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Mannheimer Abendzeitung — 1845

DOI Kapitel:
No. 268 - No. 298 (1.October - 31. October)
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Sonntag

* Volksbildung. ~ Die Pereine zur Verbreitung
nütßlicher Bücher.

Was gedeihen soll, muß Pflege haben. Ein gutes Samenkorn

braucht zum Keimen und Emporknoſpen seinen Boden, seine Nah-
rung, Luft, Licht ~ dann entfaltet es sich zum prangenden, keim-
haltigen Gewächs.
h ruh: iſt es mit der Volks bild ung. Sie iſt der Kern
den wir heute mit treuer Sorgfalt pflanzen und hegen müssen, da-
mit aus ihm erwachſe der immergrünende Stamm der Volkskraft
mit dem Laube des Ruhmes die Blüte der Volksfreiheit und
die Frucht der Volk sw ohlfa h rt. (Wir sagen „Blüte der
Freiheit –~ Frucht der Wohlfahrt: – wollen aber damit nicht be-
zeichnen, daß leibliches Glück ohne Freiheit der Gipfel eines erſtre-
benswerthen Staatszuftandes sei. Sondern : wie die Blume in ih-
rem Grunde schon die Frucht birgt und in ſie ihre edelſten Säfte
gießt, das bunte Scheinwerk aber abwirft, wann die heißen, zeiti-
genden Tage kommen = ſo bildet ſich in den Jahren der Reife ein
tr mit bloß ſtaatlicher Freiheit zu einem freien Gesell-
< aft s a at.) |

Will alſo ein Volk stark, geachtet, frei und glücklich
werden, so darf man wohl zulaſſen, daß der Samen der Bildung

in dumpfen Stuben nutlos verſpohre, oder höchſtens zum Ergötzen
eines Buchgelehrten treibbausmäßig einen markloſen Stengel, eine matte
Blume aufschichen laſſe und zur Verwunderung der Neugierigen als
ein ſonderbar ausländisch Ding vbinter den Fenſtern fiehe. In tie
friſche Luft, in die freie Schöpfung, in den Boden der Volkswelt
muß der Samen getragen werden . . . und unsre deutsche Erde iſt
ja darin ein so ergiebiges Land. Dann darf es aber nicht fehlen an
ſtärkender Na y rung, gegeben durch dir Schule des Le bens und
vurch tie Lehre der Wissenschaft..

Durch i ie Schuie des Lebens, das heißt, durch wirkliches Ueben
des Sinnes für BVaterlandsangelegenh.iten, durch Heranziehung der
Bürger zu den Staatsgeſchäften, als da iſt: eizzne Gemeindeverwal:
tung Theilnahme am Rettt prechen, Wähblbarkeitsrecht auch der un-
vermöglichen r niedern Stände" in den Sgtcos der Bürgerkammer

. ~ kurz, durch Beamtung des Bolkes ſ;lber. So allein lerut es
eine rſichere Hand führen..» Es iſt immer das noch nicht verſtan-
dene Wort, daß man nur im Waſſer schwimmen lerne. Durch sol-
hen that'ächlichen Unterricht wird Selbſtgefühl geweckt, Vertrauen
zu derbem Griff in die Wirklichkeit, reger, klarer Sinn, einer
todten Schreiberei und unzugänglicher Kanzleiherrſchaft abhold. Al-
les Berſtockte, alles Dintige, Erſtorbene muß als bröckelnder, müh-
ſam erhaltener Leichnam vor dem frischen lebendigen Hauch der Of-
fentlichkeit unb Müntlichkeit verfallene. Zu Woblbabenheit kommt ein
Land unter der einfachen kargenden Verwaltung des Volkes ~ ist
das nicht ächte, kernvolle Bildung, die auch Früchte trägt.

Die Schule der Wiſsenſch a ft soll dem unmittelbaren duch-
flabenloſen Geichäftswirken die begründende Lehre unterlegen. Auf sie
muß eine weise Staatslenkung ihre Hauptsorgfalt wenden, damit nicht
der vergiftende Hauch knechtiſchir Gesinnung in ste wehe,, damit nicht
das Unkraut feiger kopfhängeriſscher Frömmelei oder eifernder Glau-
benswuth unter die junge Saat wuchern. Hörten wir doch von ei-

em Lehrer, der i.: zarte Kinderherzen einpflanzte: ,„ſie sollten wer-

den, wie Abraham und auch ihren Bruder tödten, wenn Oott es
gebiete." Wir kennen aber die \Mitiler- zwischen e Gott " und den

Menschen. –~ In den Sus tt unsere künftige Oeſchichte.

; (Schluß folgt.)



: Deutschland.

* Mannheim, 10. Oktober. Geftern kam bei dem hicſtgen
Hofgerichts die Beschlagnahme des G. v. Struvi'schen Buches : „Brief-
wechsel zwischen einem ehemaligen und einem jetzigen Diplomaten- zur
Verhandlung, und zwar nicht zu öffentlicher, wie unser Preßgeſetz
von 1834 für Preßprozeſse vorſchreibt, ſondern zu geheimer Verhand-
lung. Obgleich dies bekannt war, hatten sich doch vor der Ge-
richtsthüre Männer eingefunden, welche beiwohnen wollten und boff-
ten, daß die Frage der Oeffentlichkeit des Verkahrens noch in Folge

T Eco “

ber Rechtsausführungen des Appellanten, H. v. Struve utid seines Verthei-

.

~~

digers, des Hrn. O.: G.-A.- D. Hedker, bejahend entschieden werde. Sie hat-
ten ſich getäuſcht. Der Gerichtshof entschred ,, daß die Berufung gegen
die Beſchlagnahme wie die Vorfrage über die Oeffentlichkeit geheim ver-
handelt werde. Die Thüreblieb alſo geschloſſen und nur die Frage offen,
wann endlich wird uns die Oeffentlichkeit im Preßprozesſe, die uns gesetz-
lich zuſteht, wieder thatsächlich zu Theil werden. Das Ulrtheil über
die Beſchlagnahme fiel dagegen günſtig aus, es lautet, daß ſie auf-
zuheben und der Staat iv sämmtliche Koſten zu verurtheilen sei.
Man rühmt die Sicherheit und Gründlichkeit der vom Hofge-
richtsaſscsſor Hrn. Nüßlin verfaßten Entscheidurgsgründe zu dieſem
Urtheile und Hr. v. Struve, der ſelbſt trefflich gesprochen haben
soll, anerkennt in öffentlichem Danke, mit welcher Wärme der Begei-
ſterung, mit welcher Klarheit und Enlſchiedenheit seis wackerer Ver-
theidiger, Hr. D. Hecker, die Sache verfolgte und wie besonders
schlagend er in der Replik den Einwendungen des Staatsanwalts
entgegentrat. Wir können übrigers mit Sicherheit erwarten, daß der
werſchloſſenen Thüren ungeachtet die betreffenden Verhandlungen, die
zum Theil von höchfiem Intereſſe in staatsrechtlicher Beziehung sein
sollen, demnächst durch den Druck zur Öffentlichkeit gelangen.

Heidelberg, 8. Oktober. (Oberrh. Zeitung.) Eine ver-
ruchte That geſchah heute Nacht in unsern Mauern. YJpwiſchen
11 und 12 Uhr wurde bei dem Gerber Palm, als derselbe kurze
Zeit zu Bette gelegen batte, an die Fenſterladen gepocht. Er stand
schnell auf und riß die Blendladen mit bciden Händen auf ; im ſelben
Augenblicke pfiff eine Piſtolenkugil ihm an den Augen vorbei, ſchlug
in den Rahmen eines Bildes und prallte an der innern Wand des
Zimmers ab. Palm glaubie, daß mehrere Personen zur Vollführung
dieſes vorbedachten Mordes beiſammen waren, denn er hörte noch
ric Worte: . .Der is h inl„/ ÔdIber..glücklicher Weiſe ift den Vi-.
ruchten ihr schwarzer Unſchlag nicht gelungen und Hr. Palm unver-
lett. Vergeblich sinnt Palm nach, nodurch er wohl irgend Jemand
zu solch abſcheulicher That Brranlaſſung gegeben haben möchte. Aber
er weiß sich frei von Streit und Hader. ;

Vom öſt!ichen Schwarzwaide, 7. Okt. (Oberrh. Ztg.)
Der Rücktritt Welte’s, ds erprobten geſinnungstüchiigen Manres
und die bierdurch nötbhig gewordene Wahl eines Abgeordneten für
den fünften Aemterwahlbezi k ( Villingen, Donaueſchingen und Hü-
fingen) beschäftigt schon im bohen Grare jeden Bürger, der für das
Verrfaſſungsleben Liche und Intereſſe bat und ~ zur Ehre des Be-
zirks — ift es die größte Zayl der Bürger, welcher eine Deputirten-
wahl als eine bochwicttige, als eine heilige Sache erſcheint. Die
vorzunehmende Wah! iſt eine Ecſat wahl. Dieselben Wahlmänner,
welche einen v. Itz?ein urd Welte zu ihrem Abgeordneten auserkoren,
treten wieder auf ren Kampfplatz, und ihre Mitbürger erwarten mit
Zuversicht, daß sir ihrer im Jahre 1841 behaupteten Stellung nicht
untreu werden. Verſchicdene Candidaten für dire Deputirtenwahl wer-
den bereits genannt. Mögen bri d:m rübmlichen Wetiteifer, tüchtige
Volksmänner in Vorſchlag zu bringen, die ehrenfeften Stimmgeber
im entſcheidenden Momente ſich einigen und den Würdigften aus der
Wahlurne hervorrufen, damit er die großen Intercſſen des Gisammt-
vaterlandes und jene des Bezirkes in ſchön:r Harmonie mitmännli-
cher Kruft urd alt- deutschem Muthe stets wahre und vertheidige

~ JIn Leipzig liegt folgende Dankadresse zur Unterschrift
auf: „An Herrn Robert Blum. JIvnen, verehrter Mitbürger, ſpre-
chen wir unterzeichnete Bewohner Leipzigs unsern Dank aus für Ihr
verdienftvolles Wirken in den fturmbervegten Tagen des 13., 14. und
15. Augufi d. J., in denen tie Ordnung aufgelöst war und keines -

. Beamten Stimme gehört wurde. (!1) Sie haber, treu Ihrer

Bürgerpflicht, die aufgeregten Tausende ermahnt: Nicht zu verlassen
den Boden d?s Gesetzes und mit Vertrauen auf die Behörden zu blik
ken, die unser:r gerechten Beschwerden Abhülfe herbeiführen würden.&
Sie haben durch Ihr: Worte den stürmischen Ausbrüchen der Ge-
müther geſteuert, Wir daxken Ihnen dafür! Leipzig, den 1. Ok-
tober 1845.“

Leipzig, 7. Oktbr. (F. J.) Man hatte erwartct, es würde
in dem Berichte der „Erörterungs,--Commiſſion weiizsens klax und
deutlich geſagt werden, das Schieß.n fiy nicht nothwentig gewesen.


 
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