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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 268 - No. 298 (1.October - 31. October)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44007#1191

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und Geld srbittet man
franco.



14. October

1845.





Deutfſchland.

* Mannheim, 13. Okt. Geſtern Abend kamen Ronge und
Dowiat hier an, um heute früh ihre Reise nach Konstanz fort-
zusezen. Die hiesige deutsch - katholische Gemeinde benügte dieſe Ge-
legenheit, um die wackern Prediger zur Vornahme einiger Taufen
zu bitten. Heute früh erfolgte diese feierliche Handlung durch Hrn.
Dowiat. Hr. Ronge war während dieser Zeit zum gr. Stadt-

direktor Riegel gebeten worden. ~ Hrn. Ronge wurde eine von einer

hieſigen Jungfrau gefertigte Blumenkrone mit einem trefflichen Ge-
dichte auf's Feierlichſte überreicht. Ly:

+* Vom Neckar, im Okt. Jett sind die Deutsch-Katholiken
verloren. Ein harter Schlag pat sie getroffen, sie ſind verwaist, ihr
hoher Protektor und bisheriger Gönner, der Hr. „Rheinische Beobach-
ierv hat seine Hand von ihnen abgezogen, weil Ronge und Do-
wiat in Mannheim bei Baſſermann gespeist haben. — Wenn
ſich der religiöſe Liberalismus mit dem politiſchen vereinigt, dann,
meint der Hr. Beobachter, müſſe jener untergehen. Indessen sind an-
dere Leute der Ansicht, daß Freiheit überall dieselbe sei und daß eine
wahre ſstaatsbürgerliche «ben ſo wenig ohne Religions - und Gewiſ-
ſensfreiheit beſtehen könne, als dieſe in einem absolutiftisch verwalteten
Staate. Es sei deshalb, ift die Ansicht aller Vernünftigen, eine na-
türliche Wahlverwandtſchaft zwischen religiöſem nnd polttiſchem Libe-
ralismus. vorbanden, nämlich tas Streben nach Freiheit. Dieſe An-
ſicht kommt aber natürlich Leuten, wie dem Rhein. Beobachtex, sehr
ungelegen, ihm, der gar zu gern die ganze moderne Reformation zu
ſeinen Zwecken ausgebeutet und daraus gar zu gern die Ruthen ge-
hunden hätte, um damit die katholiſche Oppoſition zu züchtigen. Nun
er aber sieht, daß sich die neue kirchliche Bewegung doch nicht so gut-
vvillig zum Infſtrument des politischen Absolutismus hergeben will, da
ſie in ihm einen eben so großen Feind der Freiheit erblickt als in
dem kuchlichen, so zieht der Hr. Beobachter seine Hand ganz von ihr ab
und prophezeit ihr ein schlimmes Ende. Nun wir wollen ſehen. Wenn
das Wiſen der deutsch- katholischen Reform dem politiſchen Abſolutis-
mus ganz klar geworden, dann wird allerdings eine neue Phase in
ihxer Entwickelung eintreten; allein ¿her mögen sie untergehen, als
die Hand zum verderblichen Bunde zwiſchen kirchlicher und politiſcher
Zwingherrſchaft zu bieten.

Heidelberg, 9. Okt. (Oberrh. Ztg.) Während der Profes-
ſor K ortüm seine unmaßgedlichen Bota's in die Welt sendet und
der Profeſor Ullmann iie mit „Bedenkenr, behelligt, so daß der
Eine vor lauter „Unmaßzeblichen, zu nichts Maßge bliche m und
der Andere vor lauter „Bedenken,, zu keinem Denke n kommt, sprechen fich
andere Profeſſoren, ganz enischieden für die religiöſe Reformation im Ge-
biete der römiſchen Kirche aus, so die Profeſſoren Paulus, Kapp, Henle Ger-
vinus, Röder, Heuſſer u. ſ. w. Und mehrere von diesen haben es
nicht beim Worte gelaſſen , sondern durch die That ihre Antheilneh-
mung bewirſen. So machte noch kürzlich einer unserer Veteranen der
Universität, dessen kräftige Worte, wenn auch nicht überall in Deutſch-
land gehört, doch mindestens gelesen werden (desſen Namen uns leider nicht
zu en rzz6srpi ift) der deutsch katholiſchen Gemeinde 50 Gulden

um Geschenk. ~

z Zeigten die Professoren ihre Theilnahme durch offen ausgesprochenen
Beifall, oder durch Huldigung den „Trägern,, der Reformation dis
19. Jahrhunderts, welche wir kürzlich zu Gaſte hatten, oder durch
materielle Unterſtützung, wie Geldbeiträge tc., ſo war es den Frauen einiger
dieſer Profeſſoren überlaſſen, der Unterstützung die practischſte Seite abzu-
gewinnen. Die Frauen der Prof:ssoren Gervinus und Röder, in Verbin-
dung mit ihren Freundinnen und vielen gleichgesinnten Frauen und Jung-
frauen ausallen Ständen veranflalteten nämlich eine Lotterie verſchiedener
von Damen-Hand gefertigter Gegenstände, deren Erlös für die hieſige
deuiſch-katholiſche Gemeinde beflimmt ift. Rechnen wir es den Männern
auch nicht hoch, daß ſie frei und ofen, was sie erkannt und für
wahr halten , ausſprechen, so können wir doch nicht umhin, auf das
Höchſte die Thätigkeit dieſer cdlen Frauen und liebenewürdigen Jung-
frquen zu préiſen und öffentlich anzuerkennen. Den beſften Dank
eld den beſten Wunsch, den wir für ihr schönes Beginnen und
irken auszusprechen wiſſen, iſt d er: Mögen sie recht vicle Nach-
ahmerinnen im deutschen Vaterlande finden. ;



* Ettlingen, 10. Okt. (Eingesandt.) Nach dem neuesten
Regierungeblatte hat die Großhzl. Regierung die anerkennungswerthe
Verordnung erlaſſen, daß die Ausfuhr der Kartoffeln und das Auf-
sst; tr Uher über den Hausbedarf und zum Branntweinbrennen
untersagt iſt.

Es iſt nun die Frage aufgeworfen worden, ob dieses Aufkaufen
auch auf die Stärkfabrikanten auszudehnen sei. Einsender Dieses iſt
der Anſicht, daß dieses der Fall iſt, wenn man nicht den Wortlaut,
sondern den Sinn der Gesetze betrachtet.

Der hiesige Stärkfabrikant Hau g, der erf im Laufe dieses Jah-
res sein Geschäft bedeutend erweitert hat, kauft angeblich 60 80,000
Simmern Kartoffeln, fabricirt dieſelben zu Stärke und führt das Fa-
brikat außer Land.

Man sieht mit Bedauern, wie Leute, um im Augenblicke einige
Gulden Geld zu bekommen, ihren Vorrath dahin führen, wo dieſel-
ben, nach einigen Wochen oder Monaten, genöthigt sind, wieder zu
kaufen, unbekümmert, wo dann in diesem Jahre die Mittel herneh-
men, um ihre Familien zu ernähren. Zudem beschränkt fich der Auf-
kauf dieſes Fabrikanten nicht nur auf den hiesigen Ort, sondern der-
selbe hat an vielen Orten der Umgegend Keller gemiethet, die ſchon
alle mit Kartoffeln zu diesem Zwicke angefüllt find.

Daß dieses auf jeden Menſchenfreund einen peinlichen Eindruck
hervorbringt, iſt gewiß, und welches Gefühl muß es in manchem ar-
men dürftigem Familienvater erregen, wenn er künftigen Winter und
Frühjahr rarben soll, während ein solcher Cröſus seine Keller mit
Nahrungemitteln angefüllt hat. Es ift zwar etwas zu spät, doch
gerade noch immer Zeit, diesem Uebel zu fteuern und auch das Ver-
bot auf die Stärkfabrikanten auszudehnen.

(*) Mosbach, 10. Okt. (Egsdt.) Das Cirkulär einer Anzahl achtba-

rer iſraelitiſcher Bürger, welches zu einer Verſammlung nach Bühl

auf den 20ſten d. M. einladet, iſt uns heute zu Gesicht gekommen,
und konnten wir von all den gefährlichen Tendenzen *), von welchen
das Manrh. Journal vom 8. d. M., Nr. 275 zu berichten weiß
nichts darin entdecken; wir haben vielmehr aus dem Schreiben
selbſt, wie aus anderweitig darüber eingeholten Erkundigungen, uns
von der Zweckmäßigkeit und Nülplichkeit eines Vorhabens überzeugt,
welches eine Verſtändigung über die zu ergreifenden Maßregeln er-
zielt, um die für Juden und Judenthum wahrhaft heilſamen Verbeſ-
serungen, welche längſt von Allen als solche anerkannt und erſtrebt
wurden, auf gesetzlichem Wege zu bewerkstelligen. Daß es fanati-
sche Rabbiner gibt, die gerne im Finſst.rn schleichen und, jedwedem
Fortschritte gram, kein Mittel unversucht lassen, um derartige Beſtre-
bungen zu vereiteln, kann nicht befremden, am Wenigsten die hieſigen
jüdischen Gemeindeglieder, deren Rabbiner zu den 77 zählt und de-
ren Tendenzen eifrigſt verficht. ~



*) Der fragliche Artikel beſindet sich in unserer geftrigen Nr. Von g e-
fährlichen Tendenzen an fich konnten und können wir Nichts darin
finden, wohl aber erkennen wir , daß fie gewissen Orts unbeliebt sein
mögen und eine Versammlung, welche sie ernfilich verfolgen will, Ge-
fahr laufe, z. B. in Preußen verboten zu werden.

Aus dem Amtsbezirke Kenzingen, 9. Oft. (Dberrh. Z.)
Ein Fall von Mißyandlung zu transportirender Personen durch die
Diener der Gewalt, wie er nicht selten vorkommen ſoll, wiederholte
sich an dem im Kenzinger Wonnenthal wohnenden jungen Bürgerssohn
A. K., der nicht nur von den Transportanten, bei Abführung in das
Gefängniß derb in das Gesicht geschlagen, sondern selbſt mit Säbeln
heftig in die Rippen gefloßen wurde, so daß er unter den Schmerzen,
und in der größten Verzweiflung ausrief: „ſeid ihr Männer oder
Buben.« Wir glauben nicht unrecht zu thun, wenn wir dies zur
Verhütung ähnlicher Gewaltsüberſchreitungen von Seiten des Trans-
poriperſonals der Offentlichkeit übergeben.

A Wiesbaden 10. Oct. Auch uns wurde gestern die Ehre
zu Theil, Hrn. Ronge und Dowiat in unserer Stadt willkommen
zu heißen. Wir konnten zwar keine so großartige Empfangsfeier-
lichkeiten vorbereiten, wie unsere Nachbarstädte und Schweſter- Ge-
meinden, da dem Vorſtand der deutschkatholisſchen Gemeinde dahier
die Abhaltung eines kirchlichen Gottesdienſtes durch die Herren
Ronge und Dowiat nur unter der ausdrücklichen Bedingung zuge-
ſtanden wurde, d aß keine öffentlichen Demonſstrationenver,


 
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