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Mannheimer Abendzeitung — 1845

DOI Kapitel:
No. 58 - No. 86 (1. März - 31. März)
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tion Auskunft zu ertheilen
D hat, die Zeile over deren
Raum 4 kr. + Briefe
und Get erbittet man
ranco.





Montag

31. März

1845.





Deutſchlarrd.
_ * Mannheim, 30. März. Nach öffentlicher amtlicher Mit-
theilung iſt der gr. Staatsrath Nebenius zum Präſidenten
des großh. bad. Miniſteriums de s Innern ernannt. Be-
kanntlich bekleidete Hr. Nebenius dieſe Stelle schon ein Mal und
wurde darin durch den Staatsrath Fhr. v. Rüdt ersetzt. C(Krl. Z.)

] Ein Erlaß des württemb. katholischen Kirchenraths über
das Turnen sagt: Es iſt in neuer Zeit vielfach, sowohl von Aerz-
ten als Pädagogen darauf hingewiesen worden, wie heilſam und
nothwendig bei der Jugend regelmäßige Leibesübungen (das sogenannte
Turnen) für eine mit der Bildung des Geiſtes ha rmoni-
ſche Ausbildung und Kräftigung des Körpers ſind, zumal
bei dem gegenwärtigen, einer solchen in mancher Hinſicht bedürftigen
Geſchlechte. Auch bat sich bereits an manchen Orten der wohlthätige
Einfluß solcher Uebungen, wenn sie zweckmäßig betrieben
wurden, nicht bloß in der Kräftigung und Abhärtung, der Gewantdt-
heit und Gelenkigkeit des Körpers, sondern auch in der Friſche des Gei-
ſtes, der Offenheit und Zutraulichkeit und dem Sinne für Ordnung
bewährt, wodurch die Zwecke der Schule selbſt als Unterrichts - und
Erziehungsanſtalt gefördert worden sind. Zwar erscheinen solche Lei-
besübungen als ein besonderes dringendes Bedürfniß für die Zöglinge
wiſſenſchaftlicher Lehranſtalten, welche sonſt keinen Beruf zu körperli-
cher Thätigkeit haben, während die Schüler der Volksschulen zum
größten Theile schon durch den Beruf ihrer Eltern zur Anstrengung
ihrer leiblichen Kräfte veranlaßt werden. Aber einestheils werden ſie
durch die ländlichen Geschäfte oft nur einseitig in Anspruch genom-
men, so daß die allseitige Entwickelung und Ausbildung des Körpers
eher gehemmt wird, anderntheils hängt der natürlichen Kraft und
Stärke eine gewisse Schwerfälligkeit und Ungelerkigkeit an, welche .in
manchen Vorkommenheiten des Lebens hinderlich wird. Sodann zählt
die Volksschule manche Schüler, welche als Söhne von Handrerkern,
Fabrikarbeitern und dergleichen schon frübe zu einer sitzenden Lebens-
weise gewöhnt werden. Aus diesem Betrachte haben regelmäßige
Leibesübungen auch für Volksschüler einen großen Werth. Wäre die
Luſt dazu einmal erwacht und würden die Uebungen, was sehr we-
sentlich it, auch nach den Schuljahren von der ledigen Jugend fort-
gesetzt, etwa an den Abenden von Sonn- und Feiertagen, so wäre zu
hoffen, daß Knaben und Jünglinge von anderen, ihrer körperlichen
. fttélichen Entwickelung gefährlichen Zerſtreuungen dadurch abge-

alten würden.

Offenburg, 23. März. (Seebl.) Vor nicht ganz einem
Jahre haben die Bürger hiesiger Stadt sich veranlaßt geſeben, gegen
die Versetzung des früheren Direktors des hieſigen Gymnasiums, des
Herrn Prof. Weißgerber, höheren Orts die geeigneten Schritte zu
thun; es war dies der Wunsch der bei weitem großen Mehrzahl der
hieſigen Bürgerschaft, die iu dem genannten Lehrer eine kräftige Stütze
nicht bloß des Gymnasiums, sondern auch der damit verbundenen
höhern Bürgerschule erkannte. Es iſt darum auffallend erschienen,
daß von unserer städtischen Behörde, durch welche dieſe Petition be-
fördert und unterſtüßt worden, den Petenten, beziehungsweise dem
großen und kleinen Bürgerausſchuß, nie ein Resultat mitgetheilt
wurde. Es ſind freilich, wie sich factiſch gezeigt hat, jene Schritte
fruchtlos geblieben, allein immerhin hätten die beiden Ausschüsse da-
von in Kenntniß gesetzt werden sollen, zumal ſie an der genannten
Anstalt ein um so größeres Intereſſe nehmen, als die Stadt theils
in Holz, theils in baarem Geld einen nicht unbedeutenden jährlichen
Zuschuß leiſtet, und die Bürgerschaft, abgesehen von diesen. materiel-
len Leiſtungen, die Hoffnung hatte, durch die höhere Bürgerschule für
die Heranbildung der eigentlichen Mitelklaſſe ein bedeutungsvolles
Mittel erhalten zu haben.

| Mainz, 28. März. (Fr. O.-P.-A.-3.) Wie ein Lauffeuer
verbreitet ſich so eben die erfreuliche Nachricht durch die Stadt, daß
das provisorische Comite für die Mainz-Ludwigshafener Ciſenbahn

heute von dem großh. Miniſterium des Innern und der Juſtiz die

vorläufige Concesſion erhielt, mit der Ermächtigung, die Unterhand-
lung mit der k. baieriſchen Regierung nunmehr eröffnen und die
nöthigen Vorarbeiten beginnen zu können. Sobald demnach von
Seiten des Comites der großh. Verordnung vom September v. J.
Genüge geschehen und in Betreff der Richtung der Bahn und
des Koſtenanſchlags die nöthigen Vorlagen gemacht sein und die
deßfalls auszuarbeitenden Statuten die Genehmigung erhalten haben
werden, darf man auch der definitiven Concesſſion entgegensehen.

Stuttgart, 26 März. Man will hier aus ſicherer Quelle wissen,
daß von einer Ges ellſch aft, die sich in Pforzheim gebildet hätte,
unsere badische Nachbarregierung mit der Bitte um Concesſion zu
einer Eiſenbahn von Durlach nach Pforzheim und bis an
die württembergische Gränze angegangen worden sei. Von Personen,
die näher unterrichtet sein können, bören wir, daß die k. „Cisenbahn-
commission“ in einem in Folge der Verhandlungen der badischen
zweiten Kammer von ihr erstatteten Berichte, der von früherem Da-
tum wäre als jene Eingabe, ihr ausführlich motivirtes Gutachten
aus überwiegenden Gründen entſchieden dahin abgegeben babe, daß
die württembergische Bahn nicht in der Richtung gegen Pforzheim,
sondern in der gegen Bretten und Bruchsal Eglec

(Schw. M.) !

Vom Rhein, 19. Jan., bringt die Trier. Ztg. neben mehreren
anderen vom Obercensurgericht freigegebenen Artikeln auch folgenden: Bei
der Theilnahme, die jetzt der Zuſtand der arbeitenden Volksklaſſen
allgemein erregt, halte ich es für angemessen, Nachrichten, die in
hieſiger Gegend über die Lage der Solinger Fabrikarbeiter eingetrof-
fén sind, zur öffentlichen Kenntniß zu bringen. Ich entnehme aus

. dem Privatbriefe eines Mannes,, deſſen Wahrheitsliebe mir bekannt

iſt, folgende Stelle: „Hier (Solingen) sieht es traurig aus; wo
man hinhört, wird über Diebſtähle und förmlichen Straßenraub mit
Mordverſuchen geklagt. Bürgerpatrouillen durchſtreifen jede Nacht
die Stadt; es traut bald Keiner dem Andern mehr. Fragt man naeh
der Ursache, so heißt es: die Noth der Arbeiter, der Mangel an Ar-
beit in den Fabriken bei Winterzeit ec. c. Immer das alte erbärm-
liche Lied. Daß Noth, Elend und Hunger die Ursachen und Hebel
der vorgefallenen Erceſſse sind, ergibt sich deutlich daraus, daß auch
Kinder angefallen sein sollen, die zur Schule gingen, und denen man
ihr Butterbrod raubte. Ueberhaupt beschränken sich die Diebstähle
meiſtens auf Geld, Fleisch und sonstige Lebensmittel. Es iſt aber
furchtbar, daß z. B. ein armer Bauer, wie man mir erzählte, von
hinten in die Lenden geschoſſen iſt, um ihn zu plündern. Man nahm
ihm sein Gelid – 4 Sgr. ab. Um 4 Sgr. ein Menſchenleben !"

Köln, 27. März. (Fr. O.-P.-A.-Z.) Unser Landtag hat je-
den Unbéfangenen überzeugt, daß der Fortschritt, den unsere Provinz
in politischer Hinsicht gemacht hat, ein bedeutender iſt. Es haben
ſich Kräfte entwickelt, von denen wir keine Ahnung hatten, und in
einer Weise geltend gemacht, die uns in unserm politischen Leben eine
vielverhe!ßende Zukunft verspricht. Mit vielem Intereſſe hat man
hier die Rede gelesen, mit der der Abgeordnete der Stadt Aachen,
Hansemann, die Petition wegen Reichsſtänden unterſtütte. In der
Bersammlung der Industriellen und Kaufleute in Berlin wird Köln
nicht vertreten sein, da L. Camphauſen es ahgelehnt hat, dahin
zu gehen, und der von der Handelskammer in Vorschlag gebrachte
G. Mev iss en, Direktor der rheinischen Eisenbahn, nicht einberu-
fen rourde. Aus welchen Gründen dieß nicht geſchehen, können wir
nicht angeben. Mit den löblichſten Anstrengungen sucht man von al-
len Seiten der allgemeinen Noth unserer Armen zu steuern, und mehr
denn erfreulich ſind die Ergebniſſe, welche diese menſchenfreundlichen
Bemühungen erzielt haben. Die Noth war groß, aber auch die
Hülfe, und wenn diese nicht allenthalben durchgreifender sein konnte,
ſo liegt das allein in unsern socialen Verhältnissen begründet.

~ Die ruſſiſche Regierung hat neuerdings eine ſtarke Befeſli-
gung von Kaliſch angeordnet und zugleich eine neue Aushebung von


 
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