesagt, der
deutsche Bund würde kräftig einschreiten. Ich vermeine aber, wäre er kräf-
tig eingeschritten, so würden die Klagen von dorther nicht so schwer ertönen,
die Verzweiflung wäre nicht so weit zetrieben. Man syricht zwar von dem
kleinen Dänemark. Es iſt nicht so klein; + ich habe dieser Tage ein Blatt
zur Hand genommen, welches mir zeigte, daß es dreißig größere und dreißig

kleinere Kriegsſchiffe beſitti. Und was beſiten wir Deutscher + Ein ein-

ziges. + Aber wir könnten größer sein, sobald eine Vertretung der Nation
beſtande. Während ich den Antrag innigſt unterſtüße, hoffe ich, daß unsere
Volksvertretung ein gutes Beispiel geben wird, damit man für die Zutunft
die Deutschen mehr achtet, und sie nicht in solcher Weise mißhandelt, wie
wir aus ven hier verleſenen Urkunden entnommen haben. Achtet man die
Wünſche des Volks, denn werden wir auch den Koloß, von dem hier die
Rede war, nicht fürchten, und ich hoffe, daß die Stimmen in ganz Deutſsch-
land erklingen werden, um jene Brüderſtämme innigsſt zu unterſtüen, damit
man weiß, daß in Deutschland ein allgemeiner. Nationalgeiſt aufgewacht iſt.

Bei der Abstimmung wird der Antrag des Abg. Hecker, einstimmig an-
genommen, worauf Bader mit erhobener Stimme den Wunſch ausſpricht:
Möchten seiner Zeit alle Deutschen so einig sein, wenn es gilt, die Gefähr-
dung deutscher Intereſsſen abzuwehren! Von dem Wunsche Knapp's, ,vaß
eine Adreſſe beschloſſen werde, damit auch die andere Kammer Gelegenheit

habe, dem Antrage beizutreten“ wird Umgang genommen auf die Erklärung
„Hecker's, „vaß er zwar auch lieber eine solche gewünscht, damit vas andere

Haus über vieſen hochwichtigen Gegenſtand ſich ebenfalls ausspreche, allein
der nahe bevorſtehende Schluß des Landtags hätte es nicht räthlich gemacht,
auf diesem Wege die Sache zu verzögern, und sie vielleicht im Archiv. schla-
fen zu legen, während es nach seiner Anſicht genüge, wenn ſich diese Kammer
einstimmig ausspreche, um die Regierung zu kräftiger zeitgemäßen Wahrung
der allgemeinen Interessen zu veranlassen. Durch Annahme des Hecker’ ſchen
Antrags findet auch die Petition desProfessors Vr. v. Weiſsſseneck zu Freiburg
in demselben Betreff ihre Erledigung.

Die Tagesordnung in derſelven Sitzung führt hierauf zur Erſtattung von

Berichten der Petitions - Commisſion. + Auf der. Regierungsbank erſcheint
Ministerialrath Chriſt. Der Abg. Welte berichtet über

1) die Petitionen ;
69 “der Gemeinden Tiefenbrunn, Mühlhausen re., um Aufhebung der
. früher an die Grundherrschaft jeßt an das Domänenärar zu bezah-
lenden Bürgerannahmsgelder. .
b) der h eu!tiſtes Haslach, Bollenbach rc. die Abzugs - und Nachſteuer
betreffend.
c) der Gemeinden Neuershausen, Buchheim, Hugſtetten rc. die Aufhebung
des Einkaufs- und Abzugsgeldes betr. ass
Ueber das Abzugsgeld iſt bereits auf die dcßfallſige Motion des Abg.
Böhme Beschluß gefaßt worden. Bezüglich der an die Grundherren zu ent-
richtenden Bürgereinkaufsgelder glaubt die Commission, daß die Ablösung
solcher, wenn deren Recht zum Bezug nachzuweisen, im öffentlichen Interefſe
und durch die in der Verfaſſung verheisene Rechtsgleichheit geboten sei +
uud eue deßhaib den Antrag auk empfehlende Ueberweisung an das Staats-
miniſterium.



Deutſchland.

Vom Rhein, 6. Febr., (Köln. Ztg.) Briefen aus Amſter-
dam zufolge sind die mit den verschiedenen Uferſtaaten gepflogenen

Unterhandlungen hinfichtlich der Aufhebung, beziehungsweise bedeuten-

den Herabsetzung der Rheinzölle soweit gediehen, daß die ſchon
längst erwartete außerordentliche Versammlung der Central- Rhein-
ſchiffahrts-Commission in Mainz demnächſt erfolgen werde. Holland

soll in seinen Zugeſtändniſſen in Bezug auf den Erlaß der in seinen

Häfen eingeführten feſten Gebühr jenen Anforderungen zu entſprechen
Willens sein, die von mehren Seiten seit Jahren schon gemacht wur-

den und denen es immer durch Einwendungen aller Art zu entgehen

wußte. Kommt die Abschaffung der Rheinzölle zu Stande, so haben
wir in jeder Beziehung eine große Belebung des Verkehrs zwischen
Holland und der Schweiz und sämmtlichen Binnenhäfen zu erwarten,
und der Schifferſtand wird jener mißlichen Lage enthoben, die ſeit
Jahren so drückend für ihn war.


 
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