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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 1 – No. 30 (1. Januar – 31. Januar)
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N 15.

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anzen Großherzogthum
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Ausland erhöht fich das
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_ aufichlag.

Ponnerſftag



; lannhei ner

16. Januar

Abendzeitung



Ins er ate die geſpaltene
Zeile in Petitſchrißt oder
deren Raum 3 kr. JInse-
rate, worüber die Redak-
tion Auskunft zu ertheilen
V hat, die Zeile oder deren
Raum 4 kr. — HYriefe
und set erbittet man
; anco.

1845.



Landtagsverbandlungen.

** Karlsruhe, 14. Januar. 135. öffentl. Situng. Präfident Befkk.
Auf der Regierungsbank: Duſch, Rettig. !
Herftelung der Preßfreizeit. g
Trefurt: Jch bin immer noch für Preßfreiheit, aber nicht vafür ge-
wesen, vaß auf diesem Laudtage noch ein Preßgeſch vorgelegt werde, um fo
weniger, als unsere Regierung auch vorher mit dem deutſchen Bund in Einver-
ſtäudniß fich seßen muÿ, obgleich dies eigentlich nicht von Rechtswegen zu ge-
schehen hätte, die Kammer wird deßhaib auch nicht verlangen, daß unsere Re-
gierung durch Hervorbringung dieses Preßgeseßes noch auf diesem Landtage in
Opposition mit dem Bunde fich seßze. + Jc bin zwar nicht mit Allem ein-
Verftanden, was der Hr. Motiousfteller und der Hr. Berichterftiatter ausgespro-
<en haben, enthalte mich jedoch einer näheren Kritik und will nur meine An-
ſicht von meinem Standpunkt aus vortragen. :
Ich fordere die Preßfreiheit nicht sowohl ver badischen als vielmehr den
übrigen deutschen Regierungen gegenüber, da unsere Regierung, nachdem fie
das Preßgesep von is31 ausgegeben, es mit so viel Kraft, so lange es ging,
z?cjen Außen vertheidigte. Allem auch jene Regierungen durch ſchon oft genug
gehörte Klagen und Stpdilderungen der bedenklichen und bittern Stimmung des
Völker beftimmen zu wollen, halte ich für. unrecht und unangcmessen, da j ne
Megierungen, nicht weil sie der Preßfreibeit abhbold find, sondern durch die seit 1831
gemachten Erfahrungen die Preßfreiheit bis jetßt vorzuenthalten veranlaßt wurden.
Da aber diese Regierungen doch glauben können, das allgemeine Wohl for-
vere das Vorenthalten der Preffreiheit, ſo wolle er, sagte der Redner, abge-
sehen von den Gründen des Rechts, von dem Standpunkte der Zweckmäßigkeit
gans vie Unftatthaftigkeit dcr Zenſur nachweisen. Dieß werde ihn aber nicht durch
die Ansicht von ver Vortrefflichkeit unseres Preßgeseßrs von 1831 erleichtert, da
gerade jenes Geseß, als ein hoch mißlungener Versuch geseßgeberischer Weisheit,

das entſtandene Uebel hervorgebracht dabe. Defsenungeachtct ader könne er die

Mangelhastigkeit jenes Preßzisrßes nicht als einen Grund gegen seine Forde-

run,z der Pyffreiheit gelten laſſen. Man solle ein beſſeres Preßgeseß geben,
eines, das durch die erforderliche Caution, die es befimme, und nanqhafte
Beldſtrafen auch wirkliche Reprceſſlomaßregeln gegen den Mißbraueh der Presse
varbdietct. Wenn auch dadurch nicht eben Preßmißbrauche verhindert werden

können, \[0 moj e man bebenken,, daß die Zensur dies noch weniger vermöge. ~+

Das Wrsen der Precßſreiheit werde sehr häufig von Denjenigen verkannt, welche
in politiſchen Dingen eine Rolle spielen, bcsonders dadureh, daß sie die bloße
Willkür mit der Freiheit verwechſela und jede Beschränkung dieser Willkür als
eine Berkümmerung und Beeinträchtigung der Freideit darftellen.

Diese Begriffsverwechslung habe sich auch bci Berathung unserer Strafgesehe

gezeigt, allein der Irrtdum , welcher meinte, die Gesctze seien die beſten, welche
vie als Freiheit gedachte individuelle Willkür am Wenigften beschränken, komme
aus derselben mangelbafien Grundanficht, welche die Regierungen für die be-
ften hält, die den Forderungen und Anmaßungen der Partcien am Willigſten
nachgeben. Gerate so sei auch die Ansicht der Regierungen falsch, welche diejc-
nigen Verfaſſungen für die tuchtigſten und brauchbarften halten, welche die Re-
gierungsgewalt am Wenigsten beschränken. ¡Weil dem nun so sei, so werden wir
Ju jeder Zeit manche Mißÿbräuche in unserem öffentlichen Leben haben, denn ein
rundfebler des Menſchen sei die egoiſtiſche Brfangenhcit gegen eigene und
Scharſsichtigkeit für frende Febler, dceßhalb arten auch schr häufig die conſtitu-
tionellen Factoren und Regierung in eine Leidenschaft und in ein Ri-gen nach
Oberzewalt und Uederwältigung und so stets in ein unvernünftiges und unfitt-
liches Getriebe aus, dagegen ſchüte aber nicht ein nur nach einer Seite gerich-
teies Machtgedot (die Zenſur).
î: Der erſte Borwurf gegen die Zensur sei wohl d:r, daÿ se den einzigen
wirksamen Weg der Avbdülfe, die Gewinnung freier Ueberzeugung durch gegensei-
tige Belehrung, abschneide. Denn unter Zensur werde ſich eine auch noch so
üvelwollende Preſſe als unschuldig leidend darftellen und dadurch die offeniliche
Meinung für ſich gewinnen. Die Zensar, auch noh so milde, werde deshalb,
weil ſie triumal ihrem Begriff nach eine Ungercchtig?eit sei, und auch in der
Praxis nicht vernünftig und gleichmäßig gehandhabt werden könne, stets den
Heinden der Regicrung eine Waffe sein und das Streben der Regierungsfreun-
de nnwirkſam machen, denn die öffentliche Meinung werde eben Partei gegen
Disjenigen nebmen, welche gegen die durch Zensur unterdrückte Partei kämpfen.

Die Zeusur werde auch ferncr nachtheilig dadurch, daß fie die Thätigkeit der
Regierungsfreunde lähme, besonders dadurch, daß diese sehr oft die Sache der
Regierang bereits durch die Zensur hinlänglich für vertheidigt und geſchüßt
wähnen. Ja dieſer Wahn lähme in sehr vielen Fällen die Thätigkeit der auf-
richtigen Regierungsfreunde und sei oielleicht der größte Nachtheil der Zenſur,
:! er besonders dethalv mit den Anträgen der Comniiſſton einverftan-

en sei. (Fortsegung f.) .



. Dentſchland. ; ]

Anus den Badischen, 11. Januar. (Köln. Ztg.) Die Er-
nennung zu der Stelle eines Präsidenten des Miniſteriums des In-
nern, welche durch den Tod des Hrn. Staatsraths Cichrodt erledigt
iſt, wird noch immer erwartet; es hat sogar den Anſchein, als werde
die Stelle noch einige Zeit unbeseßt bleiben. Je mehr Namen ge-
nannt wurden, deſto mehr Ueberraſchungen im Publicum; je raſcher
. gdeie Aufeinanderfolge dieser Namen, deſto begründeter schien die An-
ſicht, daß es nicht so leicht ſein werde, denjenigen heraus zu finden,
welchen man, ohne begründete Ansprüche Anderer zu verletzen, mit
»eu. wichtigen Amte betrauen köune. Inzwischen hat auch die Stimme

der Bürger (?) Zeit gehabt, sich auszusprechen, und es ſtellt fich im-
mer deutlicher heraus, daß keine andere Ernennung ſich eines so all-
gemeinen Beifalls zu erfreuen haben würde, als die des BVicekanzlers
des Oberhosgerichts und Kammerpräſidenten Bekk. Die in gewiſſen
Kreisen verbreitete Meinung, daß damit den Liberalen ein Gefallen
geſchehen würde, beruht auf einem großen Irrthume. So viel iſt
richtig, daß Bekk —~ übrigens die entschiedene Mehrheit der Kammer
für sich haben und der Regierung ein großes moralisches Gewicht
verleihen würde. Die Liberalen als Partei würden daher nichts ge-
winnen, und wenn auch von ihrer Seite gewünscht wird, daß Bekk
zum Präſidenten des Ministeriums des Innern ernannt werden möge,
ſo geſchieht es nur darum, weil sie, als Bürger, denen das Wohl
des Landes am Herzen liegt, ebenfalls anerkennen, daß unter den ge-

gebenen Umständen Bekk der Mann sei, von dem ſich das Land einer

guten und gerechten Verwaltung, so weit thunlich, versehen dürfe.
Bekk's eigentlichr Gegner ſind die Gegner der Verfaſſungz siegt de-
ren Cinfluß bei der Ernennung zu der Stelle eines Präſidenten des
Ministeriums des Innern, dann ſteigt im Volke das Gewicht der li-
bexalen Partei, in welcher der Bürger die entschiedenen und rückſichts-
loſen Vertheidiger der Verfaſſung zu sehen gewohnt iſt, und davon
dürfte sich die Regierung bei den in diesem Jahre vorzunehmenden
Ergänzungswahlen für den nächſten Landtag zu überzeugen Gelegen-
heit haben. j

K Köln, 2. Jan. Die Schrift des Ober - Procurators

Leue zu Coblenz über das Geſchwornengericht, ~
#i..dets Buch eins qdhaochgeſtellten Mitgliedes der
Staatsbehörde, die als Wächterin der reinen

Handhabung der Gesetze daſteht, die als Disciplinar-Aufſichtsbehörde
unter andern Beamten alle miniſteriellea Beamten und alle Hülfs-
beamten der gerichtlichen Polizei in Rücksicht der Disciplin mit be-
ſonderer Sorgfalt zu überwachen, vorzüglich aber die Beſtrafung al-
ler Verbrcchen und Vergehen nach Kräften zu veranlaſſen hat, +
das Buch rines solchen hochgeſtellten Beamten iſt mit polizeilichem
Beschlag belegt! © ~ Nachdem wir schon vor einigen Jahren Ge-
legenheit hatten, das Leue'ſche Werk über Anfklageprozeß ken-
nen zu lernen, ein Werk, in welchem zwar schonungslos die Principlo-
sigkeit des Feuerbach 'ſchen Buches über Oeffentlichkeit und
Mündlichkeit aufgedeckt, dabei jedoch dem Jnquisitions - Prozeſſe,
triſten Andenkens, der mit Sicherheit geführte Todesſtoß verſezgtt wvr-
den, zweifeln wir allerdings an der Gediegenheit und Körnigkeit der
neuen Leue ſchen Schrift eben so wenig, wie an der mannhafteu
Unersſchrockenheit, mit welcher er das als wahr Erkannte mit den
rechten Worten ausgeſprocheu haben wird: ~ allein wir müſſen
auch, nach Allem, was wir wissen und gehört, die vollkommenſte
Loyalität des ehrenwerthen Profeſſors, selbſt abgeſchen von dem Amte,
das er begleitet, im Voraus unterftelen. – ~ z.;

Man grübelt nun darüber nach, aus welchen bewegenden Grün-
den die Beſchlagnahme Statt gefunden haben möge. ~ Dieſe Be-
ſchlagnahme ist gerade jettt um so n:ehr zu bedauern, als, wie öf-
fentliche Blätter melden, der rheiniſche Provinzial- Landtag schon am
9. Februar d. J. in Coblenz zuſammentritt, wo dann wahrscheinlich
unter den erſten ihm vorgelegten Gegenftänden der neue Strafg e-
ſetß entwurf zur Berathung gebracht werden wird, und nun die
Provinzialſtände schwerlich Gelegenheit haben, den, dem Vernehmen
nach, von Leue geführten Beweis der Unvereinbarkeit des Ent-
|wurfs mit dem bieſigen Rechtsverfahren einer Prüfung zu unterwer-
fen. Wir trguen den Proyinzial- Ständen, auch nach ihrer Seits
erfolgter Einsicht der Leue'ſchen Beweisführung, ein vorurtheils-
freies Urtheil zu. Judeſſen aber –~ ~ ttt

+ Aus dem Lippiſchen, 8. Januar. Die fünf pietiſtiſchen
Prediger, von denen ich Ihnen neulich ſchrieb, ſind nicht abgeſetzt
worden, wie ich mich ſelbſt jetzt berichtigen muß. Die Quelle, aus
der ich damals ſchöpfte, glaubte ich mit Recht eine „gute" nennen zu
können. – So. ſieht man denn, daß auch andere Corresſpoudenten ſich
irren können, wenn sie aus „guter Quelle" zu schöpfen meinen, und
nicht allein d ie der Pr. Alg. Z. — Die Regierung hatte jenen
Predigern auf ihren Antrag nicht den Abschied gegeben, sondern nur
erklärt, derselbe solle ihnen nicht vorenthalten werden. Und nun be-
greift man kaum, wie dieſe Männer es bei ſich derantworten können,


 
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