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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 87 - No. 116 (1. April - 30. April)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44007#0389

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: Deutſch!suOB.
_00 Heidelberg, 2. April. Vor menrigen Tagen hat Profeſſ.
y. Vangerow die Stelle als Prorektor übernommen und nach alt-
hergebrachter Sitte vor den ordenlichen Profcſſoren seine Antritts-
Rede gehalten. Dieſelbe erregte keine geringe Verwunderung, da fie
viele Gebrechen uvſerer Universität freiinüthig ſchilderte und nament-
lich ſich auf tas Prorectorat und tie Stellung des Senats im Ber-

hältniſſe zu den Profeſſoren bezog; auch der traurigen Lage vieler

Universitäts-Inſtitute wurde darin gedacht. Es wäre von dem größ-
ten Nuten, wenn zeitgemäße Reformen im Sinne v. Vangerow's
vorgenommen würden. ~ Profesſſor Pfeuffer hat, wie man vernimmt,
einen glänzenden Ruf nach Tübingen erhalten. Erſt seit kurzer Zeit
in unſerer Mitte, erfreut ſich dieſer ausgezrichnete Mann des unge-
iheilteſen Beifalls der Studirenden und des allgemeinen Vertrauens
im Publikum. Wir wollen hoffen, daß Pfeuffer hier bleiben wird;
es hängt solches nur von unserer Regierung in so fern ab, das ſie
die Mittel für ras neu errichtete Hoſpital nicht mit allzukarzer Hand
abmißt. ~ Gervinus, welcher ebenfalls einen Ruf erhalten hat, wird
uns wahrscheinlich bleiben. Dabei varf man billig fragen, ob die
ausgezeichneten Kenntniſſe und das ſcltene Talent eines Welcker, der
doch im Vergleiche zu Gervinus in politiſcher Beziehung nicht sehr
— wie man's nennt - gravirt iſt, unserm Lande nicht mehr zu
Gute kommen sollen. Weich’ ein Gewinn für die hieſige Univerlität,
wenn Welcker lesen würde! Vertrauen wir darob unsern neuen Mi-
giſtern des Innern! :
. t Freiburg, 2. Ayril. Der Hr. Erzbiſchok Hermann von
BVicari hat auf den Brief des Hen. geistlichen Rathes und Profeſſors
un der hieſigen Hochſchule H. Schreiber, worin dieſer seinen Ueber-
tritt zur deutſch-katholischen Kirche anzeigte , geantwortet. Er drückt
Hrn. Schreiher. sein „ Mitleid'i, paß er. zu. seinem eigenen Unheit: zu
der völlig principienkosen neu cniſteßenden Sekte übergetreten sei“, und
zugleich ren Wunſch aus, „daß der varmbherzige Gott ihm Gnade
schenken wolle, damit er zu beſſcrer Einsicht für fein Seelenheil ge-
lange... Wiriteres behält sich der Hr. Erzbischof vor. Bekanntlich
iaite ihm der Hr. geiſtliche Rath Schreiber seinen Anſchluß an die
neutſch - katholische Kirche als das Erzebniß ſchwercr Prüfungen und
"einer religiös-sittlicher Ueberzeugung dargeitellt, den Brief aber auch
sofort veröffentlicht, daher auch das erzdischöfliche Schreiben alsbald
in hieſtgen Blättern erſchien.

* Bielefeid, 29. März. Ueber das Verfahren der Direktion
der hieſigen Resſsſourceen-Geſellſchaft bei Gelegenheit der 2. Versamm-
lung des Diſtriktsvereins für den Kreis Bielefeld tc. hat ſich sowohl
die Wesſerzeitung, als auch das Weſtphäliſche Dampfboot, Letteres
in einer geharniſchten Correſpondenz, tadelnd ausgesprochen. Die
bereits seit längerer Zeit im Ansehen des. Kernes der Bürgerſchaft
ſinkende Ariſtokratie, oder richtiger geldſtolze Bourgeoisie, hatte ſich
durch diesen Schritt keine Lorbcern erworben. Viel weniger sammelt
ſie dieſe durch das Verhalten, welches ſie bei Gelegenheit der lebens-
gefährlichen Verwundung des Buchhändlers Helmich durch den Lieu-
tenant W. beobachtet. Herr Helmich nämlich iſt Mitglied der
Reſſourcen-Geſellſchaft ~ der Gesellſchaft der Ariſtokratie – und
die Vermuthung war allgemein , daß die Direktion sofort dazu über-
ehen werde, ihren und den Unwillen der Geſellſchaft über eine solche
unerhörte That des Lieutenant W. dadurch zu beurkunden, daß
ſic es durch eine geeignete Demonstration dem Hrn. W. un-
znöglich mache, ferner die Räume der Ressource zu betreten. Einer
der Direktoren soll ohne Erfolg zu einem solchen Schritte gerathen
' Yaben und aus Unwillen darüber am Gallenfieber erkrankt sein.

Die Direktion hat aber bislang Nichts gethan, vielmehr scheint zwi-
ſchen dem Offiziers-Corps und der Ressourcen-Geſellſchaft ein recht
gutes Cinvernehmen ſtattzufinden. Obgleich man nach jenem Ereig-
niſſe faſt an keinem der sonſt von den Offizieren besuchten öffentlichen
Orte die Uniform antrifft, so war ſîe in den Reſſsourcen-Sälen um
lo Häufiger zu erblicken. Daß aber die Direktion bet solchen An-
käſſen unempfindlich bleibt, ſetzt um so mehr in Erſtaunen, weil ſie
ti sonstigen geringfügigen Fällen eine ſtarke Portion leicht erregba-
„er Empfindlichkeit zur Schau trägt. So hat sie fich z. B. kurz
vorher sehr beleidigt gefühlt, ats ein Beſucher das 2.. Heft des Weſt-
phälisſchen Dampfbootes nit ver Bezeichnung „zum Geſchenf- liegen

zu gleicher Zeit beigelegt werden.

der Unnatur erwarten.

. Ap | 4littzz



ließ, nachdem demselben erzählt war, die Geſellſchaft habe wegen des

im erſten Hefte auf die Direktion enthaltenen, oben erwähnten An-

griffes das 2. Heft dieser in Biclefeld erſcheinenden Monatsſchriſt
zurückgesandt. Anſtatt das Geſt enk in ten Ofen zu werfen, wenn
es nicht annehmenswerth war, hat die Direktion ſich zu einer langen '
Zuschrift an den Gesſchenkgeber veranlaßt gesehen, die nicht undeutlich
angedeutet haven soll, daß man fernere Beſuche nicht erwarie. + Ein
Geschenk mit einem Hefte des D:mpfbootes ~ und eine lebensge-
fährliche Verwundung eines Mitgliedes der Gesellſchaft ohne Veran-
laſſung von diesem; im erſten Falle Entrüſtuug ~ im zweiten Falle
vornehmes Schweigen! So offenbart ſich das Wesen unserer ſich
mit dem Mantel des Liberalismus behängenden Aristokratie. In Klei-
nigkeiten kühn und empfindſam; bei eruſten Dingen zaghaft und
dickhäutig. t

Vom Nhein, 29. März. (Fr. O.-P.-A.-3.) Die Verhand-
lungen unseres Lanttags nehmen. wie in der ganzen Monarchte, ſo

besonders in unsercr Provinz fortwährend die allgemeinſte Aufmerk-
'ſamkeit in Anspruch.

Um dem verspäteten Erſcheinen der Landtags-
berichte einigermaßen abzuhelfen, iſt jetzt die Einrichtung getroffen
worden, daß dieselben in Köln besonders gedruckt und den bedeutend-
sten Zeitungen der Provinz, namentlich der Kölniſchen und Aachener,
Die Koſten dieſer Einrichtung ha-
ben jedoch die Zeitungen selbſt zu tragen. Uebrigens hat ſich, wenn
jemals, in den lettten Wochen in auffallender Weise gezeigt, wie man

"unserm Putlikum durch hemmende Maßregeln nichts mehr vorenthal-

ten kann. Das Resultat der Landtagsdebatten, die Namen der Red-

mer, die hauptſächlichſen Momente ihrer: Reden, die Namen der Vo-

tanten für und wieder verbreiten ſich ſtets mit reißender Schnelligkeit
durch die ganze Provinz; jr über die wichtigſte Verhandlung der

Stände, worüber man dem officiellen Protocoll erſt n ecntgen Taget.

entgegensieht. circulirt bereits seit mehreren Wochen ein gedruckter

Brricht in Tausenden von Eremplaren, der namentlich mit größter

Genauigkeit die verſchiedenen Abſtimmungen detaillirt und nicht ver-
fehlt hat, die lebhafteſten Sym- und Antipathien für einzelne Abgén
ordnete bervorzurufen. Sollte derselbe Ungenauigkeiten, ja Gehäſſig-
keit verbreiten, ſo muß man dieß eben auf Rechnung der verspäteten

wund dann für rheiniſche Begriffe noch nicht hinreichend voliſtändigen
officiellen Publication schreiben. - Die neueſte Nachricht iſt jetzt,

vaß eine amtliche Denkschrift in Erwiederung auf einen Antrag des
H. Hansemann, --Sicherſtellung der Unabhängigkeit des Richteramtes
und der persönlichen Freiheit betreffend-, erſchienen iſt. Dieselbe er-
regt großes Aufsehen, besonders weil in derſelben auf das baldige

SErſcheinen eines neuen allgemeinen Strafges et buches

hingewiesen sein soll.

Magdeburg, 27. März. Unser Wochenblatt wundert ſich,
daß man in Berlin ein großes Waisenhaus für 30 bis 40,000
Thlr. zur Aufnahme von 600 Waisenkindern bauen will. Man
weiß in der That nicht, was man dazu sagen soll. In der heuti-
gen Zeit, wo der Humanismus fich immer entschiedener gegen das
Zuſammenpferchen der heranwachsenden Generation, besonders gegen
die Erziehung der Waisen in Waisenhäusern arsspricht, sollte man
von umsichtigen Staatsbehörden kaum noch eine solche Beförderung

] Das Wochenblatt räth den Berlinern, die
Erfahrung der Magdeburger zu benutzen und ihre Waisen bei recht-
ſchaffenen Familien unter Aufsicht von Waiſeneltern und einem Co-
mite unterzubringen. Eine Einrichtung, die ſich hier als vollkommen
zweckmäßig bewährt hat. Die Waisen wirden dadurch dem Familien-

Leben erhalten, was bei dem kasernenartigen Wesen großer Waiſen-

häuſer unmöglich iſ. Gegen die Erziehung in Waiſenhäuſern erklärt
sich auch der Regierungsrath v. Türk in der „Syen. Ztg.". Auf
keinen Fall, sagt er, ein großes Waisenhaus in oder bei Berlin,
sondern Unterbringung der Zöglinge des großen Friedrichs-Waiſen-
hauses in rechtliche Familien, vorzüglich bei Schullehrern in Dörfern
oder kleinern Städt:n und wenn es unausführbar sein follte, Einrich-
tung mehrerer kleinen Waisenhäuſer auf dem Lande mit Grund und
Boden, gleich der Waisenerziehungs-Anstalt zu Langendorf bei Weit-
ßenfels. Die Vorzüge solcher Waisencolenien auf dem Lande hat
auch Staudinger vor einigen Jahren nachgeroiesen. Die Hauptsache
bleibt aber immer, daß man dahin ftreht, die Waiſen in Familien,


 
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