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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 87 - No. 116 (1. April - 30. April)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44007#0471

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heljähr. Vorausbezahlunng ,

in Mannheim 1 fl. 15 kr.,
‘vurch die Poſt bezogen im
yanzen roßherzogthum
gn 2 fl. K fr., ünm
Ausland erhöht ſich das
Abonnement um den Poſt-

aufschlanen.



AZ 111.
Mannheimer Abendzeitung

23.



Juſserateviegesſpaltens

deren Raum 3 kr. Znse-



tion Anskunft zu ertheilen

D hat, die Zeile oder deren

Raum 4 kr. ~+ Briefe

und Geld erbittet man
raneco.

1845

g



Apr



Freitag

Deutſchland.

Freiburg, 18. April. (Oberrh. Z.) Gestern wurde der schon
vom Palmsonntag datirte Hirtenbrief dcs Herrn Erzbiſchoſs an die
Geiſtlichkeit und die Gläubigen seiner Erzdiöceſe in Betreff der Ein-
führung des Ordens der barmherzigen Schwestern ausgegeben. Der-
selbe enthält voraus eine kurze Geschichte des Ordens, sodann ver-
breitet er ſich über den Zweck desselben, der außer der eigentlichen
Krankenyflege darin beſtehe, Jene, welche in gesunden Tagen flüchtig
dahin leben, wie die Stunde, in der Bitterkeit des Todes läuternd
zu ergreifen und durch kirchliche Erweckung entweder zu einem gott-
seligen Tod, oder aber zu einem neuen Leben in dem Herrn als Ge-
neſene zu bereiten; damit die Sterbenden nicht in Sünde und Un-
bußfertigkeit dahin fahren, oder gesundend, aber nicht achtend der Zucht-
ruthe göttlicher Barmherzigkeit in des Lebens Sündhaftigkeit fort-
wuchern und die Garben ihrer Sünden und der gerechten Strafen
für den Tag des Gerichts sammeln! „Mag dir Welt nur die leib-
liche Hülfe im Orden erſehnen, der Kirche 'ſ es würdig und ihre
Pflicht, die geistliche Noth der armen Kranken zu bedenken.. „Auf
dieſe geistliche Noth vorkommender Armuth, verzweifelnder Krarkheit
haben unsere wohlthätigen Stifter für den Orden geblickt; auf dieje
geiſtliche Noth blicken wir, denen sie das Werk der Frömmigkcit auf
das Gewissen und an das Herz gelegt." Diese Pflege der leiblichen,
aber auch geiſtlichen Noth soll nicht bloß Katholiken, son-
vern auch Proteſtanten zu Theil werden. ,„Eine rein katho-
liſche Stiftung iſt der Orden der barmherzigen Schwestern, aber er
verpflegt arme Kranke jedes Bekenntniſſes.- Zuletit
folgt eine Aufforderung zur Beſteuer für den Orden. ~

H Darnrríſſtaot, 22. April. Die Mehrheit unserer zweiten
Kammer und an ihrer Spitze Hr. Präsident Schenck hat ſich neulich
zu sonderbaren Ansichten über genügende Reife geſtelleer Anträge zur
Discuſſion in der Kammer bekannt. Aber der Eingang zur gedachten
Geschichte enthielt allerdings noch auffallendere Paſſagen. Nachdem
nämlich der Abg. Frank (von Retdighausen) im Februar d. IJ. einen
Antrag, das in den Provinzen Starkenburg und Oberhessen geltende
peinliche Gerichtsverfayren betreffend, gestellt, und damit, wie man
allgemein annahm, cin Surrogat für den deutlicheren Antrag auf
Untersuchung der traurigen Weidig'schen Angelegenheit geliefert yatte,
ging der Antrag an den Ausschuß zum Bericht. Auch brachte rer
Ausschuß den Bericht, jedoch mit Abänderung des erwähnten Betreſſs
in „wegen Einführung des in Rheinhessen geltenden Criminalver-
fahrens in der Provinz Starkenburg und Oberheſſen,, ~ eme Ab-
ünderung, wozu dem Ausschuß auch nicht die mindeſte Competenz zu-
ſtand. Dabei lehnte ſich der Ausschuß hauptsächlich an's Raiſonne-
ment: Die Bezugnahme des Antragstellers auf die raus den Repo-
ſituren der Criminalprozeſſe dem Publikum seit dem vorigen Landtage
übergebenen Aktensiücke- könnte ekeinen Gegenstand einer Erörterung
bilden- (!) und überhaupt sei die Sache abgemacht durch die im
Jahre 1836 zwischen Staatsregierung und Ständen hinsichtlich der
zukünftigen Gesetzgebung getroffene Uebereinkunft, welche nun nach
und nach ins L.ben trete. Ein Ausschußm tglied, welches zwar auch
den Antrag auf sich beruhen wünſchte, meinte, jene Ucbereinkunft ſci
nicht so absolut unantaſtbar, ]als der Ausſchußbericht dargeſtellt, und
verwahrte sich dagegen, während ein zweites Ausschußmitglied we-
nigſtens in der Reihenfolge der Gesetzgebung eine Aenderung für
möglich hielt und die neue Criminalprozeßordnung vorzugsweise be-
ſchleunigt wünſchet. . Dieser sein Antrag wurde dann auch dem Aus-
ſchußberichte angefügt. Was geſ»ſchieht? Am 15. d. M. sollte Bera-
thung über den Antrag sein. Man war in der Kammer und
im Publikum gespannt auf dieselbe. Da eröffnct der Präſident: der
Ausschuß habe über das Materielle des Antrags nicht berichtet,
wegen der dazwischen liegenden Uebereinkunft von 1836, und die
Staatsregierung sich damit einverſtanden erklärt; aus di sem Grunde
sei denn auch von ihm, dem Präsidenten, einem Abgeordneten, wel-
cher über das Materielle des Antrags hätte eine Rede halten wollen,
bemerkt worden, daß tas nicht gehe, indem erſt der Ausschuß ſich
quch über das Materielle des Antrags äußern müſſe. Später zeigte
fich dann, daß dieß der Hr. Antragsteller selbſt war, ter zugleich ge-

gen das Verfahren des Präſidenten proteſtirte, und bemertte, er würde
nun auch an der Berathung über das Formelle keinen Antheil

nehmen. Wir fragen hierzu: durfte deßhalb, weil der Auvsſchuß nicht
vollſtändig über den Antrag berichtet hatte (ber Ansicht des Schrei-
bers dieſer Zeilen gemäß, hatte er es genügend gethan, um eine Be-
rathung darüber vorzubereiten), der Präsident, um dem Antragſteller

oder überhaupt jedem andern Abgeordneten vorher, in beliebiger

Weise über den Antrag das Wort zu neh.nen? Daurfte er sich die
Intentionen dieser Abgeordneten gewiſsermaßen vorhcr zur Einſicht
qusbitten, eine Censur dara n üben und ihnen das Imprimatur
des mündlichen Vortrags verweigern, wenn, seiner Meinung nach,
der Ausschuß nicht vollſtändig berichtet hattes Iſt dies möglich, dann
wird zunächſt vom Belieben des Ausschuſſes und wieder vom Belie-
ben des Präsidenten und der Kammer abhängig gemacht, ob ein Ab-
geordneter sich überhaupt über das oder jenes Thema iu der Kammer
äußern, ob er eine Berathung darüber hervorrufen darf. Denn der
Ausschuß braucht nur unvollständig zu berichten und die Kammer

braucht, auf erhobenen Anstand durch den Präſidenten, ſich nicht wie-

der velehren laſſen wollen, so iſt die Ansicht des Abgeoroneten
zerquetscht. Ganz ähnlich ging es in vorliegendem Fall. Denn
nachdem lang hin und her gesprochen war, brachte der Präsident die
Frage zur Abſtimmung : Ob die Kammer über das Materielle des
Franck'ſchen Antrages berathen und zu dem Ende den Gegenstand an
den Ausſchuß zur Berichterſtattung zurückverweisen wolle? Da wa-
ren nur zwei Abgeordnete für die Bejahung der Frage, nämlich
der Antragsteller und einer der vier Briefschreiber an den Präſidenten
im Dez. v. J. in der Angelegenheit Georgi's, Hr. Heinrichs, wäh-
rend die 3 übrigen Briesſschreiber unter den übrigen 42 Abgeordneten
dagegen stimmten. Ebenso stimmten dagegen der Abg. Georgi u.
A., wozu jedoch der Abg. Glaubrech nicht gehörte, indem er gerade
an jenem Tage krank zu Mainz lag und mit Beilegung ärztlichen
Atteſts - vergebens ~ um Auſfſchub der Berathung gebeten hatte.
Der erwähnte Antrag des zweiten Ausschußmitglicdes (Abg. Köſter)
erfuhr dann im Weſentlichen das nämliche Schicksal, obglcich nicht
ganz selten im Lauf der einzelnen Berathungen, wie z. B. noch neu-
lich bei der Budgetberathung der Antrag des Abg. Glaubrech wegen
Creirungeiner Art Handelsminiſteriums, Anträge auftauchen, berathen und
demnächſt einer Abſtimmung unterworfen werden. Hier aber hatte so-
gar ein Ausſchußmitglied seinen Antrag dem Außſchuß und dem Aus-
ſchußreferenten mitgetheilt, und er war zum Theil des Ausſchußbe-
richts gemacht worden. Unterließ dabei der Ausschuß, sich gutächt-
lich über ihn zu äußern, so war dieß seine Sache und der Untrag-
ſteller hätte, der Anjicht des Schreibers dieser Zeilen nach, nicht da-
runter leiden sollen. Ebenso stand es ganz in des Ausſchuſſes Be-
lieben, ob «x mit der Staatsregierung krarüber communiciren wollte
(dieß iſt nirgends für nothwendig erklärt), und wenn er es unter-
ließ, wie geſchehen, so folgte kaum wohl etwas Anderes daraus als
das Cbenbemerkte. Dcm Bernehmen nach äußerte der Abg. Köſter
noch in der Sitzung die Absicht, alsbald einen besondern, neuen,

schriftlichen Antrag zu ſtellen. Vis am 19. d. M. war es nicht ge

ſchehen. Hoffentlich geſchieht's noch. ~

Wiesbaden, 21. April. ( Frankf. J.) Geſtern hielten un-
ſere Deutsch-Katholiken ihre dritte Versammlung. |
_ Vom Ntoein, 18. April. (Rhein. B.) Wenn es wahr iſt,
daß, wie man unlängft berichtet hat und wie es sehr wahrscheinlich
iſt, Hr. Guizot die Ansicht hat, daß die dermalige Verfaſſung der
Schweiz morſch und abgelebt sei, so möchte es in der That am
Orte sein, solche Ansichten zu verwirklichen und Reformen zu veran-
laſſen, die am Ende das Wesen der wahren Erhaltung find. Es
kann nicht geläugnet werden, daß die Eidgenoſsenſchaft ohne innern
Mittelpunkt iſt, ohne ein Gesammtivtercſse, sondern vielmehr in die
kleinlichſten Kantonal-Interessen zersplittert, an denen ſich jeder Fort-
ſchritt bricht, die aber den innern Zerwürfniſſen, den Parteien, den
Propagandiſten und Radikalen, am Ende auch den Jesuiten aus al-
ker Welt, den Emeuten, den Revolutionen, kurz der Anarchie und
der Auflöſung ein günstiges Feld eröffnen.

Untersuchen wir nicht, ob die ſchweizceriſchen Wirren von hier
oder von dort (von Außen oder Innen) kommen; wenn wir aber
ſehen, daß die europäiſche Gesellſchaft Stoff genug eiuſchlicßt für sol-
che Wirren, so iſt es ſicher Pflicht, ihnen das Texrain zu beſchnei-
den. In negativer Weiſe durch Einſchlichung und Abscheidung iſt

Zeile in Petitſchrift om.
rate, worüber die Rsdaen.


 
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