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Mannheimer Abendzeitung — 1845

DOI Kapitel:
No. 58 - No. 86 (1. März - 31. März)
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ganzen Grofherzogthum „gy L
ge 2,fl. Ss fr., int 's
Ausland erhöht sich das
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aufſchlag.



Sonntag

30. März

Ins eratedlegesſpaltens
Zeile in Petitschrift oder
deren Raum 3 kr. Inss-
rate, worüber die Redak-

n annheimer Abendze itung.

Raum 4 kr. + Briefs
und Gety. ertitiet man

1845



Denuſûtſch!arnzd.

§ Mannheim, 28. März. Hr. Garnier- Pages ſtelite gegen
Ende Februars d. J. in der franzöſiſchen Deputirten- Kammer den
Antrag, das convertirte neue Z procentige sſpaniſche Papier
von der Curs-Liſte der pariser Börſe auszuſchlie ßen. Die
Kammer kam darüber zu keinem Beſchluſſe, obgleich der Antrag mehr-
fach unterſtütßt wurde; roch hatte die Verhandlung, die noch zu wei-
tern Erörterungen in der Preſſe führte, den doppelten Erfolg, die
Kapitalisten gegen dieses spaniſche Papier besonders mißtrauisch zu
machen und den französischen Finanz-Miniſter zu dem Versprechen
zu nöthigen, dem fraglichen Papier die Curszeichnung auf der
Börse bis auf Weiteres nicht zu gestatten. In der That iſt es
jetzt von der Börsenliſte ausgeſchloſſen. Die Deviſche Allg. Ztg. bemerkt
mit Recht, daß dieſer Gegenſtand auch für andere Länder von Wich-
tigkeit ſei und namentlich auch für Deutschland, da bei dem großen
Bedürfnisse der spanischen Regierung an fremdem Gelde jene Papiere
sicher auch in England und Deutschland zum Ausgebote kommen.
Eine eindringliche Erörterung dieser und ähnlicher Fragen durch die
Preſſe würde ohne Zweifel großen Nachtheil sowohl der allgemeinen
als der Cinzelu-Intereſſen verhüten, indessen fordert die D. A. Z.
zunächſt die Regierungen auf, die Staats Angehörigen vor dem An-
kauf dieses fremden Papiers zu warnen. Denn, sagt sie u. A, haben
Frankreich und England Hunderte von Millionen urd haben un-
ſere armen Landsleute wohl auch schon manches Hunderttausend in
ſpanischen Papieren vrrloren, und iſt eben so wenig eine nahe Aus-
ſicht zur beſſern Zahlungsfähigkeit als irgend ein Grund vorhanten,
um noch mehr fremdes Eigenthum durch jene Finanzanarchie ver-
schlingen zu laſsen: so iſt es wohl Pflicht und Beruf der Regierun-
gen, Leichtgläubige und minder Uniterrichtete: gegen eine
ſchung zu ſichern. Den Tadel, der neuerdings aus Frankfurt a. M.
wegen des Antrags von Garnier-Pages ausgeſprochen und mit dem
darauf erfolgten Steigen der spaniſchen Papiere zu rechtfertigen ver-
ſucht wurde, können wir nicht zu dem unsſrigen machen. ;
vollkommen damit einverſtanden, daß Barkiers und Börsenmänner
die Vervielfältigung der Staats- und BVörsenpapiere auf alle Weise
wünſchen und befördern müſſen, da deren Bermeyrung und Vermin-
derung mit dem Mehr oder Weniger ihres Gewinns in einem noth-
wendigen Zusammenhange sieht, und raß es eine Thorheit, ja Un-
hilligkeit sein würde, den eignen Selbſtmord in der Unterordnung
ihrer Intereſſen unter die des Staats oder der Privatpersonen er-
warten oder verlangen zu wollen, ſo glauben wir doch auch, vaß
Regierungshandluugen auf einer andern Baſis als auf den Anſichten
dieſer Herren beruhen müſsen.
mit dieſen Gelomännern wollen und werden diese gewirnen, folglich
Erſterer, oder mit andern Worten die Staatsangepörigen, verlicren;
in welchem Umfange dieses Ergevniß, namentlich seit dem Jahr 1814,
ſich verwirklicht bat, das beurkunden tie ko lo ſsa len Reichthümer
unserer europäischen Bank-Notabilitäten zur Genüge; und
wurden diese Millionen zum größern Theile dem Eigen-
thume der Abgabenpflichtigen entnommen, so verdient der
Gegenſiand die öffentliche Aufmeik/amkeit jett um so mehr, als durch
die Ansprüche der Bewegung und des Fortschritts an die Staatskafſ-
sen vermehrte Staatsanleihen zur Tagesordnung werden muüſſen.
Ditselben Bewegungsgründe, die zum Verbote fremder Potterien, des Lot-
to's und der Hazardspiele veranlassen, treten auch bei den Anleihen
eines Staats ein, deſſen Bankrott faſt M
es Staatsklugheit, den verführeriſchen Reiz gewagter Glücksfpiele
thunlichſt zu entfernen, so iſt es Staatspflicht, da warnend und vor-
heugend einzuwirken, wo eine Benachtheiligung des Eigenthums mit
moralischer Sicherheit zu erwarten ist. Beiderlei Rückſichten finden
auf die neuen spanischen Papiere ihre volle Anwendung, und darum
if ger Wegweisung von allen deutschen Börsen dringend zu em-
pfehlen.

Zum Belcge des Gesagten mögen noch einige Bemerkungen über -

den heutigen Zuſtand und bie wahrscheinliche Zukunft der ſpaniſchen

Finanzen dienen. Nach dem werthvollen, angeblich auf officiellen
Mittheilungen beruhenden Handbuche des D. Firmin Caballero be-

trugen bereits vor sinigen Jahren die gesammten spaniſchen Schulden

neue Tä-

Sind wir

Bei jeder Verhandlung des Staats

an Capital und Zinsen 20,223,474,122 Realen = 1,300,000,000 Thle.
Jährliche Cinnahme 877,000,000 Realen, jährliche Ausgabe
1,278 000,000 Realen; jährliche Mehrausgabe 401,000,000 Rea-
len ~~ 25,000,000 Thlr., eine Mehrausgabe, rie zunächſt mit durch
ein Militairbudget herbeigeführt wird, was eben so unverhältniß-
mäßig groß ist, als die fortdauernden innern Unruhen deſſen Ver-
minderung doch nicht geſtatten. Die Gefahr dieſes bedrängten Zu-
ſtandes wird jetzt noch wesentlich dadurch vermehrt, daß die der
Staatsgläubigern ausdrücklich verpfändeten unverkauften Nationalgü-
ter nun der Geiſtlichkeit überlaſſen und damit die letzte Stütze
des Staatscredits vernichtet werden soll. !

Der Mangel eines Zuſtandes, der für Gegenwart und Zukunft
vertrauenerweckend wäre, iſt Spaniens heutiges Hauptgebrechen; denn
wäre ein solcher vorhanden, so könnte, bei den großen innern und
äußern Hülfsmitteln dieser Monarchie, die Erfüllung der Schultver-
birdlichkeiten und die Wiederkehr eines geregelten Staatshaushaltes
wohl nicht zu den Unmöglichkeiten gehören. Altin jetzt iſt zu einer
solchen Wiedergeburt keine Aussicht vorhanden; denn wer die spani-
schen Zustände mit einiger Aufmerkſamkeit verfolgte, dem kann es
nicht entgehen, daß nicht allein vier Partcien: Hof, Militär,
Börse und Geiſtlichkeit, einander mißtrauend und eiferſüchtig
gegenüberſtehen, sondern daß auch die drei erſtern durch innere Zer-
wücfniſſe und Jnutercſſen mehr oder weniger getrennt ſind; ſo iſt es
mit der regierenden und der verwitweten Königin, deren Umge-
buugen, voller Ansprüche und Bedürfniſſe, sich mit neidiſchen Augen
bewachen und nach Geld und Titeln intriguiren; so iſt es
beim Militär, wo Narvaerziſten, Carliſen und Esparteriſten ver-
ſchicdene und sehr bedenkliche Zwecke verfolgen, und so bei der Börse,
wo engliſche, franzöſiſche und ſpaniſche Spekulanten begierig nach

"jeder Deute haſchen, die dem armen Lande noch abgedrückt werden

kann. Das Leben auf vulkaniſchem Boden iſt Allen fühlbar und da-
rum bri Allen das Streben nach ſchnellem Reichthum vorherrſchend,
um be.m Rusbruch einer Kataſtrophe gesichert ins Aueland flüchten
zu können; und so sind ſchon vicle Millionen ausgewandert, werden
ferner auswandern und das Land nach und nach verarmen, bis die
V ol k lich rettet, das Prrieiwesen endigt und durch strenge Hand-
habung des Rechts Ruhe und Ordnung wiederherſtellt.

Münſter, 17. März. (Sprecher od. Rhein.-Weſtphäl. Anzeiger.)
Ueber unsere gute Stadt Münſter wäre bald ein ſchreckliches Unglück
hereingebrochen, sie ſiand nahe daran, ihren alten bewährten Ruhm
einzubüßen, aber der gütige Herr hat noch einmal das drohende
Unglück von unserm Haupte abgewandt. Einige Personen, wahr-
scheinlich Communiſsten + denn hier heißt Alles Commurniſt, was
nicht die gute alte Krummſtabsorduung als die absolute beſte preiſt ~
hatten eine Petition um allerhand dummes Zeug, als Prefßfreiheit,
Emaneipation der Juden tc. an den Landtag aufgesetzt und gingen
damit um, hieſige Bürger + bhorribile dietua + zu dem Wagniß
zu verleiten, ihren Namen unter die Petition zu setzen. Und man
denke sich, cs fanden ſich wirklich 10 bis 15 (sage und ſchreibe zehn
his fünfzehn) Bürger, welche unterzeichneten. Aber der demagogiſche
Verſuch, noch Mehrere zur Unterſchrift zu verleiten, scheiterte bald
an dem rgeſunden Sinn- der Münsteraner, und glücklicherweise ging
auch unterdeſſen einigen der bereits Unterzeichnethabenden ein Licht
über ihr ſchändliches Vorhaben auf und sie strichen ihren Namen
wieder von der Liſte. Mich wundert, daß man nicht ſchon in allen
Kirchen Dankgebete über das Mißlingen dieses communiſtiſchen Trei-
bens angeordnet hat.

Bielefeld, 24. Mirz. (Köln. Z.) Am Charfreitag Abends
kam in der Geſellſchaft eines hiesigen Gaſthofes die Rede auf die
preußische Geſeggebung. Der Buchhändler Helmich äußerte die An-
ficht, daß dieselbe bedeutende Mängel habe, wogegen der hier yarni-
ſonirende Lieutenant Windel erklärte, Hr. H. ſei gar nicht befähigt,
über ſolche Gegenſtände zu urtheilen, während er doch, wie seine
Bekannten auch, nutzloſer Weise an allen Dingen herummäkle. Der
Buchhäudker bat um Gründe und Thatsachen für diese Behauptung.
Der Lieutenant aber, ſtatt solche zu geben, verlor sich in Grobhei-
ten.: Hr. H. bemerkte den Anwesenden, der Lieutenant habe, wie
man seÿe, wohl den Muth, zu verdächtigen, aber nicht den Muth

. Beweis zu führen, Rach dieſen Worten ſieht Lieutenant Windel auf,


 
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