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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 268 - No. 298 (1.October - 31. October)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44007#1235

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1815_



Deutschland.

* Mannheim , 25. Okt. Oeffentliche Blätter bringen jetzt
die Antwort des Berliner Magiſirats auf die Rede, welche ihm der
König in der bekannten Audienz gehalten. Wir entnehmen daraus
das Weſentliche wie folgt:

„Mit t.efgefühltem Danke verehren wir das große und troftreiche Wort,
welches Ew. königl. Maj. selbft als den Kern der uns ertheilten Antwort zu
bezeichnen geruht haben: die Kirche durch sich selbſt sich geſtalten

lassen zu wollen. Jn dem Vollzuge dieses königlichen Wortes sehen wir

die Erfüllung aller unserer Bitten und bleibt uns nur noch zu wünſchen übrig,
daß vie Synoden nicht blos das Lehramt , sondern durch Hinzuziehung von
Mitgliedern der Gemeinden auch diese mit vertreten und dadurch vollſtändige
Organe ver evangelischen Kirche werden mögen. Daß dieſe Eigenschaft der
Synoden nicht lange mehr fehlen werde, dafür bürgt uns jenes tts Wort
Ew. k. Maj., welches von nun an das Palladium der evangelischen Kirche
sein wird. ~ Auch wir bevauern es lebhaft, daß die Zahl von 33 Geiftlichen,
welche Berlin im Jahre 1739 hatte, im Laufe der Zeit nicht in einem dem
Zuwachs der Bevölkerung entsprechenden Verhältniſſe vermehrt worden ift.
Es gereicht uns jedoch zur Beruhigung, daß im Jahr 1802, wo die Stadt-
verwaltung noch ganz unter Leitung der Staatsbehörden ftand, ver Magiftrat
es war , der den von dem Oberconsiftorium ihm zur gutachtlichen Aeußerung
mitgetheilten und, wie die Akten ergeben, zur Berückfichtigung für geeignet
erachteten Vorschlag der kurmärkischen Kriegs- und Domänenkammer, die Zabl
der Predigerſtellen zum Besten der Kirchen- und dadurch mittelbar der Käm-
mereikaſſe zu vermindern, durch seine Gegenvorftellungen nicht zur Ausführung
kommen ließ. Nach der Einführung der Städteordnung konnte aber die Stadt
bei den ſich auf 10 bis 15 Millionen Thaler berechnenven Laften, in welche
die Kriegszeit von 1806 und die folgenden Jahre fie geftürzt hatten, leider
erft nach und nach zu einer Ordnung ihrer Finanzen gelangen und hatte dem-
nächſt vor Allem die dringenden Bedürfniſſe des Armen- und Schulwesens in
umfaſsender Weise zu befiiedigen. Auf das Lettere allein hat die Stadt in
den Jahren 1820 bis 39 die Summe von 1,100,000 Rthlrn. verwendet, wäh-
rend das Armenweſsen jäbrlich fteigende Zuſchüſſe aus Communalfonds erfor-
derte. Nicht minder hatten die außergewöhnlichen Ausgaben, welche das zwei-
malige Eintreten der Cholera verurſachte, der Stadt eine beträchtliche Laft
aufgebürdet. Desſsenungeachtet haben die ftädtischen Behörden neben der Grün-
dung bedeutender wohlthätiger Inſtitute auch den Anforderungen, welche die
Kirchenbehörden an sie machten, nach Kräften zu entsprechen gesucht und bie-
ten gegenwärtig die Hand zur Erbauung von drei neuen Kirchen. + Den
Dissidenten aus der röm. Kirche haben wir, ungeachtet ihrer dringenden Bit-
ten, vor Erlaß der allerhöchſten Ordre vom 8. Juli d. J. den Mitgebrauch
einer Kirche unseres Patronats versagt und versagen zu müssen geglaubt und
ihnen die Gewährung einer solchen erſt nach ihrer Anerkennung seitens des
Staates in Ausficht geſtell. Nach Erlaß jener allerhöchften Ordre haben wir
den gedachten Diſsidenten, als vem Proteſtantismus nahe ftehenden Brüdern,
gern die helfende Bruderhand gereicht und für dieselben auf ihr dringendes
tuſuqer die Gewährung einer unserer Patronatskirchen zu höherer Genehmi-
gung bevorwortet.

Ä eta ſind wir auch bereit gewesen , den hier anwesenden Engländern zur
Abhaltung ihres Gottesdienftes in englischer Sprache eine unserer Patronats-
kirchen einzuräumen; da jedoch von den engliſchen Predigern noch außerdem
die Abhaliung eines sogezannten altteſtamentlichen Gottesdienftes in deutscher
Sprache beabsichtigt wurde, so konnten wir dieß auch mit sonstigen Incon-
venienzen verbundene Gesuch um so weniger gewähren, als für den Zweck
der Beförderung des Chriſtenthums unter den Juden hier schon lange eine
Besellſchaft wirksam thätig iſt, der wir dazu die hieſige Klofterkirche bereitwillig
eingeräumt haben. ~ Gern möchten wir noch versuchen, den uns betrübenden
Eindruck zu mildern, den die von Ew. königl. Maj. schließlich erwähnte Stelle
unserer unterthänigen Vorftellung auf Allerhöchftdieselben gemacht hat. Indessen
könnte dieser Versuch einen Mißklang in diesen unsern allerunterthänigsten.
Bericht zu bringen scheinen, den wir in der ehrfurchtsvollen Liebe zu Ew.
königl. Maj. in jeder Weise fern zu halten wünschen. ~ Nur die Bersicherung
wollen Ew. königl. Mgi. allergnädigft genehmigen , daß wir alles illegale
Und tumultuariſche Treiben von Herzen mißbilligen und an unserem Theile
jederzeit bekämpfen werden. Diese Bewegungen durch Ew. königl. Maj. aller-
e Fürsorge in die geordneten Bahnen geleitet zu sehen, war eben die
. M ſicht, die unserer unterthänigften Vorftellung zum Grunde liegt. Wir wol-
ken nicht anklagen, sondern den Frieden in der Kirche nähren helfen. In der
UÜeberzeugung, daß, wie in des Vaters großem Hauſe viele Wohnungen find,
so in der evangelischen Kirche Plaß genug für mannigfache Geiſtesrichtungen
fich findet, sofern fie nur auf dem einigen Grunde beruhen, haben wir uns
zunter Bezeichnung dieſes Grundes nur gegen die excluſive Tendenz einer
Richtung erllärt, der wir das Recht, in der evangelischen Kirche neben andern
§ttut.zj refeven nicht im Mindeften ftreitig machen, wenn fie nur dieß
Recht auch Andern gewährt. Wir haben dieß gethan, weil nach unserer in-
migen Ueberzeugung nur so der Friede in der Kirche und im Leben möglich,
zur so dem Sieg der Wahrheit, dem Glück unseres Volks, der Größe unse-
rer tutte Gewähr gegeben ift,“

M . Ü annheim, 25. Okt. Die „Alg. Preuß. Ztg." berichtet
aus Berlin, 20. Okt.: „In einigen Zeitungen, unter anderen auch
im „Hamb. Korreſpondenten-,, wird mitgetheilt, unser Körig have bei
der aufe res Sohnes des Kronprinzen von Bayern gleich ren übri-
gen Taufzeugen zur Bekräftigung ves Taufſchwures ti: Hand auf das

>

Kind gelegt, der Erzbiſchof aber die Hand des Königs zurückgeſchoben,
worauf der König ſich ſofort umgewandt und das Schloß, so wie
kurz darauf auch München verlassen hätte. Wir können diese Erzäße
lung aus beſter Quelle als eine leere Erdichtung bezeichnen. Unser
Herrſcherpaar hatte München bereits vor der Geburt des Prinzen ver-

laſſenz die Nachricht davon erreichte daſſelbe in Tegernsee, und das

Königspaar kehrte, n ur um bei der Taufe noch gegenwärtig zu ſein,
nach München zurück, trat aber unmittelbar nach derſelben die Reise
wieder an. Dies iſt das einzig Wahre an der Sache.“

Radolfzell, 20. Oct. (Oberrh. Ztg.) Heute kam Ronge von
Konſtanz hier an unter zahlreicher Begleitung seiner dortigen Freunde.
Leider haben wir aber einen äußerſt pöbelhaften Auftritt, veranlaßt
durch einen fanatischen Bürger, zu berichten. Er ſammelte einen
Haufen Gaſſenjungen, welche unter Geschrei, Pfeifen und Geftamyf
die ekelhaftesten Geſtikulationen machten. Dieſe Bubereien fanden
jedoch weiter keinen Anklang außer bei einigen ohnehin nicht „ange-
sehenen" Individuen. Von hier reiste der Reformator nach Stokach,
wo ihm jedenfalls ein schöner Empfang bevorfieht, denn dort hat der
" weit mehr Empfänglichkeit für Fortschritt und zeitgemäßes

andeln.

Ulm, 21. Okt. Ronge ift heute den 21 Okt., Nachmittags,
hier angekommen, um, wie man sagt, einige Tage in unserer Stadt
zu verweilen. Er hat sein Logis im „Kronprinzen, genommen und
wird während seines hiesigen Aufenthalts, so viel man hört, eine
kleine literarische Arbeit vollenden.

* Aus Württemberg. (Beob.) Am 17. Okt. ift der Bio
ſchof Keller von Rottenburg gesorben. Zwar ist durch dieſen Tod
eine Beſchwerde der katholischen Bewohner Württembergs gefallen, der
Mangel eines Coadjutors nämlich bei dem „v er wais ten“" Zu-
ftand der Kirche, wie der Herr Abgeordnete von Riedlingen ihn ge-
nannt hat: aber gar leichtlich möchte es seyn, daß wir mit dem Tode
des Hrn. Bischofs anſtatt einer Löſung der kirchlichen Unzufriedenheit
und Verwirrung, nur neuen und deflo hartnäckerigen Verwicklungen
der kirchlichen Verhältnisse entzgegengehen. Wohl selten hat sich Würt-
temberg je in einer ſchwi.rigeren Lage befunden, als gegenwärtig.
In der kaum geschloſſenen Kammer ist der Zwiespalt zwischen Regics
rung und Ständen offener und hitziger zum Ausbruch gekommen, als
jez rings im Lande umher sind die Gemüther durch die religiöſen Ta-
gesfragen erhitzt, die Regierung, von den Proteftanten daran gemahnt,
daß sie als eine wesentlich proteftantisſche den Prinzipien des Prote-
fltantismus Rechnung zu tragen, — von den Katholiken, daß sie ihre
Kirche vor den unbefugten Anfechtungen zu schirmen habe, befindet ſich
gedrängt in der Mitte zwischen den feindlichen und hetzenden Par-
teien. Nan vollends zu den alten Verwicklungen hin dieser Todes-
fall, eben damit neue Streitigkeiten zwischen Regierung und Kurie in
Aussicht, und dadurch die schon wegen der wid-rſtreitenden materiellen
Interessen getrennten Landestheile in Folge der kirchlichen Streitigkei-
ten immer writer auseinander gezerrt. Wohl iſt jetzt dringend nöthig,
daß von Seiten der Regierung in der Lösung dieser neuen Schwierig-
keit Beharren auf dem Rechte und Nachgiebigkeit zur rechten Zeit ge-
zeigt, in dem neu zu wählenden Biſchof aber eine ebenſo unabhängige
und furchtloſe, als sichere und umſichtige Hand zur Leitung des be-
wezten Schiffes, das ihm anvertraut iſt, gefunden werde.

Dresden, 25. Okt. (Schluß.) Der Staatsminifter v. Fal-
k enſt ein erwiderte auf Breckhaus, daß es eigentlich nicht seine Av-
ſicht gewesen sei, ſich heute über die Vorgänge in Leipzig auszusprechen.
Es gäbe ſich in dieser Sache eine große Leidenschaftlichkeit auf der
einen Seite, auf der andern Seite ein gewisses natürliches Scham-
gefühl kund; Jedermann bemühe sich, den Standpunkt der Sache zu
verdüllen. Er glaube, Leipzig habe keinen Grund ſich zu beklagen, son-
dern das gesammte Vaterland, daß es in Leipzig so weit kommen
konnte. Von den begangenen Frevel spreche man nicht, sondern nur
von den Folzen. Das Ministerium habe gethan, was gewünscht wor-

- dein, was es für seine Pflicht gehalten: dem Lande befannt gemachi,

was die commissarische Unt:-rſuchung für Erfolg gehabt. Die Folge
ſei gew.stu, daß Niemand die Wayprheit hören wolle ; die Einen hät-
ten den Tadel zurückgewiesen, die Andern das Lob atgel:hnt. Auf
dies: m Wege könne der begangene Frevel nicht weggethan, Leipzig nicht
berahizt werden, wohl abtr auf einem Wege: rem der Stltſterkennt-


 
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