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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 238 - No. 267 (1. September - 30. September)
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Montag 1. September 1845.







Deutſchland.

* Mannheim, 31. Aug. Die Leipziger Ereigniſſe vom 12.
Aug. haben hier folgende Adreſſe an dortigen Einwohner hervorgerufen :
; „Deutsche Männer und Brüder! Die Opfer des 12. Au-

guſt ſind zwar zur Erde beſtaitet, allein es leben noch die Gefühle,
welche ihre Tödtung hervorgerufen, unt dieſe Gefühle dürfen in un-
ſerer Bruſt nicht erſterben, bis die Ursachen gehoben find, welche den
Scenen jenes Tages zu Grunde liegen. Ihre Freunde und Mitbür-
ger fiilen an jenem Schreckenstage, weil uns diejenigen staatlichen
Cinrichtungen mangeln, welche allein uns naturgemäße Entwicklung
möglich machen, welche dem Volke die Freiheit gewähren, durch
Wort und Schrift ſich auszusprechen, und gemeinsam zu berathen,
und welche ihm Schutz gegen Gewaltthat verleihen..

„Die Opfer des 12. August mahnen uns daher, mit jedem Trop-
fen Bluts der aus ihren Wunden floß, zu verharren in dem Stre-
ben nach den höchſten Gütern der Menſchhceit, Freiheit des Gewis-
ſens und des Slaubens zumal, und Verantwortlichkeit der Rathgeber
der Krone, welche diese Freiheit beeinträchtigen.! ~

„Die ruhige, männlich feſte und entschiedene Haltung, welche Sie,
unsere Brüder, zu Leipzig, in der Zeit der Aufregung bewahrten,
bürgt uns dafür, daß Sie sich durch kcine Einschüchterungemaßregeln
werden abhalten lassen, diejenigen Garantien fortzeſetzt zu verlangen,
welche allein eine Wiederkehr ähnlichen Scenen verhüten können.

Die Blicke des gesammten deutſchen Vaterlandes ruhen auf Ih-

nen, unsere geliebten Brüder; Sie sind durch die Scene des 12. Au-
guſt zu den Vorkämpfern deutscher Freiheit und deutschen Rechtes ge-
worden. Sie werden dieſen ehrenwerthen Poflen würdig ausfüllen.

In dieser Ucberzeugung und mit dem Versprechen, taß wir auch
daſſelbe Streben raſtlos verfolgen werden, verharren wir in Hachach-
tung und Freundſchaft, die

Mannheim, den 22. Auguſt 1845 Ihrigen.

: [): Eberbach am Neckar. Der Wahl des Hrn. Neuer

von hier zum erſten Bürgermeiſßter am 15. Februar d. J. wurde,

wie bekannt, erst Ausgangs Juli die Beftätigung verſagt. Der Re-
curs dagegen rourde, wie billig, angezeigt, und ausgeſührt durch Hrn.
Pr. Hecker.
ſteht H Bälde zu erwarten. Um so mehr mußte man sich darüber
wundern, als vor acht Tagen die Wabl eines Bürgermeiſters anbe-
raumt wurde. Wir waren, wie uns die Erfahrung gelehrt hat, an
einen so raſchin Geschäftsgang in dieser Angelegenheit nicht giwohnt,
fanden es daher überraſchend, wie das Amt eine Wahl anordnen
konne. Hr. Dr. Hecker proteſtirte sogleich gegen dicſe neue Watl,
eine große Anzahl Wähler gaben sich das Wort, diesmal nicht zu
erſcheinen; denn warum ſollte man einen andern Bürgermeiſter wäh-
len, da ja das hohe Miniſterium über den Giwählten noch Nichts
virfügte! Heute, als am Watltage, begaben sich mehrere Wähler
auf das Ratphaus, und statt einer neuen Wahl wurde ihnen verkün-
det, daß eingelangten Recurſes wegen die Bürgermeiſterwahl bis auf
Weiteres verſchoben sei. ~ Dies als Antwort für Jene, welche in
ſchadenfroper hämiſcher Weise bespöttelten, daß man die Recursfriſt
versäumt habe. Uebrigens fängt man jetzt an, dieler unangenehmen
Lage überdrüſſig zu werden. Die Folgen für die Zukunft mögen nicht
zu den angenehmſten zu rechnen ſein.

Wenn das hohe Miniſterium von unserer Gemeindeangelegenheit
eben so genau und unparteiisch unterrichtet iſt, als wir es ſchon seit
geraumer Zeit unfreiwillig werden mußten, aledann dürfen wir ruhig

. einer glücklichen Entscheidung entgegen sehen.

K Würzburg 29. Auguſt. Seit geſtern liegen die Listen zu
der am 1. September beginnenden Gemeindewahl auf, und es haben
„ heute eine Anzahl angesepener Bürger gegen die ſeither beobachtete

Verfahrungsweise bei den Wahlen, als gegen eine Verletzung des
Wapledikts, proteſtirt. Der frühere Stadtcommiſſär glaubte nemlich
zur Befestigung mehrere Gemeindeb.vollmächtigten beſſer zu thun,
~ wenn er einen gar nicht hierauf bezüglichen Paragraphen des G e-
MmMeinde-Edikts anwende und konnte ts im Jahre 1833 auch durch-

ſtsen, daß man ſeither hiernach verfuhr, gewiſſe Diſtrikte aus den
Nummern der Häuser bildete, und die Wählenden zwang,
aus dieser Anzahl Nummern einen Wahlmann zu wählen.
Nun kam aber oft der Fall vor, besonders bei entlegenen Stadtthei-

Cine Eniſcheidurg von Seiten des hohen Minifteriums

.der n.

len, daß sich in der Anzahl Nummern meiſtentheils königl. Gebäude,
oder Grundbeſit von minderjährigen Witwen, oder auch nicht zur
Wahl Geeigneten befanden, die Wähler daher nur auf einen Cinzi-
gen angewiesen waren, wodurch dieser Einzige ein beinahe ſtets ge-
fichertes Recht erhielt. Dieses Mißverhältniß konnte seither, wo we-
nig reger Geiſt bei den Wahlen herrſchte und herrschen konnte, beſte-
hen, allein jetzt, wo die Bürger endlich erwachen und sehen, welche
Nachtheile ihnen durch ihre Gleichgültigkeit gegen ihre wichtigsten
bürgerlichen Rechte und Pflichten trſtanden sind, jetzt verlangt man
nach dem ursprünglichen in der Verfaſſung begründeten Recht, nach
Diſtriſten wählen zu dürfen, wodurch natürlich ein freierer Raum
und eine größere Auswahl geboten wird.

Die bevorſtehenden Wahlen der Ständekammer erregen lebhaftes
Intereſſe. Hoffentlich wird auch hier einmal Leben eintreten, und
man Abgeordnete wählen, die brei Unabhängigkeit, wirklichen Sinn
für die Bcdürfniſſe des Volkes haben, die uns zu vertreten wiſſen,

und nicht wieder Abgeordnete ſenden, die, nur den Vortheil und die

1Chrer 'eines „Landfiandes " im Auge baltend, zu allem Ja ſagten, trotz
ihrer Unabhängigkeit gar keine Partei ergriffen, aber sehr ruhige Bür-
ger zu Hauſe, wie in der Verſammlung waren, ein gewisses Vermö-
gen besaßen und daher zu dieſem Berufe sich qualificirt glaubten.
Mögen diesmal nicht allein unsere, sondern auch Deutſchlands Inter-
eſſen würdig vertreten werden, und unsere Kammer den Kammern
Badens, Sachſens und Württembergs nacheifern.

Aus der baieriſchen Pfalz, 25. Auguſt. Für die nächſten
Stänrewahlen, die bei uns auf Männer fallen dürften, die dem ge-
mäßigten Forisſchritte huldigen, bereitet man ſich überall vorz dennoch
hat dieſe politiſche Handlung nicht mehr das spannende Intereſſe das
man ihr vor wenigen Zahren noch allenthalben zu geben bemüht war.
Bielleicht liegt die Urſache darin, daß Regierung und Bevölkerung
nicht mehr so ſchroff einander gegenüber ftehen, wie das früher der
Fall war (1 ?) (Köln. 3.)

«& Kaſſel, 27. Auguſt. In Ihrer Nr. 188 wurde von Ber-
lin aus gemeldet, es werde im September dieſes Jahres wahrschein-
lich eine Expedition mit Aus wa nder er n nach der Moequitoküſte
abgehen. Jeder Urberſiedler, hieß es, habe 250 Rehsthl. zu zahlen,
wofür er erſtens sreie Fahrt und Beköfltigung, zweitens an Ort und
Stelle ein von den mitreisenden Zimmerleuten aufzurichtendes Haus
nebſt Länderci, drittens drei Schweine und zwei Kühe, und viertens
an Kartoffeln, Korn und Hölſefrüchten soviel erhalte, daß er bis
zur nächsten Erndte daran genug habe. Auch sollte, war hinzuge-
fügt, ſchon eine ziemliche Anzahl Auewanderungsluſtiger, besonders
aus dem Oderbruche, zum Anſchluß an diese Expedition bercit ſeir,
ja sich bereits gemeldet habe. j

Es überlief mich, als ich diese Nachricht las, und zumal die
Angabe , daß dieß die erſte Expedition der Art sei, machte Eindruck
auf michz weil ich mich sogleich entſann, daß eine erſe Expedition
dahier schon im Jahr 1841 im Werke gewesen und, meines Wiſſens,
von Nirderheſſen aus auch nirklich zu ſclchem Zwecke abgegangen
war. Es war damals ein Herr Fränzel in Hamburg, der Obers
und ein Mann in Gurxhagen an der Fulda, 3 Stunden von Caſſel,
der Unterwerber, und beide dienten einer Geſellſchaft von Engl ä n-
Cs sollten 140 Köpfe aufgebracht werden, und diese 140
sollten den englischen Herren zuſommen 1000 Pfd. Sterling bezahlen.
Für dieſe 1000 Pfd. St. sollten die 140 nach der Moskitoküſte über-
gefahren und dort mit 1000 Acker Land versehen werden. Das Land
laz im Gebiete des von den Engländern zum König gemachten Häupt-
lings der Moskito-Indianer, und die Colonie sollte Viktoria hei-
ßen. Es waren auch ſchon bereits Leute und zwar über die genannte
Zahl hinaus in Guxhagen und andern Orten des Fuldagebietes in
Niederhesſen gewonnen und zum Aufbruch beſtimmt worden. Gleich-
wohl iſt aus der Expedition nichts geworden; denn als die Leute am
Einſchiffungsplatze ankamen, fanden sie Niemanden, der sie frei über-
fahren wollte, und sie wendeten sich nach Texas und den Vereins-
Staaten, die Aermſten aber kamen wieder nach Hauſe.

Jene erfie Crpedition iſt demnach nicht dem Clima oder ſonſti-
gen südamerikaniſchen Verhältnissen erlegen; indessen iſt sie doch ver-
sucht worden; und wenn die Leute, welcher man dafür geroonnen
hatte, durch ihr Zuspätkommen im Hafen (denn das joll die Ursache


 
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