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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 238 - No. 267 (1. September - 30. September)
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rate, worüber die Redak-



11:06 v :e
aufsſchlag. y franco. ,
Freitag 12. September 1845.





Deutschland. ;
* Mannheim, 10. Sept. Die neulich erwähnte Adresse,
welche die Theilnehmer an dem Verfaſsungsfeſte in Schwetzingen an
den Bürger-Ausschuß in Leipzig gerichtct haben, lautet, so viel wir
davon berichten können, wie folgt : jf ; ;

„Deutsche Männer und Brüder! Die blutigen Ereignisse des 12. Aug. in
Leipzig müſſen in der Bruſt jedes ehrenhaften Deutschen Schmerz und
Abscheu erregen; Schmerz um die schuldlos Hingeopferten und ihre
Angehörigen; Abscheu gegen Zuſtände, unter deren Herrschaft das
Leben der Bürger so leichthin und willkürlich zerſtört werden kann.
Auf dex andern Seite aber verdient Ihre Handlungsweise, wackere
Männer, laute und dankbare Anerkennung. Sie haben nicht nur
durch Ihre entschiedene und gesetzliche Haltung größeres Unglück ver-
hütet, ſondern auch, wie es deutschen Männern ziemt, eben so ent-
schieden Sühne für die gefallenen Opfer und Bürgsch af ten für
die Verhütung der Wiederkehr ähnlicher Vorgänge gefordert.

Wahrlich, es wird dem Deutſchen schwer gemacht, einen Rechts-
zufiand zu erlangen! j ,

Die Nation ermangelt einer wahren Vertretung ihrer höchften
Intereſſen und darum auch der Ehre und Achtung gegen Außen.

~– t Setlbſt die Gewissenéfreiheit, obgleich durch die Bun-
des- und Landesgrundgesetze verbürgt, wird in manchen Gegenden
Deuiſchlands za Gunſten des Erbſseindes deuiſcher Geiſteskraft und Bil-
dung zu Gunſten Roms peolizeilich eingeengte.

Im Hinblicke auf die Zuſtände im Vaterlande gewinnen die
Vorfälle des 12. Auguſt eine höhere Bedeutung. Sie ſtehen nicht
mehr da, als ein vereinzeltes Unglück, als ein augenblickliches Ver-
ſchulden. So lange dieſes Syſtem beſteht, gibt es keine Sicherheit
für das Leben mehr, und die Thaten des 12. Aug. können ſuy
in Leipzig wie in jeder andern Stadt Deutschlands jeden Augenblick
wiederholen. Ganz Deutschland muß daher einstimmen, in Ihre For-
derung von Bürgſchaften gegen die Wiederkehr ähnlicher Vorfälle.

~ HNur bann wird abgeholfen, wenn die öffentliche
Meinung mit unwiderſtehlicher Kraft für Recht und Gesetz sich erhebt.

Im Gefühl dieser Ueberzeugung, senden wir TJhnen
wackere Männer, den Ausdruck unseres Schmerzes, unſerer
Hochachtung und unseres Dankes für Ihr muùuthvolles, entschie-
denes Verhalten. Sie werden vielleicht in Ihrem Streben nach Bürg-
ſchaften für die theuerſten Güter des Menschen, zu deren Schut; die
Staaten gegründet sind, noch ſchwere Prüfungen zu bestehen haben;
allein ſie werden auch Muth zum Ausharren und die Gewißheit des
entlichen Sieges in dem einmüthigen Zurufe der Tausende finden,
die + wir zweifeln nicht daran ~ aus allen Theilen von Deutsch-
land Ihnen die nämliche Gesinnung zu erkennen geben werden, wo-
mit wir Sie unserer Hochachtung und Freundschaft versichern".

* j * Ans dem Oberamte Offenburg, 9. Sept. Endlich
iſt auf den 15. d. M. die Wahl eines Abgeordneten in unserem
Watlbezirk angeordnet und die Anstrengungen der Agenten des Herrn
Rnapp werden nachgerade verdoppelt, je mehr der verhängnißvolle
Tag anrückt. Es ift faſt komiſch, wie die Herren sich abmühen und
guch die kleinſten Mittelchen nicht unbenützt laſſen. Wir müssen in-
deß anerkennen, daß unser Amtsvorſtand und bis auf einen gewissen
Wrad selbſt Knapp nicht unmittelbar thätig sind, desto mehr aber su-
„then ihre Helfershelfer die Schwachen und Schwankenden zu bearbei-
ien, wobei sie freilich nicht selten ihre Herren und Meifter compro-
mittiren. Das Comite-Direkteur ift natürlich in der Stadt Offenburg.

. Hon da aus gehen alle Bewegungen. Da iſt zunächſt ein Mann,

[der Alles nur ums Geld thut, und voz dem man eigentlich kaum
[recht begreift, wie er ſich so anftrengen mag, da man nicht wohl an-

| nehmen kann, daß er für seine Gänge und Reden bezahlt wird. Al-

rin er bezieht eben vom Staate noch eine Pension, obwohl er als
Shritv.t ſſer seinen Nahrungszweig hat, und dann mag er wohl
denken, daß er für jene doch auch etwas thun müſſe, er hätte sonst wohl
.! viel vaför geigan. Sonderbar bleibt es übrigens immer, wie
Mb B
ihrer Umgebung den Wirthen u. dgl. zur Bedingung ihrer Einkehr
trachten. — Ein zweites Mitglied dieser Wahl-Gilde für Hrn. Kuapp
„ſlheint fih die Bearbeitung bes imrner einflüßreichen Klerus zur Auf-

gabe gemacht zu haben. Wenigstens besucht er die hochwürdigen Her-
ren ringsum, lobt nebenbei ihr „schmackhaftes Hausbrod“ und ihr
reines, sſelbſtgezogenes Weinle--, das er sich recht gut munden läßt.
Die Leute sind so ungerecht und meinen, seine Beſuche gelten nur den
letzteren Dingen, während ihn doch gewiß nur der patriotiſche Eifer
für die Wahlangelegenheit treibt. Ein Dritter, der Pfiffigſte von Al-

len, zieht gegen die Neuerer in der Kirche los, als welche natürlich

die Liberalen bezeichnet werden. Man kennt diesen Herrn übrigens
schon; es war bereits mehrmal von ihm die Redez er iſt nicht ohne
Ehrzeiz und will sich ohne Zweifel ein Verdienſt erwerben; denn man
weiß nicht, wo man's brauchen kann. Schon vor einer Reihe von
Jahren hatte er einmal gewaltige Luſt Bürgermeister zu werden, und
hat zu dem Zweck einem Bürger und Wagner 300 fl. und extra
noch 200 fl. Schmußgeld zugesagt. Allein der Handel. wurde nicht
angenommen. ~ :

Wenn außer diesen Dreien noch ein Vierter + der felbſt Abge-
ordneter –~ sich zu Guxrſten Knapp's anstrengt, so geschieht es wohl
nur in der Absicht, um füc den Landbezirk einen Gesinnungsverwand-
ten zu bekommen, damit nicht etwa die Stadt hinter dem Lande zu-

rückbleibe. . –~ Hoch müſſen wir endlich des Fünften ge-

denken, der vom Lande, würdig der Uebrigen, den Städtern
ſich anreiht.. Einen neuen Zuwachs bekam die Geſellſchaft erst in den
letzien Tagen in einen Mann, der bisher auf eigene Rechnung auf
Werbung ausgegangen. Wir können dieſen Herrn am Befſten bezeich-
nen, wenn wir ihn den Liebhaber seiner eigenen Perſon nennen.
Eingebildet, voll Dünkel, schien er Alles Ernstes sich für den würdig-
ſten Deputirten zu halten, und trat kähn, unter liberalem Anshänge-
ſchild, als Bewerber auf, schimpfte weidlich über Knapp und seine
Partei ~ und fießye da, er kam, obwohl etwas spät, zur Erkennt-
nißz freilich sehr unfreiwiklig, nachdem ihm von manchen Wahlmän-
nern, und auch in öffentlichen Blättern, die unſchmeichelhafteſten Aeu-
Herungen geworden. Im Aerger über seine getäuſchte Hoffnungen wen-
det er sich von der liberalen Richtung, der er eigentlich nie angehörte,
zu dem Lager, gegen das er bisher gestritten, wo er denn als ein Bc-
kehrter mit Freuden aufgenommen wurde. Aber der Gewinn iſt für
seine neuen s. a. Freunde grcrade so groß, als der Verluft für die al-
ten, d. h. er iſt – 0. Etwas niederſchlagend mag füx ihn die Aeu-
herung eines Bauern und Wahlmanns, den er für Hrn. Knapp ge-
winnen rollte, gewesen sein, der ihm ganz einfach bemerkte, daß er
ja vor 14 Tagen ganz anders gesprochen, und den jetzt so gepriesſe-
nen Knapp gerade verdammt habe. ~ Letzterer ſelöſt ſcheint indeß
manchmal die angemesſſene ruyige Haltung zu verlieren, gewiß
war es mindeſtens unklug von ihm, daß er gegenüber einem Wirth
und Wathlmann, wrlcher ihn tröſtend auf die Unterſtüzung des Amts-
vorſtandes verwies, eine wenig ſchmeichelhafte Meinung in Bezug auf
die geiſtige Befähigung des Letztern äußerte. So treiben und jagen
die Herren, welche sogar aus einem entfernteren Amtsbezirk einen
Beamten kommen ließen, um sich von ihm unterftützen zu laſſen,
da er im Wahlbezirk gebürtigt iſt und daselbſt Verwandte hat. .

*. Eberbach, am Neckar. Unser zweiter Bürgermeiſter, Hr.
Seibert, hat plöglich seine Demission eingereicht. Vorgefallene Col-
liſionen zwischen ihm und dem Beamten haben ihn veranlaßt, lie-
ber seine Stelle aufzugeben, als Handlungen zu begehen, die seiner
Ansicht widerſtreiten. Ein solcher Rücktritt verdient allgemeine Ach-
tung. Der Gemeinderath und engere Ausschuß hat in Folge deſſen

einſtimmigzu Protokoll erklärt, daß die Ursache des Rücktritts sehr zu bedau-
ern, der Rücktritt selbſt aber sehr ehrenvoll für Hrn. Seibert sei. ~

So steht es jetzt mit unſern Bürgermeiſterangelegenheiten. Es

wird überhaupt bei uns jett täglich interessanter. Näheres darüber

später, wenn es gewisse Umstände erlauben.
> Heidelberg, 12. Sept. Unsere Wahlangelegenheit fteht,

soweit mir bekannt ift, nach immer auf demſ:lben Flecke, d. h. auf

dem unerledigten Rekurſe. Die Regierung hat, wie ich höre,

zwar das Urtheil des Bezirksamts beftätigt, die Wahlcommis-

ſion soll dagegen an das Ministerium rekurrirt haben, obgleich mit
der offizielen Eröffnung jener Beſtätigung ein Vergleichs-
vorschlag und darin den Liberalen ein Zugeſtändniß von einem oder

zwei liberalen Wahlmännern gemacht worden sei, wenn man dagegen
die Eisenbahn - Leute ungehindert darauf los wählen lassen. Allein


 
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